Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Ich jage – aber nur Menschen“ über „Wali“, der als der „beste Scharfschütze der Welt“ vorgestellt wird. Der berichtet über seinen freiwilligen Kampfeinsatz in der Ukraine. „Es brennt und ich bin ein Feuerwehrmann“, habe er wenige Tage nach Kriegsbeginn zu seiner Verlobten gesagt. Die Zeitung lässt den Scharfschützen mit dem Bericht über seine Kriegseinsätze zu Wort kommen. Zitat: „Wir eilten durch den Hinterausgang zu einem Auto, Explosionen überall, Kugelhagel, beißender Rauch, wie in einem Kriegsfilm – bei der Wegfahrt wieder brutales Feuer, diesmal aus Panzern.“ Sie hätten beim Wegrasen noch das Feuer erwidert. Ein russischer Panzer habe das Feuer eröffnet, Schrapnellteile seien an seinem Gesicht vorbeigeflogen, wie Laser-Strahlen. Er habe sich abgetastet. Kein Kratzer. Doch als die Rauchschwaden sich verzogen hätten, sei ein Ukrainer mit abgetrennten Beinen tot am Waldboden gelegen. Der zweite, ebenfalls mit grässlichen Wunden, habe einen letzten Atemzug genommen. In der Luft wabere der „Geruch des Krieges“. Verbranntes Fleisch, ätzender Rauch, Todesgestank. „Das ist so düster, beklemmend“, schildere „Wali“. Eine Leserin der Zeitung wirft dieser eine „Verherrlichung von Gewalt gegen Menschen“ vor. Sie sieht Ziffer 11 des Pressekodex verletzt (Unangemessene Darstellung). Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Beschwerde zurück. Der zuständige Redakteur teilt mit, er habe in der Überschrift ein Zitat des Interviewten wiedergegeben. Dies sei zulässig.
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Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Russland beschließt ´Vergeltung´ für Finnlands Nato-Beitritt: Kein Strom mehr ab Samstag“ in einem Liveticker über den Ukraine-Krieg. Dabei geht es unter anderem um Russlands Reaktion auf Finnlands angekündigten Nato-Beitritt, die Ergebnisse des G7-Gipfels der Außenminister und Äußerungen des ukrainischen Außenministers. In einer fett gedruckten Zwischenüberschrift heißt es: „Russland droht mit Atomwaffen im Ukraine-Krieg“. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Überschrift. Im Artikel selbst sei davon nicht die Rede. Derartige Aussagen seien in der aktuellen Situation dazu geeignet, Teile der Bevölkerung sehr zu verängstigen. Die reale Situation sei ernst genug und sollte nicht derart übertrieben dargestellt werden. Die zuständige Redaktionsleiterin der Zeitung stellt fest, dass der Leser sich völlig zu Recht beschwere. Die Redaktion habe einen Fehler gemacht, den sie sofort nach Bekanntwerden des Vorgangs korrigiert habe.
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Unter der Überschrift „Leipziger Ring-Radweg fordert erste Opfer“ berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Verkehrsunfall mit zwei Verletzten. Sie bezeichnet den neuen Leipziger Radweg sowohl in der Überschrift als auch im Text als gefährlich. Der Fahrer eines Transporters habe im Stau gestanden und dabei zwei Fußgänger übersehen, als er gerade wieder habe losfahren wollen. Ein Leser der Zeitung bezeichnet die Überschrift als ethischen Verstoß. Laut Zeitung sei nicht der Fahrer des Transporters schuld an dem Unfall, sondern der Radweg. Die Zeitung antwortet auf die Beschwerde mit der Stellungnahme des zuständigen Lokalredakteurs. Die Überschrift sei diesem zufolge faktisch belegt. Der Radweg sei erst wenige Tage vor dem Unfall in Betrieb genommen worden. Die Redaktion habe den Unmut vieler Autofahrer und Radfahrer über den ihrer Meinung nach missratenen Radweg zum Ausdruck gebracht. Die Kausalität der Berichterstattung sei wie folgt: Ohne Radweg kein Stau. Ohne Stau hätten die Fußgänger die Fahrbahn nicht überquert. Folge: Kein Unfall.
