Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Nachrichtenagentur berichtet unter der Überschrift „Nein, die Energiewende ist nicht schuld an einem Stromausfall in Berlin im Januar“ über eine auf Facebook veröffentlichte Behauptung, die Energiewende sei für einen Blackout in Berlin im Januar 2022 verantwortlich gewesen. Tausende User sollen – so die Agentur – auf diese Meldung per Facebook reagiert haben. Einer von ihnen – ein namentlich genannter Regionalpolitiker – teilt in seiner Beschwerde mit, er habe die ihm zugeschriebene Äußerung nicht gemacht. Dies ergebe sich aus dem Link zu seiner Web-Site, die im Beitrag genannt werde. Die Berichterstattung sei irreführend. Sie stelle ihn in eine vermeintliche Nähe zu NPD und AfD, was er als unwahr und ehrabschneidend empfinde. Eine Mitarbeiterin der Agentur nimmt zu der Beschwerde Stellung. Quintessenz: Der Beitrag des Beschwerdeführers werde lediglich in einer Aufzählung genannt, die keinen Zusammenhang der dort Genannten impliziere. Neben dem Berliner Landesverband der AfD und der NPD Sachsen-Anhalt seien in der Aufzählung auch Facebook-User und Telegram-Beiträge genannt worden. Einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Verbreitern stelle die Redaktion der Agentur nicht auf.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Kinderimpfen startet im Kreis“ über eine Impfaktion speziell für Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren. Dort heißt es: „Seit dem 9. Dezember liegt die Stiko-Empfehlung zur Kinderimpfung vor“. Einige Tage später berichtet die Zeitung unter der Überschrift „Im Streitfall für die Impfung“ über einen Fall am Familiengericht. Wenn Eltern sich nicht über die Covid-Impfung ihres Kindes einigen könnten, solle – so das Gericht – am Ende das Elternteil entscheiden, das den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) folgt. Das sei die Linie der deutschen Familiengerichte im Fall vom Impfkonflikten nicht erst seit Beginn der Covid-Pandemie. Eine Leserin der Zeitung wirft dieser vor, im Zusammenhang mit Covid-Impfungen mehrere Artikel veröffentlicht zu haben, die falsche Informationen durch Auslassung transportiert hätten. Erstmals sei ihr dies im Artikel mit der oben genannten Überschrift aufgefallen. Dort werde die Sachinformation, dass die Stiko eine Covid-Impfung nur Kindern mit Vorerkrankungen oder vulnerablen Kontaktpersonen empfehle, unterschlagen. Der Chefredakteur der Zeitung bezeichnet in seiner Stellungnahme die von der Beschwerdeführerin genannte Passage „etwas unscharf“. Diese sollte aber als Oberbegriff für das Thema verstanden werden. Nach Rücksprache mit dem Autor habe man entschieden, eine Klarstellung zu veröffentlichen.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht in ihrem E-Paper einen Beitrag unter der Überschrift „Wann zeige ich Querdenker bei der Polizei an?“ Darin heißt es, offizielle Stellen gäben derzeit keine konkreten Antworten zur Querdenker- und Corona-Gegner-Szene in einer Stadt des Verbreitungsgebietes der Zeitung. Doch was tun, wenn man bei jemandem eine Radikalisierung mitbekomme? Wann höre man weg, wann reagiere man und erstatte Anzeige? Hierauf antwortet die Polizei: „Sofern es sich um eine freie Meinungsäußerung handelt und weder Straftaten begangen noch zu diesen aufgerufen wird, darf jede Bürgerin und jeder Bürger diese äußern. Sollte dies nicht der Fall sein, kann selbstverständlich die Polizei informiert werden.“ Ein Leser vertritt die Auffassung, dass die Überschrift gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verstößt. Er empfindet in der ohnehin angespannten Atmosphäre bei Meinungsverschiedenheiten zur Corona-Thematik diesen Beitrag auf der Titelseite als „Hetze“. Die Reaktionen aus der Leserschaft belegten diesen Eindruck. Der Artikel rufe geradezu dazu auf, Andersdenkende bei der Polizei anzuzeigen. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Überschrift suggeriere, dass Querdenker pauschal ein Fall für die Polizei seien. Im ersten Teil des Beitrages werde noch recht allgemein über die polizeiliche Beobachtung der „Szene“ geschrieben. Im letzten Absatz jedoch stehe diese Passage: „Doch was ist, wenn jemand mitbekommt, dass ein Nachbar, ein Freund, ein Familienmitglied oder auch ein Bekannter plötzlich Parolen wiederholt, die der Querdenker-Szene entsprechen?“ Der Artikel könne als Aufruf zur Denunzierung sogar in der Familie verstanden werden. Der Chefredakteur der Zeitung akzeptiert die Beschwerde. Die kritisierte Schlagzeile sei unjournalistisch und suggeriere Denunziantentum. Das Thema sei in der Redaktion ausführlich besprochen worden. Der Chefredakteur weist allerdings den Vorwurf der Hetze zurück. Der Begriff schieße wie die monierte Schlagzeile über das Ziel hinaus.
