Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

„Genüsslich“ immer wieder Quälerei gezeigt

Die Online-Version einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Knast für Tierquälerin: Britin will Äffchen im Klo runterspülen“ über eine „einfach nur geschmacklose und grausame Tierquälerei“. Im beigestellten Video zeigt die Redaktion, wie die Besitzerin mehrfach versucht, ihren Weißbüschel-Affen in der Toilette herunter zu spülen. In einer weiteren Sequenz wird gezeigt, wie die Frau dem Affen Kokain anbietet. Eine Tierschutzorganisation – so die Redaktion – habe diese und 22 weitere Videos veröffentlicht, die zeigten, wie der Affe gequält werde. Die Videos seien auf dem Handy der Besitzerin gefunden worden. Diese sitze mittlerweile wegen Drogendealens im Gefängnis. Sie sei zudem wegen Tierquälerei verurteilt worden. Die Sequenzen des Äffchens in der Toilette werden von der Redaktion wiederholt gezeigt. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, immer wieder „genüsslich“ die Szene mit dem Äffchen zu zeigen und mit dieser Tierquälerei Klicks und Reichweite zu erzielen. Sachinformation sei ein Ding. Den Vorgang bebildert zu präsentieren und damit niederste Triebe zu befriedigen, ein anderes. Die Rechtsvertretung der Zeitung rechtfertigt die Veröffentlichung mit dem Hinweis, über den Vorgang hätten Medien weltweit berichtet. Das Videomaterial sei von der ältesten und größten Tierschutzorganisation der Welt veröffentlicht worden. Man möge den Inhalt des Videos „kaum erträglich“ finden. Gleichwohl gehörten die Schattenseiten des gesellschaftlichen Zusammenlebens nun einmal zum öffentlichen Interesse. Die Rechtsvertretung stellt abschließend fest, dass die Redaktion das Geschehen im Video selbst als „geschmacklose und grausame Tierquälerei“ bezeichnet und für den Konsumenten somit journalistisch eingeordnet habe.

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Einsender verbittet sich jegliche Änderung

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief unter der Überschrift „Kreiskrankenhäuser verscherbelt“. Die Einsendung bezieht sich auf die Berichterstattung der Zeitung über die Kliniken in ihrem Verbreitungsgebiet. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Verfasser des Leserbriefes. Er legt ein Schreiben vor, das er zusammen mit dem Leserbrief an die Redaktion geschickt habe. Darin heißt es unter anderem: „Deshalb mit aller Deutlichkeit: Ihr habt die Möglichkeit, den Leserbrief von mir zu unterschlagen – aber ich untersage jede Änderung an meinem Text.“ Der eingereichte Leserbrief unterscheide sich von dem veröffentlichten: Neben grammatikalischen Berichtigungen und dem Hinzusetzen von Vornamen der im Brief erwähnten Politiker sei der folgende Satz weggelassen worden: „Das können sie vielleicht dem (Name der Zeitung) oder meiner Oma erzählen.“ Der Beschwerdeführer betont, er habe ausdrücklich und überdeutlich untersagt, seinen Leserbrief zu verändern. Dies sei von der Redaktion ignoriert worden. Der geschäftsführende Redakteur räumt ein, dass man den oben erwähnten Satz aus technischen Gründen weggelassen habe. 96 Prozent des Briefes seien unverändert erschienen. Die redaktionelle Bearbeitung sei absolut sinnwahrend erfolgt. Bei der Bearbeitung von Leserbriefen würden selbstverständlich die Wünsche der Einsender berücksichtigt. Im vorliegenden Fall halte man die geringfügige Kürzung für angemessen. Hätte man aus formalen Gründen auf den Abdruck verzichtet, hätte sich die Redaktion möglicherweise dem Vorwurf der Zensur ausgesetzt.

