Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet über eine Straftat am Verlagsort. Ein Auto wurde mit Hilfe einer Eisenstange aufgebrochen. Der inzwischen festgenommene Mann wird als Asylbewerber aus Algerien bezeichnet. Eine Leserin der Zeitung kritisiert dies und sieht einen Verstoß gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Es gebe keinen begründbaren Sachbezug, den Mann mit seiner Ethnie und seinem Aufenthaltsstatus zu nennen. Dem widerspricht der Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung. Er sieht sehr wohl einen begründbaren Sachbezug. Die Nennung sei wichtig, da damit die Ausstellung eines Haftbefehls zu erklären ist. Wenige Tage vor seiner Verhaftung sei der Mann schon einmal wegen des gleichen Delikts festgenommen worden. Der Chefredakteur weist auf die Häufung von Delikten in der Stadt hin. Seit eine Landeserstaufnahmestelle (LEA) eingerichtet worden sei, hätte es 550 zusätzliche polizeirelevante Vorfälle gegeben. Im Wesentlichen gehe es dabei um Diebstähle und Kfz-Aufbrüche durch nordafrikanische Tätergruppen. So sei auch der vorliegende Fall gelagert. Die Sicherheitsbehörden hätten eine Strategie der Offenheit und der Transparenz entwickelt. In ihren offiziellen Mitteilungen würden die Herkunft und der Status der mutmaßlichen Täter genannt. Die innere Sicherheit werde in der Stadt massiv diskutiert. In einem Interview habe ein Vertreter der Staatsanwaltschaft ausdrücklich auf die problematische Gruppe von nordafrikanischen Tätern hingewiesen. Wegen der ungesicherten Aufenthaltsorte komme es immer häufiger zu Festnahmen. Die Zeitung könne nicht auf die Nennung der Hintergründe verzichten, ohne bei den Lesern massiv an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die Redaktion bemühe sich, dem Vorwurf der bewussten Nachrichtenunterdrückung entgegenzuwirken. Die Nennung des Täterhintergrundes sei nicht als Diskriminierung zu werten, sondern als notwendiger Beitrag zur Meinungsbildung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage.
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„Polizist tötet seine Frau und sich selbst“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über ein Beziehungsdelikt. Nach ersten Erkenntnisse von Polizei und Staatsanwaltschaft habe der Mann, ein Polizeibeamter, zuerst seine Frau und dann sich selbst mit seiner Dienstwaffe erschossen. Kollegen des Mannes hätten nach einem Hinweis auf das Geschehen das Paar in seiner Wohnung in einem Reihenhaus gefunden. Den beiden Töchtern des Ehepaares, die ebenfalls im Haus gewesen seien, sei nichts passiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind Hintergründe der Tat wahrscheinlich Beziehungsstreitigkeiten. Offenbar seien die beiden kurz vor ihrer Trennung gestanden, nachdem sie sich früher schon einmal getrennt hätten. Der Mann soll seine Frau verfolgt und überwacht haben, hätten Bekannte der Familie der Zeitung berichtet. Sie hätten von Stalking gesprochen. Die Zeitung nennt die Vornamen und den abgekürzten Nachnamen sowie das Alter und den Wohnort der Ehepartner. Außerdem gibt sie das Alter der beiden Töchter an. Fotos zeigen die Beteiligten. Schließlich teilt die Zeitung mit, dass die Frau ein Modegeschäft betrieben habe. Zwei Leser der Zeitung sehen Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Täter und Opfer seien zweifelsfrei zu identifizieren. Sie äußern die Vermutung, dass das Sensationsinteresse das Informationsinteresse sowie den Opferschutz überwogen habe. Wegen der Tragweite der Tragödie und auch des Schutzes der überlebenden Töchter hätte die Zeitung auf die Veröffentlichung der Fotos verzichten müssen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Berichterstattung sei das Ergebnis einer gewissenhaften Abwägung in der Redaktion zwischen Informationspflicht und Persönlichkeitsrechten gewesen. Die getötete Ehefrau sei oft bewusst als Model und Designerin in die Öffentlichkeit getreten. Sie sei eine in der Stadt bekannte