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Der niedersächsische Finanzminister lehnt Pläne des Landesinnenministers ab, einen Aufschlag für belastende Polizeijobs zu zahlen. Als Beispiel wird die Sichtung kinderpornografischen Materials genannt. Eine Lokalzeitung berichtet über den Vorgang unter der Überschrift „Zulage fürs Pornogucken?“ Nach Ansicht eines Lesers der Zeitung verstößt die Überschrift in krasser Weise gegen den Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Überschrift eine Frage des guten Geschmacks berühre, nicht jedoch gegen den Pressekodex verstoße. Er selbst habe die Überschrift kritisiert, leider erst am Tag nach deren Veröffentlichung. Auch hätten sich einige Leser kritisch geäußert. Der verantwortliche Kollege habe „äußerst unsensibel getitelt“. Dieser reagiert auf die Beschwerde mit einer eigenen Stellungahme. Auch wenn er keinen Verstoß gegen den Pressekodex erkennen könne, habe er festgestellt, dass er Gefühle einiger Leserinnen und Leser verletzt habe. Dies liege ihm fern und tue ihm leid. Auf Anregung des Presserats habe er das Gespräch mit dem Beschwerdeführer gesucht und diesem gesagt, dass er die Formulierung inzwischen bedauere und um Entschuldigung bitte. Der Beschwerdeführer habe allerdings betont, dass die Angelegenheit nicht wiedergutzumachen sei. Somit – so der Redakteur – sei es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen.
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Eine Großstadtzeitung berichtet online unter der Überschrift „Entwurmungsmittel für den Redneck“ über die Corona-Erkrankung des bekannten US-Podcasters Joe Rogan. Als dieser seine Fans über seine Infektion informiert habe, habe er sich sofort alle möglichen Medikamente verabreicht – darunter Ivermectin. Dies sei ein Entwurmungsmittel für Pferde, das Impfgegner immer wieder als Medizin gegen Covid-19 anpriesen. Die US-Gesundheitsbehörde – so die Zeitung – warne vor dem Mittel in scharfen Worten. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass Joe Rogan von der Zeitung dargestellt werde, als würde er ein ausschließlich für Pferde zugelassenes Medikament bewerben. Das habe Rogan niemals getan. Zum anderen handele es sich um ein auch für Menschen zugelassenes Medikament, das Rogan von seinem Arzt verschrieben bekommen habe. Nach einer Vorprüfung wurde die Beschwerde beschränkt zugelassen auf die Kritik des Beschwerdeführers, das Medikament sei auch für Menschen zugelassen und sei dem Betreffenden vom Arzt verschrieben worden. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Eine Satirezeitschrift veröffentlicht eine Karikatur. Sie zeigt den CDU-Politiker Philipp Amthor, der ein Gewehr in der Hand hält. Die Überschrift lautet: „Nach Führerschein-Verlust drehte er durch: Bluttäter von Kusel gefasst!“ Die Karikatur erscheint einen Tag nach dem Mord an zwei Polizisten bei einem Einsatz in Kusel (Rheinland-Pfalz). Bei Twitter erscheint die Karikatur mit dem Zusatz „Er plädiert auf Notwehr“. Zwei Beschwerdeführer melden sich zu Wort. Sie sehen in der Berichterstattung eine Diskreditierung, Herabwürdigung und Verhöhnung der getöteten Polizisten. Die Beschwerdeführer sehen eine unverhältnismäßige Zuspitzung, die sich trotz der Veröffentlichung in einer Satire-Zeitschrift nicht rechtfertigen lasse. Der Chefredakteur der Zeitschrift nimmt zu den Beschwerden Stellung. Eine Verhöhnung der beiden Opfer sei nicht zu erkennen. Sie tauchten weder im Bild noch im Text auf. Es handele sich vielmehr um eine Verhöhnung des jungen CDU-Politikers Philipp Amthor, der bereits auf eine erstaunliche Karriere mit mutmaßlich korrupten Verstrickungen und rechtskonservativen Äußerungen zurückblicken könne. Amthor habe einen Jagdschein und inszeniere sich gerne mit der Waffe in der Hand. Die Karikatur sei von bekannten deutschen Boulevardmedien inspiriert, deren Redaktionen die Täter von Kusel tagelang inszeniert und den Doppelmord als Story ausgeschlachtet hätten.