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Staatsanwalt: Habe keine Akte verfälscht

Eine Regionalzeitung berichtet online über eine Klage der Datenschutzbeauftragten eines Bundeslandes gegen die Staatsanwaltschaft in der Landeshauptstadt. Dieser wird die verbotene Weitergabe vertraulicher Akten vorgeworfen. In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle eines Oberstaatsanwalts erwähnt. Über ihn berichtet die Redaktion mit dieser Passage: „In einem Untersuchungsausschuss des Landtages kam heraus, dass ein (…) Oberstaatsanwalt in einer Rocker-Ermittlung eine Ermittlungsakte verfälscht hat.“ Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Prozessvertreter des im Beitrag erwähnten Oberstaatsanwalts. Er ist der Ansicht, der Artikel enthalte falsche Tatsachendarstellungen. Der Erste Parlamentarische Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Landtages sei der einzige Parlamentarische Untersuchungsausschuss im Bundesland. Daher sei die Formulierung „In einem Untersuchungsausschuss des Landtages“ irreführend. Durch sie werde der Eindruck erweckt, es gebe mehrere derartige Ausschüsse. Die Formulierung „…kam heraus…“ lasse den falschen Schuss zu, der Untersuchungsausschuss habe seine Arbeit bereits abgeschlossen oder gar ein Ergebnis oder ein Zwischenergebnis zutage gefördert. Es liege aber weder ein Schlussbericht vor noch sei den Betroffenen rechtliches Gehör gewährt worden. Damit sei die Darstellung der Redaktion falsch und verzerrend. Der Rechtsvertreter des Oberstaatsanwalts teilt mit, sein Mandant habe zu keinem Zeitpunkt der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss eingeräumt, eine Akte „verfälscht“ zu haben. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. In der Sache sei der Einwand des Beschwerdeführers aus Sicht der Betroffenen nachvollziehbar. Ob der Untersuchungsausschuss in seinem Abschlussbericht tatsächlich gravierende Fehler der Staatsanwaltschaft feststellen werde, bleibe abzuwarten. Im laufenden Verfahren hätten beteiligte Politiker allerdings diesen Eindruck gewonnen und dies auch öffentlich geäußert. Der Beschwerdeführer habe sich direkt bei der Zeitung beschwert. Deshalb habe man ihm Gelegenheit gegeben, seine Sicht der Dinge in der Zeitung sowie in einem Online-Beitrag darzulegen. Eine vom Beschwerdeführer gewünschte Passage sei komplett veröffentlicht worden.

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Demonstranten mit falschem Namen genannt

Eine Berliner Zeitung berichtet online unter der Überschrift „Corona-Pöbler crashen Bürgerdialog … und der Innensenator verschwindet“ und in der Printausgabe mit der Aufmachung „Innensenator flieht vor Corona-Pöblern“ über ein Aufeinandertreffen des Berliner Innensenators mit Corona-Aktivisten der Gruppierung “Freedom Parade“. Über einen der Demonstranten heißt es. „´Captain Future´ alias Michael Brendel (43) trägt einen gelben Umhang und Maske.“ Ein Leser der Zeitung trägt vor, der Rechtsextremist und Corona-Leugner heiße Michael Bründel und nicht Michael Brendel. Die Rechtsvertretung des Verlages bezeichnet die Beschwerde „mit Verlaub“ als absurd. Sie sei bereits unter Zulässigkeitsgesichtspunkten jenseits der Grenze zur Missbräuchlichkeit angesiedelt.

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Suizid nach einem Ultimatum?

