Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.
6642 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online und gedruckt über Tötungsdelikte. Zwei Männer sollen ihre Ex-Frauen bzw. Partnerinnen umgebracht haben. Die Redaktion stellt zu ihren Berichten Fotos, die die Wohnhäuser der Opfer zeigen. Sie nennt auch die jeweiligen Straßennamen. Eines der Opfer und ein Tatverdächtiger werden im Bild gezeigt. Ein Foto habe die Polizei zur Verfügung gestellt. Das Bild des Verdächtigen ist mit einem Augenbalken versehen. Der Verdächtige sei über 48 Stunden lang auf der Flucht gewesen und inzwischen festgenommen worden. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Zeitung nicht zwischen Verdacht und erwiesener Unschuld unterscheide. Der mutmaßliche Täter werde mehrfach als „Killer“ etikettiert. Die Beschwerde wird erweitert auf die Ziffer 8 im Hinblick auf die identifizierende Darstellung von Opfern und mutmaßlichen Tätern.
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Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Millionenkracher 2022 zurück“. Im Beitrag geht es um eine Aktion eines regionalen Lotto-Anbieters. Die Lotterie wird ausführlich vorgestellt. Im Artikel sind mehrere Anzeigen der Firma sowie drei gekennzeichnete Affiliate-Links enthalten. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag einen Fall von Schleichwerbung. Der Inhalt der Veröffentlichung sowie die verwendeten Formulierungen sind nach seiner Meinung nicht vom öffentlichen Interesse gedeckt. Der Redaktionsleiter sieht in dem Beitrag keine Verletzung des Pressekodex. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, den Artikel auf der Panorama-Seite zu veröffentlichen. Er hätte unter der Rubrik „Shoppingwelt“ erscheinen sollen. Ein bedauerliches Versehen habe zu dem Fehler geführt. Durch den Begriff „Shoppingwelt“ werde bei den Nutzern die Erwartungshaltung geweckt, dass sie an dieser Stelle über kommerzielle Themen, neue Produkte und Angebote informiert würden. Hinzu komme, dass bereits am Anfang des Beitrages darauf hingewiesen werde, dass er Produktempfehlungen enthalte und der Verlag beim Kauf über die Affiliate-Links eine Provision erhalte, die den unabhängigen Journalismus unterstütze. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass die Veröffentlichung von dem Interesse geleitet sei, ein möglichst attraktives Angebot vorzustellen. Der Redaktion bzw. dem Verlag werde damit eine zusätzliche Einnahmequelle eröffnet, um unabhängigen Journalismus zu fördern. Der klare Hinweis auf eine in dem beschriebenen Sinne interessengeleitete Veröffentlichung lasse daher keinen Raum für die Befürchtung, die Leserschaft könne durch Schleichwerbung subtil beeinflusst werden.
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„NBA-Profi (19) zog sich mehrfach vor Psychologin aus!“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Artikel, in dem sich die Redaktion mit den Vorwürfen der ehemaligen Team-Psychologin des Profi-Basketball-Teams San Antonio Spurs befasst. Ihr zufolge habe sich ein ehemaliger Spieler des Teams neunmal im Verlauf von Gesprächen mit ihr entblößt. Die Zeitung teilt mit, dass die Angelegenheit nunmehr juristische Konsequenzen habe. Der Beschwerdeführer kritisiert die Überschrift des Beitrags. Sie sei vorverurteilend und stelle Vorwürfe als Tatsachen dar. Die Rechtsabteilung des Verlages verweist auf die ständige Spruchpraxis des Presserats hin, der zufolge Überschriften bei Sachverhaltskürzungen und -pointierungen bzw. -zuspitzungen unbeanstandet bleiben, wenn aus dem Kontext des Artikels hervorgehe, dass der jeweils Betroffene noch nicht verurteilt sei, also weiterhin die Unschuldsvermutung gelte. Das sei hier der Fall.