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Eine Regionalzeitung berichtet über Kritik eines Oberbürgermeisters an der Leitung des örtlichen Klinikums. Dabei geht es um die Einsetzung eines Direktors und die Reaktionen von lokalen politischen Akteuren darauf. Der Vorgang wird von der Autorin des Artikels auch kommentiert. Ein Leser der Zeitung sieht das Gebot zur strikten Trennung von Tätigkeiten nach Richtlinie 6.1 des Pressekodex verletzt. Für den Leser der Zeitung werde nicht erkennbar, dass die Autorin seit mindestens zehn Jahren auch als Redaktionsleiterin für die Patientenzeitung des Klinikums tätig sei. Deshalb liege eine Doppelfunktion vor, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Autorin wecke. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Beschwerde in allen Punkten zurück. Die Patientenzeitschrift richte sich an Patienten, Mitarbeiter und Besucher des Klinikums. Es handele sich mithin nicht um eine interessengeleitete Publikation. Es sei nicht unüblich, dass eine freie Autorin wie in diesem Fall für mehrere Publikationen arbeite. Die Rechtsvertretung steht auch auf dem Standpunkt, dass die Zeitung auf die Doppelfunktion der Autorin nicht explizit habe hinweisen müssen. In einer gesonderten Stellungnahme teilt die Autorin mit, dass niemand auch nur andeutungsweise in dieser Sache irgendeinen Einfluss auf sie genommen habe.
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Eine Programmzeitschrift veröffentlicht eine komplette Seite über einen bekannten Schokolade- und Lebkuchenproduzenten. Auf der Seite erscheinen ein redaktionell aufgemachter Artikel unter dem Titel „Genuss und Glamour“, ein Backrezept für Printen sowie der Hinweis auf ein Gewinnspiel, in dessen Rahmen die Zeitschrift gemeinsam mit dem namentlich genannten Unternehmen hundert Geschenkpackungen verlost. Ein Leser der Zeitschrift vermutet, dass es sich bei der Seite um eine Anzeige handele, die nicht als solche gekennzeichnet worden sei. Der Chefredakteur der Programmzeitschrift teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung nicht um Werbung, sondern um eine redaktionelle Berichterstattung handele. Diese sei von öffentlichem Interesse. Das im Artikel beschriebene Unternehmen sei weltweit führend. Seine Produkte seien vielen Menschen bekannt. Der Artikel beschäftige sich mit der Frage, wer hinter dem Unternehmen stecke. Er thematisiere die Alleinstellungsmerkmale, wie beispielsweise die außerhalb der Corona-Pandemie jährlich stattfindenden aufwändigen Modenschauen des Unternehmens. Die Leserinnen und Leser würden zudem über die Historie des Unternehmens aufgeklärt. All diese Informationen dienten nach seiner – des Chefredakteurs – Meinung dem öffentlichen Interesse. Eine Querverbindung zwischen Redaktion und Anzeigenverkauf des Verlages gebe es nicht. Unabhängig davon habe er sich den fraglichen Artikel wegen der Beschwerde noch einmal angesehen. Dabei sei er zu dem Schluss gekommen, dass man künftig Änderungen vornehmen werde. Gerade der Zusammenhang der Veröffentlichung mit dem Gewinnspiel mache möglicherweise Anpassungen erforderlich.
