Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
In einer Boulevardzeitung ist zu lesen, dass sich auf dem Highway 90 in South Dakota/USA ein schlimmes Unglück ereignet hat. Ein Kleinbus wurde von einer Windböe erfasst und gegen eine Straßenkehr-Maschine geschleudert. Der Bus überschlug sich und landete auf dem Dach. Alle neun Insassen kamen verletzt in eine Klinik. Ein 67-jähriger Futtermittel-Vertreter aus Deutschland starb wenig später. Die 65-jährige Frau des tödlich Verunglückten wird wörtlich zitiert. Sie soll einem Mitarbeiter der Zeitung das Ziel der Reisegruppe genannt haben: Yellowstone Park und Salt Lake City. Die Tochter des Ehepaares beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine falsche Darstellung des Geschehens. Ihr Vater sei kein Futtermittel-Vertreter gewesen, sondern habe einen völlig anderen Beruf ausgeübt. Ihre Mutter sei nicht 65 Jahre alt, sondern jünger. Sie habe sich auch zu keiner Zeit und zu keinem Sachverhalt gegenüber der Boulevardzeitung geäußert. Sie zu zitieren und somit ein mit ihr geführtes Interview zu suggerieren, sei infam. Die Umstände des Unglücks seien in keiner Weise geklärt, sondern müssten zunächst einmal durch die Staatsanwaltschaft geprüft werden. Daher sei es bislang auch nicht klar, ob der Bus von einer Windböe erfasst wurde und ob überhaupt neun Personen im Bus gesessen haben. Die Zeitung erhebe hier etwas zu Tatsachen, was schlicht noch geprüft werde. Die Rechtsabteilung des Verlages bekundet, der Beitrag basiere auf einer Agenturmeldung. Dieser Meldung seien Namen, Beruf, Alter und wörtliche Rede entnommen worden. Wie es zu dem Hinweis gekommen sei, dass sich die Frau des Verunglückten gegenüber der Boulevardzeitung geäußert habe, was offensichtlich falsch sei, könne nicht mehr dargestellt werden. Soweit die Zeitung fehlerhafte Angaben über den Beruf des Verstorbenen und das Alter seiner Witwe übernommen habe, werde dies bedauert. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter voller Namensnennung über einen Oberinspektor der Berufsfeuerwehr, der wegen Kindesmissbrauchs mit elf Monaten Freiheitsentzug bestraft worden ist, zur Bewährung aber auf freiem Fuß bleibt und nun einem Disziplinarverfahren entgegensieht. Der Betroffene gelte als erfahren und gut in seinem Job. Er sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig verurteilt, erneut in den Vorstand des Kreisfeuerwehrverbandes gewählt worden. Es habe dabei Blumen und Glückwünsche gegeben, aber kein Wort zu seiner erwiesenen Straftat. Die Zeitung befragt die Anwältin des Opfers, den Oberbürgermeister als Dienstherrn des Täters und die geschiedene Ehefrau des Verurteilten zu dem milden Gerichtsurteil, mit dem der Brandschützer weder seinen Beamtenstatus auf Lebenszeit noch seinen Kündigungsschutz verliere. Dennoch habe sich der Oberbürgermeister für ein förmliches Verfahren beim Verwaltungsgericht ausgesprochen, das mit einer Kündigung enden könne. Der Anwalt des Betroffenen reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er beklagt die Namensnennung, sieht die Position seines Mandanten falsch dargestellt und kritisiert Eingriffe in ein laufendes Disziplinarverfahren. Die Chefredaktion der Zeitung betont, der Beschwerdeführer sei nach ausdrücklicher Bestätigung durch den Pressesprecher der Stadt bis zum Bekanntwerden des Gerichtsurteils als stellvertretender Amtsleiter tätig gewesen und deshalb als eine relative Person der Zeitgeschichte anzusehen. Erst auf Grund der Recherche der Zeitung und der Veröffentlichung habe der Oberbürgermeister von der Verurteilung seines Brandschützers erfahren und den Beschwerdeführer seines Postens enthoben. Die Zeitung ist der Ansicht, dass über den Vorgang berichtet werden durfte, da er von öffentlichem Interesse ist. Der Beschwerdeführer sei nun einmal Chef der Berufsfeuerwehr der Stadt gewesen. In einem Punkt sei die Berichterstattung der Zeitung nicht korrekt gewesen: Der Betroffene sei bei seiner Wiederwahl in den Vorstand des Kreisfeuerwehrverbandes nicht anwesend gewesen. Infolgedessen habe er auch keine Blumen und Glückwünsche bekommen können. Dies ändere jedoch nichts an den anderen Tatsachen. (2001)
