Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Mann soll zwei Bankfilialen ausgeraubt haben. Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet, dass der Mann nach einer internationalen Fahndung unter dringendem Tatverdacht verhaftet worden sei. Die Festnahme gehe auf den Hinweis eines Zuschauers der TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ zurück. Der Tatverdächtige wird in dem Artikel mit vollem Namen und Alter genannt. In seiner ursprünglichen Version enthielt der Artikel auch ein Foto des Mannes, der sich wegen der Berichterstattung mit einer Beschwerde an den Presserat wendet. Er teilt mit, dass er im Archiv der Zeitung auf den Artikel gestoßen sei. Dieser sei 18 Jahre alt und inhaltlich teilweise falsch. Der im Netz zu findende Artikel gefährde seine Resozialisierung und verstoße gegen sein Persönlichkeitsrecht. Er sei keine Person des öffentlichen Interesses. Sein Fall sei 2001 rechtlich abgeschlossen worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung sei der Bericht zulässig gewesen. Es habe sich um ein Ereignis von öffentlichem Interesse gehandelt, weshalb die identifizierende Berichterstattung nicht zu beanstanden sei. Der damals Tatverdächtige habe nur gefasst werden können, weil mehrere Medien den von der Polizei genannten Namen veröffentlicht hätten. Vor diesem Hintergrund spreche nichts gegen die digitale Bereithaltung des Artikels im Online-Archiv der Zeitung. Mehrere Oberlandesgerichte hätten im Zusammenhang mit der Frage der Löschungspflicht bei einem Online-Archiv entschieden, dass ein Straftäter grundsätzlich keinen Anspruch darauf habe, „mit der Tat alleine gelassen zu werden.“ Die Justiziare wehren sich gegen den Vorwurf, die Redaktion habe die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers verletzt. Der Verlag sei aber zu einer gütlichen Einigung in dem Sinne bereit, dass der Klarname des Beschwerdeführers aus dem Artikel entfernt werde. Dieses Entgegenkommen geschehe nur im Interesse der Erledigung des Vorgangs und sei keineswegs als Anerkennung einer Rechtspflicht zu werten.
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Unter der Überschrift “So sieht das berühmte Flüchtlingsmädchen die Welt“ berichtet eine Sonntagszeitung über die junge Palästinenserin Reem, mit der sich Bundeskanzlerin Merkel bei einem Bürgerdialog unterhalten hatte und die während des Gesprächs in Tränen ausgebrochen war. Später hat ein Autor der Zeitung ein Gespräch mit dem Mädchen geführt. Dabei ging es um Palästina. Als der Reporter Reem danach fragte, sprach sie vom „ganzen“ Palästina. Den Einwand, dass da doch Israel liege, beantwortet das Mädchen so: „Ja, noch, aber meine Hoffnung ist, dass es irgendwann nicht mehr da ist, sondern nur noch Palästina. Auf die Reporter-Frage, wie das gehen solle, habe Reem geantwortet: „Das Land sollte nicht mehr Israel heißen, sondern Palästina.“ Zu seinen Hinweis auf die besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel und dass die Deutschen zu dem Land stünden und Judenhass nicht zuließen, habe das Mädchen gesagt: „Ja, aber es gibt Meinungsfreiheit, hier darf ich das sagen.“ Beschwerdeführerin ist die anwaltlich vertretene Reem. Sie hält die Berichterstattung für einen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Redakteur habe sie befragt, aber keinen Hinweis gegeben, dass er eine Veröffentlichung plane. Auch ihren anwesenden Eltern sei das nicht gesagt worden. Der Zeitungsmann habe sich das Vertrauen der Familie über einen Bekannten erschlichen und den Eindruck erweckt, als wolle er gern mal mit ihr sprechen und auch Fotos für seine Familie machen. Sie bestreitet, die von der Zeitung wiedergegebenen Äußerungen so gemacht zu haben. Der Autor meldet sich mit einer Stellungnahme zu der Beschwerde. Er habe auf korrektem Weg und auf dem Umweg über einen Bekannten den Kontakt zu der Familie gesucht. Von Anfang an sei klar gewesen, dass das Gespräch mit dem Ziel geführt worden sei, Auszüge daraus zu veröffentlichen. Vor ihm – so der Autor weiter – habe ein Kollege von der New York Times mit Reem gesprochen.
