Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Diskriminierung von Aussiedlern

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Aussiedler steht wegen Mordes vor Gericht“ über einen mysteriösen Fenstersturz, der dem zuständigen Landgericht Rätsel aufgebe. Einem 40jährigen Mann werde vorgeworfen, unter Alkoholeinfluss seine Lebensgefährtin aus dem Fenster des fünften Stockwerks eines Wohnhauses gestoßen zu haben. Der Angeklagte streite die Tat ab. Zeugen hätten bestätigt, dass der Angeklagte immer dann aggressiv werde, wenn er Alkohol getrunken habe. So solle der aus Kirgisien stammende Aussiedler seine Lebensgefährtin bei anderer Gelegenheit mit einem Baseballschläger verletzt haben. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung alle Aussiedler diskriminiert und teilt seine Bedenken dem Deutschen Presserat mit. Der Chefredakteur des Blattes wertet die Beschwerde als Kampagne. Die Haltung seines Blattes sei eindeutig und werde inzwischen auch von den Redaktionen zahlreicher renommierter Zeitungen und Magazine geteilt (2003)

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Fotos eines Schauspielers

Ein Boulevardblatt informiert seine Leserinnen und Leser in Wort und Bild, dass gegen einen Volksschauspieler in der Region Strafanzeige wegen Ladendiebstahls erstattet worden ist. In der farbig hervorgehobenen Schlagzeile auf der Titelseite wird der volle Name des Betroffenen genannt. Ebenfalls auf der Titelseite, aber deutlich kleiner, wird die Aussage des Schauspielers hinzugefügt: „Meine Frau hat vergessen, zu bezahlen“. Im Textteil wird der Vorfall aus der Sicht aller Beteiligten detailliert geschildert. In der Erklärung des Beschuldigten heißt es, er habe schlicht vergessen, den Inhalt des einen von zwei Einkaufskörben zu bezahlen. In dem Beitrag ist auch ein Ausriss der Strafanzeige abgebildet, aus dem der Name des Schauspielers sowie der strafrechtliche Vorwurf hervorgehen. Am folgenden Tag veröffentlicht die Zeitung einen weiteren Beitrag mit der Schlagzeile, dass die Leser des Blattes Gnade für den Betroffenen fordern. Im Text des zweiten Artikels wird darüber berichtet, dass zahlreiche Leser die Erstattung der Strafanzeige für eine überzogene Reaktion des Supermarktleiters halten. Wie schon der ersten Veröffentlichung ist auch der zweiten ein großes Porträtfoto des Mannes beigestellt. Der Anwalt des Schauspielers beschwert sich beim Deutschen Presserat unter Hinweis auf Richtlinie 8.1, nach der es nicht zulässig ist, während eines laufenden Strafverfahrens Name und Foto eines Betroffenen zu veröffentlichen. Im vorliegenden Fall überwiege nicht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Außerdem stelle diese Art der Berichterstattung eine Vorverurteilung dar. Schließlich sei auch die Abbildung der Strafanzeige unzulässig. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Ansicht, dass der Schauspieler zumindest im Verbreitungsgebiet des Blattes eine relative Person der Zeitgeschichte ist. Der Betroffene werde in dem Artikel nicht vorverurteilt, da lediglich über den unbestrittenen Umstand berichtet werde, dass eine Anzeige wegen Ladendiebstahls erstattet worden sei. Dies werde durch den Ausriss aus der Strafanzeige noch untermauert. Dabei sei bewusst nur ein Teil der Strafanzeige gedruckt worden, um die persönlichen Daten des Schauspielers zu schützen und weitere Einzelheiten des Tathergangs nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auf Grund des großen Leserzuspruchs habe man das Thema am folgenden Tag noch einmal aufgegriffen. Der von dem Beschwerdeführer geäußerte Vorwurf, das Wort „Gnade“ sei nur in Verbindung mit einer strafrechtlich belegten Schuld zulässig, sei abwegig. Der Volksmund verstehe „Gnade“ in einem viel größeren Zusammenhang. (2002)

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Fehlende Belege für kritischen Beitrag

