Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Ein Bild verletzt Gefühle der Angehörigen

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über ein Unglück, bei dem ein sechsjähriges Mädchen beim Skifahren gegen eine Schneekanone geprallt ist und dabei getötet wurde. Zum Bericht gestellt ist ein Foto der Schneekanone, auf dem im Schnee davor deutliche Blutspuren zu sehen sind. Ein Leser der Zeitung sieht in der Fotoveröffentlichung eine unangemessen sensationelle Darstellung des Unglücksfalles (Ziffer 11. des Pressekodex) und eine zusätzliche Belastung für die Angehörigen des getöteten Kindes. Nach Auskunft des Chefredakteurs der Zeitung habe es der Redaktion ferngelegen, mit dem veröffentlichten Bild Gefühle von Angehörigen und Lesern zu verletzen. Die Bildauswahl sei ein Fehler gewesen, der nicht hätte passieren dürfen. Dafür habe sich die Redaktion öffentlich entschuldigt. Er selbst – der Chefredakteur – könne nochmals nur sein Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck bringen. Das Foto sei noch am gleichen Tag aus dem Online-Angebot der Zeitung entfernt worden.

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Umfassend über einen Beschuldigten informiert

Ein 23-jähriger tunesischer Student wird festgenommen, weil er im Verdacht steht, in einer Straßenbahn eine Frau ausgespäht, verfolgt und angegriffen zu haben. Die örtliche Zeitung berichtet online über den Vorfall. Dem Mann werden dem Bericht zufolge vier weitere Fälle zur Last gelegt, bei denen Frauen angegriffen wurden. Im Beitrag heißt es weiter, der Mann habe sich der Polizei gestellt. Er sei mit Hilfe der Aufnahmen einer Überwachungskamera öffentlich gesucht worden. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung die Herkunft des mutmaßlichen Täters genannt hat. Diese sei für das Verständnis des Sachverhalts unwesentlich. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Es sei gerechtfertigt gewesen, die Nationalität und den sozialen Status des Tatverdächtigen zu nennen. In der betreffenden Stadt hätten sich die Einwohner mehr als zwei Monate lang massive Sorgen nach mehreren nächtlichen Überfällen auf Frauen gemacht, die sich immer nach dem gleichen Muster abgespielt hätten. Offenbar habe es sich immer um den gleichen Täter gehandelt. Sämtliche Medien in Stadt und Region hätten über die Überfälle berichtet. Angesichts der Tatsache, dass ein Verschweigen der Herkunft des Verdächtigen durch die Zeitungen und andere Medien zu massiven Vorwürfen und Verdächtigungen in der Bevölkerung gegen Asylbewerber geführt hätten, sei die Nennung der Herkunft und sein Status als Student unabdingbar gewesen.

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Suizidversuch mit Fotostrecke dokumentiert

Ein Mann löst einen Großeinsatz der Polizei aus, nachdem er auf einen Hochspannungsmast geklettert war. Die Online-Ausgabe der örtlichen Zeitung berichtet über den Vorfall unter der Überschrift „Polizeieinsatz: Mann auf Hochspannungsleitung“ und stellt zu dem Textbeitrag eine fast dreißigseitige Fotostrecke. Diese zeigt den Mann, wie er auf dem Hochspannungsmast herumklettert und wie der Rettungseinsatz abläuft. Das Gesicht des Mannes ist verpixelt. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe kritisiert Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung berichte in unangemessener Weise über einen Suizidversuch. Der Beschwerdeführer kritisiert auch die Veröffentlichung der Bilderstrecke auf der Facebook-Seite der Zeitung. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf das große öffentliche Interesse, das der Großeinsatz der Polizei in der Region ausgelöst habe. Viele Anwohner, Passanten und Autofahrer hätten das Ereignis unmittelbar mitbekommen. Der Widerhall im Internet – nicht nur auf der Facebook-Seite der Zeitung – sei enorm gewesen. Die Redaktion habe die Fotostrecke erst veröffentlicht, als feststand, dass bei der Aktion niemand zu Schaden gekommen sei. Der Mast-Kletterer sei durch die Fotos nicht zu identifizieren, betont der Chefredakteur.