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„Auseinandersetzung – Asylbewerber schlägt Passantin“ titelt eine Regionalzeitung in ihrer Online-Ausgabe. In einem Facebook-Eintrag habe eine Frau berichtet, sie habe einer anderen jungen Frau geholfen, die von einem Asylbewerber körperlich angegangen worden sei. Ihr selbst sei daraufhin ins Gesicht geschlagen worden. Die Zeitung teilt mit, dass die zuständige Polizeidirektion den Vorfall bestätigt habe. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Information der Redaktion über den Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“ des Beschuldigten. Diese Information sei nicht sachdienlich. Durch die Nennung des Aufenthaltsstatus werde einer nachhaltigen Diskreditierung aller Menschen dieser Gruppe Vorschub geleistet. Die Berichterstattung verletze das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung meint, es bestehe ein begründbarer Sachbezug nach Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Zeitung habe den Vorfall zum Gegenstand ihrer Berichterstattung gemacht, weil er auch ohne Zutun der Redaktion Stadtgespräch gewesen sei. Um das Geschehen hätten sich vielfältige Spekulationen gerankt. Die Glaubwürdigkeit der Zeitung verlange, darauf einzugehen. Die Redaktion habe sich auf die Fakten der Ermittlungsbehörden gestützt. Zur sauberen Wiedergabe des Geschehenen gehöre es, mitzuteilen, dass der mutmaßliche Täter ein Asylbewerber sei. Andernfalls würde die Zeitung nicht zum Verständnis, sondern zur Verwirrung beitragen. Die Zeitung habe kein Interesse daran, Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu diskriminieren. Die gesellschaftliche Situation verlange es jedoch, Tatsachen beim Namen zu nennen. Ansonsten wäre die Glaubwürdigkeit der Zeitung in Gefahr.
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„Ohne Jobs würden mir zum Leben nur 123 Euro bleiben“ überschreibt eine Großstadtzeitung ihren Bericht über Rentner, die zusätzlich zu ihrer Rente arbeiten müssen. Im Beitrag heißt es: „Wer unter 979 Euro Rente netto bekommt, kann seine monatlichen Bezüge vom Staat aufstocken lassen.“ In Berlin zum Beispiel nützten 35.000 Rentner die Grundsicherung im Alter. Eine Leserin der Zeitung ist selbst Rentnerin und zweifelt diese Aussage an. Ihren Recherchen beim Sozialamt zufolge sei die Summe falsch. Sie selbst erhalte 899 Euro Rente, und ihr Antrag auf Grundsicherung im Alter sei abgelehnt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung verweist auf die Informationen über die Armutsschwelle für Alleinlebende. Diese seien auf der Internetseite des Statistischen Bundesamts abzulesen. Die Beiträge für das Jahr 2013 beliefen sich auf 11.749 Euro pro Jahr und somit umgerechnet auf 979 Euro im Monat. Darauf beziehe sich der Artikel.
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Eine Regionalzeitung berichtet über einen Feuerwehreinsatz. Auf einem Feldweg sei ein Auto in Brand geraten. Die 47-jährige Fahrerin habe Rauch aus dem Motorraum aufsteigen sehen und in der Nähe arbeitende Bauern um Hilfe gebeten. Diese hätten den Brand gelöscht, bevor die Feuerwehr eingetroffen sei. Zum Bericht gestellt ist ein Foto, das den ausgebrannten Wagen zeigt. Sein Kennzeichen ist zu erkennen. Die Fahrerin ist in diesem Fall die Beschwerdeführerin. Von ihrem Wagen seien Fotos gemacht worden und trotz ihres ausdrücklichen Verbots abgedruckt worden. Wegen des lesbaren Kennzeichens sei das Auto für jeden, der sie kenne, mit ihr in Verbindung zu bringen. Die Frau nennt Polizisten und Feuerwehrleute als Zeugen, dass sie den Vertreter der Zeitung dringend gebeten habe, das Bild nicht abzudrucken. Später habe sie Kontakt mit der Redaktion aufgenommen. Dort sei ihr gesagt worden, dass die Daten von der Polizei stammten und somit abgedruckt werden könnten. Der Redakteur habe jedoch eingeräumt, dass es falsch gewesen sei, das Kennzeichen des ausgebrannten Wagens unverfremdet zu lassen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass Auto-Kennzeichen grundsätzlich von der Redaktion verpixelt würden. In diesem Fall sei der Redaktion ein Fehler unterlaufen, den er ausdrücklich bedauere. Der Redaktionsleiter der Bezirksausgabe habe die Beschwerdeführerin kurz nach der Veröffentlichung um Entschuldigung gebeten.