und beliebte Person des öffentlichen Lebens gewesen. Überdies habe sie sich in zahlreichen Veranstaltungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt. Aus den Verkaufserlösen ihrer Modeartikel habe sie Geld für Kinderbetreuungseinrichtungen gespendet. Die örtliche Presse und das lokale Fernsehen hätten immer wieder über die Aktivitäten der Frau berichtet. Die Familie und das direkte Umfeld der Frau hätten sich über die Art der Berichterstattung nicht beschwert. Im Gegenteil hätten sie Todesanzeigen mit vollem Namen und Porträtbild veröffentlicht. Die riesige Resonanz bei der Trauerfeier habe gezeigt, wie populär die Verstorbene gewesen sei und welch großen Anteil die Bevölkerung an dieser Familientragödie genommen habe.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Schwangere Anastasia erschlagen und in die Donau geworfen“. Der 24-jährige Freund der Getöteten sei verhaftet worden. Zu dem Todesfall äußert sich laut Angaben der Zeitung der Bruder des Opfers. Zum Bericht gestellt sind mehrere Fotos. Eines davon zeigt die Getötete, wie sie ihren Bauch befühlt. Weitere Bilder zeigen die Bergung der Leiche und den Trauerzug bei der Beerdigung. Die Mutter des Opfers ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Sie berichtet, kurz nach dem Tod der Tochter sei ein Reporter mit einem Blumenstrauß vor ihrer Tür gestanden und habe um ein Interview gebeten. Sie habe abgelehnt und betont, dass sie keinen Bericht in der Zeitung sehen wolle. Nun stelle sie fest, dass das Blatt über den gewaltsamen Tod ihrer Tochter mit Bildern berichte, die sie gar nicht kenne. Auf einem Foto sei ihr Sohn – der Bruder der getöteten Frau – zu sehen. Ein Urnenträger habe – wie auf einem Foto zu sehen – dem Fotografen mit dem Zeigefinger gedroht, als er den fotografierenden Journalisten bemerkt habe. Die Mutter sieht in alldem einen Fall von Persönlichkeitsverletzung. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist darauf, dass der Redaktion nicht bekannt gewesen sei, dass die Mutter der getöteten Frau gegen die Veröffentlichung der Fotos Einwände gehabt habe. Ein Redakteur der Zeitung habe mit dem Bruder der Getöteten im Haus der Mutter und in deren Anwesenheit gesprochen. Das Gespräch habe nach einem Treffen der Beteiligten mit zwei Reportern der örtlichen Zeitung stattgefunden. Die Fotos habe die Redaktion dem Internet entnommen. Dort sei kein Hinweis zu erkennen gewesen, dass der Zugriff auf die Fotos durch Dritte limitiert oder untersagt gewesen sei. Insofern habe die Redaktion von einem Einverständnis zur Veröffentlichung ausgehen können. Nach Darstellung der Zeitung trifft es nicht zu, dass einer der Urnenträger dem Fotografen mit dem Finger gedroht habe.
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In einer Frauenzeitschrift erscheint ein Interview mit einem Volksmusiker, der dem Blatt gegenüber bekundet, er habe für Liebeskummer keine Zeit. Der Entertainer berichtet, dass er für die „Molkerei Müller“ werbe. Die Redaktion fragt nach, ob er die Buttermilch meine, für die er jetzt werbe. Darauf der Musiker: Ich bevorzuge die mit den roten Früchten. Eine Leserin der Zeitschrift kritisiert die Nennung des Werbepartners des Volksmusikers, sowie die Nachfrage der Redaktion, die es dem Interview-Partner erst ermögliche, weiter ins Detail zu gehen. Die Rechtsvertretung der Frauenzeitschrift meint, es sei von öffentlichem Interesse, für welche Unternehmen der Sänger werbe und aus welchen Motiven er dies tue. Darüber hinaus habe er seine Werbeaktivitäten selbst angesprochen. Die Redaktion habe lediglich klarstellend nachgehakt. Der Musiker erläutere seine Tätigkeit für die Molkerei im Zusammenhang mit seinem kometenhaften Aufstieg, der ihn auch für große Konzerne als Werbepartner interessant mache. Die Entwicklung sei insoweit Bestandteil seiner Karriere. Auch die Tatsache, dass er viel Eiweiß in Form von Buttermilch zu sich nehme, sei für seine Fans bzw. die Leser von Interesse.
