Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Name des Piloten darf genannt werden

Die Hintergründe des Germanwings-Absturzes im Frühjahr 2015 sind Thema in einer Regionalzeitung. Sie veröffentlicht eine Seite mit mehreren Beiträgen zu dem tragischen Unglück. Der zentrale Artikel auf der Seite steht unter der Überschrift „Wenn alle Ordnung zerbricht“. Er unternimmt den Versuch, aus einer Beschreibung der Heimatstadt des Todespiloten, Montabaur, und des Eindrucks des Wohnumfeldes eine Erklärung für das Verhalten von Andreas L. abzuleiten. In einem weiteren Artikel unter der Überschrift „Viele Fragen sind noch offen“ wird aufgezählt, wo und wie möglicherweise weitere Erkenntnisse zu dem Absturz gewonnen werden könnten. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion den vollen Namen des Co-Piloten nennt. Er hinterfragt den Zweck dieser Namensnennung und weist auf die Folgen hin, die dies für die Familie des Andreas L. habe. Eine so personalisierte Berichterstattung über den Täter im Zusammenhang mit seinem Suizid und dem damit verbundenen Tod von 148 Flugzeuginsassen sei außerdem dazu geeignet, potentielle Nachahmer zu animieren. Die Chefredaktion der Zeitung meint zu der Beschwerde, es werde sich niemals mit absoluter Gewissheit aufklären lassen, was an Bord von 4U9525 wirklich geschehen sei. Alle mittlerweile gewonnenen Erkenntnisse deuteten jedoch darauf hin, dass der Co-Pilot Suizid begangen und 148 Menschen mit in den Tod gerissen habe. Schon in der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Marseille unmittelbar nach der Katastrophe sei der Co-Pilot durch die Nennung seines Namens, seines Alters und seins Wohnortes zu einer Person der Zeitgeschichte geworden. Das Unglück mit 149 Toten habe weltweit Aufsehen erregt mit einer schon jetzt historischen Dimension. Im Interesse der Öffentlichkeit und der Wahrheitsfindung sei es unerlässlich gewesen, zu berichten, wer für die Tat verantwortlich gewesen sei. Somit läge kein Verstoß gegen presseethische Grundsätze vor.

Weiterlesen

Herangerückt und dann das Handy geklaut

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Handy-Diebstahl. Überschrift: „Mann bedrängt 15-Jährige in (…) Tram – Handy geklaut“. Der Autor schreibt: „Der Mann war der Polizei zufolge mit einer Gruppe von Freunden eingestiegen, alle im Alter von 20 bis 28 Jahren und ausländischer Herkunft.“ Der Mann sei an das Mädchen herangerückt und habe ihm an den Arm gegriffen. Die junge Frau sei in einen anderen Teil der Tram zu einer Bekannten gegangen. Nachdem beide ausgestiegen seien, hätte das Mädchen den Verlust seines Handys bemerkt. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – vermutet einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Ohne Grund habe die Zeitung die Bezeichnung „ausländische Herkunft“ verwendet. Dies sei für die Berichterstattung über den Diebstahl unerheblich. Der Chefredakteur nimmt Stellung. Die beanstandete Passage sei der Polizeimeldung entnommen worden und bedauerlicherweise aufgrund eines Versehens in die Zeitung geraten. Sie sei aus dem Internet-Angebot der Zeitung gelöscht worden.

Weiterlesen

Der Nutzer merkt nichts von der Werbung

Ein für Mütter eingerichtetes Internet-Portal veröffentlicht einen Beitrag über Homöopathie. Die Überschrift lautet: „Diese acht Sätze können Fans von Homöopathie nicht mehr hören!“ Die Vorurteile werden genannt. Gleichzeitig wird ihnen widersprochen. In der Dachzeile heißt es: „PARTNERINHALT: Wir danken unserem Partner DHU für die folgenden Inhalte“. Bei DHU handelt es sich um die Deutsche Homöopathische Union, einen Hersteller von homöopathischen Präparaten. Ein Nutzer des Online-Portals bezeichnet die Veröffentlichung als Werbung, die nicht als solche erkennbar ist. Der Hinweis auf einen „Partnerinhalt“ und die Autorenschaft der DHU reiche nicht aus, um dem Laien den Werbecharakter der Veröffentlichung zu verdeutlichen. Dem widerspricht eine Vertreterin des Internet-Portals. Gerade die angegebenen Merkmale der Berichterstattung verdeutlichten den werblichen Charakter in ausreichendem Maße. Der Nutzer merke auf den ersten Blick, dass die nachfolgenden Inhalte nicht journalistisch unabhängig erstellt worden seien, sondern direkt vom Hersteller von homöopathischen Präparaten stammten.

