Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Ein Bürger der Stadt schickt seiner Zeitung einen Leserbrief. Darin nimmt er Stellung zu den Aktivitäten einer Bürgergruppe Lärmschutz, die sich gegen die Erweiterung von Gleiskapazitäten der Bundesbahn ausspricht. In diesem Zusammenhang kritisiert er einen Mitbürger, der – so wörtlich – seine Person zu sehr in den Vordergrund stellt und zuviel Wind ablässt. Er erinnert daran, dass der Vater des namentlich Genannten vor ca. 30 Jahren ein Grundstück an der Bahn fast geschenkt erworben und darauf dann ein Haus gebaut habe. In einem zweiten Leserbrief berichtet der Verfasser über einen anonymen Brief, den er als Resonanz auf seinen ersten Brief erhalten habe. Darin werde ihm vorgeworfen, er habe seine frühzeitige Rente auf geradezu kriminelle Weise erschlichen. Nach einer Beschreibung der Umstände seiner Frühpensionierung benutzt er bezüglich der Person des anonymen Briefschreibers folgende Formulierung: “...dem sind wohl die letzten Gehirnzellen mit dem Güterzug durchs Tunnel davon gefahren.” Abschließend stellt er fest, dass alle seine Freunde und Bekannten sowie er selbst hinter dem gemeinen Verleumder die gleiche Person vermuten. Leider fehlten ihm die Beweise für eine gerichtliche Weiterverfolgung. Der im ersten Leserbrief erwähnte Mitbürger beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung habe durch den Abdruck unbewiesener Behauptungen die erforderliche Sorgfaltspflicht verletzt. Er und seine Familie fühlten sich in ihrer Würde und in ihrem Ansehen verletzt. Die Zeitung ist der Meinung, dass an dem ersten Leserbrief nichts zu beanstanden ist. Die Grundstücke am Schwellenwerkgelände seien vor 30 Jahren tatsächlich “fast geschenkt” veräußert worden. Mit der Veröffentlichung des zweiten Leserbriefes habe man dem Verfasser Gelegenheit gegeben, sich gegen ein anonymes Schreiben zur Wehr zu setzen. Der Inhalt dieses zweiten Briefes sei an der Grenze dessen, was vertretbar sei, aber doch noch für eine Veröffentlichung geeignet. Wenn der Beschwerdeführer sich dadurch angegriffen fühle, habe dies wohl persönliche Gründe. Sein Name sei in diesem Leserbrief jedenfalls nicht genannt worden. (1995)
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Unter der Überschrift “Die Mühlen mahlen langsam” berichtet eine Illustrierte über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen ehemaligen Bundesminister wegen des Verdachts des vielfachen Mordes im Zweiten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang werden verschiedene als Vermutungen gekennzeichnete Vorwürfe gegen den inzwischen 91jährigen geschildert und gleichzeitig über zwei alte Verfahren in der Bundesrepublik und ehemaligen DDR berichtet. Das Oberste Gericht der DDR verurteilte den Mann 1960 in Abwesenheit zu lebenslangem Zuchthaus, ein paralleles Verfahren der Staatsanwaltschaft Bonn wurde “wegen fehlenden Tatverdachts” eingestellt. Ende 1993 kassierte das Landgericht Berlin den alten DDR-Spruch als “rechtsstaatswidrig”. In dem Artikel heißt es weiter, dass das kürzlich eingeleitete Verfahren auf Unterlagen basiere, die in dem früheren Ostberliner Prozess nur zum Teil eine Rolle gespielt hätten. Gleichzeitig wird auf ein Dossier der Ermittler von Januar 1996 hingewiesen, in dem eine “besonders abscheuliche Tat” dokumentiert wird. Danach soll der damalige Wehrmachtsoffizier im Kaukasus einer gefangenen Lehrerin befohlen haben, “über ihre Verbindungen zu Partisanen” zu berichten. Sie habe, obschon sie ausgepeitscht worden sei, geschwiegen. Dann habe er “ihr in die rechte Brust” geschossen und sie “im Sterben liegengelassen”, heißt es weiter. Am Ende des Artikels kommt der Betroffene selbst zu Wort und erklärt, er habe mit dieser Tat nichts zu tun, dies sei eine “alte sowjetische Lüge”. Er selbst sei “mit der Waffe nur Personen gegenübergetreten, die selbst eine trugen”. Ein Leser der Zeitschrift, Student der Geschichtswissenschaften, und ein Rechtsanwalt im Auftrag des Betroffenen legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Beitrag enthalte mehrere falsche Behauptungen und sei schlecht recherchiert. Durch die Entstellung der Wahrheit werde gegen den alten Herrn eine verleumderische und ehrabschneidende Schmutzkampagne eingeleitet. Der Anwalt weist darauf hin, dass kein Ermittlungs-, sondern lediglich ein Vorermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten laufe. Es gebe auch keine neuen Unterlagen bzw. Vernehmungsprotokolle, die nicht schon 1960 verwendet worden seien. Auch die beschriebene “abscheuliche Tat” sei bei den Ermittlungen in den Jahren 1960 und 1961 bereits Gegenstand der Untersuchungen gewesen. Das in dem Bericht erwähnte Dossier der Ermittler existiere nicht. Die Zeitschrift hält den Fall zeitgeschichtlich und politisch für einen der bemerkenswertesten in der jungen Bundesrepublik. Daher bestünde an der Berichterstattung darüber ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die neuerliche Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens rechtfertige auch eine öffentliche Mitteilung mit Namensnennung. Zudem sei der Betroffene vor der Veröffentlichung zu dem konkreten Vorwurf ausdrücklich befragt worden. Der Wortlaut seines Dementis sei persönlich mit ihm abgestimmt worden. Entgegen der Aussage des Anwalts laufe zur Zeit tatsächlich ein Ermittlungsverfahren. Das Vorermittlungsverfahren sei bereits mit dem im Artikel erwähnten Dossier der Ermittler als Resultat abgeschlossen worden. (1996)