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„Großfamilie auf Diebestour“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über den Prozess gegen zwei Mitglieder einer polnischen Bande. Diese wird in der Dachzeile des Beitrages als „polnischer Sinti- und Rom-Clan“ bezeichnet. Dieser bestehe aus etwa 80 Personen. Gegen die Hälfte von ihnen werde immer wieder ermittelt. Der Vorwurf: Sie hätten über Mittelsmänner Autos angemietet und dann nach Polen verschoben. Die Mittelsmänner – so die Zeitung – seien dann selbst spurlos nach Polen entschwunden. Zusätzlich gehe es in dem Prozess um Diebstahl und Betrügereien. Zwei Leser wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie sehen Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Berichterstattung über Straftaten) verletzt. Es sei überflüssig, die Zugehörigkeit der Beschuldigten zur Minderheit der Sinti und Roma in den Vordergrund zu stellen. Die Bezeichnung „Sippe“ im Text sei ebenfalls dazu geeignet, Vorurteile zu schüren. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe berichtet, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Redaktion werde der Inhalt der Richtlinie 12.1 des Kodex kontrovers diskutiert. Nach Ansicht der Redaktion lasse sich ein begründbarer Sachbezug nicht pauschal definieren, sondern müsse im Einzelfall beurteilt und entschieden werden. Die Redaktion habe es in letzter Zeit oft mit Grenzfällen zu tun gehabt. Diese häuften sich, da die Behörden inzwischen dazu übergegangen seien, die ethnische und nationale Herkunft von mutmaßlichen Tätern pauschal zu nennen. Sie wollten sich nicht dem Vorwurf aussetzen, etwas zu verschweigen. Dennoch stehe die Redaktion nach wie vor in der Pflicht, im Einzelfall zu prüfen, ob sie die Information der Behörden an die Leser weiterreiche oder nicht. Im vorliegenden Fall bekräftigt der Chefredakteur, dass die Redaktion richtig entschieden habe. Ohne Kenntnis des kulturellen Hintergrundes sei es für die Leser nahezu unmöglich, die beschriebenen Ermittlungsschwierigkeiten zu verstehen und einzuordnen.
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Eine Internetzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Merkwürdige Meldungslage“. Es geht vor dem Hintergrund der Kölner Silvester-Ereignisse um die „´Meldungslage´ zu kriminellen Handlungen von Ausländern, insbesondere Flüchtlingen“. Die Zeitung stellt die Frage, ob die Nennung bzw. Nichtnennung von Nationalitäten in diesem Zusammenhang politisch motiviert ist. Die Redaktion wisse aus zuverlässiger Quelle, dass insbesondere die Meldungslage zu arabischen, minderjährigen Straftätern beeinflusst worden sei. Was das Thema Kriminalität und Flüchtlinge angehe, so die Zeitung, habe sie sich auch mit Gerüchten auseinandergesetzt, die sie als falsch habe entlarven können. Besonders bei schwerer Kriminalität sei die Polizei kurz angebunden. Von der Staatsanwaltschaft sei kaum etwas zu erfahren. Aus bruchstückhaften Informationen in der Langzeitbeobachtung sei jedoch einiges abzuleiten. Verschiedene Flüchtlingsunterkünfte seien zentraler Umschlagplatz für Drogen und Hehlerware. Gambier seien besonders aktiv beim Verkauf von Drogen. Ein Leser der Internetzeitung kritisiert die Nennung von Ethnien im Zusammenhang mit Straftaten ohne einen begründeten Sachbezug. Er sieht eine Verletzung der Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierungen/Berichterstattung über Straftaten). Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Berichterstattung stütze sich auf Pressemitteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Er verweist auf einen Beitrag, mit dem seine Zeitung über die Beschwerde berichtet hat. Darin werde mehrfach festgestellt, dass man aus der Nennung der ethnischen Zugehörigkeit von Kriminellen nicht auf die gesamte Ethnie schließen dürfe. Es werde aber ebenso darauf hingewiesen, dass gewisse Herkunftsländer oder ethnische Zugehörigkeiten in speziellen Deliktbereichen auffällig seien. Der Chefredakteur teilt nicht die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach Ethnien im Zusammenhang mit Straftaten erwähnt würden, ohne dass ein begründbarer Sachbezug bestehe. Immerhin habe die Polizei in mehreren Flüchtlingsunterkünften eine Großrazzia gegenüber 140 Personen aus Gambia durchgeführt und dabei 20 Haftbefehle vollstreckt.