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet in Wort und Bild über die Vorkommnisse beim G 8-Gipfel in Genua. Dabei erwähnt sie Zeugen, die erlebt haben, wie bei der Räumung der Genueser Schule Armando Diaz Polizeieinheiten brutal auf harmlose Gipfelgegner eingedroschen haben. Nicht alle aber seien so neutral, wie sie gelten wollten. So hätten mehrere Tageszeitungen einen Journalisten als glaubwürdigen Augenzeugen der Diaz-Geschehnisse präsentiert. Dieser sei in der Vergangenheit immer wieder als Mitarbeiter der Berliner Forschungsstelle Flucht und Migration (FFM) aufgetreten. Er werbe im Internet auch für die Freilassung eines mutmaßlichen Terroristen, der Mitbegründer der FFM sei und im Verdacht stehe, als Mitglied der Revolutionären Zellen an blutigen Attentaten beteiligt gewesen zu sein. Der betroffene Journalist, der in dem Beitrag mit vollem Namen genannt wird, beklagt sich beim Deutschen Presserat, dass diese Berichterstattung ihn diskriminiere und in seiner Ehre verletze. Er habe nicht als Journalist ausgesagt, um den Wahrheitsgehalt seiner Worte zu erhöhen, sondern auf Nachfrage Auskunft über seinen Beruf gegeben. Gleichzeitig habe er betont, dass er als Privatperson in Genua gewesen sei. Die Rechtsvertretung des Verlages betont, alle Behauptungen des Magazins seien korrekt, was der Beschwerdeführer auch bestätige. Dass durch die getroffene Darstellung die Neutralität des Journalisten in Frage gestellt würde, möge vielleicht die Beschwerdeführer selbst so empfinden, die Leser des Magazins allerdings vermutlich nicht. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, so wäre dies dann eben der Eindruck, den die Leser auf Grund der wahren Tatsachenbehauptungen erhalten hätten. (2001)
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Eine Lokalzeitung schildert eine Familientragödie im Ort. Einer 46-jährigen Frau werde vorgeworfen, ihren 6-jährigen Sohn erwürgt zu haben. Der 11-jährigen Tochter sei es gelungen, sich ihrer Mutter zu erwehren. Daraufhin habe die Frau ihr Verhalten zu rechtfertigen versucht. Sie habe finanzielle Schwierigkeiten als Grund angegeben. Um der Mutter in ihrer verzweifelten Situation zu helfen, sei das Mädchen in die Stadt gegangen, um seine Münzsammlung zu verkaufen. Bei der Rückkehr habe sie die Mutter nicht mehr vorgefunden. Bundesweit sei nach der Frau gefahndet worden. Man habe sie schließlich besinnungslos im Wald gefunden. Die Zeitung nennt die vollen Namen der Frau und ihrer Kinder und gibt deren Adresse an. Über den Vater wird berichtet, er sei ein 46-jähriger Sudanese, der Wirtschaftsingenieurwesen studiere. Eine Anwältin bittet den Deutschen Presserat um Prüfung der Veröffentlichung. Sie ist der Meinung, dass durch die Bekanntgabe des Namens und der Adresse das Persönlichkeitsrecht der Frau und ihrer Kinder verletzt wird. Die Rechtsvertretung der Zeitung ist der Meinung, dass die Schilderung der Tat auf ein besonderes Interesse der Öffentlichkeit gestoßen sei. Die Nennung des Namens der Mutter sei zulässig, da sie ein Kapitalverbrechen begangen habe. Und die Tochter sei als einzige Zeugin der Tat zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, so dass auch ihr Name hätte genannt werden dürfen. Durch ihre Tätigkeit als Krankenpflegerin sei die Frau in der Stadt eine bekannte Person. Die Tat habe sich ohnehin im Ort herumgesprochen.