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Eine Programmzeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Der Zuschauer ist doch nicht dumm“ ein Interview mit einem Schauspieler. Die Redaktion leitet den Beitrag mit dem Hinweis ein, der Schauspieler komme gerade von einer Testfahrt mit einem neuen Skoda Superb zurück. Der Interviewte bekommt Gelegenheit, das Auto in den höchsten Tönen zu loben. Ein beigestelltes Foto zeigt den Schauspieler und den Interviewer. Beide stehen vor einem Modell des gepriesenen Autos. Eine Leserin der Zeitschrift sieht einen Fall von Schleichwerbung. Das Auto habe mit der eigentlichen Arbeit des Schauspielers nichts zu tun. Die Frage der Redaktion nach dem Auto sei völlig losgelöst vom ursprünglichen Thema des Interviews. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift weist darauf hin, dass das Interview am Rande einer Autoshow geführt worden sei. Der Schauspieler sei quasi mit dem Auto zum Interview gekommen, so dass die Frage nach dem Wagen eine spontane Reaktion auf die Gegebenheiten vor Ort gewesen sei. Der Kommentar des Interviewten zu dem Auto sei wörtlich wiedergegeben worden. Auf das, was im autorisierten Interview gesagt worden sei, habe die Redaktion keinen Einfluss. Auch sei die kritisierte Passage nicht werblichen Charakters.
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Unter der Überschrift „Spaß für Kreuz- und Querdenker“ veröffentlicht eine Regionalzeitung ein Sommerrätsel. Angerissen mit der Zeile „Der Mord an Gabriele Z. – eine Stadt im Schock“ rekapituliert die Zeitung den Tod einer Studentin. Sie sei 20 Jahre alt, hübsch, strebsam und ein wenig scheu und trotzdem so mutig gewesen, ins Ausland zu gehen. Sie sei - wohl eher zufällig – Opfer einer Straftat geworden. Ein bulgarischer Arbeiter habe sie erdrosselt, sich an ihr vergangen und sie ausgeraubt. Das Urteil im folgenden Prozess: Lebenslang. Das Gericht habe die besondere Schwere der Schuld festgestellt und Sicherheitsverwahrung angeordnet. Die Redaktion stellt die Rätselfrage: „Aus welchem Land stammt die 20-jährige Studentin?“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Ohne jeglichen Anlass werde das Opfer für Schlagzeilen und Auflage missbraucht und das in schändlichster Weise als „Spaß für Kreuz- und Querdenker“. Eine zusätzliche Geschmacklosigkeit sei der Abdruck eines Fotos der ermordeten Studentin. Die Totenruhe des Opfers werde von der Zeitung gestört, seine Persönlichkeitsrechte massiv verletzt. Die Einbindung des Mord- und Vergewaltigungsopfers in ein Kreuzworträtsel sei blanker Hohn und eine unzulässige Verharmlosung des furchtbaren Verbrechens. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung bestehe nicht. Die Art und Weise der Darstellung sei scham- und respektlos gegenüber dem Opfer. Der Chefredakteur der Zeitung stimmt den Beschwerdeführern zu. Die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Sommerrätsel hätte nicht geschehen dürfen. Dies sei besonders bedauerlich, als die Redaktion bislang über diesen Fall ausgesprochen sensibel, zurückhaltend und einfühlsam berichtet habe. Umso mehr bedauert der Chefredakteur die Veröffentlichung.