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Gefahren veganer Erziehung beschrieben

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über vegane Ernährung bei Kindern. Textpassage: „Das zweijährige Kind war zu klein für sein Alter, abgemagert, litt an Blutarmut, das Gehirn war geschrumpft. Einer 14-Jährigen fehlen lebenswichtige Nährstoffe. Ein 12-Jähriger war unterernährt. Die drei Kinder kennen sich nicht, doch sie haben etwas gemeinsam. Sie alle leiden unter den Folgen von veganer Ernährung, haben Mangelerscheinungen.“ Die Redaktion schreibt, hier gehe es um Kinder, die von ihren Eltern vegan ernährt worden seien, weil die geglaubt hätten, ihnen etwas besonders Gutes zu tun – ohne Not, ohne medizinischen Grund. Kinderärzte aus ganz Deutschland, mit denen die Zeitung gesprochen habe, berichteten von Fällen aus ihrer Praxis wie den obengenannten. Fünf Mediziner kommen zu Wort, die sich sehr kritisch zu veganer Ernährung bei Kindern äußern. Einer wird mit den Worten zitiert: „Die schlimmste Folge von veganer Ernährung für Kinder ist der Tod“. Ein anderer sagt: „Für mich ist vegane Ernährung eine bewusste Gefährdung des Kindeswohls.“ Ein Leser der Zeitung hält den gesamten Artikel für extrem einseitig. Er lasse nur eine Seite – die Meinung gegen vegane Kinderernährung – zu Wort kommen, obwohl es auch andere fachliche Meinungen gebe. Somit werde die Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt nicht eingehalten. Die Chefredaktion weist vor allem den Vorwurf, der Artikel sei „einseitig“ und gar „extrem einseitig“ scharf zurück. Die Autorin habe auf Basis einer fundierten Recherche und unter Einbeziehung verschiedener Ärzte und Experten einen gelungenen Beitrag über die Gefahren einer rein veganen Ernährung von Kindern geschrieben.

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Namen von Grundstücksinteressenten genannt

Die Redaktion einer Regionalzeitung berichtet aus einer Gemeinderatssitzung. In dieser sei es um Grundstücke, ihre Preise und mehrere Interessenten gegangen. Die Zeitung nennt die Namen derjenigen, denen die im Gemeinderat exakt bezeichneten Grundstücke angeboten werden sollen. Eine der namentlich genannten Grundstücksinteressentinnen kritisiert die Nennung ihres Namens. In dem Artikel würden persönliche Daten einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Für die Öffentlichkeit seien außerdem Daten wie die Flurstücknummern, Flurstückgrößen und Kaufpreise nicht von Interesse. Dies gelte umso mehr, als die Eigentumsübergänge noch lange nicht abgeschlossen seien. Die Leiterin der örtlichen Lokalredaktion antwortet auf die Beschwerde und legt eine schriftliche Stellungnahme der Autorin des Beitrags bei. Das Thema, um das es hier gehe, sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Es seien Namen und Summen genannt worden. Die Autorin beruft sich auf die in dem betreffenden Bundesland bestehende Gemeindeordnung. Darin ist festgehalten, dass die Beschlussfassung in öffentlicher Sitzung des Gemeinderates erfolgen musste. Somit – so die Redaktionsleiterin - liege das Problem nicht bei der Zeitung, sondern in der Gemeindeordnung des Bundeslandes.

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Redaktion hat Grafik-Fehler sofort korrigiert

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet unter der Überschrift „Gezielte Strategie der Vernichtung“ über Massenhinrichtungen in Syrien. In einer Grafik heißt es: „Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden zwischen 2011 und 2015 rund 13.000 Zivilisten ohne Verfahren im Militärgefängnis Saidnaja gehängt.“ Ein Leser der Zeitung hält diese Darstellung für unkorrekt. Laut Amnesty International seien in dem Militärgefängnis in den Jahren 2011 bis 2015 “zwischen 5.000 und 13.000 Menschen“ gehängt worden. Der Chefredakteur der Zeitung spricht in seiner Stellungnahme von einem offensichtlichen Fehler, der in der Grafik-Abteilung der Redaktion gemacht worden sei. Er spricht von einer unzulässigen Verkürzung, die – nachdem man sie bemerkt habe – von der Redaktion sofort korrigiert worden sei. Im Text zur Grafik sei der Sachverhalt richtig dargestellt worden, so dass Leserinnen und Leser den Fehler sofort hätten erkennen können. Der Chefredakteur entschuldigt sich für die unkorrekte Grafik.

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Kinderpornos auf einem PC im Bischofshaus

„Kinderpornos im Bischofshaus: Ermittlungen gegen Büroleiter“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung ihren Bericht über den Verdacht gegen den Büroleiter des Limburger Bischofs, auf seinem Dienst-PC Kinderpornos gespeichert zu haben. Es heißt, der Mann sei freigestellt worden. Sein Lebenslauf und seine Funktionen werden detailliert geschildert. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit dem Vorwurf an den Presserat, die Zeitung stelle den Betroffenen identifizierbar dar. Da zum Zeitpunkt der Berichterstattung lediglich ein Verdacht bestanden habe, hätte die Anonymität des Büroleiters gewahrt werden müssen. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass es sich bei dem Verdächtigen nicht um einen einfachen Mitarbeiter des Bistums handele, sondern um die rechte Hand des Bischofs. Der Mann sei im gesamten Bistum aktiv und somit weithin bekannt. Zudem sei die Verbindung von Kirche und Kinderpornographie besonders problematisch. Der Chefredakteur spricht von dem Betroffenen als einer Person der Zeitgeschichte. Das Informationsrecht der Öffentlichkeit sei in diesem Fall höher zu bewerten als das Persönlichkeitsrecht des Kirchenmitarbeiters. Nach seiner Auffassung, so der Chefredakteur, hätte man den Verdächtigen sogar namentlich nennen können oder zumindest mit abgekürztem Nachnamen. Der Redaktion seien die Vorwürfe schon seit längerer Zeit bekannt gewesen. Sie habe jedoch erst berichtet, nachdem sich der Verdacht erhärtet und man sowohl von ersten Ermittlungsergebnissen und der Freistellung des Mitarbeiters durch das Bistum erfahren habe.

