Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet über die „traurigen Begleitumstände“ bei der Beerdigung eines 20 Monate alten Jungen, der im Mühlenbach seines Wohnortes ertrunken war. Die Eltern hätten ihrem Sohn eine würdige Totenfeier bereiten wollen, schreibt die Zeitung. Doch der Küster des Ortes habe den Wunsch der Eltern, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, nicht erfüllen wollen. Der Pastor der Pfarrei sei in Urlaub gewesen. Sein Stellvertreter aus der Nachbargemeinde habe ausdrücklich darauf bestehen müssen, dass das Gotteshaus für die Feier und die gewünschte Aufbahrung überhaupt geöffnet werde. Die Zeitung zitiert den Ortsbürgermeister. Der Mann habe sich an seine Statuten halten und kurz vor der Pensionierung keinen Ärger haben wollen. Deshalb habe er auch die Orgel nicht zur Verfügung stellen wollen, wie er ihn verstanden habe. Der Küster selbst stelle die Sache anders dar. Er habe trotz Bedenken gesagt: „Ich schließe morgens die Kirche auf, was dann drin passiert, geht mich nichts an!“ Er habe auch keine Einwände gegen den Einsatz eines anderen Organisten erhoben. Weil sie sich in diesem Umfeld nicht gut aufgehoben sahen, hätten die Eltern ihre Totenfeier zu Hause gehalten. Auch auf das Glockengeläut habe die Trauergesellschaft verzichten müssen. Geläutet habe es um 14.40 Uhr, als der kleine Zug noch gar nicht auf dem Friedhof gewesen sei. Um 15 Uhr habe er einen anderen Termin gehabt, habe der Küster verlauten lassen. Ein Leser der Zeitung erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er kritisiert den Boulevardstil des Artikels und beanstandet die Namensnennung des Küsters. Dass es auch ganz anders gewesen sein könne, werde mit den zitierten Aussagen des Küsters angedeutet. Der erklärende Kontext aber fehle. Dazu hätte es einer intensiveren Recherche bedurft, um so ein objektives Bild des Geschehens zu zeigen. Beispielsweise um zu erläutern, welche strengen Sitten und Bräuche bei der Aufbahrung von Toten auf dem Lande herrschten. Oder um zu fragen, ob der Küster nicht doch im Rahmen seiner Handlungsmöglichkeiten die Türe für eine würdige Beerdigung eines Nicht-Katholiken geöffnet habe. Vielleicht hätte man dann auch herausgefunden, dass der Küster vor einigen Jahren selbst die Tochter durch einen Unfall verloren habe. Die Chefredaktion der Zeitung lässt wissen, dass der Autor bewusst das Stilmittel verwendet habe, die Situation der betroffenen Familie detailgenau zu schildern. Die Gegebenheiten seien in Featureform lesernah wiedergegeben worden. Die emotionale Spannung mache den Reiz des Artikels aus. Eine Anonymisierung der Thematik sei aus praktischen Gründen unmöglich gewesen. Es habe in der Region nur einen solchen Todesfall gegeben und die Gemeinde habe auch nur einen Küster. Die Vorgänge rund um die Beerdigung des Kindes seien zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ohnehin längst Dorfgespräch gewesen. Eine Anonymisierung sei in der Sache auch nicht notwendig gewesen, da es sich hier nicht um ein strafrechtlich relevantes Verhalten einer Privatperson, sondern um das Handeln eines Vertreters der Kirche als Amtsträger handele. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet in zwei ihrer Lokalausgaben, dass gegen einen Richter im Amtsgericht eine dicke Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht worden sei. „Endlich Schuss vor den Bug für Richter ...