Weiterlesen

„Unzulässige Verdachtsberichterstattung“

Konflikte in einem Jugendheim beschäftigen die Justiz. Die Regionalzeitung berichtet über mutmaßliche Misshandlungen. Ehemalige Bewohner der Einrichtung hätten Strafanzeige gegen die Betreiber gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Die Zeitung zitiert die Mutter eines Mädchens, das in der Einrichtung untergebracht war und einen ehemaligen Mitarbeiter des Heims. Ihre Namen sind im Text verfremdet. Die Zeitung schreibt, die Betreiber hätten die Vorwürfe zurückgewiesen. Einer der Geschäftsführer der privaten Einrichtung, der im Text namentlich genannt wird, habe zunächst ein Treffen mit einem Vertreter der Zeitung zu einem klärenden Gespräch zu- und dann aber abgesagt. Der Geschäftsführer hält die Berichterstattung für nicht objektiv. Die Redaktion bekommt eine E-Mail des Anwalts des Heimbetreibers, in der der Zeitung unzulässige Verdachtsberichterstattung vorgeworfen wird. Beschwerdeführer ist die Leitung des Jugendheims. Sie spricht ebenfalls von unzulässiger Verdachtsberichterstattung über „ein inszeniertes Ermittlungsverfahren“, in dem noch keine Anklage erhoben worden sei. Eine Strafanzeige sei nicht ausreichend, um eine Verdachtsberichterstattung zu rechtfertigen, da eine Strafanzeige ungeprüfte Vorgänge betreffe. Die Aussagen der im Text erwähnten anonymen Zeugen werden in der Beschwerde als „unrichtig“ bezeichnet. Der namentlich genannte Geschäftsführer werde in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Behauptung der Zeitung, der Geschäftsführer habe ein Treffen abgesagt, sei unwahr. Dem Betroffenen sei entgegen vorheriger Zusicherung der Anwälte der Zeitung keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Presserat beschränkt das Verfahren auf die Prüfung, ob die Darstellung des abgesagten Treffens zutreffend ist und ob der genannte Geschäftsführer hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen der Redaktion erhalten hat. Im Übrigen liegt kein Verstoß gegen den Pressekodex vor. Die Chefredaktion berichtet, bei dem beanstandeten Text handele es sich um die erste investigative Arbeit einer Volontärin, das von der Chefredaktion und einem Volontärbetreuer intensiv begleitet worden sei. Der Beschwerdeführer habe der Autorin schon im Vorfeld der Veröffentlichung gedroht. Die Redaktion habe sich deshalb vor der Veröffentlichung anwaltlich beraten lassen und einige Passagen verändert. Ein vorbeugendes Unterlassungsbegehren des Beschwerdeführers habe man zurückweisen lassen. Die Autorin des Artikels habe sich – so der Chefredakteur weiter – selbstverständlich bemüht, auch die Sichtweise der Betreiber der Jugendeinrichtung gründlich zu erforschen. Ein verabredetes Treffen sei kurzfristig von der Heimleitung abgesagt worden. Stattdessen habe deren Anwalt die Redaktion per E-Mail angeschrieben. Darin enthalten gewesen seien Drohungen, Belehrungen und Unterlassungsbegehren.