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In einer niedersächsischen Kleinstadt gibt es offensichtlich Interessenkonflikte zwischen der Bürgermeisterin und ihrem Ehemann. Es geht um eine Kfz-Werkstatt des Mannes auf dem Gelände der örtlichen Wohlfahrtsstiftung, deren Vorstand die Bürgermeisterin ist. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Vorgang. Sie schreibt, ausgerechnet der Mann der Bürgermeisterin habe im ehemaligen Feuerwehrdepot einziehen dürfen. Sie beruft sich als Quelle auf die Aussage eines Stadtrats der Linken. Der Ehemann der Bürgermeisterin habe als Mitglied der Gesellschaft für Technische Überwachungen sogar TÜV-Untersuchungen durchgeführt. Der Haken dabei sei - so die Zeitung - , dass dem Mann die notwendige Zertifizierung des Betriebes für die Untersuchungen fehle. „Denn er hat keinen Meisterbrief. Die Polizei ermittelt wegen Urkundenfälschung“, heißt es im Artikel. Der Autor zitiert einen Polizeisprecher. Danach habe die Staatsanwaltschaft nach Prüfung des Falles umfangreiche Nachermittlungen angeordnet. Als die Redaktion vor Ort recherchiert habe, habe der Bürgermeister-Ehemann rotgesehen. Er habe einen Reporter zu Boden geworfen und sich auf ihn gekniet. Entsprechende Fragen der Redaktion lässt die Bürgermeisterin unbeantwortet. Nach Auskunft des als Quelle benannten Lokalpolitikers werde sich der Stadtrat demnächst mit der Angelegenheit befassen. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Bürgermeisterin. Sie kritisiert, dass der Artikel einzig und allein auf den Aussagen des genannten Stadtrats beruhe. Sie vermutet Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Der Verfasser des Artikels habe sich überdies nicht ausgewiesen. Die Bürgermeisterin weist die in der Beschwerde erhobenen Vorwürfe zurück und spricht von einer Rufmordkampagne des Stadtrats der Linken. Davon sei die berufliche Existenz ihres Mannes stark betroffen. Der Autor des Artikels weist den Vorwurf, er habe sich nicht identifiziert, zurück.
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Die „Wissen“-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet gedruckt und online über eine psychisch erkrankte Frau. Diese berichtet von ihrer Lebensgeschichte und ihrem Alltag. In der Einleitung des Beitrages heißt es: „DEPRESSION Als habe jemand den Stecker gezogen, so fühlte Karin Heidemanns sich plötzlich. Dann verdunkelte sich ihr Leben für viele Jahre. Manchmal fehlt ihr immer noch die Kraft dafür, im Supermarkt einzukaufen.“ Im weiteren Verlauf des Textes heißt es: „Heidemanns ist nicht ihr echter Name, aber ihre Ängste sind echt: Angst vor dem Nichts.“ Zwei Leser des Magazins sind in diesem Fall die Beschwerdeführer. Sie schreiben, der Name der psychisch erkrankten Frau werde im Vorspann und dann 34-mal im Text genannt. Erst nach 40 Zeilen werde erwähnt, dass der Name ein Pseudonym sei. Dieses werde nicht für jene Leserinnen und Leser erkennbar, die den Beitrag nur in seiner Einleitung wahrnähmen. Im Online-Beitrag werde die Information zum Pseudonym erst hinter der Bezahlschranke gegeben. Die beiden Beschwerdeführer – ein Brüderpaar – berichten, ihre jüngere Schwester trage den gleichen Namen wie die im Text genannte Frau. Die Beschreibung im Text sei absolut identisch mit ihrer Lebenssituation. Die Schwester sei in einer deutschen Großstadt als Lehrerin tätig und seit der Veröffentlichung immer wieder kritischen Fragen in ihrem beruflichen und privaten Umfeld ausgesetzt. Durch die Veröffentlichung sei sie in ihrer persönlichen Reputation diskreditiert und in ihrer pädagogischen Wirkungsmöglichkeit geschädigt worden. Die Rechtsabteilung des Verlages spricht angesichts der Verwechslungsmöglichkeit von einem unglücklichen Zufall. Nach Lektüre des kompletten Beitrages sei eine Verwechslung faktisch ausgeschlossen. Die Redaktion hat nach Eingang der Beschwerde den Beitrag aus Gründen der Kulanz unverzüglich aus dem Online-Angebot genommen. Nach Änderung des Namens sei er dann wieder online gestellt worden.
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