Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine türkischsprachige Tageszeitung setzt sich in mehreren Beiträgen mit dem Kommentar eines deutschen Fernsehjournalisten zu gewalttätigen Ausschreitungen kurdischer Demonstranten auseinander. Kritisiert werden insbesondere Passagen des Kommentars, in denen die türkische Armee des Völkermords an den Kurden beschuldigt oder die Voraussage geäußert wird, der Führer der PKK könne der Staatspräsident der Zukunft sein. Die Verfasser der Artikelserie rufen ihre im Ausland lebenden Landsleute auf, „gegen dieses unverschämte Komplott ihren demokratischen Protest zum Ausdruck zu bringen“. Dem Fernsehjournalisten müsse auf jeden Fall „eine Lektion mit der demokratischen Reaktion erteilt“ werden. Wörtlich heißt es: „Dieser Mann hat entweder nie Prügel bezogen, oder er ist nicht imstande, bis drei zu zählen.“ In einem Beitrag veröffentlicht die Zeitung Foto und Anschrift des Journalisten bei dessen Sender sowie die Telefon- und Faxnummer. Der Intendant des Senders beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat den Aufruf, dem Kommentator eine „Lektion“ zu erteilen. Diese Formulierung sei im Türkischen wie im Deutschen doppeldeutig und könne als Aufruf zu physischer Gewalt verstanden werden. Der Journalist sei vorläufig unter Polizeischutz gestellt worden. Reaktionen vieler Briefschreiber und Anrufer zeigten neben Zustimmung zu dem Kommentar auch erhebliche Bedrohungen, die ersichtlich durch die Aussagen in den Artikeln ausgelöst worden seien. Es gehe nicht um die Pressefreiheit. Diese Freiheit ende aber dort, wo ganz offenkundig zu Gewalt gegen Andersdenkende aufgerufen werde. Eine Stellungnahme der Zeitung zu diesen Vorwürfen geht nicht ein. (1996)
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Der Staatsbesuch der Präsidentin des Deutschen Bundestags in Südafrika ist Thema eines Beitrags in einer Boulevardzeitung. In dem Artikel wird die Begrüßung von Rita Süßmuth durch den südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela geschildert. Demzufolge erkundigte sich Mandela nach dem Präsidenten von Weizsäcker und stellte die Frage: „ Was macht der liebe Franz Josef Strauß?“. Laut Zeitung antwortete die Bundestagspräsidentin, dass von Weizsäcker nicht mehr Bundespräsident und Strauß schon lange tot sei. Die Heinrich-Böll-Stiftung sieht in dieser Darstellung eine rassistische Tendenz und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Bericht stelle den Staatspräsidenten Südafrikas als Tattergreis dar. Dies sei eine Verunglimpfung eines Staatsoberhauptes und beschädige die deutsch-südafrikanischen Beziehungen. Die Mandela von der Zeitung zugeschriebenen Aussagen seien unwahr. Auf einen Kommentar im ARD-Hörfunk verweisend, erklärt die Beschwerdeführerin, dass Mandela seiner Besucherin Grüße an den Bundeskanzler und an Richard von Weizsäcker aufgetragen habe. Zu letzterem habe er angemerkt, dass er ja nicht mehr Präsident sei. Außerdem habe der Gastgeber berichtet, dass er jüngst von einem Nachfolger von Franz Josef Strauß besucht worden sei. Die Chefredaktion weist den Vorwurf, sie verbreite rassistische Tendenzen, als „Infam“ zurück. Sie lege dem Presserat exemplarisch einige Veröffentlichungen hervor, aus denen ihre absolut positive Einstellung zur Person des Staatspräsidenten hervorgehe. Der zitierte Hörfunkkommentator könne keinesfalls ausschließen, dass der in der Zeitung geschilderte Sachverhalt zutreffe. Dabei bezieht sich die Chefredaktion auf den Satz im Kommentar: „Daraus mischt ... , offenbar mit Hilfe der englischen Sprache kaum mächtiger Begleiter von Frau Süßmuth, diese erbärmliche Geschichte.“ Sie versichert, dass die Informanten sehr wohl das, was Staatspräsident Mandela gesagt habe, verstanden und in diesem Sinne die Zeitung informiert hätten. Daran ändere sich nichts, auch wenn der Hörfunkkommentator aus polemischen Gründen den Begleitern der Bundestagspräsidentin sprachliche Unkenntnis unterstelle. Der Presserat bittet darauf hin vier beteiligte Bundestagsabgeordneten um eine Stellungnahme. Zwei Abgeordnete kommen dieser Bitte nach. Sie erklären, dass das von der Zeitung Mandela in den Mund gelegte Zitat „Grüßen Sie Franz-Josef Strauß“ weder wörtlich noch dem Sinn nach gesagt worden sei. Der Staatspräsident habe sich vielmehr zu Beginn des Gesprächs nach dem Nachfolger von Franz-Josef Strauß erkundigt. Und der deutsche Botschafter habe daraufhin den Namen Stoiber genannt. Fälschlicherweise habe der südafrikanische Präsident allerdings Bundespräsident Herzog mit dem ehemaligen Bundespräsidenten von Weizsäcker verwechselt. Ob in dem Dialog zwischen Frau Süßmuth und Herrn Mandela der Name Franz-Josef Strauß überhaupt gefallen sei, können die Abgeordneten nicht beurteilen. (1996)
