Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
In einer Notiz unter der Überschrift “Duldung erlaubt” veröffentlicht eine Boulevardzeitung unter Angabe des Aktenzeichens das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts. Danach darf einem Ausländer, der seit mindestens zwei Jahren zwar ausreisepflichtig ist, aber in Deutschland geduldet wird, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Ein Anwalt, von mehreren ausländischen Mandanten auf diese Veröffentlichung angesprochen, bittet das zitierte OVG um Übersendung der Entscheidung und erfährt vom zuständigen Pressedezernenten, dass die Meldung falsch sei und die Entscheidung einen anderen Inhalt habe. Er beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die seiner Ansicht nach sinnentstellende Kürzung einer Agenturmeldung. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der Inhalt des Urteils sei verkürzt wiedergegeben worden. Es gebe noch einen ergänzenden Punkt, der besage, dass wenn eine betroffene Person ohne Probleme ausreisen könne, sie dazu verpflichtet sei. Die verkürzte Fassung enthalte zwar nur einen Teil der Entscheidung, sei aber im Kern zutreffend. (1998)
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Eine Lokalzeitung berichtet auf vier Seiten über die Neueröffnung eines Kinos. Die örtliche Fachgruppe der IG Medien bittet den Deutschen Presserat um Prüfung der Veröffentlichung. Drei der vier Seiten seien Anzeigen und als redaktionelle Beiträge getarnt. Der Leser erkenne die Werbung nicht als solche, da weder eine Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ vorgenommen worden sei, noch die Beiträge durch ein anderes Layout vom restlichen Teil der Zeitung getrennt worden seien. Der Vorstand des Verlages teilt mit, die Eröffnung des Kinos sei ein herausragendes Ereignis gewesen, das die gesamte Kinowelt in und um die Stadt grundlegend verändert habe. Die Redaktion habe dem großen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit Rechnung tragen und den ihr gestellten Informationsauftrag erfüllen müssen. Sie habe dies journalistisch und standesrechtlich korrekt getan. Die auf den Seiten veröffentlichten Anzeigen seien klar als solche erkennbar. (1998)
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Unter der Überschrift „Ein Krimineller als Politikum“ berichtet ein Boulevardblatt über einen jugendlichen Straftäter, der mit seinen Eltern in die Türkei abgeschoben werden soll. Der Beitrag enthält ein Foto des Jugendlichen, sein Name wird durch die Abbildung von Plakaten erkennbar. Eine Leserin des Blattes beklagt sich beim Deutschen Presserat. Foto und Namensnennung verletzen ihrer Ansicht nach das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Jugendlichen. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der „Fall Mehmet“ die Medien seit vielen Monaten beschäftige. Zwischen den Behörden und den Medien sei eine Anonymisierung vereinbart gewesen, an die sich auch ihre Zeitung gehalten habe. Ein Privatsender und eine Tageszeitung hätten als erste den vollständigen Namen des Jugendlichen veröffentlicht. Zudem sei auf den Plakaten einer Gewerkschaftsdemonstration der volle Name genannt worden. Als dann auch noch die Polizei den Jugendlichen wegen einer neuerlichen schweren Straftat unter seinem richtigen Namen suchte, sei auch ihr Boulevardblatt von der Anonymisierung abgewichen. Eine türkische Zeitung, mit der man kooperiere, habe eine Home-Story mit Fotos des Jungen und seiner Eltern veröffentlicht, die mit ausdrücklicher Billigung der Eltern auch der Boulevardzeitung zur Veröffentlichung angeboten wurden. Die Chefredaktion fügt zudem eine Erklärung des Innenministeriums bei, in dem der Vorname des Jugendlichen genannt wird. (1998)