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Eine überregionale Zeitung veröffentlicht eine Karikatur unter dem Titel „Präsident in Davos“. Sie zeigt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums, die um einen großen Tisch versammelt sind. Darüber schwebt der übergroße Kopf des ukrainischen Präsidenten Wolodimyr Selensky, der mit tiefliegenden Augen, einer übergroßen Nase und außerdem als sehr dick dargestellt wird. Die Karikatur bezieht sich auf das Weltwirtschaftsforum, dem Selensky per Video zugeschaltet war, allerdings nicht vor Publikum um einen runden Tisch, sondern vor Stuhlreihen. Entsprechende Fotos waren am Tag zuvor um die Welt gegangen. Mehrere Leser der Zeitung, kritisieren, dass die im Printmedium verbreitete Karikatur deutliche antisemitische Merkmale habe. Sie lasse Erinnerungen an die in den 1930er Jahren verbreiteten Hassbilder aufkommen, die gezielt Juden diffamiert hätten. Wie so etwas fast 100 Jahre später in Deutschland verwendet und auch verbreitet werden könne, sei völlig unverständlich und inakzeptabel. Die Beschwerdeführer sehen mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung kann die Kritik an der Karikatur nachvollziehen und hält sie für verständlich. Dass einzelne Leserinnen und Leser die Zeichnung für antisemitisch halten, habe man nach der Veröffentlichung zur Kenntnis nehmen müssen. Man teile diese Auffassung nicht, doch sei die Redaktion in dieser Frage hinreichend sensibilisiert. Vom Antisemitismus distanziere sich die Zeitung in aller Form. Ihre tägliche Berichterstattung und Richtlinien ließen daran keinen Zweifel. Zum Bedauern der Chefredaktion habe die nunmehr beanstandete Karikatur zum Teil antisemitische Assoziationen geweckt. Entsprechende Kritik sei auch in anderen Publikationen geäußert worden. Diese Kritik nehme man ernst. Bei all dieser Kritik sei zu berücksichtigen, dass der ukrainische Präsident Jude sei und damit auch automatisch als solcher dargestellt werde.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Verfahren wegen schweren Kindesmissbrauchs. Überschrift: „Im Zoo missbrauchten die Monster ein behindertes Kind“. Zwei Männer hätten gemeinsam mehrere Kinder missbraucht und sich darüber in einem Chat ausgetauscht. Einer der beiden, Sönke G. aus Berlin, sei mittlerweile zu 12 Jahren Haft verurteilt worden. Er habe 26 Jungen, darunter ein Baby, missbraucht. Der zweite Mann sei derzeit in U-Haft. Er steht im Verdacht, 18 Kinder missbraucht zu haben. Die Zeitung veröffentlicht Fotos der beiden Männer. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die abgebildeten Personen seien keine Verurteilten, sondern Verdächtige. Sollten die Männer unschuldig sein, seien sie durch die Berichterstattung für den Rest ihres Lebens vernichtet. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Den Leserinnen und Lesern werde durch Formulierungen im Konjunktiv mehrfach deutlich vor Augen geführt, dass es sich um mutmaßliche Täter und nicht um verurteilte Straftäter handele. Die Zeitung beruft sich auf Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit/Kriminalberichterstattung). Danach können identifizierende Fotos von Tatverdächtigen veröffentlicht werden, wenn das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit im Einzelfall die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt. Dabei falle die Abwägung jedenfalls dann zugunsten des öffentlichen Interesses aus, wenn etwa eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat vorliege und wenn die schwere Tat in aller Öffentlichkeit geschehen sei. Beides sei hier der Fall. Die Rechtsvertretung des Verlages weist auch den Vorwurf des Beschwerdeführers zurück, die Zeitung habe gegen das Gebot der Unschuldsvermutung nach Ziffer 13 des Kodex verstoßen.
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„Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren“ – so überschreibt eine überregionale Tageszeitung online einen Beitrag. Fünf Gastautoren, Biologen und Mediziner, haben Beiträge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks analysiert. Ihr Vorwurf: ARD, ZDF und Co. verfolgten eine „bedrohliche Agenda“. Die Wissenschaftler – so die Zeitung – wollten der „Vielgeschlechtlichkeit“ auf die Spur kommen. Sie wollten herausfinden, ob es stimme, dass in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die bestätigte wissenschaftliche Erkenntnis der Zweigeschlechtlichkeit infrage gestellt werde. Was sie in den Sendungen sähen, sei kein Journalismus. In den Sendungen sei durchgängig die Tatsache geleugnet worden, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Die Zeitung weiter: „Wir fragten uns: Wie kann das sein? Warum bleiben biologische Fakten unberücksichtigt? Warum werden Kinder auf Kanälen, welche die wenigsten Eltern überhaupt auf dem Radar haben dürften, indoktriniert und – anstelle einer altersgerechten Sexualaufklärung – aufdringlich sexualisiert?“ Acht Leserinnen und Leser beschweren sich über den Beitrag. Sie kritisieren unter anderem falsche wissenschaftliche Aussagen, die als Fakten dargestellt würden und Diskriminierungen. Bildung und Aufklärung würden als Indoktrination und Sexualisierung dargestellt. Es sei wissenschaftlich bewiesen, dass es Intersexualität gebe. Allein dieser Fakt weise darauf hin, dass die Aussage zur bestätigten wissenschaftlichen Zweigeschlechtlichkeit falsch sei. Menschen, die sich nicht männlich oder weiblich sähen, würden in dem Artikel diskriminiert. Der Chefredakteur der Online-Version der Zeitung übermittelt die Stellungnahme des zuständigen Redakteurs, der die Beschwerde in fünf Punkte strukturiert und die Vorwürfe zurückweist.
