Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Tageszeitung zeigt auf ihrer Sportseite Kopf und Hinterteil einer Schwimmerin im Wasser. “Die Dopingdiskussion fördert Tatsachen ans Tageslicht, die mancher gern unter der Oberfläche belassen hätte”, heißt es in der Unterzeile zu dem großformatigen Bild. Ein Leser des Blattes findet das Foto geschmacklos und frauenfeindlich. Er vermutet, dass der Badeanzug der Schwimmerin an einer “ungünstigen Stelle” ein Loch hat. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Farbauszug des Dias, der belege, dass der Vorwurf des Lesers nicht zutreffe. (1997)
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Unter der Überschrift “Haben DDR-Richter das Recht gebeugt?” unternimmt der Autor eines Zeitschriftenbeitrags den Versuch, die Frage zu beantworten, inwieweit Juristen nach einem Systemwechsel für ihre Berufsausübung haftbar zu machen sind. Dabei vergleicht er die Situation nach dem Krieg mit derjenigen nach der deutschen Vereinigung. Am Ende seines Artikels resümiert er: “Gewiss lässt sich das meiste, was man willfährigen Richtern politisch-moralisch vorhalten kann, gar nicht in den Kategorien des Strafrechts fassen. Dass sie aber nicht ganz ungeschoren davonkommen sollen, scheint ebenso klar. ... Ansonsten gelangt man in die Gesellschaft des ehemaligen Marine-Stabsrichters Filbinger, der den Satz prägte: ‘Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein’. Es ist der Glaubenssatz der organisierten Verantwortungslosigkeit.” Der so zitierte Ministerpräsident a.D. und jetzige Rechtsanwalt beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Vorwurf der “Verantwortungslosigkeit” stelle eine Ehrverletzung dar. Die verfälschende Wiedergabe seiner Äußerung sei erstmals im Jahre 1978 im Rahmen einer gegen ihn geführten Rufmordkampagne erfolgt, an der die Stasi maßgeblich mitgewirkt habe. Er habe seinerzeit sofort dementiert und auch gerichtliche Hilfe gegen die Weiterverbreitung in Anspruch genommen. “Der Verfasser des Beitrags hatte die Pflicht, die Tatsachen sorgfältig zu erforschen, und hat dagegen grob fahrlässig verstoßen.” Es wäre nach Ansicht des Beschwerdeführers ein leichtes gewesen, sich anhand der Äußerungen einzelner Zeitzeugen und vieler Veröffentlichungen bis in die jüngste Zeit hinein über die wirklichen Tatsachen zu unterrichten. Der Herausgeber der Zeitschrift stellt fest, der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass er die in dem Essay wiedergegebene Aussage “Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein” tatsächlich gemacht hat. Ob man den Satz, wie es der Autor des Beitrags getan habe, zugleich als “Glaubenssatz der organisierten Verantwortungslosigkeit” bezeichnen könne oder nicht, seine eine Frage einer komplexen historischen und moralischen Bewertung, die hier nicht zu entscheiden sei. Die Klärung könne nur durch historische und rechtstheoretische Forschung herbeigeführt werden. Die vom Beschwerdeführer beigefügten Quellenangaben beinhalteten lediglich die positiven Stellungnahmen zu seiner Tätigkeit in der deutschen Wehrmacht. (1997)
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Eine Satirezeitschrift veröffentlicht einen Nachruf auf einen bekannten Bundespolitiker. Dabei betreibt sie Wortspiele mit der Ortsangabe “Venus(!)berg(!!)” und den Begriffen “Beischlaf” und “Heilschlaf”. Eine Leserin sieht in den “genitalen Anspielungen” eine Verletzung der Menschenwürde und ruft den Deutschen Presserat an. Die Zeitschrift gibt keine Stellungnahme ab. (1997)
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Unter der Überschrift „Der tote Weingraf“ berichtet eine Boulevardzeitung in großer Aufmachung auf ihrer Titelseite, dass sich ein prominenter Winzer in der Nähe seines Schlosses erschossen hat. Ein Foto im Innern der Ausgabe zeigt auf der gesamten Blattbreite die blutüberströmte Leiche. Die Erben des Verstorbenen, ein Landtagsabgeordneter und drei Leser des Blattes beschweren sich beim Deutschen Presserat. Alle sehen in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht des Toten.
