Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Sorgfaltspflicht in Kleidungsfragen

Unter der Überschrift “Zu sexy für die Schule“ schildert ein Boulevardblatt einen Vorfall in einer katholischen Privatschule. Die Schulleiterin hatte eine Zwölfjährige nach Hause geschickt, weil sie nicht warm genug angezogen sei, so die Schulleiterin, weil sie zu sexy gekleidet gewesen sei, so die Zeitung. In dem Bericht wird erwähnt, dass ein Promoter aus dem Show-Geschäft der jungen Dame eine Pop-Karriere in Aussicht gestellt habe. Laut Zeitung sei das Mädchen von der Schule verwiesen worden. Die Darstellung der Zeitung löst eine Beschwerde des Elternrats der Schule beim Deutschen Presserat aus.

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Bezeichnung „Miethai“

Eine in einer deutschen Großstadt erscheinende Stadtteilzeitung greift unter der Überschrift „Miethai des Monats“ den Besitzer und Verwalter zahlreicher Wohnungen an. In einigen der Räume sollen Chemikalien gelagert worden sein, die eine zweifelhafte Nähe zu Drogengeschäften erkennen ließen. Die Zeitung erhebt den Vorwurf, die Wohnungen würden zweckentfremdet genutzt. Sie verweist auf eine große Polizeiaktion, in deren Verlauf Fässer mit weißem Pulver sichergestellt worden seien. Angeblich handele es sich dabei um ein Schmerzmittel, das zum Strecken von Drogen gedient habe. Der angebliche „Miethai“ sieht in dem Artikel einen persönlichen Angriff und schaltet den Deutschen Presserat ein. Vor allem wehrt er sich gegen den Vorwurf, Wohnungen gewerblich genutzt zu haben. Die Räume seien vielmehr als Gewerbeflächen ausgewiesen. Des weiteren beklagt er die in dem Artikel aufgestellte Behauptung, er sei von „Profitgier besessen“. Datenschutzrechtlich geschützte Informationen über das Eigentum an verschiedenen Grundstücken seien in dem Beitrag genannt worden, so dass er seine persönliche Sicherheit gefährdet sehe. Warum, sagt er nicht. Die Stadtteilzeitung steht auf dem Standpunkt, die geschilderten Missstände seien von mehreren Mietern bestätigt worden und durch bloßen Augenschein erkennbar. Außerdem bleibe unklar, welche Fakten der Wohnungsverwalter überhaupt beanstande. Die Zeitung räumt ein, dass die Formulierungen in dem Artikel und vor allem in der Überschrift zwar drastisch, aber gerechtfertigt seien. (2001)