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430 Polizisten und Steuerfahnder durchsuchen bundesweit 29 Banken und 25 Wohnungen. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, dass eine Großfamilie Steuern in Millionenhöhe hinterzogen hat. Eine Regionalzeitung, in deren Verbreitungsgebiet gleichfalls ermittelt wird, veröffentlicht einen entsprechenden Polizeibericht und teilt darin mit, dass die betroffenen Familienmitglieder Roma sind. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Meinung, dass der Hinweis auf die ethnische Zugehörigkeit der Familie Vorurteile schürt und gegen den Pressekodex verstößt. Die Rechtsabteilung des Verlages kritisiert, dass die Beschwerde erst zehn Monate nach Veröffentlichung des Artikels eingereicht worden sei und aus Sachgründen keine Möglichkeit der Konkretisierung mehr bestehe. Sie ist der Meinung, dass die Bezeichnung “Großfamilie” konkretisiert werden musste, um den Leser sachgerecht zu informieren. Das sei nicht mutwillig geschehen und auch nicht in der Absicht einer Diskriminierung. (1999)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über eine bundesweite Razzia in Banken und Wohnungen. Es geht um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. 90 Mitglieder einer Großfamilie sollen Handelsgeschäfte im großen Stil abgewickelt und dabei keine Steuern gezahlt haben. Die Zeitung erwähnt, dass es sich bei den Betroffenen um Sinti und Roma handelt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht Ziffer 12 des Pressekodex verletzt und reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Redaktionsleitung des Boulevardblattes kritisiert, dass der Zentralrat fast ein Jahr nach Erscheinen des Polizeiberichts erst Beschwerde führt. Die Kennzeichnung der Großfamilie als Angehörige von Sinti und Roma hält sie für gerechtfertigt. Die Bezeichnung “Großfamilie” allein hätte in bezug auf den Täterkreis eher in die Irre geführt. (1999)
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Der Clan-Chef einer Sinti- und Roma-Familie sitze seit zwei Wochen in Untersuchungshaft, berichtet eine Boulevardzeitung. Der 44-jährige solle Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben. Ein Prozess gegen ihn und vier Verwandte wegen räuberischer Erpressung sei ausgesetzt worden, weil die Anwälte wegen der plötzlichen Verhaftung des Angeklagten die Verhandlung nicht hatten vorbesprechen können. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wehrt sich mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat dagegen, dass die Zeitung den Angeklagten als Angehörigen einer Sinti- und Roma-Familie kennzeichnet. Das sei ein Missbrauch der Pressefreiheit. Die Redaktionsleitung verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass die kritisierte Meldung eine Berichterstattung in gleicher Sache fortsetze. Im Hinblick darauf, dass es sich hier um Straftaten einer sogen. Großfamilie handele und nicht um Personen, die völlig unabhängig voneinander Steuern hinterzogen hätten, sei der Hinweis, dass es sich um den Chef einer Großfamilie der Sinti und Roma handele, notwendig und zulässig. (1999)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über Trickdiebe, die sich stets schwache Rentner als Opfer aussuchen. So sei jetzt eine Sinti-Frau, im achten Monat schwanger, vom Amtsgericht zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Zusammen mit einer Komplizin habe sie drei Rentner im Alter von 84 bis 87 Jahren bestehlen wollen. Die Zeitung beschreibt den Trick: “Wir haben ein Paket für Ihre Nachbarn”, erklärt die Frau an der Tür. Während sie umständlich eine Nachricht aufschreibt, schleicht sich die Komplizin mit einer Diebesschürze in die Wohnung und sucht nach Geld. Glücklicherweise vergebens. Weil die Rentner gute Personenbeschreibungen liefern konnten, seien beide Frauen gefasst worden. Die Komplizin stehe demnächst vor Gericht. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma legt dem Deutschen Presserat in einer Sammelbeschwerde auch diesen Fall vor. Er beklagt, dass die 32jährige Täterin als Sinti-Frau beschrieben ist. Die Redaktionsleitung des Blattes erklärt, dass die Ausnutzung altersbedingter Hilfs- und Arglosigkeit besonders gemein und verwerflich sei. Insoweit könne der Zentralrat auch nicht erwarten, dass in der Berichterstattung verschwiegen werde, welchem Umfeld die Täter zuzurechnen seien. (1999)
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Die Polizei nimmt zwei Jugendliche im Alter von 11 und 13 Jahren fest, die in eine Wohnung eingebrochen sind. Die Zeitung am Ort berichtet über die Festnahme und erwähnt, dass es sich um Landfahrerkinder aus dem Nachbarland Frankreich handelt, die in Deutschland auf Diebestour sind. Der ältere Junge sei der Polizei unter 16 verschiedenen Personalien als Einbrecher bekannt. Da die beiden noch keine 14 Jahre alt sind, werden sie dem örtlichen Jugendamt zugeführt, wo sie aber entfliehen können. Nach Einschätzung der Ermittler – so die Zeitung – sei es nur eine Frage der Zeit, wann die beiden wieder im Ort erscheinen und neue Einbrüche begehen. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma trägt dem Deutschen Presserat in einer Sammelbeschwerde vor, dass die Bezeichnung “Landfahrerkinder” Vorurteile schüre. Die Redaktionsleitung der Zeitung verweist auf die Warnfunktion ihrer Berichterstattung. Im übrigen stimmt sie nicht der Auffassung der Beschwerdeführer zu, der Begriff “Landfahrer” sei ein Synonym für Sinti und Roma. (1999)
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Ein deutscher Flughafen kämpft nach Darstellung eines Nachrichtenmagazins gegen einen Ansturm von Bettlern. Frauen und Kinder, die vorgeben, vor dem Kriegselend im Kosovo geflüchtet zu sein, bedrängen zunehmend Reisende. “Nach Erkenntnissen der Flughafenverwaltung soll es sich um rumänische Zigeuner handeln”, schreibt die Zeitschrift. In diesem Zusammenhang zitiert sie die Flughafensprecherin mit der Feststellung: “Das ist Bettelbetrug und gehört angezeigt.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nimmt die Veröffentlichung zum Anlass einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er erinnert an den Erlass von Reichsinnenminister Wilhelm Frick vom 7. Dezember 1935, mit dem dieser anordnete, “bei allen Mitteilungen an die Presse über die Straftaten von Juden die Rassenzugehörigkeit hervorzuheben.” Die Rechtsvertretung des Verlags hält die Beschwerde für unbegründet, da im konkreten Fall die Benennung der ethnischen Zugehörigkeit für das Verständnis der Hintergründe notwendig gewesen sei. Das Magazin habe in seiner Meldung lediglich statistische Angaben verwendet. Nach Eingang der Beschwerde habe sich die Zeitschrift bemüht, in einem Gespräch mit dem Zentralrat mögliche Missverständnisse zu bereinigen, und deshalb dem Vorsitzenden ein Interview angeboten. Der Beschwerdeführer habe darauf bislang nicht reagiert. (1999)
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