„In vielen Pflegeheimen in Deutschland verwahrlosen und verenden alte Menschen – darüber sind sich die meisten Experten einig“. Diese Passage steht in einem Artikel, den eine Regionalzeitung unter der Überschrift „Hölle Altenheim“ veröffentlicht. Der Beitrag enthält weitere, äußerst kritische Aussagen von diversen Experten. Das Diakonische Werk des betreffenden Bundeslandes ist der Ansicht, dass mit der Berichterstattung unbegründete Befürchtungen geweckt würden, da sie sehr einseitig sei. Zudem würde das Pflegepersonal diskriminiert und in seiner Ehre verletzt. Es ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Meinung, sie sei von der Beschwerde nicht betroffen, da der Artikel von einer Nachrichtenagentur stamme. Es würde Sinn und Zweck von Agenturen in Frage stellen, wenn die Zeitungen gezwungen wären, deren Berichte im Detail zu überprüfen und nachzurecherchieren. (2001)

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Sorgfaltspflicht

Aquarien – vor allem solche von beeindruckender Größe – werden immer beliebter. Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Seite über dieses Thema unter der Überschrift „Fisch for fun“. In dem Artikel wird ausführlich ein Soziologe zitiert. Der Beschwerdeführer, ein Journalist, schickt einen Leserbrief aus der Fachzeitschrift des Verbandes Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde an den Deutschen Presserat. Darin schildert eine an Aquarienkunde interessierte Leserin ihre Bemühungen, mit dem Soziologen Kontakt aufzunehmen. Hartnäckig unternimmt sie immer neue Anläufe, bleibt aber erfolglos. Schließlich kommt sie zur der Ansicht, dass der Artikel vom Autor frei erfunden worden sei. Der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft, teilt mit, dass ihn der Inhalt des Leserbriefes sehr irritiert habe. Der Artikel sei mieser Journalismus. Die Chefredaktion der Zeitung übersendet eine Stellungnahme des Autors. Der sagt, er habe sich sehr bemüht, der Leserin Adresse und Rufnummer des Soziologen zu beschaffen. Der jedoch sei für einige Jahre nach Amerika gegangen. Anschrift und Telefonnummer seien unbekannt. Das habe er der mehrmals anrufenden Leserbriefschreiberin auch gesagt. Wenn diese nun behaupte, der Artikel sei frei erfunden, könne er das nicht nachvollziehen. Es gebe in dem Beitrag, der in 20 Zeitungen erschienen sei, genug nachprüfbare Zitate, Fakten und Fotos. (2001)

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Vorverurteilung

Es sei eine Szene wie aus einem schlechten Horrorfilm gewesen, schreibt eine Regionalzeitung im Vorspann eines Gerichtsberichts: Ein Mann wird in der Nacht von einem Pärchen in seiner Wohnung überfallen und mit glühendem Besteck gefoltert. Das Motiv: Geld. Die Beute: jämmerliche 50 Mark. Jetzt steht der Mann vor Gericht, ist des schweren Raubes angeklagt. Seine Komplizin, heißt es zum Schluss des Berichts, habe sich der irdischen Gerechtigkeit entzogen. Sie sei bereits wenige Monate nach der Tat als Drogentote in die Kriminalstatistik eingegangen. Eine Leserin findet die Passage über die Frau zynisch und menschenverachtend. Sie schreibt dem Deutschen Presserat, dass sie die Formulierung für eine Vorverurteilung halte. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass die Formulierung in der Tat nicht glücklich sei und durchaus als zynisch angesehen werden könne. Den Vorwurf einer Vorverurteilung weist sie jedoch zurück, weil ausdrücklich auf das Ergebnis der Ermittlungen verwiesen werde. (2002)

