Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
„EM in den Niederlanden: Frauen sollen Fußball spielen, aber nicht im Fernsehen“. Im folgenden Text, der in der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung erscheint, beschreibt der Autor lang und breit seine Abneigung gegen den Frauenfußball. Textproben: „Live im TV kriege ich bei dem gebremsten Geeiere nämlich einen Krampf.“ „Es liegen vier bis fünf Ligen Leistungsabstand allein auf der Tempobremse, genauso sieht man vergleichbare Ballannahmen eher im unteren Amateurbereich. Taktisch fehlt da auch ein Semester. Wer will den sowas gucken?“. Ein Leser der Zeitung sieht durch den Artikel Frauen diskriminiert. Der Chefredakteur online geht davon aus, dass der Beschwerdeausschuss erkenne, dass es hier um einen glossierenden, aber nicht um einen diskriminierenden Text gehe.
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„Sie sollten erst einmal nachschlagen, was das ist, ein Diktator!“ – so überschreibt eine politische Wochenzeitung ein Interview mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der Interviewer wird unter anderem wie folgt wiedergegeben: „Die Bundesregierung geht davon aus, dass es eine Verschwörung von Teilen der Gülen-Bewegung gab, sie aber nicht zentral von der Gülen-Bewegung gesteuert wurde. Es war ein Putsch von Gülen-Mitgliedern, Kemalisten und Opportunisten. Daran waren nicht mehr als 8000 Soldaten beteiligt. Das ist der Erkenntnisstand der deutschen Dienste.“ Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Da ihm die von dem Interviewer behauptete Position der Bundesregierung unbekannt gewesen sei, habe er versucht, die Quelle für diese Information in Erfahrung zu bringen. Der Versuch sei gescheitert, so dass er bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehe, dass der Journalist seine Behauptung unter grober Verletzung des Gebotes der Sorgfalt, wahrscheinlich auch des Gebotes der Wahrhaftigkeit aufgestellt habe. Soweit ihm, dem Beschwerdeführer, bekannt sei, liege für die Öffentlichkeit als Information über den „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“ allenfalls ein Interview in einem Nachrichtenmagazin mit dem BND-Präsidenten Bruno Kahl vor. Die von Kahl bezogene Position entspreche in keiner Weise dem vom Interviewer behaupteten „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung trägt vor, entgegen der Kritik des Beschwerdeführers werde in dieser Frage in zulässiger Weise die Schlussfolgerung formuliert, wovon die Bundesregierung ausgehe und auf den „Erkenntnisstand der deutschen Dienste“ Bezug genommen. Bereits im März 2017 habe der BND-Präsident sich auch im Fernsehen eindeutig dahingehend geäußert, dass der BND und die anderen Nachrichtendienste nicht von einer Steuerung des Putsches durch Gülen ausgingen.
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Eine Großstadtzeitung berichtet online über den Ausstieg eines Mitgliedes der Zeugen Jehovas aus der Organisation. Als einen Grund für seinen Ausstieg gibt der Mann an, dass er und seine Frau Kenntnis von der in der Organisation gelebten Praxis bei Kindesmissbrauch erlangt haben. Danach müsse neben dem betroffenen Kind mindestens ein Zeuge den Missbrauch bestätigen. Ein Leser der Zeitung gibt an, die beschriebene Praxis sei 2016 aufgegeben worden. Die Zeitung berichte also falsch. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe sieht in der Berichterstattung keinen Fehler. Nach Recherchen der Zeitung gelte die Zwei-Zeugen-Regel bei den Zeugen Jehovas immer noch. Noch vor kurzem hätten die Zeugen Jehovas ein Video veröffentlicht, in dem die Zwei-Zeugen-Regel bestätigt worden sei.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht ein Video unter der Überschrift „Schock-Video aus den USA – Polizisten foltern 18-Jährigen mit Taser“. Ein Taser ist eine Elektroschock-Pistole. Das Video zeigt eineinhalb Minuten lang, wie Polizisten einen Menschen, der gefesselt und geknebelt vor ihnen sitzt, mit Tasern misshandeln. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass Überschrift, Standbild und Video pervers und menschenverachtend seien. Angekündigt und zu sehen sei eine brutale Folter. Die Chefredaktion nimmt zu der Beschwerde Stellung. Nach ihrer Ansicht ist nicht die Berichterstattung über Polizeifolter „pervers und menschenverachtend“, sondern die Polizeifolter selbst. Eben dieser Umstand habe die Redaktion veranlasst, über das Ereignis in der vorliegenden Form zu berichten. Die Zeitung sei in vorbildlicher Weise ihrer vom Grundgesetz vorgesehenen Funktion als „Watch Dog“ (Wachhund“) gerecht geworden und habe auf gravierende Missstände aufmerksam gemacht. Die Darstellung sei – so die Chefredaktion weiter – schmerzhaft, aber nicht unangemessen. Das Geschehen sei sowohl in seiner Ungeheuerlichkeit als auch, was die Konsequenzen angehe, treffend eingeordnet worden.