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Unter der Überschrift „Ran an die Spitze“ berichtet eine Regionalzeitung über Damenunterwäsche. Dem Beitrag sind zwei Fotos beigestellt, die laut Autorenangabe von einer Herstellerfirma stammen. Ein Leser sieht den Grundsatz der Trennung von Werbung und Berichterstattung nicht mehr gewahrt und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Redaktionsleitung erklärt, es sei keine Schleichwerbung, wenn Firmenfotos für ein allgemeines redaktionelles Thema verwendet würden. (1998)
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Unter der Überschrift „Fast alles für Geld“ berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Kinderpornoskandal von Zandvoort. Der Artikel enthält folgende Passage: „Daran stimmt, dass in Berlin die Infrastruktur der Szene besonders ausgeprägt ist. Die Anonymität der Großstadt und die gerühmte Libertinage, unter der sich Deutschlands größte Homosexuellengemeinde etablieren konnte, liefert auch den Humus, auf dem eine verschworene Päderasten- und Pädophilenszene gedeiht.“ Der Bund lesbischer und schwuler JournalistInnen beantragt eine Rüge des Deutschen Presserats. Die zitierte Passage diskriminiere alle Homosexuellen. Die Formulierung erwecke den Eindruck, dass Homosexualität und Pädophilie „zusammengehören“, weil beides auf dem gleichen „Humus“ wachse. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, der Artikel greife nicht Homosexuelle an, sondern beschreibe Tatsachen. Nach Recherchen der Redaktion und amtlichen Ermittlungsergebnissen seien in der Vergangenheit einige Berliner Homosexuellenlokale von Zuarbeitern der Kinderpornoszene als Anlauf- und Rekrutierungsstelle genutzt worden. So sei es aktenkundig, dass minderjährige Strichjungen, die in und vor diesen Lokalen auf Kundensuche waren, eben dort von Akquisiteuren für das Kinderpornogeschäft in Belgien und Holland angeheuert wurden. Der inkriminierte Satz, besonders der Begriff „Libertinage“, sollte diese promiske Szene beschreiben, die mit der hetero-sexuellen Bordell- und Rotlichtszene vergleichbar sei. Aus diesem Kontext ergebe sich, dass keinesfalls die Gruppe der Homosexuellen insgesamt gemeint sei. Wenn die Beschwerdeführer die Formulierung als diskriminierend empfinden würden, so bedauere man das. Das Magazin habe sich solcher Kritik durch Abdruck eines ähnlich lautenden Leserbriefs bereits öffentlich gestellt. (1998)
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„Verdrossen und frustriert – droht der Schwenk nach rechts?“ fragt eine Lokalzeitung in einem Beitrag, der sich mit der wachsenden Angst vor den radikalen Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl beschäftigt. Der Text ist mit einer Karikatur frei nach Wilhelm Busch illustriert. In dieser Zeichnung werden die Parteien DVU, NPD und Republikaner als Ratten dargestellt, die auf den schlafenden deutschen Michel kriechen. Die DVU-Ratte trägt ein Hakenkreuzfähnchen am Schwanz. Beschriftet ist die Karikatur mit dem Zitat: „... und ganz heimlich, kritze, kratze, kommen die Ratten aus der Matratze!“ Der Herausgeber eines Pressedienstes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Karikatur eine Volksverhetzung und ist der Ansicht, dass insbesondere die Bürger, welche in Niedersachen „republikanisch“ und in Sachsen-Anhalt DVU gewählt haben, als „Ratten“ beschimpft, böswillig verächtlich gemacht und verleumdet werden. Ziel des Artikels sei offenkundig, alle „rechten“ Parteien durch Verunglimpfung von der Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben abzuhalten und ihre Wahlchancen für die Bundestagswahl zu beeinträchtigen. Die Redaktion führt aus, Karikaturen seien mit Kommentaren gleichzusetzen und deshalb persönliche Meinungsäußerungen. Der