“, lautet die Schlagzeile. Schon seit längerem löse das dienstliche Gebaren des Richters immer wieder Kopfschütteln aus. Nicht selten zeige er ganz offen, dass ihn der gerade zu erörternde Fall regelrecht langweile. Auch seine Neigung, bei Verhandlungen öfters in den Dialekt zu rutschen, verwundere nicht nur Anwaltskreise. Nicht eben zart besaitete Anwälte lasteten dem Mann in der Robe zudem an, bisweilen extrem autoritär und damit prozessual in der Regel wenig hilfreich aufzutreten. Als der Jurist jetzt wieder einmal ein für einen Richter mehr als ungewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt habe, hätten die Betroffenen das nicht, wie viele ihrer Leidensgenossen zuvor, auf sich beruhen lassen. Auf dem Wege einer förmlichen, umfassenden und sehr detaillierten Dienstaufsichtsbeschwerde hätten seine Vorgesetzten jetzt erfahren, welch eigentümliches Verständnis von Verhandlungsführung ihr Richter auslebe – nach Überzeugung der Betroffenen und der beteiligten Anwälte in keiner Weise sachdienlich, völlig unangemessen und zudem höchst zweifelhaft. Der von der Berichterstattung betroffene Richter gesteht in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat ein, dass der Artikel für sich gesehen auf Grund der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Rechtsprechung zur Pressefreiheit wahrscheinlich nicht zu beanstanden sei. Der Gesamtkontext, in dem er stehe, könnte jedoch zu einer anderen Einschätzung führen. Der Beschwerdeführer übersendet eine auf das Wesentliche gestraffte Darstellung der Begleitumstände, aus der nach seiner Ansicht deutlich werde, aus welchem Anlass der Zeitungsartikel vermutlich entstanden sei. Der Richter hatte zwei Monate zuvor den Sohn des Verlegers der Zeitung wegen unerlaubten Erwerbs von Kokain und Handeln mit Marihuana zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Insgesamt sieht er sich durch die Berichterstattung diskreditiert und in Dienstaufsichtsbeschwerde sowie Berichterstattung eine Retourkutsche dafür, dass er die Hauptverhandlung gegen den Verlegersohn durchgeführt habe. Bemerkenswert sei, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde aus dem Büro der Anwälte stamme, die den Sohn des Verlegers seinerzeit verteidigt hatten. Der Präsident des zuständigen Landgerichts legt gleichfalls Beschwerde ein. Er ist der Ansicht, dass der Zeitungsartikel die Grundsätze des fairen Journalismus nachhaltig verletze. Obwohl die Dienstaufsichtsbeschwerde in keinem Zusammenhang mit der Art und Weise stehe, wie der Richter in der Verhandlung mit Verteidiger und Angeklagten umgegangen sei, sei sie in dem Artikel sinnentstellend und in tendenziöser Weise als Beleg für die Notwendigkeit genannt worden, dass der Richter „endlich einmal einen Schuss vor den Bug“ bekomme. Der Autor verunglimpfe die angeblich überzogene autoritäre Verhandlungsführung des Richters. Als einzige konkrete und nachprüfbare Tatsache nenne er allerdings nur die eingelegte Dienstaufsichtsbeschwerde. Insgesamt sei die Berichterstattung verzerrend und herabsetzend, da der Richter seine Pflichten weder innerhalb noch außerhalb des Verfahrens verletzt habe. In einer weiteren Beschwerde äußert eine Leserin die Meinung, dass der Richter ungerechtfertigter Weise an den Pranger gestellt werde. Sie selbst habe schon Verhandlungen des Richters beigewohnt und keine Beanstandungen bei der Verfahrensführung feststellen können. Zudem glaubt auch sie zu erkennen, dass der Artikel auf Grund persönlicher Interessen des Verlegers zustande gekommen sei. Dadurch werde die Pressefreiheit missbraucht und für private Zwecke genutzt.