Weiterlesen

Ein OB-Kandidat bleibt außen vor

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung startet eine Umfrage. Dabei geht es um Wünsche und Erwartungen der Bürger an den neuen Oberbürgermeister der Stadt, in der die Zeitung erscheint. Dessen Wahl steht unmittelbar bevor. Drei der OB-Kandidaten werden genannt, ein vierter nicht. Ein Vertreter der Partei, deren Kandidat nicht genannt worden ist, wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht darin eine unwahrhaftige Berichterstattung und teilt mit, dass der vierte Kandidat von der Redaktion auch in der übrigen Berichterstattung nicht erwähnt werde. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion selbstverständlich auch auf den vierten Kandidaten in diversen Berichterstattungen aufmerksam gemacht habe. Er legt entsprechende Veröffentlichungen vor. Das redaktionelle Konzept – so schreibt der Chefredakteur in seiner Stellungnahme weiter – sehe allerdings vor, dass nicht alle Kandidaten gleichrangig behandelt werden könnten. Man habe sich zur Leitlinie gemacht, besonders Bewerber in den Vordergrund zu stellen, die von einer Fraktion im Gemeinderat getragen würden. Dies treffe nur auf drei der vier Bewerber zu. Deshalb habe die Redaktion über den vierten Kandidaten nicht so ausführlich berichtet.

Weiterlesen

„Kleinkrieg“ gegen eine Lokalredaktion

Ein Lokalredakteur der Bezirksausgabe einer Regionalzeitung hat ein Schreiben der örtlichen Verkehrsbetriebe an eine städtische Werbegemeinschaft weitergegeben. Das missfällt dem Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, der sich deshalb mit einer Beschwerde an den Presserat wendet. Es geht um das Verhältnis von Werbegemeinschaft und Verkehrsbetrieben, wobei dieses offenbar von beidseitigem Misstrauen geprägt ist. So habe der Redakteur einen Vertreter der Werbegemeinschaft darauf hingewiesen, dass sich diese einmal Gedanken über die wahren Absichten der Verkehrsbetriebe machen solle. Es sei klar, dass der Redakteur das Schreiben vom Redaktions-Fax aus an die Werbegemeinschaft geschickt habe. Der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe und Beschwerdeführer in diesem Fall verweist darauf, dass das Schreiben Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalte und deshalb nicht an Dritte habe übermittelt werden dürfen. Bei den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen geht es um das Vorhaben eines Inverstors, auf einem Grundstück der Verkehrsbetriebe ein Projekt zu verwirklichen. Der Beschwerdeführer sieht in der Veröffentlichung der Zeitung einen Verstoß gegen den Redaktionsdatenschutz. Der Beschwerdeausschuss beschränkt die Prüfung auf die Frage, ob die Weitergabe des Schreibens ein Verstoß gegen die journalistische Sorgfalt im Hinblick auf den Informantenschutz (Ziffern 2 und 5 des Pressekodex) darstellt. Ein Verstoß gegen den Redaktionsdatenschutz wegen der im fraglichen Schreiben enthaltenen personenbezogenen Daten ist nicht gegeben, da diese auf der Internetseite der Verkehrsbetriebe veröffentlicht sind. Der Chefredakteur der Regionalzeitung überreicht die Stellungnahme des bearbeitenden Redakteurs. Die in dem Schreiben enthaltenen Berechnungszahlen seien in einer Stadtratssitzung öffentlich erörtert worden. Deshalb habe er bei der Weitergabe keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze gesehen. Der Chefredakteur ergänzt die Stellungnahme dahingehend, dass die Verkehrsbetriebe seit geraumer Zeit einen „Kleinkrieg“ gegen die Redaktion der Bezirksausgabe führten. Der Betrieb werfe der Redaktion „unbotmäßige Fragen“ vor. Die Chefredaktion werde regelmäßig mit anonymen Briefen und fingierten Leserbriefen konfrontiert, in denen versucht werde, den Redakteur persönlich zu diskreditieren. Diese Hintergrundinformationen seien möglicherweise für die vorliegende Beschwerde irrelevant. Sie gehörten jedoch zum Kontext des Falles.