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In großer Aufmachung “deckt” eine Zeitschrift die Gefahren eines Friseurbesuches “auf”: Die Umhänge seien manchmal durch widerliches Ungeziefer verseucht. Kunden berichten im Text, sie hätten sich bei ihrem Friseur eine gefährliche Milben-Krätze eingefangen. Die Zeitschrift stellt fest, dass “schwarze Schafe” unter den Friseuren unsauber arbeiten, und kommt zu der Erkenntnis: “Die Schere klappert, und die Milbe lacht. Die Locke fällt, und die Krätze kommt”. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks reagiert auf die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Zeitschrift zeige lediglich Beispiele auf, die nicht nachprüfbar seien und keine Kausalzusammenhänge von Krätz-Milben und Ansteckungen im Kontext mit Friseurbesuchen erlaubten. In sensationsheischender und Angstgefühle weckender Weise werde das jedoch als besonderes Risiko suggeriert. Der Anwalt der Zeitschrift gibt zu, dass die Redakteure etwas übertrieben haben. Anliegen des Beitrags sei jedoch, die Leser zur Wachsamkeit und zur kritischen Prüfung der Gegenstände anzuregen, mit denen der Friseur die Haut seiner Kunden berührt. (1996)
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In vier Folgen enthüllt eine Zeitschrift den Pfusch in deutschen Tierarztpraxen. U.a. behauptet sie, von den rund drei Millionen Hunden, die im Jahr ärztlicher Hilfe bedürften, würde Schätzungen von Experten zufolge die Hälfte falsch behandelt. Unter der Schlagzeile “Skandal” wird eine Vielzahl ärztlicher Kunstfehler ausführlich dargestellt. Und “Abzockertricks” werden aufgedeckt. Die Tierfreunde werden aufgeklärt, wie sie sich und ihre Lieblinge vor Fallen bei Medikamenten, Untersuchungen und Eingriffen schützen können, was der Doktor berechnen darf. Unter Verzicht auf bestimmte Fakten sind der Serie Auszüge aus der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) beigestellt. Die Bundeskammer der Tierärzte beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der gesamte Berufsstand werde hier pauschal diskriminiert. Bei den Besitzern der Tiere würden unbegründete Befürchtungen geweckt. Durch eine falsche Darstellung der GOT komme zudem der Verdacht auf, viele Tierärzte würden für ihre Dienstleistungen zuviel Geld verlangen. Die Rechtsabteilung des Verlages räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass die in den beiden ersten Folgen enthaltenen Angaben zur GOT unvollständig gewesen seien. Dieser Fehler sei jedoch in einer erneut abgedruckten Tabelle mit entsprechenden Erläuterungen berichtigt worden. Die aufgezählten Fälle von Pfusch seien “seriöse Schätzungen” auch zweier Tierschutzorganisationen. In der Serie werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um Schätzungen und nicht um empirisch exakte Zahlen handele. Der möglicherweise entstehende Eindruck, viele Tierärzte seien “Pfuscher” oder “Abzocker”, sei eine reine Frage der Bewertung. In der Artikelserie werde wiederholt erwähnt, dass die Vorwürfe nicht alle Tierärzte, nicht einmal die Mehrzahl beträfen. Zwei Zitate werden als Beispiele angeführt: “Klar, die Mehrzahl will heilen, helfen. Doch es gibt Pfuscher...” und “Nein, wir wollen keine Panik verbreiten. Die meisten Tierärzte leisten gute Arbeit, aber es gibt leider viele Gegenbeispiele”. (1996)
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Der Abriss eines Hauses in der Altstadt ist ein Thema, das die Zeitung am Ort beschäftigt. In einem Gastbeitrag lässt sie einen Bewohner der Altstadt zu Wort kommen. Dieser behauptet in seinem Artikel, das betreffende Haus gehöre einem namentlich genannten Stadtrat, der es abreißen und durch einen Neubau ersetzen lassen wolle. Der betroffene Stadtrat meldet sich und entgegnet in einem zweiten Artikel zur Sache, dass ihm das betreffende Haus gar nicht gehöre. Gleichzeitig beschwert sich der Kommunalpolitiker beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass die Zeitung durch die Veröffentlichung der Aussage, das Haus gehöre ihm, gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen habe. Der Zeitung zufolge hat das Haus zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung der Ehefrau des Beschwerdeführers gehört. Die ursprüngliche Aussage, der Stadtrat sei Eigentümer des Grundstücks, sei unverzüglich berichtigt worden. Der Betroffene sei sogar direkt von der Redaktion angesprochen und um eine Stellungnahme gebeten worden. Insgesamt stellt die Zeitung fest, dass sie in dieser Angelegenheit korrekt und umfassend berichtet hat. (1996)
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