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht gedruckt und online Beiträge unter den Überschriften „Grüne Autohasserin (36) kontrolliert jetzt VW“ bzw. „Auto-Hasserin kam mit dem Auto“. In den Artikeln geht es um Julia Willie Hamburg, die neue stellvertretende Ministerpräsidentin von Niedersachsen und ihre Position als Mitglied des Aufsichtsrats von VW. Mehrere Beschwerdeführer sehen in den Beiträgen eine überzogene und unsachliche Berichterstattung. Diese sei geeignet, das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Mit falschen Tatsachenbehauptungen solle Frau Hamburg in Misskredit gebracht werden. Die Rechtsabteilung des Verlages weist darauf hin, dass die neue VW-Aufsichtsrätin als Mitglied der „Grünen“ einer Partei angehöre, deren umwelt- und verkehrspolitische Positionen mit „auto-kritisch“ noch zurückhaltend beschrieben sein dürften. Eine dem Automobil als Fortbewegungsmittel kritisch gegenüberstehende Politikerin pointiert als „Autohasserin“ zu bezeichnen, sei eine presseethisch nicht zu beanstandende Meinungsäußerung. Julia Willie Hamburgs politisches Wirken und ihr öffentliches Auftreten böten hinreichende Anhaltspunkte für die Bewertung ihrer Person als „Auto-Hasserin“.
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Eine Boulevardzeitung titelt in ihrer Online-Version „Verrät ihr Handy den Täter?“ Im Beitrag geht es um ein „mysteriöses Todes-Drama“ einer Krankenschwester, die in ihrer Wohnung getötet wurde. Zum Artikel gestellt ist ein Foto der 21-Jährigen, dessen Quelle mit „privat“ gekennzeichnet ist. Das Foto stammt laut der Beschwerdeführerin von der Homepage des Bestatters. Es sei nicht vorstellbar, dass die trauernde Mutter das Foto freigegeben habe. Darüber hinaus verletze die Überschrift die Ehre der jungen Frau. Eine Stellungnahme der Redaktion zu der Beschwerde liegt nicht vor.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht die Kolumne einer Leseranwältin mit dem Titel „Die Transparenz im Journalismus“. Sie beschreibt einen Fall, in dem ein freier Mitarbeiter der Zeitung über ein Gerichtsverfahren berichtet habe, in dem er der Kläger gewesen sei. Er habe somit als Prozessbeteiligter in eigener Sache geschrieben. Die Autorin weist auf den Pressekodex und dessen Ziffer 6 hin. Danach müssten Journalisten private und berufliche Interessen strikt trennen. Es gehöre zur journalistischen Wahrhaftigkeit, sich in solchen Fällen selbst für befangen zu erklären und das Thema an unbeteiligte Kollegen zu übergeben. Die Redaktion teilt mit, der Beitrag sei mit Hinweis auf den Pressekodex aus dem Internetangebot der Zeitung entfernt worden. Außerdem seien die Zuständigkeiten im betroffenen Redaktionsbereich neu geordnet worden, damit eine unzulässige Verquickung von Interessen künftig unterbleibt. Der Beschwerdeführer teilt mit, der Artikel stamme von ihm. Die Redaktion habe gewusst, dass er Prozessbeteiligter in diesem öffentlichen Verfahren gewesen sei. Er habe auf Bitten eines Redakteurs seinen Namen im Text des Artikels geändert. In einer Mail an verantwortliche Redakteure und die Gesamtredaktion habe er noch einmal darauf hingewiesen, dass es sein Prozess gewesen sei. Kurz darauf sei er als freier Mitarbeiter entlassen worden. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der Beschwerdeführer habe bereits mehrfach versucht, seine persönlichen Interessen mit Hilfe der Zeitung zu befördern. Sicher hätte die Redaktion sorgfältiger agieren müssen. Hauptverantwortlicher in dieser Sache sei jedoch der Beschwerdeführer selbst.