Vergleich mit Ratten sei sicherlich nicht schmeichelhaft. Dennoch habe dies mit Volksverhetzung nichts zu tun. (1998)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter den Überschriften „Kosmetik, Duft und Schönheit“, „In der Welt der Weine“ und „Spezialisten für Männermode“ auf ihrer Wirtschaftsseite Berichte über lokale Unternehmen. Journalistenverband und IG Medien des Landes legen die Beiträge dem Deutschen Presserat vor. Sie sind der Meinung, dass hier gegen das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Text verstoßen wird. Zudem zeichne für die Texte niemand verantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, eine Leserbefragung von 1997 und darauf aufbauende Telefonaktionen und Foren hätten ergeben, dass die lokale und regionale Wirtschaft in der Zeitung kompetenter dargestellt werden müsste. Den Anspruch, neben die regelmäßig aus Rundfunk- und Fernsehnachrichten bekannten Meldungen aus der Welt-, Bundes- und Landeswirtschaft eine gleichgewichtige Darstellung lokal und regional tätiger Unternehmen zu setzen, habe die Zeitung mit Blick auf die angestrebte höchste lokale Kompetenz nicht ignorieren können. Ergebnis seien die nunmehr alle zwei bis drei Wochen im Wirtschaftsteil der Zeitung erscheinenden Porträts von Unternehmen. Berücksichtigt würden dabei Unternehmen mit Bedeutung für den Standort und die Region. Für den Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Unternehmensporträts könne ein besonderer Anlass, z.B. ein Jubiläum, mit entscheidend sein. Dies sei jedoch kein Muss-Kriterium. Mit der Darstellung von Unternehmen wolle die Zeitung lokale und regionale Identität fördern und einen Nutzen für die Leser schaffen, der über das Verbreiten von Nachrichten hinausgeht. Die Reaktion aus der Leserschaft auf diese Berichterstattung sei ausnahmslos positiv. Beschwerden aus der Wirtschaft – und hier insbesondere von den mit den dargestellten Unternehmen konkurrierenden Firmen – habe es bislang nicht gegeben. Schließlich weist die Chefredaktion darauf hin, dass die Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen der Leser bedingt auch ein Umdenken der Redakteure erfordere. Dies bedeute jedoch nicht, dem Leser schlicht nach dem Munde zu reden oder gar die Preisgabe wesentlicher Grundsätze der freien und unabhängigen Presse. (1998)
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Die Arbeit auf einer Intensivstation ist 1995 das Thema eines Zeitungsberichts. Den Beitrag unter der Überschrift „Apparatemedizin und ein Funken Hoffnung“ illustriert ein Foto, das zwei Krankenschwestern mit einem Schwerkranken zeigt. 1998 berichtet die selbe Zeitung in einem Beitrag unter der Überschrift „Über das Leiden unheilbar Kranker“ über die Sterbehilfe. Auch diesem Text sind zwei Fotos beigestellt, die Schwestern bei der Betreuung von Schwerkranken zeigen. Die Tochter eines vermeintlich auf zwei der Fotos abgebildeten Patienten sieht das Persönlichkeitsrecht ihres Vaters verletzt und teilt ihre Bedenken dem Deutschen Presserat mit. Es lag keine Einwilligung zum Fotografieren vor. Gemeinsam mit ihrer Schwester habe sie bereits 1995 bei der Redaktion der Zeitung gegen die Veröffentlichung protestiert, sei damals jedoch „abgefertigt“ worden, ohne dass sie eine Entschuldigung erhielt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, eines der Fotos in dem Beitrag „Über das Leiden unheilbar Kranker“ stamme von einem Fotografen aus Österreich. Das andere sei von einem ehemaligen Mitarbeiter, der bereits 1994 das Haus verlassen habe, gemacht worden. Bereits vor der Veröffentlichung des Beitrags habe der stellvertretende Chefredakteur bei der Ankündigung des Themas in der Redaktionskonferenz darauf hingewiesen, dass bei den Fotos