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Eine Fachzeitschrift berichtet über einen finnischen Landmaschinenhersteller. Auf den beigestellten Fotos sind mehrere Produkte der Firma zu sehen. Vor einer Maschine steht eine Frau mit weißem T-Shirt. Die Bildunterzeile lautet so: „Korrekt, in das TH95 gehören dicke Dinger.“ Eine Leserin der Zeitschrift sieht darin eine sexistische Darstellung und wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitschrift nimmt zu der Beschwerde Stellung, will sich aber zu dem Vorwurf nicht äußern. Er macht aber ein paar Anmerkungen dazu. Ob das Bild mit der finnischen Dame eine „eindeutig sexistische Darstellung sei“, könne eigentlich nur eine Person entscheiden: Und zwar die hübsche und gut gebaute Dame aus Finnland, die sich mit der Forstmaschine habe fotografieren lassen. Sie habe sich über die Veröffentlichung samt passender Bildunterschrift sehr gefreut. Deshalb gehe dieses Bild samt Unterschrift weder die Beschwerdeführerin noch den Presserat etwas an. Wer so etwas nicht möge – was immer seine Gründe sein mögen – müsse sich das Bild ja auch nicht anschauen.
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In einer überregionalen Tageszeitung erscheint gedruckt und online ein Interview mit Boris Palmer, dem Tübinger Oberbürgermeister. Die Überschrift lautet „Schweigen wäre falsch“. Es geht in dem Beitrag vor allem um Palmers Einstellung zu Asylsuchenden und Kriminellen. Der Interviewer stellt dem OB unter anderem diese Frage: „Tübingen ist nicht Neukölln, und Sie argumentieren gerne mit Zahlen. Alle Statistiken sagen, dass Deutschland immer sicherer wird, Gewaltkriminalität zurückgeht. Warum zählt bei Ihren besorgten Bürgern das Statistikargument plötzlich nicht?“ Zwei Leserinnen sind der Meinung, der Interviewer verbreite alternative Fakten und versuche, die Leserschaft gezielt zu manipulieren und zu desinformieren. Die beiden Beschwerdeführerinnen teilten mit, sie seien mit dem Versuch gescheitert, die Zeitung zu einer Richtigstellung zu bewegen. Die Redaktion habe auf entsprechende Bemühungen gar nicht erst reagiert. Es gehe ihnen vor allem um die oben zitierte Frage des Interviewers „…Tübingen ist nicht Neukölln...“. Die Frage sei irreführend. Das Gegenteil sei der Fall: Die Gewaltkriminalität steige an, wie die vom Bundesinnenminister im April 2017 präsentierte Kriminalstatistik zeige. In einem anderen Artikel der Zeitung, auf den die Redaktion verlinke, werde der Sachverhalt richtig dargestellt. Die Zahlen belegten, dass nicht nur die Gewaltkriminalität durch Asylbewerber zunehme, sondern auch die Gewaltkriminalität insgesamt. Die beiden Leserinnen der Zeitung merken abschließend an, dass die Zeitung seit langem versuche, Boris Palmer als AfD-nahen Grünen hinzustellen. Die Zeitung äußert sich zu der Beschwerde nicht.