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Recherche ohne Sorgfalt

Recherche ohne Gegenrecherche

Eine Lokalzeitung berichtet ausführlich über einen Nachbarschaftsstreit in der Ferienanlage einer Gemeinde. Obwohl nach einer Bauvorschrift Zäune nicht höher sein dürfen als 30 Zentimeter, haben die Zäune in den Jahren an Höhe zugenommen, ohne dass sich jemand daran störte. Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Hundehalterin und einem Nachbarn seien jetzt in einer Sitzung des Ortschaftsrates angesprochen worden, schreibt die Zeitung. Das könnte schon bald dafür sorgen, meint sie, dass über 40 Grundstückseigentümer ihre Zäune gemäß der geltenden Vorschrift zurückbauen müssten. Die Hundehalterin wird in dem Bericht dahingehend zitiert, dass sie sich von ihrem Nachbarn bedroht fühle. Dieser sei bereits einmal mit einem Totschläger auf sie zugegangen und habe mit einem dicken Knüppel einen Hund verletzt. Der Nachbar lässt durch seinen Anwalt den Deutschen Presserat anrufen. Der Artikel stelle den Sachverhalt einseitig und falsch dar. Die Angaben der Nachbarin seien kritiklos ohne Rückfrage bei seinem Mandaten übernommen worden. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, sie habe in dem Artikel über eine öffentliche Sitzung des Ortschaftsrates berichtet. In dieser Sitzung sei der Nachbarschaftsstreit ein Thema gewesen. Der Beschwerdeführer sei darin zu Wort gekommen und seine Aussagen seien in der Berichterstattung entsprechend berücksichtigt worden. Da seine Kontrahentin nicht anwesend war, habe eine Mitarbeiterin diese gesondert zu den Vorgängen und den Anschuldigungen des Beschwerdeführers befragt. Die Frau habe dabei wiederum schwere Vorwürfe gegen den Nachbarn erhoben. Am Tage der Veröffentlichung habe der Beschwerdeführer in der Lokalredaktion angerufen und kritisiert, dass seine Argumente nicht genügend zum Ausdruck gekommen seien. Gleich am nächsten Tag habe man dann unter der Überschrift „Uns geht’s nur um die Wohnqualität“ einen weiteren Bericht veröffentlicht, der sich ausschließlich mit den Argumenten des Beschwerdeführers beschäftigte. Der Beschwerdeführer sei also in zwei Veröffentlichungen ausreichend zu Wort gekommen. Auch seine Kontrahentin sei zu den erhobenen Vorwürfen gehört worden. Damit habe die Zeitung ihrer Sorgfaltspflicht Genüge getan, da man ja nicht ständig jede Aussage hin und her gegenprüfen könne. Irgendwann müsse ja einmal der Artikel geschrieben werden, in dem dann Aussage gegen Aussage stehe. (2001)

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Selbsttötung im Fotoroman

Eine Jugendzeitschrift veröffentlicht im Laufe des Jahres zwei Fotoromane. Der eine handelt von Ayse, einer jungen Türkin, die einen Deutschen liebt. Als ihre Familie davon erfährt, fühlt diese sich in den Schmutz gezogen. Der Vater beschließt, die Tochter in die Türkei zu bringen und dort mit dem Mann zu verheiraten, der für sie ausgesucht worden ist. In seiner Verzweiflung erhängt sich das Mädchen auf dem Dachboden. Held des zweiten Romans ist Erik, der verzweifelt ist, weil er schon wieder in Mathe eine Sechs geschrieben hat. Zufällig landet er im Internet auf einer Selbstmord-Site und lernt dadurch Maria kennen, die Selbstmordgedanken nachhängt. Um der neuen Liebe zu beweisen, dass er Mut hat, schneidet sich Erik die Pulsadern auf und wird in letzter Minute gerettet. Zwei Mütter, deren elfjährige Söhne die Zeitschrift begeistert lesen, schreiben besorgt den Deutschen Presserat an. Sie sind der Ansicht, dass diese Fotoromane Selbstmorde verherrlichen und verharmlosend wirken. Solche Fotoromane seien für pubertierende Kinder gefährlich. Insbesondere kritisieren die beiden Beschwerdeführerinnen das Foto des türkischen Mädchens, das sich erhängt hat. Die Geschäftsführung des Verlages ist davon überzeugt, dass keiner der beiden Fotoromane das Thema Suizid verherrliche. Innerhalb des Fotoromans „Tod aus dem Internet“ werde deutlich gemacht, dass Selbstmord keine Lösung für Probleme darstelle. Der Selbstmordversuch des Jungen werde schließlich von ihm selbst klar bereut. Der Roman ende damit, dass ausdrücklich vor Internetseiten, die Suizid verherrlichen, gewarnt werde. Es werde dazu aufgerufen, seine Probleme anders zu lösen und sich u.a. mit der Telefonseelsorge in Verbindung zu setzen. Mit dem Selbstmord der Türkin in dem Roman „Freiheit“ solle eine Warnung ausgesprochen werden. Dieser Fotoroman sei als sozialkritischer Beitrag zu sehen. Es solle in verständlicher Form aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten junge, in Deutschland geborene Türken hätten, wenn sie gezwungen würden, sich zwei verschiedenen Kulturen anzupassen. Die Geschäftsführung sieht ein, dass man auf das Foto der Selbstmorddarstellerin hätte verzichten sollen. Die ausweglose Lage der Türkin hätte man tatsächlich anders darstellen können. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass der damals verantwortliche Chefredakteur nicht mehr im Hause beschäftigt sei. (2001)