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Gedruckt und online veröffentlicht eine Boulevardzeitung einen Beitrag unter der Überschrift „Hier kommt Florian Heißeisen“. Darin geht es um den Moderator und Sänger Florian Silbereisen und seiner Leidenschaft für Motorräder. Die Zeitung schreibt, Silbereisen fahre eine Harley-Davidson Sportster S. In der Printausgabe wird ein Infokasten mit Preisangabe zu diesem Modell veröffentlicht. Zudem enthalten die Berichte Fotos, auf denen Silbereisen eine Motorradjacke mit der großen Aufschrift „Harley-Davidson“ trägt. Ein Leser der Zeitung sieht in den Beiträgen Schleichwerbung für den Motorradhersteller. Die Rechtsabteilung des Verlages übersendet eine Stellungnahme der Redaktion. Diese teilt mit, dass man den Motorrad-Typ quasi als Leserservice für Motorradfans genannt habe. Zahlreiche Leser wollen immer wieder genau wissen, um welches Produkt es sich jeweils handele, wo man es kaufen könne etc. Die Zeitung habe keinerlei Vorteile davon, die Marke zu nennen und werde auch nicht von der Firma bezahlt. Die Rechtsabteilung vertritt die Ansicht, die Grenze zwischen einem Beitrag von Leserinteresse und Schleichwerbung werde nicht überschritten. In der Berichterstattung würden lediglich die Essentials des Motorrads kurz und knapp genannt. Dabei fehlten jegliche werbliche Sprache oder typische PR-Beschreibungen.
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Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Dieses beliebte Sommerziel wird jetzt ab Hamburg angeflogen“. Der Artikel informiert über ein neues Angebot der Airline Eurowings, die künftig ab Mai jeden Samstag und ab Juni zusätzlich jeden Dienstag von Hamburg nach Alicante fliege. Ein Mitarbeiter des Hamburger Flughafens kommt im Bericht zu Wort und äußert sich positiv zu der neuen Verbindung bzw. zu dem Reiseziel Alicante. Am Ende des Beitrages teilt die Redaktion die Ticketkosten mit. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit dem Vorwurf der Schleichwerbung an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, dass an Nachrichten über neue Flugverbindungen bei der Leserschaft erfahrungsgemäß ein großes Interesse besteht. Deshalb habe man über die Neueinführung einer Verbindung von Hamburg nach Alicante berichtet. Die Veröffentlichung sei weder bezahlt worden noch handele es sich dabei um Werbung.
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Helene Fischer hat ein Kind namens Nala bekommen. Eine Boulevardzeitung berichtet mit zahlreichen Fotos über einen Ausflug der beiden auf dem Münchner Viktualienmarkt. Auf einem der Fotos sieht man die Sängerin einen Kinderwagen schieben. Die Zeitung spricht von einem „Kinderwagen voller Glück“. Sie nennt den Typ des Gefährts und seinen Preis. Die Rede ist vom „höchstem Fahrkomfort“ und „leichter Bedienung mit einer Hand“. Auf einem anderen Foto ist ein Baby-Kleid abgebildet, das Helene Fischer ihrer Tochter angezogen hat. Auch hier werden Hersteller und Preis genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag die erforderliche Trennung von redaktionellem Text und Werbung nicht gewährleistet. Er kritisiert die Nennung des Herstellers und des Preises des Kinderwagens. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Berichterstattung in der gewählten Form für zulässig. Die Redaktion habe entsprechend dem begründeten Interesse der Öffentlichkeit Einzelheiten und Preise genannt, quasi als Leserservice für junge Mütter.
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Eine Programm-Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Was tun bei chronischer Erschöpfung?“ über das Fatigue-Syndrom und mögliche Gegenmaßnahmen. Im Beitrag ist dieser Satz enthalten: „Betroffene haben häufig insbesondere ein Defizit an Vitamin D und Eisen, vielfach fehlt auch Magnesium. Steter Stress lässt den Vitamin-B12-Pegel sinken. Hochdosierte Präparate füllen die körpereigenen Speicher gezielt auf.“ Neben dem Artikel auf gleicher Seite steht eine Anzeige für ein hochdosiertes Vitamin-B-12-Produkt. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der räumlichen Nähe von Text und Anzeige einen Fall von Schleichwerbung. Zusätzlich sei das beworbene Mittel um Faktor 250 überhöht hinsichtlich der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Beschwerdeführer kritisiere den Inhalt der Anzeige (Überdosierung), auf den die Redaktion jedoch keinen Einfluss habe. Den Vorwurf der Schleichwerbung weist der Verlag zurück. Der monierte Artikel sei ein redaktioneller Beitrag, der unabhängig und ohne jegliche Gegenleistung oder Absprache erstellt worden sei.
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