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Eine Programm-Zeitschrift veröffentlicht auf ihrer Facebook-Seite ein Quiz unter der Überschrift „Diesen Ex-Kinderstar trifft es jetzt hart – vor GERICHT wegen Ausbeutung von Mitarbeitern“. Die Leser haben die Auswahl zwischen vier Kinderstars und können rätseln, wer von diesen sich wegen Ausbeutung von Mitarbeitern vor Gericht verantworten muss. Ein Leser der Zeitschrift hält es für einen ethischen Verstoß, eine Skandal-Meldung mit vier verschiedenen Menschen in Verbindung zu bringen, und nur einer von ihnen ist tatsächlich derjenige, auf den sich die Nachricht bezieht. In diesem Fall würden drei völlig Unbeteiligte mit einem Skandal in Verbindung gebracht. Diese Art der Darstellung sei bei dieser Zeitschrift gang und gäbe. Gipfel sei ein „Krebsquiz“ gewesen. Dabei sei nach einem Fernsehmoderator gefragt worden, der sich wegen einer Krebserkrankung aus dem Geschäft habe zurückziehen müssen. Der Beschwerdeführer sieht eine Verletzung mehrerer ethischer Grundsätze. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift nimmt nur zu der Krebs-Quiz-Problematik Stellung. Die Redaktion habe die entsprechende Quiz-Frage gelöscht und eine Entschuldigung veröffentlicht. Betroffener sei der TV-Moderator und Autor Roger Willemsen gewesen. Dieser habe die Entschuldigung der Redaktion angenommen. Die Rechtsabteilung hält dies für eine ausreichende Wiedergutmachung im Sinne des Paragrafen 6 der Beschwerdeordnung.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Mord live im TV: Was war das Motiv des Killers?“ über ein Tötungsdelikt im US-Bundesstaat Virginia. Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Fernsehsenders hatte eine Reporterin und einen Kameramann während eines Interviews erschossen und die Tat gefilmt. Auf dem zu dem Artikel gestellten Video ist zu sehen, wie der Täter auf seine frühere Kollegin schießt und diese tot zusammenbricht. Ein Leser der Zeitschrift sieht durch die Veröffentlichung presseethische Grundsätze verletzt. In den Artikel sei ein Bilddokument eingebunden, das aus dem Video stamme, das der Täter von seiner Tat angefertigt habe. Der Beschwerdeführer sieht hier vor allem Richtlinie 11.2 verletzt. Danach dürfe sich die Presse nicht zum Werkzeug eines Verbrechers machen, indem sie derartiges Material verbreite. Zudem stelle die Veröffentlichung einen Verstoß gegen Richtlinie 11.1 dar, weil sich die Inhalte auch auf der Startseite finden ließen und das Video in den Artikel eingebunden sei. Dieses enthalte sogar eine Zeitlupensequenz der Tat. Das übersteige das Informationsinteresse der Leser. Es enthalte keine zusätzlichen Informationen, sondern zeige sterbende Personen. Dies sei unangemessen sensationell. Der Redaktionsleiter der Online-Ausgabe beschränkt sich in seiner Stellungnahme auf die Feststellung, dass die Redaktion der Auffassung des Beschwerdeführers nicht folge. Sie betrachte Form und Inhalt der Berichterstattung als angemessen.
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Eine Zeitschrift stellt in einer gesonderten Beilage „32 Sommer-Bücher“ vor. Der Titel der Beilage lautet: „Schon mal im Pool gelesen?“ Beschwerdeführer ist ein Verlag, dessen Geschäftsleitung sich an den Presserat wendet. Nach deren Auffassung erweckt die Beilage durch Editorial und Impressum einen redaktionellen Eindruck. In Wirklichkeit handele es sich jedoch um die Anzeige einer Verlagsgruppe. In der Beilage sei kein einziger Titel zu finden, der nicht aus deren Produktion stamme. Das gelte auch für die besprochenen Bücher und veröffentlichten Anzeigen. Die Beilage baue jedoch eindeutig die Suggestion einer unabhängigen redaktionellen Literaturbeilage auf. Weder Verlag noch Redaktion der Zeitschrift nehmen zu der Beschwerde Stellung.
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