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Bezeichnung „Terroristin“

Falsche Behauptung

Ein Informationsdienst für Steuerberater schildert die Erfahrungen eines Kollegen mit der für ihn zuständigen Steuerberaterkammer. Zur Durchführung eines Mandatswechsels habe der Betroffene den Auftrag erhalten, bestimmte Unterlagen zusammenzustellen. Die Abrechnung der angefallenen fünf Arbeitsstunden nach der Zeitgebühr habe den Mandanten so empört, dass er sich an die Steuerberaterkammer gewandt habe. Seitdem erhalte er von dort nicht nur moralischen Beistand, sondern auch fragwürdige rechtliche Unterstützung. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum sich die zuständige Standesorganisation in diesem Falle auf die Seite des Mandanten schlage und von vornherein Partei gegen den Kollegen beziehe. Die betroffene Steuerberaterkammer bittet den Deutschen Presserat um Prüfung von Sanktionsmöglichkeiten. Der Bericht sei einseitig aus Sicht des Steuerberaters geschrieben und enthalte falsche Aussagen. Die Vorwürfe gegen die Kammer seien nicht gerechtfertigt. Sie habe sich keineswegs auf die Seite des Klienten geschlagen, sondern sich völlig neutral verhalten. Ein Schlichtungsversuch sei letztendlich ihre Aufgabe. Insbesondere falsch sei die in dem Artikels enthaltene Behauptung, sie habe ihrem Mitglied mit dem Berufsgericht und der Staatsanwaltschaft gedroht. Diese Behauptung sei frei erfunden. Die Rechtsvertretung des Informationsdienstes entgegnet, der Dienst habe keine falsche Behauptungen aufgestellt, sondern lediglich die Auffassung vertreten, dass die Kammer die Interessen ihres Mitgliedes nicht ausreichend wahrgenommen habe. Die Kammer habe dem Steuerberater ein Merkblatt zum Auskunftsersuchen geschickt, in dem es heiße, dass ein Vorgang gegebenenfalls an die Generalstaatsanwaltschaft zur Klärung im Rahmen eines berufsgerichtlichen Verfahrens abgegeben werden könne. Auch wenn dieses Merkblatt gesetzliche Regelungen wiedergebe, sei der Informationsdienst der Auffassung, dass damit ein gewisser Druck auf den Steuerberater ausgeübt werde, damit er aktiv an dem Verfahren mitwirke. (2001)

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Recherche ohne Sorgfalt

Eine Lokalzeitung meldet, dass die Sparkasse ihren Vorstand von sechs auf drei Mitglieder abspecke. Der Personalabbau im Vorstand sei wohl nur der Vorbote weiterer tiefgreifender Veränderungen. Von bisher 900 Mitarbeitern würden künftig nur 100 im Kerngeschäft verbleiben. Vertrieb, Marketing und Buchhaltung sollten als eigenständige GmbHs ausgegliedert werden. Vom Vorstand habe man am Vorabend niemanden mehr zu einer Stellungnahme erreicht. Die Pressestelle der Sparkasse beschwert sich beim Deutschen Presserat. Es sei definitiv falsch, dass Personal abgebaut werde. Zudem habe die Sparkasse erst einen Tag vor der Veröffentlichung um 19.49 Uhr ein Fax mit drei Fragen zu dem Vorgang mit der Bitte um Stellungnahme erhalten. Dieses Vorgehen sei nicht korrekt. Die Geschäftszeiten der Sparkasse seien bekannt und die Redaktion hätte wissen müssen, dass um diese Zeit keine Stellungnahme zu bekommen sei. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich auf zuverlässige Quellen ihrer Veröffentlichung. Der Versuch, eine Stellungnahme des Vorstandes der Sparkasse zu der Information zu erhalten, sei allerdings nicht gelungen. Bei einem solchen Versuch könne man sich nicht an den Kassenstunden des Unternehmens orientieren. Nach der Berichterstattung sei folgendes geschehen: Die drei genannten Vorstandsmitglieder seien entlassen und die erste GmbH sei gegründet worden. Mindestens 59 Mitarbeiter hätten in diese neue Gesellschaft wechseln müssen. (2001)