Eine Großstadtzeitung berichtet gedruckt und online über den Tod eines Obdachlosen. Dieser hatte auf dem Gelände einer Katholischen Hochschulgemeinde gelebt. Der neue Leiter dieser Einrichtung habe dem Mann kurz zuvor ein Ultimatum gestellt, das Gelände zu verlassen. Mitarbeiter vermuten, dass dies der Grund für den Mann war, sich das Leben zu nehmen. Ein Leser der Zeitung kritisiert einen ethischen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz sowohl des Verstorbenen als auch des namentlich genannten Leiters der Hochschulgemeinde. Der Verstorbene sei keine Person des öffentlichen Interesses gewesen, was eine Suizid-Berichterstattung rechtfertigen würde. Der Leiter werde zudem persönlich für den Tod eines Menschen gemacht und an den Pranger gestellt. Der Beschwerdeführer verweist auf Richtlinie 8.7 des Pressekodex sowie auf Richtlinie 13.1, da in diesem Fall ein namentlich Genannter moralisch vorverurteilt werde. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung und übermittelt auch die Haltung des Autors. Die presseethisch vorgegebene Zurückhaltung über die Selbsttötung sei gewahrt worden. Kernaussage des Autors: „Mir waren durch die Recherchen und Gespräche mit Augenzeugen die Umstände des Suizids im Detail bekannt. Ich habe in der Darstellung bewusst auf sämtliche Beschreibungen und Einzelheiten verzichtet. Wir haben außerdem weder Fotos aus dem Innenraum gebracht, etwa vom Fundort der Leiche, noch Fotos des Verstorbenen zu Lebzeiten oder Bilder aus der Privatsphäre des Verstorbenen.“ Den Vorwurf der Vorverurteilung durch die Berichterstattung weist die Redaktion zurück. Vielmehr hätten der Tod des Mannes und die Todesumstände auf dem Gelände in der Region für Aufsehen gesorgt. Wie die am Abend abgehaltene Mahnwache gezeigt habe, seien auch hier die Umstände – für jedermann hörbar und sichtbar – thematisiert worden.

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Kinder und Jugendliche im Bild gezeigt

Die Opfer des Amoklaufes an einer Grundschule im texanischen Uvalde sind Thema eines Online-Berichts in einer Boulevardzeitung. Unter der Überschrift „Als Amerie den Notruf wählte, drückte der Killer ab“ zeigt die Redaktion unverpixelte Fotos der getöteten Kinder und der Lehrerin. Als Fotoquelle werden Twitter bzw. in einem Fall Facebook angegeben. Ein Leser der Zeitung sieht einen gravierenden Verstoß gegen Richtlinie 8.3 des Pressekodex. Dort heißt es, dass über Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Regel nicht identifizierbar berichtet werden darf. In diesem Fall würden drei der Opfer ohne die gebotene Unkenntlichmachung gezeigt. Der Beschwerdeführer sieht auch einen Verstoß gegen Richtlinie 11.1 (Unangemessene Darstellung). Die Überschrift sei sensationsheischend. Die reißerische Darstellung sei nicht durch das öffentliche Interesse gedeckt. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Falscher Bericht über William und Kate

Eine Zeitschrift berichtet über die angebliche Trennung von Prinz William und seiner Frau Catherine. In dem Beitrag finden sich diese Passagen: „Bei Prinz William (39) und seiner Ehefrau Kate (40) scheint der Haussegen nicht schief zu hängen, sondern krachend heruntergefallen und zerborsten zu sein“ und „Es spielt sich ein wahres Ehedrama ab! Ein Drama von dem eigentlich niemand etwas mitkriegen sollte.“ Die Redaktion schreibt unter anderem weiter: „Aber vor seinen engsten Mitarbeitern im Kensington Palace kann sich das Paar nicht verstecken. Sie sehen Kate mit den Kindern George (8), Charlotte (7) und Luis (4) und gepackten Koffern ins Auto steigen. Sie fuhr zu ihren Eltern nach Berkshire, weil ihr einfach alles zu viel wurde. So vermuten jedenfalls die Palastangestellten.“ Der Beschwerdeführer ist Betreiber des Formats Übermedien.de. Er sieht die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex (Glaubwürdigkeit und journalistische Sorgfalt) verletzt. Der beanstandete Artikel sei auch als „Gastbeitrag“ von anderen Formaten übernommen worden, dann aber gelöscht worden. Ein Online-Magazin habe den Beitrag als falsch bezeichnet und sich bei seinen Leserinnen und Lesern entschuldigt. Die Zeitschrift teilt mit, zu der Beschwerde nicht Stellung nehmen zu wollen.

