Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine lokale Boulevardzeitung berichtet über eine Razzia im Umfeld der Terror-Gruppe „Vereinte Patrioten“. Beigestellt ist ein Portraitfoto mit der Bildunterschrift „Nach Ermittlungen zu ‚Vereinten Patrioten‘ fassten Ermittler ‚Reichsbürger‘ um Heinrich XIII. Prinz Reuß (71)“. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass der mutmaßliche Terrorist Prinz Reuß keine Verbindung zu den „Vereinten Patrioten“ habe. Die Gruppe um Reuß sowie die „Vereinten Patrioten“ seien zwei unabhängig voneinander operierende „Reichsbürger“-Terrorzellen in völlig unterschiedlichen Ermittlungsverfahren. Der Bericht erwecke beim durchschnittlich verständigen Leser den Eindruck, Reuß solle der Kopf der genannten Terrorzelle sein. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Vier Tage nach dem Hamas-Überfall auf Israel vom 7. Oktober 2023 schildert eine Boulevardzeitung grausame Details des Massakers. Als Aufmacher auf der Titelseite erscheint dazu die große Schlagzeile „Sie schnitten Babys die Köpfe ab!" Der Presserat erhält hierzu vier Beschwerden wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Pressekodex-Ziffern 4 („Grenzen der Recherche“) und 11 („Sensationsberichterstattung, Jugendschutz“). In der Vorprüfung beschränkt der Presserat das Verfahren auf Ziffer 11, da im Übrigen keine Verstöße ersichtlich waren. Zu diesem Punkt heißt es in den Beschwerden, dass die Überschrift gegen den Kinder- und Jugendschutz verstoße. Der Titel erschüttere das Vertrauen von Kindern in die Menschlichkeit und Sicherheit so stark, dass sie in Angst, Verunsicherung, Schrecken und Verstörung versetzt würden. Eine Beschwerdeführerin habe selbst erlebt, wie schockiert Schulkinder auf die überdimensionale Schlagzeile reagiert hätten. Und da die Zeitung überall ausliege, könne man kaum verhindern, „diesen schrecklichen, widerlichen Satz zu lesen“. Zudem kritisieren die Beschwerdeführenden teilweise eine Sensationsberichterstattung. Die Arbeit mit derartigen Emotionen und Widerwärtigkeiten als Erheischen von Aufmerksamkeit sei (ungeachtet des Wahrheitsgehalts) jenseits ethischer Grundsätze, die in der Gesellschaft verankert und geachtet werden sollten. Die Chefredaktion erwidert, dass der Hamas-Terror vom 7. Oktober in seiner besonderen Brutalität auf das Tiefste verstörend sei und wohl alles bisher Erlebte und Gesehene an Abgründigkeit übertroffen habe.
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Eine Tageszeitung berichtet wiederholt über Ermittlungen gegen einen namentlich genannten AfD-Landtagsabgeordneten. Im ersten Artikel wird ein Gerücht aufgegriffen, wonach es bei ihm eine Hausdurchsuchung gegeben habe. Die Redaktion habe den Politiker dazu befragen wollen. Der aber habe das Telefonat nach ersten Auskünften abgebrochen und die Zeitung an seine Anwältin verwiesen. Später habe sein persönlicher Referent bei der Redaktion angerufen und betont, der Politiker sei krankgeschrieben und aktuell nicht in der Verfassung, Auskünfte zu geben. Er habe darum gebeten, aus Rücksicht darauf nichts zu publizieren. Nach der Schilderung dieser Telefonate berichtet die Zeitung darüber, was die Behörden zu dem Vorgang sagen. Demnach hatte die Polizei tatsächlich „auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage eine Hausdurchsuchung durchgeführt und Gegenstände beschlagnahmt“. Am Folgetag berichtet die Zeitung, dass sich der Abgeordnete laut Recherchen einer Boulevardzeitung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinde. Angeblich habe er Gäste in einer Shisha-Bar mit einer Softair-Pistole bedroht. Daraufhin sei die Polizei angerückt und habe den Abgeordneten in die Klinik eingeliefert, da er bereits bei anderer Gelegenheit „ausfällig geworden sein soll". Infolge der Einweisung solle die Polizei zu seinem Wohnhaus geschickt worden sein, um dort die Waffen des Jägers sicherzustellen. Beschwerdeführer ist ein Vertreter der AfD-Landtagsfraktion. Er sieht den Persönlichkeitsschutz und die Ehre des Politikers verletzt. Die Zeitung habe wiederholt über einen psychisch Kranken berichtet. Sie erwecke den Eindruck, als ob die „Taten" des Abgeordneten nicht ursächlich auf die Erkrankung zurückzuführen seien, und habe damit ein verheerendes Bild von Fraktion und Landespartei konstruiert. Der Chefredakteur weist die Vorwürfe zurück. Es handele sich nicht um eine unangemessene oder gar reißerische und ehrabschneidende Darstellung.
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