Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
„Mit der Kehrmaschine von Ebersbach nach Tschechien“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Lokalzeitung ausführlich darüber, dass ein Außendienst-Mitarbeiter eines örtlichen Reinigungs- und Sanitärgeräteherstellers eine neuentwickelte Handkehrmaschine 400 Kilometer weit in ein tschechisches Außenwerk schieben will. In dem Artikel werden die neue Maschine und die Firma selbst umfangreich vorgestellt. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag Werbung für das Unternehmen. Allein an zehn Stellen gehe es um den Firmen- bzw. Markennamen. Das eigentliche Thema, die Wanderung mit der Kehrmaschine, sei eigentlich nebensächlich. Der Chefredakteur entgegnet, der Anlass des Artikels sei keineswegs nebensächlich dargestellt worden.
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In einer Anzeigenblatt-Kolumne beschäftigt sich ein Unternehmer und CDU-Kommunalpolitiker mit dem wachsenden Anteil „Nicht-Deutscher“ in seinem Landkreis. Unter der Überschrift „‘Das ist einfach nur Mathematik‘“ zitiert er die offizielle Einwohner-Statistik, erwähnt aber auch eigene Schätzungen, wonach etwa 15.000 Personen mit deutschem Pass hierzulande nicht integriert seien. Seine Schlussfolgerung: „In fünf Jahren haben wir dann mit diesen 15 000 einen Anteil von knapp einem Drittel ‚Nicht-Deutsche‘ von allen Bewohnern im Landkreis. Alle brauchen Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf. Und wir sind auf einem strammen Marsch, Richtung 50 %“. Die Kolumne endet mit dem Fazit: „In zehn Jahren wird unser Land keine eigene DNA mehr haben!!! Unseren Enkeln wird es wie vor 250 Jahren den Indianern gehen, wenn sich nichts ändert. Wollen wir das? Ich möchte das jedenfalls NICHT! Noch ist die Flasche nicht voll, wir haben es immer noch selbst in der Hand – jeder Einzelne!“ Sechs Beschwerdeführende kritisieren die Kolumne mit jeweils ähnlichen Begründungen: Der Verfasser missachte völlig die publizistischen Sorgfaltsregeln, verstoße gegen die Menschenwürde von Menschen mit Migrationshintergrund und wolle fremdenfeindliche Ressentiments schüren. Er liefere eine diskriminierende Scheinargumentation, die durch bewusst irreführende Tatsachenbehauptungen die Grenzen einer reinen Meinungsäußerung eklatant überschreite. Mit herabwürdigender Metaphorik und falschen Analogien versuche er, die Geflüchteten und Nicht-Deutschen zu entmenschlichen. Außerdem solle der falsche Eindruck einer sich exponentiell verschlechternden Entwicklung vermittelt werden. Sein Rechenexempel erinnere an die propagandistischen Mathematik-Aufgaben aus der Nazizeit. Auf dieser Grundlage gipfele der Text in volksverhetzenden Szenarien, die einen Untergang der „deutschen“ Bevölkerung beschreiben. Die Passage „Wir haben es alle selbst in der Hand“ könne auch als Aufruf zu Fremdenhass und Gewalt verstanden werden. Eine Beschwerdeführerin fragt, wie die Zeitung es verantworten könne, solch rechtes Gedankengut und Hetze gegen Ausländer zu verbreiten. Der ganze Artikel basiere auf falsch interpretierten Zahlen und verzerrten Fakten. Am schlimmsten finde sie die Aussage, dass in zehn Jahren unser Land keine eigene DNA mehr haben werde. Die Redaktion verteidigt den Abdruck der Kolumne: Der Verfasser sei eine der bekanntesten Unternehmer-Persönlichkeiten in der Region, außerdem CDU-Kreistagsabgeordneter und Großaktionär eines Fußball-Bundesligisten. Eine von ihm gegründete und nach ihm benannte Stiftung unterstütze soziale Projekte in der Region. In seiner Kolumne, die deutlich als solche erkennbar sei und für die der Autor keine Vergütung erhalte, agiere er ausschließlich als Privatperson. Das Wochenblatt selbst stehe für demokratische Werte und eine offene Gesellschaft. Viele der Zusteller und Beschäftigten hätten einen Migrationshintergrund. Aufgrund dieser Tatsache habe der Verlag bei der letzten Bundestags- und Landtagswahl sämtliche Werbeanfragen der AfD abgelehnt. Die Veröffentlichung der strittigen Kolumne verstoße nicht gegen den Pressekodex. Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt seien zu schützen, und eine Zensur von Textpassagen sei für die Redaktion deshalb keine Option gewesen. Der Verfasser selbst wehrt sich gegen den Vorwurf, er verbreite übelste rassistische Ansichten, indem er eine Aufteilung in „Deutsche“ und „Nicht-Deutsche“ vornehme.