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Eine Lokalzeitung illustriert eine Reportage über den Tagesablauf zweier Pendler zwischen Wohnort und Arbeitsplatz mit zwei Fotos. Eines davon zeigt zwei Pendler beim Frühstück in einem Eisenbahnzug. Auf dem Tisch liegen u.a. zwei Zeitungsexemplare, deren Titel wegretuschiert sind. Ein Redakteur der betroffenen Zeitung schreibt den Deutschen Presserat an. Er beklagt, dass die Titel seiner Zeitung wegretuschiert worden sind und sieht darin eine unzulässige Fotomanipulation. Der Verlag der Lokalzeitung teilt mit, das Bild habe in Verbindung mit dem Text die Situation von Pendlern in der Eisenbahn veranschaulichen sollen. Welche Zeitungen dabei auf dem Tisch lägen, sei völlig irrelevant, weil die Reportage nicht von der Geschichte der betroffenen Zeitung oder Zeitungslesern handele, sondern von Eisenbahnpendlern. Durch den Umstand, dass die Titel der Zeitungen nicht sichtbar seien, entstehe bei den Lesern kein falscher Eindruck. (2001)
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Ein SPD-Ortsverein gibt eine Pressemitteilung über den Verlauf einer Versammlung heraus, in der es heißt, der stellvertretende Vorsitzende habe sich abwertend über die Auszeichnung der Stadt als „wirtschaftsfreundliche Gemeinde“ geäußert. Er soll die Vergaberichtlinien des Preises kritisiert und bedauert haben, dass ausgerechnet eine Stadt zum Zuge gekommen sei, die landesweit an letzter Stelle stehe. Die Zeitung am Ort berichtet darüber. Und sie deckt auf, dass es der 1. Vorsitzende des Ortsvereins gewesen sei, der diese Aussagen dem Kollegen „zugeschrieben“ habe, als er die Pressemitteilung verfasste. „Eine Vermischung von in diesem Zusammenhang irrelevanten, statistischen Vergleichsdaten, spekulativen Unterstellungen und Provokationen, die zu einer inhaltlich nicht haltbaren Wertung zusammengeführt wurden“, bewertet der Stellvertreter die ihm in der Mitteilung des Parteifreundes an die Presse unterstellten Aussagen. In einem Kommentar zu dem Vorgang wirft die Zeitung dem Verfasser der Pressemitteilung vor, es sei kein Versehen, keine Fahrlässigkeit, sondern vorsätzliche Falschinformation, die der Lokalpolitiker in Umlauf gebracht habe. Solches Verhalten sei nicht zu entschuldigen. Der so Angegriffene bittet den Deutschen Presserat um Prüfung der Veröffentlichung. Er hält die Sache für aufgebauscht. Ihm sei schlichtweg ein Fehler unterlaufen und es sei eine persönliche Beleidigung, in diesem Zusammenhang von Vorsätzlichkeit und Unentschuldbarkeit zu sprechen. Zudem kritisiert er, dass er zu der Angelegenheit nicht gehört worden sei. Die Zeitung erklärt, sie habe die Pressemitteilung des 1. Vorsitzenden mit den Zitaten des Stellvertreters in redigierter Form veröffentlicht. Daraufhin habe sich der Stellvertreter gemeldet und mitgeteilt, die ihm zugedachten Zitate seien ihm in den Mund gelegt worden. Er habe seinen Kollegen aufgefordert, diese falschen Zitate zu berichtigen. Eine Reaktion innerhalb einer einwöchigen Frist sei jedoch ausgeblieben. Daraufhin habe man die beiden jetzt kritisierten Beiträge veröffentlicht und dabei auch ein Statement des Stellvertreters verarbeitet. Den Beschwerdeführer habe man nicht um eine Stellungnahme bitten können, da er verreist gewesen sei. Zwei Zeugen hätten inzwischen übereinstimmend bestätigt, das weder der stellvertretende Vereinsvorsitzende noch ein anderer die angeblichen Aussagen in der besagten Versammlung getroffen hätten. Die Redaktion halte es für hanebüchen, wenn der Beschwerdeführer im Nachhinein von einer Verwechslung oder einem Irrtum rede. Er könne ja nicht einmal den eigentlichen Urheber der Zitate nennen. Die Redaktion vermutet, dass es sich um eine Schutzbehauptung des Beschwerdeführers handelt, der seinem Stellvertreter durch das In-den-Mund-legen der Zitate vermutlich Kompetenz habe bescheinigen wollen. (2001)
