Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Seine geheime Psycho-Beichte” schildert eine Sonntagszeitung das Seelenleben des Peter Graf. In dem zweiseitigen Text werden Inhalte eines vertraulichen Gesprächs mit einem Psychiater veröffentlicht, der für die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Gutachten gefertigt hatte. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat teilt der Präsident des zuständigen Landgerichts mit, das Gutachten sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Eine eigenmächtige Verwertung der Informationen durch die Presse könne aus diesem Grund nicht hingenommen werden. Der Artikel greife offensichtlich in die Privat- und Intimsphäre von Peter Graf ein und verletze zudem das Vertrauensverhältnis zwischen dem Psychiater und seinem Probanden. Peter Graf, der über seinen Anwalt gleichfalls den Presserat einschaltet, zieht seine Beschwerde zurück, nachdem die laufenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Verlag des Blattes zu einem Vergleich geführt haben. Vorab hatte der Verlag bereits angezeigt, sich gegen den geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld nicht verteidigen und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Peter Graf nicht bestreiten zu wollen sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben zu haben. (1996)
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Ein Boulevardblatt berichtet in drei Artikeln über angebliche Kindesmisshandlungen in einem Ferienlager. In einer Überschrift wird die Frage gestellt: “... Schüler im Ferienlager gequält?”. Im Text werden Behauptungen zitiert wie: “”Ich habe gesehen, wie ein Betreuer einen Jungen geschlagen hat” oder “... wir werden wie Sklaven behandelt”. Ein Wohlfahrtsverband wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Behauptungen der Eltern und Kinder seien von der Zeitung zwar weitestgehend zutreffend als Zitate dargestellt und wiedergegeben. Doch mache sich der Autor die nicht durch eigene Recherchen belegten Behauptungen zu eigen und lasse sie durch entsprechende Einleitungen und präjudizierende Kommentierungen als wahre Tatsachenbehauptungen erscheinen. Die Zeitung beruft sich auf ihre Pflicht zur Berichterstattung. Dabei müsse sicherlich stets die notwendige Zurückhaltung und Neutralität beachtet werden. Diese Neutralität könne aber nicht dazu führen, dass ein Presseorgan, zumal eine Boulevardzeitung, sich in ihrer Berichterstattung auf Verlautbarungen zurückziehe und sich jeder eigenen Wertung von Vorgängen enthalte. Die Rechtsabteilung des Verlags weist darauf hin, dass alle Behauptungen zutreffend als Zitate dargestellt worden seien. Vom Beschwerdeführer kritisierte Formulierungen wie z.B. “erschreckenden Vorwurf”, “düsteres Bild” und “der Fall wiegt schwer” seien aus den Stellungnahmen der Eltern abgeleitete Wertungen der Redaktion. Ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht sei die Redaktion damit nachgekommen, dass der Veranstalter selbst ausführlich habe Stellung nehmen können. Würde man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen, so dürfe in letzter Konsequenz über Sachverhalte, die von Betroffenen unterschiedlich dargestellt werden, künftig überhaupt nicht mehr berichtet werden. (1996)
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Das Presse- und Informationsamt einer Landesregierung teilt der Presse mit, dass sich eine Ministerin des Landes einer Brustkrebsoperation unterziehen musste, dass es der Politikerin den Umständen entsprechend sehr gut geht und dass sie anschließend an die stationäre Behandlung ihren Jahresurlaub antreten wird. Als Quelle des Befundes wird der leitende Chefarzt einer gleichfalls genannten Klinik angegeben. Kurz darauf erhalten eine Journalistin und ein Fotograf einer Boulevardzeitung Einlass in das Krankenzimmer. Die Ministerin erklärt später, beide Besucher hätten sich den Mitarbeitern der Klinik gegenüber als Kollegen bzw. ehemalige Kollegen von ihr vorgestellt. Während des folgenden kurzen Gesprächs sei sie selbst davon ausgegangen, dass die beiden Journalisten ehemalige Kollegen oder Mitarbeiter einer mit ihrem Ministerium verbundenen Einrichtung seien. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Atmosphäre “gelöst” gewesen. Als der Mann dann eine Kamera zückte, sei sie stutzig geworden und hätte ihn aufgefordert, keine Fotos zu machen. In diesem Moment sei auch die Information ins Krankenzimmer gelangt, dass es sich um Mitarbeiter eines Boulevardblattes handele. Ein anderer Fotograf draußen hatte sich beschwert, dass ihm kein Besuch gestattet werde. Bevor der Fotograf Aufnahmen machen konnte, seien er und seine Kollegin aus dem Zimmer gewiesen worden. Ein Staatssekretär des Ministeriums beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Recherchemethoden der beiden Journalisten. Der Fall zeige, welchen enormen Zudringlichkeiten Menschen ausgesetzt seien, die in der Öffentlichkeit stehen. Die Redaktionsleitung des Blattes weist den Vorwurf der verdeckten Recherche zurück. Weder am Eingang zur Station noch im Krankenzimmer hätten beide Kollegen einen Zweifel daran gelassen, dass sie für die Boulevardzeitung tätig seien. Den Schwestern gegenüber habe die Journalistin jedoch erwähnt, dass sie eine ehemalige Arbeitskollegin des Ehemannes der Ministerin sei. Die Bitte der Ministerin, nicht zu fotografieren, hätten beide Mitarbeiter respektiert. Die Atmosphäre im Krankenzimmer sei gelöst gewesen, bis die Tochter der Ministerin in das Zimmer gekommen sei und behauptet habe, die beiden Besucher hätten sich durch Täuschung Zutritt verschafft. Schließlich habe die Ministerin selbst die beiden Journalisten nicht aus dem Zimmer gewiesen, sondern sie sei mit dem Gespräch bis zum Erscheinen ihrer Tochter einverstanden gewesen. (1996)
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Ein Leser einer Lokalzeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat, dass ein Leserbrief, den er an die Zeitung gerichtet hat, ohne die Autorenzeile veröffentlicht wurde. Zudem habe die Zeitung in einem Beitrag über eine Baustelle auf einen Leserbrief im Kreisblatt verwiesen, in dem er von einem “schaurigen Spektakel” und “skandalösem Treiben” gesprochen haben soll. Der erwähnte Leserbrief sei jedoch in dem Kreisblatt überhaupt nicht erschienen. In beiden Fällen liege eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vor. Die Zeitung räumt ein, dass der Leserbrief ohne Autorenzeile erschienen ist. Das technische Versehen sei zunächst nicht bemerkt worden. Sie entschuldigt sich für diesen einmaligen “Ausrutscher”. Der zitierte Leserbrief des Beschwerdeführers sei allerdings doch im Kreisblatt erschienen. Als Beweis legt die Redaktion eine Kopie des gedruckten Briefes vor. (1996)
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Das Sozialministerium eines Bundeslandes vergibt ein Leukämie-Gutachten. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber und zitiert in der Schlagzeile die Meinung eines Atomexperten: Der zuständige Minister sei ein Lügner. In dem Beitrag wird behauptet, es habe keine Ausschreibung gegeben und das vom Minister beschriebene Auswahlverfahren hätte nie stattgefunden. Der Artikel bezeichnet die ganze Angelegenheit als “Mauschelei”, als “Lüge”, den Minister gleichwohl als “Lügner”. Dabei beruft sich der Autor auf Aussagen eines international anerkannten Atomspezialisten, welcher der Einlassung des Ministers, er sei am Auswahlverfahren gleichberechtigt beteiligt gewesen, widerspricht. Der Experte habe die Absage schon in der Tasche gehabt, als ein anderer Wissenschaftler aufgefordert worden sei, gleichfalls eine Studie anzubieten. Das betroffene Ministerium klagt gegen Verlag und Autor des Beitrags auf Unterlassung und Widerruf, legt gleichzeitig auch beim Deutschen Presserat Beschwerde ein. Ein Auswahlverfahren habe doch stattgefunden. Die Zeitung habe sich ohne eigene Recherche unzutreffende Behauptungen eines bei der Vergabe unterlegenen Konkurrenten zu eigen gemacht und in reißerischer und ehrverletzender Form veröffentlicht. Die Rechtsabteilung des Verlags legt ein Schreiben des Professors an den Minister vor, aus dem sich – so die Zeitung – ergibt, dass der Wissenschaftler die Kernaussage des Berichtes autorisiert hat. Dies betrifft insbesondere den Vorwurf der Lüge an die Adresse des Ministers. Die Rechtsabteilung legt auch ein Urteil des zuständigen Landgerichts bei, in dem die Klage des Ministeriums in vollem Umfang abgewiesen wird. Die Tatsachenbehauptungen “Lügner” bzw. “belogen” seien nicht unwahr. Der Kläger habe vielmehr in seiner Antwort auf die große Anfrage der Opposition im Landtag bewusst einen falschen Eindruck erweckt und damit wesentliche Tatsachen verschwiegen. Das Gericht komme deshalb zu der Überzeugung, dass die Bezeichnung “Lügner” im politischen Meinungskampf vom Kläger hinzunehmen sei. (1996)