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Eine „presseethische Petitesse“

Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Heiz-Kosten bis zu 650 Euro rauf!“ über Teuerungen im Winter. Im Text steht diese Passage: „Folge für den Verbraucher: Ein Durchschnittshaushalt zahlt (Preisstand August) in diesem Jahr 4.063 Euro für Energie (Heizung, Strom, Sprit). 2020 waren es 3.411 Euro. Mehrkosten: 652 Euro! Ein Anstieg um satte 19 Prozent, so die Tarifwächter von Verivox!“ Ein Leser der Zeitung kritisiert die Überschrift. Die sei nach seiner Meinung falsch. Die Kostensteigerung von 652 Euro beziehe sich nicht auf die Heizkosten eines Musterhaushalts mit drei Personen, sondern auf dessen gesamte Energiekosten. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass dem Beschwerdeausschuss verschwiegen werde, dass der „leichte Formulierungsfehler“ in der Überschrift des Artikels bereits kurz nach der Erstveröffentlichung bemerkt und unaufgefordert vor Einreichung der Beschwerde korrigiert worden sei. Wenn der Presserat die Beschwerde für zulässig halten sollte, so wäre sie in jedem Fall unbegründet. Denn allein aufgrund der frühzeitigen, freiwilligen Korrektur liege allenfalls eine leichte Ungenauigkeit vor – eine „presseethische Petitesse“.

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Widerspruch zwischen Überschrift und Text

„Bei mir hat nur einer Corona – und der ist ungeimpft“ - im Beitrag zu dieser Überschrift informiert eine Boulevardzeitung online über eine Firma, in der alle Mitarbeiter, ob geimpft oder ungeimpft, täglich auf eine Corona-Infektion getestet würden. Ein Leser der Zeitung sieht einen Widerspruch zwischen der Aussage in der Überschrift und einer anderen im Text. In der Überschrift ist davon die Rede, dass ein in dem Unternehmen positiv getesteter Mitarbeiter ungeimpft sei. Im Text stehe aber, dass der Mann zweifach geimpft sei. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass der Beschwerdeführer den Sachverhalt lückenhaft präsentiere. Er verschweige die frühzeitige Änderung des beanstandeten Online-Artikels durch die Zeitung. Der Formulierungsfehler in der Überschrift („ungeimpft“ anstatt „geimpft“) sei von der Redaktion bereits kurz nach der Erstveröffentlichung bemerkt und umgehend geändert worden. Bei dem Fehler, der in der Printausgabe nicht enthalten gewesen sei, habe es sich um ein redaktionstechnisches Versehen gehandelt, das auch der Presse unterlaufen könne. Dies sei kein presseethisches Fehlverhalten, dessen sich die freiwillige Selbstregulierungsinstanz annehmen müsse, sondern vielmehr eine Petitesse ohne jedes presseethische Gewicht.

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Polizeibeamter ausreichend unkenntlich gemacht

„Apotheker (35) mit Schlagstock attackiert“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Bericht über die Auseinandersetzung eines Apothekers mit Polizeibeamten vor dessen Apotheke. Im Beitrag lässt die Redaktion den Apotheker ausführlich mit seiner Sicht des Vorfalls zu Wort kommen. Sie zitiert auch ausführlich aus dem tags darauf veröffentlichten Polizeibericht. Eine Anfrage der Redaktion bei der Polizei sei nicht beantwortet worden. Zum Artikel gestellt sind private Videoaufnahmen eines Augenzeugen. Sie zeigen einen Polizeibeamten mit Schlagstock. Seine Augen sind mit einem Balken überdeckt. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Polizeibeamter. Er kritisiert, dass der im Bild gezeigte Kollege nicht ausreichend unkenntlich gemacht worden sei. Die Zeitung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Persönlichkeitsrechte des Polizisten seien durch den Gesichtsbalken gewahrt worden.

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