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Der Chefredakteur dreier Zeitschriften für Wintersportler bittet einen Touristikverband, die Lieferung seines Pressedienstes einzustellen. Fast ein halbes Jahrzehnt sei ins Land gegangen, ohne dass der Verband in den Medien seines Verlags eine Anzeige geschaltet habe. Der Brief schließt mit der Mitteilung: “Zukünftig planen wir unsere Leserreisen und Gebietsvorstellungen ausschließlich nur noch in Zusammenarbeit mit unseren regelmäßigen Werbepartnern.” Eine Werbeagentur, die den betroffenen Touristikverband zu ihren Kunden zählt, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie sieht in der Aufforderung der Chefredaktion, von der Zusendung von Informationen künftig abzusehen, eine gewisse Erpressung und eine versteckte Anschwärzung. Dieser Vorgang zeige, dass bei diesen Zeitschriften die journalistische Berichterstattung von Anzeigenbuchungen abhänge. Der Chefredakteur erklärt dem Presserat, dass die realen Bruttoeinnahmen aus Anzeigen bei den Printmedien des Wintersports seit 1990 um mehr als 80 Prozent zurückgegangen seien. Zugleich kritisiert er die Werbestrategien von Agenturen, die dazu führten, dass Anzeigen auf dem Weg kostspielig produzierter Werbeclips für private TV- und Rundfunkanstalten bzw. durch Lithos für Großverlage mit hohen Reichweiten geschaltet und die Spezialmagazine lediglich mit Pressediensten beliefert würden. Im Falle der beschwerdeführenden Agentur sei er zu der Erkenntnis gelangt, dass seine Zeitschriften offenbar nicht mehr zur Zielgruppe dieses einstigen Auftraggebers von Anzeigen gehörten. Notfalls müsse er sich mit unpopulären Mitteln jener Firmen, Organisationen oder Agenturen entledigen, die ihn bewusst oder unbewusst vorrangig nur als Mittel zu ihrem Zweck ge- oder missbrauchen wollten. (1995)
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Ein Journalist, diplomierter Theologe, setzt sich in einem Beitrag in einer Wochenzeitung mit der Personalpolitik eines Erzbistums auseinander. Anlass ist die Absicht des Kardinals, den 70jährigen Schriftleiter eines Pastoralblattes in den Ruhestand zu schicken, nach Ansicht des Autors “mundtot” zu machen. Die Veröffentlichung veranlasst den Chefredakteur der Kirchenzeitung des Erzbistums zu einem Kommentar seinerseits. Unter der Überschrift “Papier ist geduldig” bescheinigt er dem Verfasser eine Herkunft aus katholischem Milieu. Er wirft ihm mangelnde Sorgfalt und Wahrhaftigkeit vor und nennt seinen Beitrag ein Machwerk, ihn selbst einen “Artikelhausierer”, dem die Wochenzeitung auf den Leim gegangen sei. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er sieht sich beleidigt und diffamiert und legt eine Liste seiner Recherchen vor. Der Chefredakteur der Kirchenzeitung sieht in der Veröffentlichung des Beschwerdeführers einen Rufmord am Kardinal. In den Formulierungen “katholisches Milieu” und “Machwerk” kann er keine Diffamierung erkennen. (1996)
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Unter der Überschrift “Lebende Hunde auf glühenden Grillspießen geröstet!” berichtet eine Zeitschrift über die Praxis der Zubereitung von Hundefleisch in Korea. Der Autor enthüllt u.a., wie ein Hund bei lebendigem Leib gebraten wird. Angeprangert werden auch Missstände bei der Tierhaltung. Eine Zwischenzeile zum Text lautet: “Grinsend übergießt der dickbäuchige Asiaten-Koch das sterbende Tier mit heißem Bratenfett!”. In der Unterzeile zu zwei der Fotos schreibt die Zeitschrift: “... schmierige Koreaner nehmen den Hund aus”. Drei Leser der Veröffentlichung, darunter ein Journalist, legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie monieren Passagen, die der Aufstachelung zum Rassenhass Vorschub leisten. Ihre Kritik machen sie an Formulierungen wie “perverse Schlitzaugen”, “schmierige Koreaner” und “dickbäuchiger Asiaten-Koch” fest. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift erklärt, die kritisierten Attribute würden nicht generell der Bevölkerung von Südkorea zugeordnet, sondern nur den hier geschilderten Personen. Deren Verhalten werde nach den hier geltenden Wertvorstellungen beurteilt. Der Text richte sich ausschließlich gegen die Tatsache, dass in den südostasiatischen Ländern Hunde verspeist würden und dagegen, wie dies geschehe. (1996)