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Eine Regionalzeitung berichtet online, dass ein Fitness-Studio sein Trainingssystem auf Grund des Wunsches vieler Mitglieder umgestellt habe. Die Inhaberin bekommt die Gelegenheit, das neue Programm ausführlich und ausschließlich positiv darzustellen. Das hält ein Leser der Zeitung für presseethisch bedenklich, weil nach seiner Meinung die Zeitung gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex verstoßen hat. Der Beschwerdeführer spricht von einer ausschließlich positiven Darstellung durch die Redaktion ohne jegliche kritische Anmerkung. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Eine lesernahe Berichterstattung bedeute auch, über die örtliche Entwicklung unterschiedlicher Branchen und auch einzelner Unternehmen zu informieren. Deshalb habe sich die Redaktion auch in diesem Fall dazu entschlossen, über den Wechsel des Trainingsprogramms in einem Fitness-Studio zu berichten. Die beanstandete Schilderung sei einseitig zugunsten des Studios erfolgt, weil ausschließlich positive Aspekte herausgestellt worden seien. Das sei nicht beabsichtigt gewesen und hätte so nicht veröffentlicht werden dürfen. Aus dem Internet sei der Beitrag unverzüglich entfernt worden. Der Chefredakteur spricht von einem „Ausreißer“ und bittet den Presserat, diesen Umstand bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
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Unter den Überschriften „Frau zu Hause vergewaltigt“ und „Sexualdelikt in (..)“ berichtet eine Regionalzeitung gedruckt und online über eine Straftat. Eine Frau habe einen Bekannten, Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft, zu sich nach Hause eingeladen. Der Mann habe sich – so berichtet die Zeitung - bei dieser Gelegenheit an der Frau vergangen. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung eine Vorverurteilung. Außerdem kritisiert er den Hinweis auf den Flüchtlingsstatus des Verdächtigen. Dieser habe mit der Tat nichts zu tun. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Meldung aufgrund des frühen Ermittlungsstadiums zurückhaltend formuliert worden sei. Sie lasse die Unschuldsvermutung nicht außer Acht. Auch habe die Redaktion nicht die nationale und ethnische Herkunft des Tatverdächtigen genannt, sondern sich auf die Angabe beschränkt, dass der Tatverdächtige Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft sei. Der Autor des Beitrages habe diesen Hinweis für erforderlich gehalten, weil damit das Beziehungsgeflecht zwischen dem Opfer und dem mutmaßlichen Täter beschrieben werde.