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Die Kolumnistin einer Lokalzeitung beklagt, dass die Renovierung der Kirche teurer werde als veranschlagt. Allein 50.000 Mark sollen es mehr geworden sein, weil der Restaurator nicht mehr bereit gewesen sei, die Votivbilder kostenlos zu restaurieren. Der Betroffene, der in dem Zeitungsbericht mit vollem Namen genannt wird, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Behauptung der Zeitung, er habe Arbeiten kostenlos angeboten und dann abgesagt, sei falsch. Die Zeitung weist darauf hin, dass zwei Wochen später eine Korrektur erfolgt sei. Der Restaurator sei darin zu Wort gekommen und habe erklärt, dass er nie eine kostenlose Restaurierung der Votivbilder versprochen hätte. Zur Sache selbst stellt die Zeitung fest, dass in früheren Artikeln der Zeitung der Betroffene mehrmals dahingehend zitiert worden sei, er habe eine kostenlose Renovierung der Kirchenfenster zugesagt. Demnach habe der Restaurator also sehr wohl behauptet, dass er bei der Renovierung der Wallfahrtskirche auch kostenlos mitarbeite. Allerdings hätten sich diese Aussagen auf eine kostenlose Reparatur der Kirchenfenster und nicht der Votivbilder bezogen. Dieses Missverständnis sei aber inzwischen auch bei der erwähnten Korrektor öffentlich richtiggestellt worden. (1996)
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Eine Tageszeitung beschreibt Maßnahmen einer Bürgervereinigung zur Fluglärmbekämpfung. Sie berichtet in diesem Zusammenhang über eine Gerichtsentscheidung, nach der Kartoffel-Furchen keine Luftfahrthindernisse im Sinne des Gesetzes sind. Die Autorin beschreibt den Vorsitzenden der Kammer, die zu diesem Ergebnis gekommen ist, mit Formulierungen wie: “...ist bekannt für unorthodoxe Urteile” oder “...hat sich Tiefschürfendes einfallen lassen”. Dadurch erscheint der Richter als alleiniger Urheber des Urteils. Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht sieht in dieser Berichterstattung eine Schmähung und ruft den Deutschen Presserat an. Die Art und Weise der Berichterstattung entspreche nicht der Gerichtsreportage, sondern richte sich bewusst gegen sein Ansehen und seinen Ruf. Sie rücke ihn in ein derart negatives Bild, als würde er allein und nicht die jeweilige Kammer über einen Fall entscheiden. Ihm werde unausgesprochen der Vorwurf gemacht, er arbeite am Rande der Legalität und der Rechtsbeugung. Die Zeitung weist die Unterstellungen des Beschwerdeführers zurück. Der Bericht vermittele nicht den Eindruck, der Beschwerdeführer habe als Einzelrichter entschieden. Es werde vielmehr darauf hingewiesen, dass es sich um den “Vorsitzenden” handelt. Die beanstandeten Redewendungen seien zudem keine Schmähkritik, sondern sogar eine “durchaus lobende Beurteilung”. (1996)
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“Hier sitzt er drin” titelt ein Boulevardblatt und gibt den Aufenthaltsort eines Untersuchungshäftlings bekannt, der von der Staatsanwaltschaft unter Zeugenschutz gestellt worden ist. Die Justizvollzugsanstalt, in welcher der Mann einsitzt, wird ausführlich beschrieben. Der Pressereferent des Staatsministeriums der Justiz hält die Preisgabe der Informationen für in hohem Maße unverantwortlich. Die Maßnahme, einen Zeugen unter Schutz zu stellen, werde nur selten ergriffen und nur dann, wenn ganz konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass Leib und Leben des Betroffenen gefährdet seien. Die Zeitung gibt an, sie sei weder vom Landeskriminalamt noch von der Staatsanwaltschaft gebeten worden, den Aufenthaltsort des prominenten Untersuchungshäftlings nicht zu nennen. Im Rotlichtmilieu der Stadt sei der Aufenthaltsort des Zeugen ohnehin bekannt gewesen. Außerdem habe die Justizvollzugsanstalt bei der telefonischen Recherche indirekt bestätigt, dass der Mann bei ihr inhaftiert sei. (1996)
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“Mehrfacher Betrüger wirft Stadt böse Absichten vor” schreibt eine Lokalzeitung in der Schlagzeile eines Artikels, in dem sie über den geplanten Verkauf eines Grundstücks mit Gasthof berichtet. Eigentümerin des Grundstücks ist die Stadt, der Gasthof wurde jedoch von der Pächterin des Grundstücks gebaut. Diese will den Gasthof jetzt verkaufen. Die Stadt möchte den Verkauf selbst tätigen und die Pächterin mit einer Entschädigung in Höhe des Wertes des Gasthofes abfinden. Der Berater der Pächterin und gleichzeitig auch der potentiellen Käuferin des Gasthofes ist laut Zeitungsbericht ein Mann, der bereits mehrfach wegen Betrugs im Gefängnis saß. Aus diesem Grund wolle die Stadtverwaltung, so die Zeitung, mit diesem Mann nicht mehr verhandeln. Der Betroffene legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er hält die Erwähnung seiner Vorstrafen für ungerechtfertigt und spricht von einem Journalismus der miesesten Art und Weise. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, ihre Lokalredaktion sei nach intensiver Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass die jetzige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Fachberater in einer Linie zu sehen sei mit den zahlreichen anhängigen Verfahren in seinem Vorleben. Deshalb sei in dem Beitrag zu Recht auf die unbestrittene Tatsache hingewiesen worden, dass der Mann ein mehrfach vorbestrafter Betrüger sei. (1996)
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