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Ein sechsjähriges Mädchen wird auf brutale Art missbraucht und getötet. Eine Boulevardzeitung berichtet über das Verbrechen in großer Aufmachung. Sie erwähnt Namen von Angehörigen des Opfers und gibt den Hinweis: “Der Opa erlitt nach der Nachricht einen Herzinfarkt.” Die Ausländerhilfe beklagt, der Artikel sei darauf ausgerichtet, das ganze Leid der betroffenen Familie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit widerspreche er den Grundsätzen einer humanen, das Andenken wahrenden Berichterstattung. Für unzulässig hält die Beschwerdeführerin die Nennung der Namen von Opfer und Mutter sowie die Veröffentlichung eines Fotos des Kindes. Ferner seien die Angaben über den Herzinfarkt des Opas unrichtig. Die Zeitung führt an, in den Berichten der Staatsanwaltschaft und der Mordkommission seien Vor- und Nachnamen des Kindes genannt worden. Auch das Fotomaterial sei von der Polizei zur Verfügung gestellt worden in der Hoffnung, durch die Abbildung des Opfers könnten entscheidende Hinweise auf den Täter kommen. Im übrigen könne keine Rede davon sein, dass der Beitrag die Privatsphäre der Familie verletze. Der Artikel schildere ein tragisches Ereignis, das nicht verschwiegen werden dürfe, auch wenn nachvollziehbar das Leid der Hinterbliebenen groß sei. (1996)
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Unter Berufung auf den Sprecher des Flughafens berichtet eine Nachrichtenagentur, Mitarbeiter einer Boulevardzeitung seien daran gehindert worden, in dem abgesperrten Terrain mit Angehörigen und Freunden der Opfer einer Flugzeugkatastrophe in der Dominikanischen Republik zu sprechen. Sie hätten sich als Verwandte ausgegeben. Ein Leser der Nachricht beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Journalisten hätten die Situation der leidenden und trauernden Angehörigen schändlich ausgenutzt. Die Redaktionsleitung der Boulevardzeitung erklärt, dass die beiden Mitarbeiter der Redaktion nicht mehr angehörten. Die Kontrolle am Eingang des besagten Raums habe ein “Anschleichen” nicht zugelassen. Die damaligen Mitarbeiter seien mit einem Passagier befreundet gewesen und hätten deshalb die Sperre passieren dürfen. Der Name des Freundes, der offensichtlich auch auf der Passagier-Liste festgestellt worden ist, ist der Redaktionsleitung nicht geläufig. Der späteren Aufforderung, den abgesperrten Raum zu verlassen, seien die Mitarbeiter nachgekommen. Sie hätten keinen journalistischen Auftrag gehabt, sondern sich aus rein persönlichen Gründen in dem Raum für die Angehörigen der Opfer aufgehalten. (1996)
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Die Berichterstattung einer Lokalzeitung über den Besuch des israelischen Staatsoberhauptes Weizman in der Bundesrepublik löst einen Leserbrief aus. Auf diesen Brief reagiert ein weiterer Leser mit Ausführungen, in denen er den Schreiber des ersten Briefes als ehemaligen SS-Offizier bezeichnet. Die Zeitung veröffentlicht auch den zweiten Leserbrief, streicht aber vorher den Hinweis auf die SS. Der Verfasser und mit ihm die Jüdische Gemeinde am Ort beklagen in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat diese Verfälschung, die den Sinn des Satzes geändert habe. Der Leserbriefschreiber sei SS-Offizier gewesen und habe dies auch öffentlich bekundet. Die Zeitung sieht in der Streichung des Hinweises auf die SS keine Textfälschung. Der Redaktion und der breiten Öffentlichkeit sei sehr wohl bekannt, dass der Offizier der SS angehörte, aber er habe bis Anfang der 90er Jahre auch in der Bundeswehr gedient und sich hohes Ansehen erworben. Die Beteiligten hätten inzwischen in einem Gespräch beiderseitige Bedenken ausgeräumt. (1996)
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Eine Regionalzeitung schließt die Vorschau auf ein Schalke-Spiel am Fuß ihrer Sportseite mit dem Bild eines Stadions, dessen Fahnenschmuck das Signet einer Biermarke trägt. “Mich würde sehr befremden, wenn diese Art der Werbung Ihre Zustimmung finden würde”, schreibt ein Leser des Blattes an den Deutschen Presserat. Er sieht den redaktionellen Teil der Zeitung in auffälliger Weise “durchmischt”. Die Zeitung sieht das anders. Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen redaktionellem Teil und Anzeigenraum. Daher sei eine Kennzeichnung mit dem Wort “Anzeige” nicht erforderlich. Die Chefredaktion verweist in diesem Zusammenhang auf einen Fachbeitrag in einer Zeitschrift, in dem darüber berichtet wird, dass mit den sogen. Flexformaten im Printbereich neue innovative Werbe- und Sponsoringformen entstehen. (1996)
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