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Weil er sein Lebenswerk zerbrochen sieht, erschießt sich ein prominenter Winzer in der Nähe seines Schlosses. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber auf der Titelseite und im Innenteil der Ausgabe. In beiden Beiträgen wird ein Foto der blutüberströmten Leiche gezeigt. Ein Rundfunkjournalist ruft den Deutschen Presserat an und kritisiert die Recherchemethoden des Fotografen, der die Absperrungen durch die Polizei missachtet haben soll. Der Fotograf bestreitet den Vorwurf, er habe mehrmals versucht, die Absperrungen der Polizei zu unterlaufen. Hätte er sich so verhalten, wäre er des Platzes verwiesen worden. Den Hinweis des Beschwerdeführers, ihm sei ein Polizeibeamter zur Seite gestellt worden, bezeichnet er als “Schwachsinn”. Er sei auch niemals von Beamten gebeten worden, nicht zu fotografieren. Das später veröffentlichte Foto sei in einer sehr frühen Phase der polizeilichen Untersuchung entstanden, da er bereits seit 45 Minuten am Tatort gewesen sei. Der zuständige Polizeipräsident teilt auf Anfrage mit, dass die Pressestelle des Präsidiums die Medienvertreter betreut, vom Fundort der Leiche ferngehalten und darum ersucht habe, keine Details zu fotografieren. Der Pressefotograf, dessen Verhalten der Presserat zu beurteilen hat, sei einmal innerhalb der polizeilichen Absperrung angetroffen und sofort dieses Bereiches verwiesen worden. Deshalb und wegen seiner erkennbaren Versuche, Aufnahmen aus kurzer Distanz zu fertigen, sei ihm schließlich ein Polizeibeamter “persönlich” zugewiesen worden. Die Polizei vermute, dass der Mann das Foto, das später veröffentlicht wurde, bereits zuvor mittels eines Teleobjektivs, möglicherweise aus der Deckung von hochgewachsenen angrenzenden Weinreben heraus, gemacht habe. (1997)
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Ein 21 jähriger Mann erhängt sich. Ein Boulevardblatt berichtet anderntags darüber. Es verkündet in der Schlagzeile das “Ende einer unglücklichen Liebe” und zeigt in einem großflächigen Foto den Toten, an einem Strick hängend. In dem Text ist zu lesen, dass Anlass für die Selbsttötung ein Brief der Freundin war, der nur aus einem Wort bestand: “tschüs”. Der Vater des Mädchens schaltet den Deutschen Presserat ein. Das Foto sei eine unerhörte Geschmacklosigkeit und verletze das Persönlichkeitsrecht des Toten. Dessen Vater habe Mitarbeitern der Zeitung am Tatort die Veröffentlichung des Fotos verboten. Bis auf den 21. Geburtstag und den Ort der Tat seien alle in dem Artikel enthaltenen Aussagen frei erfunden. Als Beispiel führt er an, dass seine Tochter nie einen Abschiedsbrief mit “tschüs” geschrieben habe. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Foto auch aus ihrer Sicht nie hätte veröffentlicht werden dürfen. Sie bringt ausdrücklich ihr Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck. (1996)
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Eine Regionalzeitung richtet in ihrem Blatt ein Wahlforum ein, in dessen Rahmen sie – zur Vorbereitung auf die Kommunalwahl – Repräsentanten der Parteien GRÜNE, CDU, Freie Bürger, SPD und FDP zu Wort kommen lässt. Der Kreisverband der Republikaner und ein Leser beschweren sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Sie beanstanden, dass willkürlich Politiker dieser fünf Parteien bzw. Wählergruppen gefragt werden, nicht aber Vertreter der ebenfalls zur Wahl des Kreistages kandidierenden Parteien Christliche Mitte, PDS und Republikaner. Eine faire und objektive Berichterstattung dürfe auch diese Gruppierungen nicht ausschließen. Eine ausgewogene Berichterstattung finde hier nicht statt. Die Zeitung nehme vielmehr durch ihre einseitige und parteiische Berichterstattung auf die Wahl des Kreistages unzulässig Einfluss. Die angegriffene Zeitung stellt richtig, dass sie ein Wahlforum zum Thema „Müllverbrennung“ nicht veranstaltet hat, äußert sich aber nicht zur Sache selbst. (1997)