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„Das ist der Prostituierten-Mörder von Nürnberg“ - unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Festnahme eines 21-jährigen Mannes, der im Verdacht steht, zwei Prostituierte ermordet zu haben. Dem Artikel beigestellt ist ein von Facebook stammendes Foto des Verdächtigen. Sein Gesicht ist mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht. Der Mann wird als Felix R. bezeichnet. Einen Tag später berichtet die Zeitung, dass der Tatverdächtige die beiden Morde gestanden habe. Die Redaktion veröffentlicht das Foto erneut, aber diesmal ohne Augenbalken. Ein anonymer Beschwerdeführer kritisiert ein unzulässiges Herunterladen des Fotos von Facebook und eine Urheberrechtsverletzung durch die Veröffentlichung. Außerdem werde der Persönlichkeitsschutz des Verdächtigen verletzt, da er identifizierbar sei. Es bestehe kein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das die identifizierende Darstellung rechtfertigen könnte. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Nach seiner Meinung ist die Berichterstattung über einen Mann, der mindestens zwei Frauen ermordet habe, nach wie vor in Untersuchungshaft sitze und – dies sei entscheidend – die Taten gestanden habe, nicht zu beanstanden.
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„340 Prozent Gewinn mit Profi-Geheimtipps: Börsenbriefe helfen bei der Geldanlage“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über einen namentlich genannten Börsendienst, der ausführlich vorgestellt und sehr positiv bewertet wird. Eine Finanzberatung des Magazins habe den jetzt redaktionell angepriesenen Dienst im Angebot. Im Beitrag stehen zwei Links zum Angebot eines zweiwöchigen kostenlosen Tests des Börsenbriefes. Am Ende der Veröffentlichung verweist das Magazin auf seine enge Verbindung zu dem Finanzdienstleister hin. Es berichtet zwei Wochen später erneut über das Thema. Der Beitrag ist mit „Partnerinhalt“ und „Special Börsenbriefe“ gekennzeichnet. Es wird erläutert, was Börsenbriefe sind und welchen Zweck sie erfüllen sollen. Dabei wird mehrmals mit voller Namensnennung auf den schon im ersten Beitrag angepriesenen Börsendienst hingewiesen. Dreifach verweisen erneut Links auf ein zweiwöchiges Testangebot. Ein dritter Beitrag eine Woche später verspricht per Überschrift „So verdoppeln Sie ihr Geld bis Silvester“. Erneut wird der verlagseigene Finanzdienst namentlich genannt und sehr positiv dargestellt. Er wird den Lesern empfohlen. Erneut verweisen Links auf ein Testangebot. Davon sind zwei mit dem Wort „Anzeige“ und einer mit einem Einkaufswagensymbol gekennzeichnet. Zwei Leser des Magazins sehen in den Beiträgen Werbung bzw. Schleichwerbung für den Finanzdienstleister. Die stellvertretende Chefredakteurin der Online-Ausgabe verweist auf eine Presseratsrüge, die gegen das Magazin zuvor wegen unzureichender Kennzeichnung gleichgelagerter Beiträge ausgesprochen worden sei. Die jetzt kritisierten Beiträge stammten noch aus der Zeit vor dieser Rüge. Sie würden heute nicht mehr in dieser Weise ins Netz gestellt, weshalb die Redaktion sie gelöscht und den Lesern den Hintergrund in einer Anmerkung dargestellt habe. Unabhängig davon hält die stellvertretende Chefredakteurin die Beschwerden für unbegründet. Die Kennzeichnung der Beiträge sei aus ihrer Sicht ausreichend.