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Eine Lokalzeitung berichtet ausführlich über den Überfall zweier Jugendlicher auf den früheren Direktor eines Gymnasiums. Die beiden Schüler hätten den beliebten Pädagogen mit Baseballschlägern niedergeknüppelt. Sie seien geständig. Die Zeitung verweist auf Informationen, nach denen ein ehemaliges Mitglied des Lehrerkollegiums Drahtzieher des Anschlags gewesen sein soll. Der 52-jährige Studienrat und Biologe solle die beiden Jungen, von denen einer sein Pflegesohn sei, zum Tatort gebracht und während des Überfalls auf beide gewartet haben. „War es Rache für die abgelehnte Beförderung?“ fragt das Blatt in seiner Schlagzeile. Der betroffene Lehrer wird mit Vornamen und Initial des Familiennamens genannt. Er wird im Foto gezeigt. Die Augenpartie ist abgedeckt. Einem Arzt missfällt die seiner Ansicht nach mangelhafte Anonymisierung und die hier praktizierte Vorverurteilung. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich darauf, dass der Vorgang Stadtgespräch war. Eine Vorverurteilung könne man in der Berichterstattung nicht erkennen, da lediglich der Stand der Ermittlungen wiedergegeben werde. In einem solchen Zusammenhang sei es durchaus üblich, den abgekürzten Nachnamen, Alter und Beruf des Beschuldigten zu veröffentlichen, zumal im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit des mutmaßlichen Anstifters in unmittelbarer Beziehung zu dem Angriff auf den ehemaligen Direktor des Gymnasiums stehe. (2001)
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In einer Artikelserie berichtet ein Boulevardblatt über das Verhalten der Fahrradfahrer in Berlin sowie die Kontrollmaßnahmen der Polizei. „Jetzt Video-Jagd auf Fahrrad-Rüpel“ verheißt eine der Schlagzeilen. In den Artikeln ist von rasenden Radrambos auf dem Bürgersteig die Rede. Sie seien absolut rücksichtslos und gefährlich. Die Zeitung veröffentlicht entsprechende Unfallstatistiken und lässt Unfallopfer sowie Verkehrsexperten zu Wort kommen. Leser fordern: „Fußweg-Raser sollten den Rad-Führerschein machen“. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ist der Meinung, dass die Zeitung mit ihren Artikeln alle Radfahrer diskriminiert. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat kritisiert er die Behauptung, es gebe eine Unfallserie mit Toten und Verletzten. Es werde mit falschen Zahlen operiert, indem man die Werte bezüglich der Unfallzahlen bzw. der Beteiligten vertausche. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, es müsse der Redaktion überlassen bleiben zu entscheiden, welche Zahlen und Sachverhaltsmomente man veröffentliche und welche nicht. Die Quelle der von der Redaktion genannten Zahlen sei die Polizei. Sie seien in gutem Glauben übernommen worden. Bezeichnungen wie „Fahrradrüpel“, „Zweiradcowboy“ und „Radrambos“, welche die Redaktion verwendet habe, seien nicht verallgemeinernd, sondern auf Grund von einzelnen Vorfällen zulässige Wertungen. (2001)
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Ein Boulevardblatt berichtet über ein völlig unmoralisches Pop-Angebot: Eine Internet-Firma verspreche Sitzplatzkarten für ein Madonna-Konzert allen denjenigen, die mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens ins Bett gehen. Einige davon sind abgebildet. Darunter auch der Chefredakteur, der wie folgt zitiert wird: „Bei uns glühen schon alle Leitungen. Eine Dame schrieb, sie würde es sogar mit der ganzen Redaktion treiben“. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Veröffentlichung eine Gefährdung der Jugend und eine Förderung der Prostitution bzw. deren Verharmlosung. Die Chefredaktion will mit der Veröffentlichung ihrer Chronistenpflicht nachgekommen sein. In Deutschland habe es ein erhebliches Gerangel um Karten für die Madonna-Konzerte gegeben. Insofern sei es von Interesse gewesen, über den presse- und werbewirksamen Gag der Internetfirma zu berichten. Dabei distanziere sich die Redaktion durch Formulierungen wie „völlig unmoralisches Pop-Angebot“ und einen ironischen Ton in der Berichterstattung durchaus von der Aktion. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Personen sei nicht feststellbar, da sie die Einwilligung zu dem Werbegag gegeben hätten. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Skandal: Leere Wohnungen als Hundeklo missbraucht“ über eine allein stehende Frau, die als einzige Mieterin mit ihrem Hund in einem Haus lebt, das eigentlich schon lange aus städtebaulichen Erwägungen abgerissen sein sollte. Aus Angst, weil immer wieder eingebrochen werde, habe sie sich den Hund ins Haus geholt, habe sie der Zeitung erklärt. Das Tier werde auch regelmäßig ausgeführt. Es könne sich jedoch nicht an die neue Umgebung gewöhnen. Daher mache es überall hin. Der Dobermann erledige offenbar schon seit Wochen seine großen und kleinen Geschäfte in den offenstehenden Nachbarwohnungen oder auch mal im Treppenhaus, stellt die Autorin des Beitrages fest. Diesen Rückschluss ließen zumindest der penetrante Gestank und die Zahl der Häufchen zu, welche die Frau nicht zu stören schienen. Die Hundehalterin sei inzwischen angewiesen worden, den Hund aus der Wohnung zu bringen. In jedem Fall habe sie mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen nicht artgerechter Haltung ihres Hundes zu rechnen. Fotos zeigen den Hund und seine Hinterlassenschaften. Die Betroffene lässt durch ihre Anwälte Beschwerde beim Deutschen Presserat einlegen. Durch die Nennung ihres Namens und die Identifizierbarkeit ihrer Wohnadresse werde ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Zudem bestehe die Gefahr der Belästigung durch Kriminelle. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die Autorin des Beitrages habe mit der Frau gesprochen und bereitwillig Auskunft erhalten. Ein Fotograf habe zudem Aufnahmen des Hausinnern gemacht. Die Beschwerdeführerin habe also gewusst, dass es um eine Veröffentlichung gehe, aber nicht darum gebeten, ihren Namen nicht zu nennen. Auch in einer schriftlichen Stellungnahme ihres Anwalts sei kein Ersuchen um Anonymisierung enthalten gewesen. Insofern sei die Namensnennung in Ordnung gewesen. (2001)
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Eine Boulevardzeitung stellt die Frage, ob die Kapelle einer kleinen katholischen Gruppe, die sich aus Rumänen, Griechen, Ukrainern, Türken, Arabern und einigen Deutschen zusammensetze und noch nach altem byzantinischen Ritus feiere, ein Sado-Maso-Studio werde. Die Zahl der Rumänen und Ukrainer sei inzwischen so groß geworden, dass sie eine eigene Gemeinde gründen wolle. Und für den Rest lohne es sich nicht mehr, eine eigene Kirche zu unterhalten. Zitiert wird ein Diakon, der von einer Tragödie spricht, wenn das Gotteshaus so enden würde. Aber leider sei genau das zu befürchten. Besitzer einschlägiger Etablissements hätten bereits Interesse bekundet, stellt die Zeitung fest. Dem Beitrag beigestellt sind Fotos der Außenansicht der Kirche, einer Innenansicht während des Gottesdienstes und des Rücken- und Hinterteils einer Domina. Die zuständige rumänisch-orthodoxe Kirchengemeinde sieht durch die Veröffentlichung des Domina-Fotos im Zusammenhang mit der Kapelle die religiösen Gefühle der Betroffenen verletzt und beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Die ganze Geschichte sei erfunden und das Zitat des Diakons falsch. Es gebe keinerlei Hinweise auf die Nutzung der Kapelle als Sado-Maso-Club. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, dass sich der Artikel der eingängigen Bildsprache des Boulevardjournalismus bediene. Die Fakten seien indes keineswegs aus der Luft gegriffen. So habe sich u.a. ein namentlich bekanntes Sado-Maso-Studio ebenso wie eine religiöse Sikh-Gruppierung nach den Räumlichkeiten der Kapelle erkundigt. Der Diakon habe sich im Gespräch mit dem Redakteur des Blattes wie wiedergegeben geäußert. Den Inhalt des Gesprächs habe der Betroffene dann auch in einem Brief an seinen Vorgesetzten bestätigt. Auf Nachfrage des Presserats teilt die zuständige Hausverwaltung mit, dass bei ihr zu keiner Zeit, weder seitens der genannten Club-Bar noch seitens der Redaktion der Zeitung eine Anfrage über die etwaige künftige Nutzung der Kirchenräume ab dem Jahre 2002 eingegangen sei. Da bis vor kurzem mit dem bisherigen Mieter noch Verhandlungen über den möglichen Erwerb der Kirche geführt worden seien, erkläre es sich von selbst, dass man das Mietobjekt anderweitig noch nicht angeboten habe. Auf Anfrage teilt der in dem Artikel erwähnte Diakon dem Presserat mit, dass die Idee mit dem Sado-Maso-Center nicht von ihm stamme. Seine gegenüber der Redaktion gemachte Aussage laute wie folgt: „Es besteht die Gefahr, dass dort alles reinkommen kann, wenn wir raus müssen“. Gerade in der letzten Woche habe er anlässlich eines Gesprächs mit dem Hauseigentümer bzw. seinem Verwalter erfahren, dass man damit rechne, den Gemeindesaal an ein Fitness-Studio zu vermieten. (2001)
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Eine 46-jährige Frau wird in ihrer Wohnung ermordet. In einem Indizienprozess, der dreieinhalb Monate dauert, wird einem 26-jährigen ehemaligen Wohnungsnachbar des Opfers vorgeworfen, die Frau in sexueller Absicht bedrängt, ihren Widerstand gebrochen und sie schließlich getötet zu haben. Das Urteil des Schwurgerichts lautet „lebenslänglich“. Die Zeitung am Ort berichtet in sieben Folgen über den Ablauf des Verfahrens. In einem der Artikel wird der Verteidiger des Angeklagten mit der Erklärung zitiert, es sei ein Fehler gewesen, die Ermittlungen nach der positiven DNA-Analyse auf männliche Verdächtige zu begrenzen. Aus der Polizeistatistik gehe zweifelsfrei hervor, dass die Mehrzahl der Tötungstaten Beziehungsdelikte seien. Nach polizeilichen Erkenntnissen habe das Mordopfer zwar eine gleichgeschlechtliche Neigung, aber auch Männerbeziehungen gehabt. Es gebe Hinweise auf frühere Eifersuchtsszenen mit einer Freundin, bei der es auch zu körperlicher Gewalt gekommen sei. In seinem Bericht über die Urteilsverkündung erwähnt das Blatt, die sonst so übervorsichtige Frau, die an dem Abend selbst nicht mehr nüchtern gewesen sei, habe offenbar nicht so reagiert wie ihre Bekannten es erwartet hätten und den jungen Mann in die Wohnung gelassen. Bei der Obduktion seien 1,74 Promille Blutalkohol festgestellt worden. Eine Freundin des Opfers schaltet den Deutschen Presserat ein. Sie ist der Ansicht, dass die Ausführungen des Anwalts nicht in die Öffentlichkeit gehören. Die Eifersuchtsszenen und die körperliche Gewalt zwischen den Freundinnen seien frei erfunden. Des weiteren würden das Opfer und auch die Hinterbliebenen identifizierbar. Auch in dem zweiten Beitrag würden wieder Arbeitgeber und Adresse des Opfers genannt. Außerdem sei es unnötig, über den Blutalkoholgehalt der getöteten Frau zu berichten. Mit dem Artikel werde suggeriert, dass das Mordopfer den Straftäter gekannt habe, leichtfertig und dem Alkohol zugeneigt gewesen sei. Dadurch komme der Leser schnell zu dem Schluss, dass nicht der Mörder, sondern das Opfer selbst Schuld trage. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Äußerungen des Anwalts seien im Konjunktiv formuliert worden. Im Absatz davor werde sehr deutlich unterstrichen, dass diese Äußerung Bestandteil der Verteidigungsstrategie gewesen sei. Man habe bewusst auf die Wiedergabe intimer Details verzichtet, die der Angeklagte vorgebracht habe. Die Äußerungen des Verteidigers seien jedoch wichtig erschienen, um den Prozessablauf zu beschreiben. (2001)
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