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Ein wegen Rauschgiftschmuggels in Haft befindlicher Mann soll versucht haben, einen Mithäftling zum Mord an einem angeblichen Komplizen anzustiften. So berichtet es ein Boulevardblatt. Die Zeitung erwähnt auch, dass der Mann dem Mithäftling gesagt habe, er wolle alles versuchen, den Richter zu eliminieren, der in seinem Prozess den Vorsitz gehabt habe. Zum Schluss wird mitgeteilt, dass die Polizei die Aussage des Zeugen für glaubhaft hält und Schutzmaßnahmen für den Richter getroffen hat. Der betroffene ehemalige Häftling beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in den Behauptungen eine Ehrverletzung seiner Person. Alle Beschuldigungen seien erlogen. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn in dieser Angelegenheit sei bereits fünf Wochen vor Erscheinen des Artikels eingestellt worden. Die Redaktionsleitung der Zeitung hält die Bedrohung eines Richters im Zusammenhang mit einer Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe für ein so herausragendes Ereignis, dass darüber auch noch nachträglich, wenn die Angelegenheit bekannt werde, berichtet werden dürfe. Zudem sei das Verfahren nicht eingestellt worden, weil sich die Unschuld des Beschwerdeführers herausgestellt habe, sondern weil noch im Anfangsstadium die Bedrohung bekannt geworden sei und rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten. In einer Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft an die Rechtsabteilung des Verlags heißt es, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei, weil dessen Verhalten noch keinen Straftatbestand erfüllt habe. (1996)
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In drei Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über die Flucht eines mutmaßlichen Sexualstraftäters aus der psychiatrischen Abteilung des Bezirksklinikums. In allen drei Beiträgen wird der volle Name des Mannes genannt. Zwei der Veröffentlichungen enthalten sein Foto. Die Überschriften lauten “Polizei sucht .... Sextäter”, “Flucht aus Psychiatrie” und “´Brutaler Sextäter flieht aus Psychiatrie”. Der Anwalt des Betroffenen sieht in den Bezeichnungen “Sextäter” und “brutaler Sextäter” eine Vorverurteilung, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Namensnennung und die Veröffentlichung der Fotos seien Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht seines Mandanten. Insbesondere deshalb, weil der Betroffene möglicherweise schuldunfähig sei. Der Anwalt legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Grund für die Berichterstattung sei der Wunsch der Polizei um Mithilfe gewesen, betont die Chefredaktion des Blattes. Der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine rechtskräftige Verurteilung vorlag, habe man durch den Hinweis im Text Rechnung getragen, dass es sich um einen “mutmaßlichen” Sextäter handele . Bei den Überschriften sei es aber hauptsächlich um die Warnung der Öffentlichkeit gegangen. Die Chefredaktion legt frühere Berichte über den Betroffenen bei, aus denen nach ihrer Ansicht hervorgeht, dass der Beschwerdeführer selbst zumindest in einem Fall den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs gestanden habe. Insofern sei nach dem deutschen Strafrecht der objektive Tatbestand der Täterschaft erfüllt. Die Frage der subjektiven Schuldfähigkeit und der Rechtskraft des Urteils musste nach Auffassung der Chefredaktion im vorliegenden Fall eindeutig hinter den Schutz der Öffentlichkeit zurücktreten. Name und Foto des Betroffenen seien auf Bitten der Polizei veröffentlicht worden. Dabei habe nicht die Frage der Schuldfähigkeit, sondern die offensichtlich mögliche Gefährdung Unbeteiligter im Vordergrund gestanden. (1997)
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