Weiterlesen

Quellen nicht transparent gemacht

„Tage eines Kaffeehauses sind gezählt“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über Pläne eines Investors, ein Kaffeehaus abzureißen, um auf dem Gelände Häuser zu bauen. Sollte die Verwaltung den Plänen zustimmen, würde eines der ältesten Fachwerkhäuser der Stadt, dessen gastronomische Tradition bis ins Jahr 1766 zurückreicht, dem Erdboden gleichgemacht. Ein Leser der Zeitung hält die Veröffentlichung für falsch. Er sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Darstellung der Zeitung sei nicht korrekt recherchiert, sondern vielmehr aus dem Online-Auftritt des bisherigen Pächters der Immobilie abgeschrieben. Tatsächlich handele es sich nicht um ein Fachwerkhaus. Auch die Aussage zur gastronomischen Tradition entspreche nicht den Tatsachen. Hier hätte die Autorin korrekt recherchieren und prüfen müssen, ob die Aussagen des Pächters zuträfen oder nur Werbung seien. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet, der Artikel sei durch einen Bürgerhinweis in den sozialen Medien angestoßen worden. Die Autorin habe das Thema aufgegriffen und bei beiden Seiten recherchiert. Die Überprüfung von Aussagen dreier Quellen sei im Tagesgeschäft einer Lokalredaktion als ausreichende Befolgung der journalistischen Sorgfaltspflicht anzusehen. Zudem habe die Autorin zum Zeitpunkt der Recherche und der ersten Berichterstattung keine Möglichkeit gehabt, zu anderen Erkenntnissen als den veröffentlichten zu kommen. Die Stadt als Bau- und Denkmalbehörde sei nicht in der Lage gewesen, entsprechende Anfragen qualifiziert zu beantworten. Die Redaktion habe ihre Erkenntnisse mit großer Sorgfalt ständig auf dem aktuell erreichbaren Stand gehalten und ihre Leser entsprechend unterrichtet.

Weiterlesen

Redaktion versäumt Richtigstellung

Die Online-Ausgabe einer Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Immer auf der Seite der Patienten“ über die Patientensprecherin an einem Krankenhaus. Als Beispiel für deren Arbeit wird ein Mann angeführt. Dessen Mutter sei wegen einer Hüft-OP in diese Klinik gekommen und an einer Sepsis verstorben – nichts, was dem Krankenhaus anzulasten wäre. Entrüstet sei der Sohn noch heute darüber, was gefolgt sei. Die Zeitung berichtet darüber, was er erzählt habe: „Die Krankenschwester hat der toten Frau das Gebiss aus dem Mund genommen und weggeworfen.“ Das habe ihn traumatisiert. Der Sohn der toten Frau ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Die Autorin des Beitrages habe ihm versprochen, den Artikel mit ihm abzustimmen. Das sei nicht geschehen. Seine Zitate seien falsch wiedergegeben worden. Nicht die Zähne der toten Patientin seien weggeworfen worden. Vielmehr sei dies mit dem Gebiss der noch lebenden Mutter geschehen. Nicht davon sei er traumatisiert, sondern von der Anzeige der Krankenhausleitung, die ihn habe einschüchtern sollen. Die Schilderung all dieser Fakten in einer E-Mail sei von der Redaktion trotz Zusagen und nach Erinnerungen nicht korrigierend berücksichtigt worden. Der stellvertretende Ressortleiter teilt mit, nach Gesprächen mit der Autorin und dem verantwortlichen Redakteur sei er zu dieser Erkenntnis gekommen: Die gewünschten Änderungen – aus seiner Sicht nachvollziehbar und berechtigt – seien offenbar längst vorgenommen worden. Nach Auskunft der Gesprächspartner sei dies bereits kurz nach Bekanntwerden der Änderungswünsche geschehen.