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Werbung für Dienstleister

Selbsttötung

Behinderung falsch eingeordnet

n einer deutschen Mittelstadt steht eine Schule mit einem dreißig Jahre alten Pavillon, in dem Schüler unterrichtet werden. Der Bauzustand ist nicht mehr zeitgemäß. Der Schimmelpilz treibt sein Unwesen. Es stinkt. Das wollte eine Lehrerin nicht länger hinnehmen. Sie sei schwer behindert und schon deshalb sei ihr die Arbeit in einem nach Schimmelpilz riechenden Raum nicht zumutbar. Die örtliche Zeitung berichtet, dass die Lehrerin nun in einem anderen Raum unterrichte und dass sie „gravierende gesundheitliche Probleme“ habe. Das wollte die Lehrerin so nicht stehen lassen. Sie fühlt sich durch die Veröffentlichung diskriminiert und damit unmittelbar in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Schwer behindert zu sein habe nichts mit gravierenden Gesundheitsproblemen zu tun, stellt sie in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat fest. Der Redaktionsleiter steht auf dem Standpunkt, der Raumwechsel sei auf Betreiben und zum gesundheitlichen Schutz der Lehrerin, nicht der ihr anvertrauten Kinder, erfolgt. Deshalb habe er in dem Artikel bewusst formuliert, dass der Raumwechsel auf Betreiben der Lehrerin „mit gravierenden gesundheitlichen Problemen“ zustande gekommen sei. Nur durch diesen Hinweis werde die Anweisung der Bezirksregierung zu diesem Raumwechsel für den Leser verständlich. Ohne ihn hätte kein Leser verstanden, warum der Lehrerin das Unterrichten in dem Pavillon nicht zuzumuten sei, für die Kinder aber offenbar keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgelegen habe. (2002)

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Begriff „Feuern“

Klinik-Abrechnungen mit Krankenkassen streifen zuweilen Grauzonen. So auch in einem deutschen Krankenhaus, in dem häufig Hüftoperationen vorgenommen und abgerechnet werden. Es stellte sich heraus, dass bei den Abrechnungen fünf Jahre lang „Unstimmigkeiten“ vorgekommen waren. Der Chefarzt wurde bis zur Klärung beurlaubt. Die örtliche Zeitung schrieb im überregionalen Teil „Chefarzt gefeuert“ und – noch wesentlich größer – im Lokalteil „Chefarzt wurde beurlaubt“. Darauf reagierte der örtliche Rotary-Club im Namen seines Mitgliedes mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Von Feuern könne überhaupt keine Rede sein; der Chefarzt sei vorübergehend beurlaubt worden und sei nach Klärung des Falles in die Klinik zurückgekehrt. Der Begriff „Feuern“ hätte nach allgemeinem Wortverständnis eine unehrenhafte Entlassung bedeutet. Die Chefredaktion der Zeitung stellt sich auf den Standpunkt, bei dem beanstandeten Artikel habe es sich nicht – wie behauptet – um investigativen Journalismus gehandelt, sondern um Berichte über Vorgänge am Klinikum. Nicht die Zeitung habe den Chefarzt vom Dienst suspendiert und dann diese Suspendierung wieder zurückgenommen, sondern die Klinikleitung bzw. der Oberbürgermeister. Die Zeitung hätte also nur über ein tatsächlich stattgefundenes Ereignis berichtet. Und das sei ihre Pflicht gewesen. (2002)

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Werbung für Weine

In einer Medienzeitschrift erscheint immer ein Editorial. Das zum Jahresanfang veröffentlichte beschäftigt sich mit den Vorsätzen für das neue Jahr und endet mit dem Satz: “Und denken Sie daran: Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“. In einem PS erscheint der Hinweis: „Die Firma XY liefert übrigens hervorragende Weine zu erstaunlich günstigen Preisen“. Eine Leserin der Zeitschrift hält das Postskriptum für Schleichwerbung und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Diese Beschwerde zieht kurze Zeit später ein weiteres Editorial nach sich. Darin berichtet die Journalistin, beim Presserat liege eine Beschwerde gegen sie vor. Ihr Hinweis auf die Weine der Firma sei eine persönliche und kollegiale Empfehlung für die Journalisten-Kollegen gewesen. Seit Jahren kaufe sie diese Weine, ohne jemals einen Rabatt bekommen zu haben. Der Presserat – so die Chefredakteurin des Medienblattes – sei eine gute und wichtige Einrichtung, genauso, wie Gerichte notwendig seien. Aber auch letztere sollten sich eigentlich nicht um Knallerbsensträucher und Maschendrahtzäune kümmern, sondern diese dem Kabarett überlassen. (2001)

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