unbedingt die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Patienten und die Betroffenheit der Angehörigen beachtet werden müssten. Aus diesem Grund habe man auch das Bild eines österreichischen Fotografen sowie ein über vier Jahre altes Archivbild ausgewählt, das elektronisch verfremdet wurde, so dass auch Angehörige den Abgebildeten nicht wiedererkennen können. Es handele sich dabei eindeutig nicht um den Vater der Beschwerdeführerin. Bei dem 1995 abgedruckten Foto sei sich die Lokalredaktion sicher gewesen, dass der im Vordergrund abgebildete Patient nicht wiedererkannt werden könne, da eine Krankenschwester sein Gesicht mit den Händen weitgehend abdeckte. Übersehen habe die Redaktion dabei das Gesicht eines Patienten am linken Bildrand, der dadurch identifizierbar wurde. Dessen Angehörige hätten sich damals bei der Redaktion beschwert. Die Redaktion habe daraufhin ihr Bedauern ausgedrückt und sich bei dem Schwiegersohn des Abgebildeten entschuldigt. Diese Entschuldigung sei seinerzeit angenommen worden, zumal die Redaktion zugesichert habe, das Foto und andere Bilder aus der Filmsequenz zu vernichten. (1995/1998)
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„Razzia im Knast: Justizbeamte verhaftet“ lautet die Schlagzeile. Eine Lokalzeitung berichtet über die Entdeckung eines Bordell- und Drogenrings im Gefängnis, bestehend aus Häftlingen, Polizisten und Vollzugsbeamten. Dabei erwähnt sie, dass es sich bei den hauptverdächtigen Häftlingen um einen Libanesen und zwei Türken handelt. Eine Leserin bittet den Deutschen Presserat, die Veröffentlichung zu prüfen. Sie hält es für sachlich nicht notwendig, die Nationalität der Betroffenen zu nennen. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Angabe der Staatsangehörigkeit sei nicht diskriminierend. Es läge vielmehr dann eine Herabwürdigung vor, wenn diese Angaben nicht mehr gemacht werden dürften. (1998)
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In einer Sonntagszeitung erscheint unter der Kennzeichnung „Integrierter Landbau“ eine Sonderseite über landwirtschaftliche Anbaumethoden. Ökologische Anbaumethoden werden darin kritisch betrachtet. Ein kleiner Kasten am Ende des Beitrags nennt den Autor der „Verlagssonderseite“. Die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau ruft den Deutschen Presserat an und weist darauf hin, dass nach ihren Erkenntnissen der betreffende Beitrag mit 70.000 D-Mark gesponsert worden sei. Zugleich beklagt sie den diffamierenden und hetzenden Charakter dieser Werbung für den Integrierten Landbau. Der Deutsche Werberat – so die Beschwerdeführerin – habe ihr auf Anfrage mitgeteilt, dass es sich bei der Veröffentlichung nicht um einen redaktionellen Bericht, sondern um eine redaktionell gestaltete Anzeige handele. Das Verlagshaus erklärt, bei der kritisierten Veröffentlichung handele es sich um zwei Verlagssonderseiten, die in Kooperation zwischen Verlag und Kunde entstanden seien. Die Seiten seien in Schrift und Layout vom redaktionellen Teil abgehoben und als Verlagsbeilage bzw. Verlagssonderseite ausgewiesen. Kritikwürdig an der Veröffentlichung sei in der Tat, dass durch ein Versäumnis während der Produktion der Hinweis „Verlagssonderseite“ nicht, wie sonst üblich, in der Paginierung oben auf der Seite, sondern nur in einem – allerdings durch einen Kasten hervorgehobenen – Seitenimpressum erschienen sei. Weiterhin teilt der Verlag mit, dass eine umfangreiche Stellungnahme der Beschwerdeführerin in der nächst erreichbaren Ausgabe als Leserbrief abgedruckt worden sei. Der Umsatz aus dem Geschäft mache im übrigen nicht einmal ein Zehntel der von der Beschwerdeführerin genannten Summe aus. (1998)
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