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Recherche ohne Sorgfalt

Eine Regionalzeitung berichtet in zwei Beiträgen über die Festnahme von fünf mutmaßlichen Erpressern. Die fünf Türken haben laut Zeitung in einem Hotel einen Afrikaner gefangen gehalten, um von ihm mehrere 100.000 DM zu erpressen. Die Verdächtigen werden in den Beiträgen als Täter bezeichnet. Ein Leser der Zeitung sieht die Festgenommenen durch ihre Bezeichnung als Täter bereits vorverurteilt und legt die Veröffentlichungen dem Deutschen Presserat vor. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, die fünf Männer seien bereits nach ihrer ersten Vernehmung vollauf geständig gewesen. Nach eigenem Bekunden hätten sie sich an dem verschleppten Afrikaner rächen wollen, weil dieser sie um mehrere 100.000 DM betrogen habe. Insofern beurteile sie ihre Berichterstattung als zutreffend und inhaltlich korrekt. (2001)

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Unfallbericht

An zwei aufeinander folgenden Tagen berichtet eine Boulevardzeitung über einen selbstmörderischen 23-jährigen Geisterfahrer, der auf der Autobahn mit einem anderen Fahrzeug, in dem zwei junge Frauen saßen, frontal zusammengestoßen war. Die eine der beiden Frauen, Tochter einer bekannten Fernsehmoderatorin, war sofort tot, die andere wurde schwer verletzt. Die Leiche des jungen Mannes war fast total verkohlt. Die Zeitung beschreibt detailliert den Lebensweg des „Todesfahrers“, den eine unglückliche Liebe in die Verzweiflung getrieben habe. Er habe schon einmal jemanden tot gefahren. Gegen ihn sei wegen fahrlässiger Tötung ermittelt worden. Die Staatsanwaltschaft habe ihm am Wickel gehabt wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Fahrens ohne Führerschein, Alkoholdelikten und Körperverletzung. Auch diesmal sei er ohne Führerschein unterwegs gewesen, da er ihn wegen Alkohols am Steuer habe abgeben müssen. Seine Mutter sei von Schizophrenie heimgesucht worden, schreibt das Blatt. Der Junge habe vielleicht von ihr geliebt, aber nicht erzogen werden können. Die Großmutter des Betroffenen beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass der Beitrag Falschaussagen enthalte. Ihr Enkel habe zwar 1995 einen kleinen Unfall gehabt, dabei sei aber kein Mensch verletzt worden. Er habe bislang nie einen Menschen totgefahren. Zudem sei ihm der Führerschein zwar einmal entzogen worden, zum Zeitpunkt des Unfalls habe er ihn jedoch wieder in Händen gehabt. Die Rechtsabteilung des Verlages gibt keine Stellungnahme ab. Sie erklärt nur, dass sie eine einvernehmliche Regelung mit der Beschwerdeführerin anstrebe. Die zuständige Staatsanwaltschaft teilt dem Presserat auf Nachfrage mit, dass zu keinem Zeitpunkt gegen den jungen Mann wegen fahrlässiger Tötung ermittelt worden sei. 1995 sei ein Verfahren gegen ihn wegen einer Verkehrsstraftat eingeleitet worden. Er habe aber damals keinen Personen-, sondern nur Sachschäden verursacht. Die Aussage der Zeitung, dass er schon mal jemanden totgefahren habe, entspreche nicht den Tatsachen. (2001)

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