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„Amtsgericht muss sich mit Kleiderstreit beschäftigen“ titelt eine Regionalzeitung. Die Unterzeile lautet: „Bürgermeisterin stellt Anzeige wegen Unterschlagung/Freispruch auf Steuerzahlerkosten“. Drei alte Kleider seien der Grund gewesen, warum die Bürgermeisterin einer Kleinstadt vor Gericht gezogen sei. Sie habe ihre ehemalige Freundin und Ex-Stadträtin wegen Unterschlagung angezeigt. Im Prozess geht es um drei Kleidungsstücke, die die Bürgermeisterin der Ex-Stadträtin vor einigen Jahren überlassen habe. Diese sagt vor Gericht, dass sie die Kleider gar nicht gewollt und sie deshalb entsorgt habe. Nachdem die Freundschaft der beiden Frauen – so die Zeitung – zerbrochen sei, habe die Bürgermeisterin die Sachen wieder zurück haben wollen. Dann habe sie Anzeige wegen Unterschlagung erstattet. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Bürgermeisterin. Nach deren Meinung verstößt der Artikel massiv gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Entgegen aller journalistischen Gepflogenheit werde im Gerichtsbericht mit Klarnamen über eine Verhandlung berichtet, zu der sie als Zeugin bzw. Nebenklägerin geladen gewesen sei. Sie sei zwar als Bürgermeisterin in gewisser Weise eine Person des öffentlichen Lebens, doch sei dieser Gerichtstermin eindeutig ihrer Privatsphäre zuzuordnen. Hinzukomme, dass der Anlass für den Prozess vor ihrer Wahl zur Bürgermeisterin gewesen sei. Die Angeklagte sei lediglich vier Jahre lang Stadträtin gewesen und sei heute eine Privatperson. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Ansicht, dass für Politiker in einem herausgehobenen Amt andere Regeln als für Privatpersonen gelten. Die Redaktion habe sorgfältig abgewogen, ob es angemessen sei, den Namen der amtierenden Bürgermeisterin zu nennen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass zumindest im lokalen und regionalen Umfeld von öffentlichem Interesse sei, wenn die Bürgermeisterin einer Stadt einen völlig bedeutungslosen Streit unter ehemaligen Freundinnen vor Gericht austrage und die Justiz für private Scharmützel instrumentalisiere. Die Glaubwürdigkeit der Zeitung hätte wohl sogar Schaden genommen, wenn man den unwürdigen Auftritt der Bürgermeisterin vor Gericht nicht öffentlich gemacht hätte. Der Chefredakteur kann den Vorwurf der Bürgermeisterin, die Lokalzeitung veranstalte eine Kampagne gegen sie, nicht nachvollziehen. Die Lokalredaktion gehe gerade im Fall der Beschwerdeführerin mit aller gebotenen Sorgfalt vor. Angesichts der zahlreichen (erfolglosen) Gegendarstellungsforderungen und regelmäßigen Drohungen mit dem Presserat sei die Redaktion noch mehr sensibilisiert, keine Angriffsflächen zu bieten.
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Eine Zeitschrift, deren Schwerpunkte im Bereich Wohnen und Mode liegen, veröffentlicht einen Artikel über Pflegeprodukte eines bestimmten und namentlich genannten Herstellers. Sie werden in Wort und Bild und mit Preisen vorgestellt und als „Kultprodukte“ bezeichnet. In der gleichen Ausgabe erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „Mega Citys, Mini-Budget“, der sich mit Kurzurlauben in europäischen Großstädten befasst. Bei jeder Stadt findet sich ein Hinweis auf eine namentlich genannte Hotel-Kette. Die Besitzer der Unterkünfte werden vorgestellt. Hotelmanagern werden drei Fragen gestellt. Diese und die jeweiligen Antworten werden von der Redaktion wiedergegeben. Eine Leserin der Zeitschrift sieht in beiden Veröffentlichungen Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Es könne sich auch jeweils um nicht gekennzeichnete Werbung handeln. Die Rechtsabteilung des Verlages bezeichnet die kritisierten Beiträge als redaktionelle Berichterstattung. Geld sei dafür nicht geflossen. Die Pflegeprodukte eines bestimmten Herstellers seien vorgestellt worden, weil deren Wirkstoffe aufeinander abgestellt seien. Die Rechtsvertretung verweist auf andere Beiträge im gleichen Heft, in denen mehrere Hersteller berücksichtigt worden seien. Im Fall der Hotel-Vorstellung verweist die Zeitschrift auf eine Kooperation des Verlages mit der Hotel-Kette. Sie ist der Ansicht, dass diese Kooperation durch die Art der Präsentation (Einleger in anderer Aufmachung als sonstige Beiträge) eindeutig sei.
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