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Eine Tageszeitung berichtet online über die fünfte Ausgabe eines Festivals, „das in der Vergangenheit vor allem Verschwörungsgläubige anzog“. Schauplatz sei eine kommunale Freilichtbühne. Der Bürgermeister habe der Zeitung im vergangenen Jahr „im Hinblick auf das Festival“ gesagt, er freue sich auf eine „bunte und abwechslungsreiche Veranstaltung“; die Vermietung der Bühne an das Festival halte er für unproblematisch. Beschwerdeführer ist der zitierte Bürgermeister. Er wirft der Redaktion vor, ihn nicht wahrheitsgetreu zu zitieren. Er habe im Vorjahr geschrieben: „Die vielfältigen Veranstaltungen in F[...] spiegeln die Pluralität unserer Gesellschaft wider. Das Landleben ist nicht immer spannend. Daher freue ich mich über bunte und abwechslungsreiche Veranstaltungen in F[...].“ Die Zeitung entgegnet, dass dem Bürgermeister offenbar eine veraltete Version des Artikels vorliege.
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Das wöchentliche Magazin einer großen Tageszeitung kündigt auf dem Titelblatt einen Artikel im Innenteil an, in dem eine Autorin schildert, warum ihr Kind stärker an ihr als am Vater hängt. Das ganzseitige Titelblattfoto zeigt eine Frau beim Streicheln eines Kinderkopfes. Gut zu sehen ist dabei ein Ring am Mittelfinger der Frau. Im Innenteil steht auf der Seite vor dem Artikel eine ganzseitige Anzeige für Schmuck. Die Beschwerdeführerin vermutet Schleichwerbung. Der gezeigte Ring sei ohne jeden Sinn und ohne Bezug zum Artikel sehr prominent auf dem Titelbild zu sehen. Dabei handele es sich wohl um einen Ring aus jener Schmuckserie, für die in dem Heft Werbung gemacht werde. Die Zeitung bestätigt, dass der gezeigte Schmuck von der werbetreibenden Firma stamme (auch wenn es sich nicht genau um das beworbene Modell handele).
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Eine Tageszeitung berichtet über eine Veranstaltung zur Gründung einer Bürgerinitiative gegen ein angeblich geplantes Containerdorf für Geflüchtete. Dabei kommen ausführlich AfD-Politiker und weitere Flüchtlingsgegner zu Wort, aber auch Vertreter anderer Parteien. Nach Ansicht des Beschwerdeführers verletzt der Artikel die Wahrhaftigkeit und diskriminiert Flüchtlinge. Der Bericht wirke nicht unparteiisch, sondern vermittele Behauptungen der AfD als Tatsachen. Außerdem sei der Artikel als Aufruf zur Teilnahme an einer geplanten Demonstration zu verstehen. Falsch seien die veröffentlichten Zahlen: nicht 150, sondern maximal 80 Flüchtlinge sollten aufgenommen werden. Es handele sich auch nicht um ein Containerdorf, sondern um eine Unterbringung in modularer Bauweise ohne Container. Hier sei unsauber recherchiert worden. Der Artikel mache vor allem Angst vor alleinreisenden jungen Männern etwa aus Syrien und Afghanistan, die sich nicht integrieren lassen würden. Dies sei ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. Die Zeitung erwidert, dass sie Aussagen der AfD an keiner Stelle als Tatsache dargestellt habe.
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