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„Bio ist nicht besser“ titelt eine Regionalzeitung gedruckt und online. Es geht um den Mythos Bio und um die Frage, ob Bio wirklich gesünder und besser ist. Dies sei jedenfalls die einhellige Meinung vieler Verbraucher. Gleich am Anfang des Beitrages geht es um Bio-Weine. Der Autor schreibt: „Bio-Wein ist weder qualitativ besser noch gesünder.“ Er begründet seine Aussage mit den folgenden Argumenten: 1. Alle Weine seien schadstofffrei, da mögliche Rückstände von Pflanzenschutzmitteln bei der Gärung ausgeschieden würden. 2. Auch Ökowinzer kämen um Pestizide nicht herum. 3. Für die Qualität seien nur die Lage, der Rebschnitt und eine strenge Selektion entscheidend. Ein Winzer – in diesem Fall der Beschwerdeführer - verlangt eine Richtigstellung und führt dafür diese Argumente an: 1. Es sei nicht richtig, dass Schadstoffe bei der Gärung vollständig abgebaut würden. 2. Konventionell erzeugter Wein sei auch nicht vollständig schadstofffrei. Vielmehr sei es richtig, dass biologisch erzeugter Wein aus Winzerbetrieben in der Regel völlig schadstofffrei sei. Biologisch erzeugter Wein, der in Kellereien verarbeitet werde, sei in geringerem Maße mit Schadstoffen belastet als konventionell erzeugter Wein. Der Beschwerdeführer legt seiner Beschwerde Studien bei, die seine Argumente untermauern sollen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung und merkt an, bei dem kritisierten Artikel handele es sich um eine klar gekennzeichnete Kolumne, die als Meinungsartikel zu bewerten sei. Der Beschwerdeführer habe sich bislang nicht mit der Redaktion in Verbindung gesetzt. Dies sei ihm angeboten worden. In den kommenden Wochen werde sich die Redaktion vertiefend erneut mit dem Thema befassen. Die Zeitung sehe – so der Chefredakteur – allerdings keinen Fehler ihrerseits, der zu korrigieren wäre. Die Redaktion plane, vor allem auch noch einmal auf die Schadstoffproblematik inklusive des wissenschaftlich unstrittigen Abbaus von Rückständen beim Gärungsprozess und der sich daraus ergebenden Restmengen im Endprodukt einzugehen. Der Autor habe Önologie studiert und sei mit dem Thema bis ins Detail vertraut. Die strittige Formulierung, dass „so gut wie alle Weine schadstofffrei“ seien, sei eine journalistische Zuspitzung. Die Information selbst sei – so der Chefredakteur – nicht falsch: Der Abbau von Schadstoffresten durch Gärung sei unstrittig und führe dazu, dass zulässige Grenzwerte in so gut wie allen Fällen unterschritten würden. Eine Verunglimpfung im Hinblick auf eine bestimmte Produktionsweise in Winzerbetrieben liege nicht vor. Der Artikel komme explizit zu dem Schluss, dass es gute Bio-Weine gebe und gute konventionell erzeugte Weine.
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Eine lokale Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift „Auszeichnung: Syrer verhindert Sex-Übergriff auf Münchnerin.“ Sie beschreibt, wie der couragierte Syrer Sleman M. einer 24-jährigen Frau hilft und Schlimmeres verhindert. Wörtlich heißt es über den Angriff eines anderen Syrers auf die Frau: „Als sie ihm die Auskunft gegeben hatte, gab ihr der Mann wieder via Programm (Übersetzungsprogramm auf dem Handy; d. Red.) zu verstehen, dass sie hübsch sei, er bedrängte sie und drückte sie gegen ein Treppengeländer. Dann versuchte er, sie zu küssen und berührte sie am Oberkörper – insgesamt 20 Minuten bedrängte der Syrer die Frau. Sleman M. beobachtete all das und schritt ein.“ Ein Leser der Zeitung übt Kritik an der Darstellung. Darin werde der Eindruck erweckt, Sleman M. habe 20 Minuten lang gewartet, bis er eingeschritten sei. Das wäre kein vorbildliches Verhalten. Es würde den Artikel und die in der Überschrift vermerkte Auszeichnung ad absurdum führen. Der Beschwerdeführer berichtet, er habe mehrmals versucht, seine Kritik im Kommentarfeld des Artikels zu veröffentlichen. Das sei jedoch nicht gelungen. Seine Kritik sei nicht veröffentlicht worden. Auch eine Korrektur habe die Redaktion nicht für nötig gehalten. Der Leiter der Online-Redaktion räumt ein, dass die kritisierte Textstelle etwas unglücklich formuliert sei. Mit Blick auf den Gesamtkontext bestehe jedoch kein Zweifel, dass das Verhalten von Sleman M. vorbildlich gewesen sei.
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