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Unter der Überschrift „Therapeutin setzt auf Selbstheilungskräfte“ berichtet eine Regionalzeitung online über eine Therapeutin und ihre seit 2020 bestehende Praxis. In der Dachzeile ist von einer „neuen Praxis“ die Rede. Das Portfolio der Frau wird vorgestellt. Sie selbst kommt im Bericht ausführlich zu Wort. Am Ende des Artikels sind ihre Telefonnummer und zwei Webadressen angegeben. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag einen Fall von Schleichwerbung. Der Artikel lese sich wie ein Werbetext. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass es sich bei der Veröffentlichung um einen redaktionellen Beitrag handele. Der Artikel sei Bestandteil der regelmäßigen Berichterstattung über Neueröffnungen, Existenzgründungen und größere Veränderungen in örtlichen Unternehmen, wie sie in der Lokalberichterstattung durchaus üblich seien. Dass der Beitrag verhältnismäßig unkritisch daherkomme, ändere nichts daran, dass er im Rahmen der Pressefreiheit und im Einklang mit dem Pressekodex so veröffentlicht werden durfte. Im Übrigen entspreche es den digitalen Realitäten im Jahr 2023, die Links zu der Porträtierten zu veröffentlichen.
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Eine Berliner Zeitung berichtet online unter der Überschrift „Bilanz zum 1. Mai in Berlin: 500 Randalierer, 37 Festnahmen, 30 verletzte Polizisten“. Die Redaktion berichtet ausführlich über schwere Vorwürfe einer Gruppe gegen den Geschäftsführer der dju Berlin-Brandenburg. Er nutze seinen Job und seine beruflich erworbene Reichweite, um politisch missliebige Meinungen mundtot zu machen. Die Redaktion zitiert aus einer linksautonomen Plattform. Der Geschäftsführer der Gewerkschaft dju wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er berichtet von anonymen Drohungen, die ihn erreicht hätten. Das sei so weit gegangen, dass sich die Sicherheitsbehörden mit seinem Fall befasst hätten. Er habe abwägen müssen, ob er seinen Beruf rund um den 1. Mai ausüben könne oder nicht. Mit der Veröffentlichung sei er Opfer einer Straftat geworden. Eine Stellungnahme der Redaktion lag zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Den Ruhpoldinger Soldaten ein Denkmal gesetzt“ einen Beitrag über Kriegserinnerungen und Briefe aus Kriegszeiten. Gesammelt habe das Material eine Frau vom Historischen Verein in Ruhpolding. Der Beschwerdeführer sieht in dem Bericht einen Verstoß gegen den Pressekodex. Die Zeitung verwende den Begriff „Vaterlandsverteidiger“ für deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Dies verdrehe historische Tatsachen. Er stört sich auch an Ausdrücken wie „Für Volk und Vaterland“, „Heldentod“ und „…für Führer und Volk opfern mussten“, die im Beitrag nicht in Anführungszeichen gesetzt worden seien. Auch nach Rücksprache mit der Redaktion sei diese nicht bereit gewesen, den Beitrag zu korrigieren, indem sie nationalsozialistische Begriffe in Anführungszeichen gesetzt hätte. Die Redaktion bekennt, dass der Autor des kritisierten Beitrages diesen geschrieben habe, um den damaligen Zeitgeist zu verdeutlichen. Er habe damals übliche Formulierungen übernommen, ohne sie in Anführungszeichen zu setzen. Das sei nicht gerade glücklich gewesen. Die Redaktion habe in der Zeitung einen klärenden Hinweis abgedruckt.
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Eine Frauenzeitschrift berichtet über Hilfsmittel gegen typische Beschwerden an den Weihnachtsfeiertagen. Empfohlen werden jeweils graphisch hervorgehobene homöopathische Wirkstoffe. Die Redaktion nennt mehrere Präparate mit ihrem vollen Namen. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen Fall von Schleichwerbung und außerdem die aus ihrer Sicht einseitige, ausschließlich positive Darstellung der Homöopathie. Die Zeitung nenne zudem nicht den Stand der Wissenschaft bezüglich der Wirksamkeit homöopathischer Mittel. Der Verlag spricht von reinem Servicejournalismus, an dem ein großes öffentliches Interesse bestehe.
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