Weiterlesen

Abiturient sieht durch Zeitung Chancen in Gefahr

Die Abschlussveranstaltung einer Abiturklasse ist Thema im Online-Auftritt einer Regionalzeitung. Sämtliche Namen werden genannt. Die Redaktion berichtet über die Reden, die von zwei der Absolventen gehalten worden sind. Diese hätten davon berichtet, dass ihr Jahrgang berühmt-berüchtigt für seine Partys gewesen sei. Seine Mathe-Noten seien jedoch unterdurchschnittlich gewesen. Einer der genannten Abiturienten wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht Verstöße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 9 (Schutz der Ehre) des Pressekodex. Die Zeitung nenne seinen Namen gegen seinen Willen. Durch diesen Artikel seien Abiturabschlussort, Abiturzeitpunkt und somit auch das Alter für jedermann ersichtlich. Die Zeitung gebe die von zwei Mitschülern gehaltenen Reden wieder, in denen der Jahrgang gekennzeichnet worden sei durch seine „berühmt-berüchtigten“ Partys und seine schlechten Mathe-Noten. Der junge Beschwerdeführer sieht für sich die Gefahr, bei künftigen Bewerbungsgesprächen mit negativen Vorzeichen anzutreten. Es sei üblich, dass Firmen Informationen über ihre Bewerber aus dem Internet bezögen. Google und die Zeitung hätten darauf verwiesen, dass „das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu diesem Material gerechtfertigt ist.“ Er selbst aber sehe keinen Grund, dass seine personenbezogenen Daten gegen seinen Willen veröffentlicht würden, zumal er keine Person des öffentlichen Lebens sei. Die Schule habe nicht die schriftliche Einwilligung der Betroffenen zur Veröffentlichung ihrer Daten eingeholt. Das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz habe deshalb die Weitergabe der Daten beanstandet. Der Beschwerdeausschuss beschränkt die Prüfung des Falles auf die Frage, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Löschung seines Namens in dem beanstandeten Artikel hat, weil die Datenweitergabe an die Redaktion ohne das Einverständnis der Betroffenen erfolgt sei. Der Chefredakteur Online der Zeitung ist der Ansicht, die Presse müsse sich darauf verlassen können, dass die Weitergabe von Daten durch öffentliche Stellen in Ordnung sei. Kein Verstoß gegen presseethische Grundsätze ist dagegen in der Wiedergabe der Abitur-Reden zu sehen. Der Chefredakteur Online der Zeitung ist der Ansicht, die Presse müsse sich darauf verlassen können, dass die Weitergabe von Daten durch öffentliche Stellen in Ordnung sei. Darauf weise auch das Landeszentrum für Datenschutz hin, das der Schule eine Änderung ihrer bisherigen Praxis empfehle. Der Chefredakteur empfiehlt dem Beschwerdeausschuss, bei der Prüfung des Falles zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer eine Sanktion durch den Presserat erreichen wolle, weil er mit der aus seiner Sicht negativen Berichterstattung nicht einverstanden sei.

Weiterlesen

„Verzweifelte Tränen“ um Becker-Bekannte

Eine Lifestyle-Zeitschrift titelt: „Boris Becker – Leberkrebs! Verzweifelte Tränen um seine Freundin“. Die Dachzeile lautet: „Nach dem Familien-Drama der nächste Schock!“ Der Text ist mit einem Foto von Becker und seiner Frau Lilly illustriert. Im Innenteil berichtet das Blatt unter der Überschrift „Oh nein! Das Leben ist so schrecklich zerbrechlich!“ Erst geht es um den Suizid eines Schwagers von Becker. Dann der nächste Schicksalsschlag. Eine gute Freundin und Nachbarin im Londoner Wohnort Wimbledon der Beckers – so berichtet die Zeitschrift – sei gestorben. Boris weine verzweifelte Tränen. Seine Frau Lilly sei bei ihm. Ein Leser der Zeitschrift moniert, auf der Titelseite werde der Eindruck erweckt, es handele sich um seine Ehefrau Lilly, die an Leberkrebs erkrankt sei. In Wirklichkeit gehe es aber um eine Tennisspielerin, die die Redaktion zu Beckers Freundeskreis zähle. Die bewusste Täuschung solle offensichtlich zum Kauf des Heftes anregen. Für die „verzweifelten Tränen“ auf der Titelseite gebe es keinerlei Beweise. Der Chefredakteur der Zeitschrift berichtet von einem Facebook-Eintrag Boris Beckers zum Tod der jungen Tennisspielerin. Darin hatte dieser geschrieben: „Sie war ein helles Licht. Ich glaube, Gott hat nach einem Engel gesucht!“ Der Chefredakteur leitet daraus eine besondere emotionale Verbundenheit der beiden ab. Nicht einmal die vermeintlich Betroffenen selbst – also Lilly oder Boris Becker – seien der Auffassung gewesen, dass ein falsches Bild entstanden sei. Die Redaktion wisse das, weil es zu der Titelgestaltung schon eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen Boris Becker und dem Verlag gegeben habe. Becker hatte sich gegen die Bezeichnung der Tennisspielerin Elena Baltacha als einer „Freundin“ von ihm gewehrt. Letztlich habe sich der Verlag mit Becker geeinigt. Es bestehe deshalb kein Anlass, die Titelgestaltung erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zu machen.

Weiterlesen