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Zeitung bevorzugt eigene Verkaufsstelle

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter den redaktionellen Ankündigungen von Veranstaltungen sowie in ihrem Veranstaltungskalender häufig ausschließlich Hinweise mit Telefon-Nummer und Website auf die Kartenvorverkaufsstelle ihres Verlages. Ein Leser der Zeitung sieht in dem alleinigen Hinweis auf die verlagseigene Vorverkaufsstelle eine unzulässige Eigenwerbung. Der Beschwerdeführer führt an, dass es in der Stadt und in ihrer Umgebung auch andere Vorverkaufsstellen gebe, die das weitestgehend gleiche Angebot hätten. Der stellvertretende Chefredakteur teilt mit, dass man die Konzertkasse nenne, da es sich bei ihr um den Anbieter mit der größten Auswahl in der Region handele. Bei ihr seien Karten für kleinere Veranstaltungen wie auch für größere Ereignisse erhältlich, so dass jeder Leser schnell Hilfe bekomme. Bei kleineren Tickethändlern sei dies gerade mit Blick auf spezielle Nischenveranstaltungen oft schwieriger. Zum anderen sei die eigene Konzertkasse bundesweit ein großer Tickethändler. Sie sei der einzige regionale Anbieter, der mit anderen Anbietern mithalten könne. Es sei nicht Ziel der Zeitung, andere Händler auszublenden. Daher verweise man stets darauf, dass die Konzertkasse nicht alleiniger Anbieter sei. Zudem verfahre man anders, wenn andere Anbieter beispielsweise exklusive Angebote hätten. Auf diese werde dann hingewiesen. Abschließend weist der stellvertretende Chefredakteur darauf hin, dass die Nennung der Telefonnummer und der Internetadresse dem begründeten öffentlichen Interesse der Leser entspreche.

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Wirt gegen Gast: Ins Auge geschlagen

Ein Mann wird bei einem Streit in einer Gaststätte vom Wirt geschlagen. Er wird am Auge verletzt und büßt weitgehend seine Sehkraft ein. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Vorfall. Der Wirt, dessen Vorname, abgekürzter Nachname und Alter angegeben werden, habe dem Gast Hausverbot erteilt. Auf dem Weg aus der Kneipe habe der Wirt, so das Opfer der Tat, ihn an der Schulter zurückgezogen. Der Gast habe eine „Abwärtsbewegung“ gemacht und den Wirt im Gesicht erwischt. Daraufhin habe der Wirt mit der Faust zurückgeschlagen. Die Zeitung schreibt weiter, der Wirt habe den Gast am Auge getroffen. Dessen Brille sei zersplittert. Scherben hätten den Augapfel und die Linse zerschnitten. Der verletzte Gast gibt an, er habe ein Implantat und eine künstliche Linse erhalten. Er habe nur noch ein bis zwei Prozent Sehkraft. Der Wirt habe vor Gericht angegeben, dass sein Schlag ein Reflex gewesen sei. Der Beitrag enthält zwei Fotos. Eines zeigt den Wirt, der mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht ist, das andere die Kneipe, in der es zu der Schlägerei gekommen war. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Wirt werde vorverurteilt. Er, der Beschwerdeführer, sei an dem betreffenden Abend selbst vor Ort gewesen und habe als Zeuge ausgesagt. In dem Artikel werde ein Foto des Beklagten gezeigt, das seine Schuld suggeriere. Die Zeitung zeige auch ein Foto der Kneipe. Im Zusammenhang mit dem vorverurteilenden Artikel sei das rufschädigend. Der Kläger sei bereits vor dem Schlag so gut wie erblindet gewesen. Die Augenärztin, die im Prozess ausgesagt habe, habe von fünf Prozent Sehkraft vor dem Schlag und zwei bis fünf Prozent nach dem Schlag berichtet. Dass der Beklagte gemeinsam mit anderen Gästen das Personal der Gaststätte angepöbelt und Bier absichtlich auf den Tresen geschüttet habe, werde in der Berichterstattung nicht erwähnt. Der mehrfachen Aufforderung des Personals, die Bar zu verlassen, sei die Gruppe nicht nachgekommen. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt Stellung. Von einer Vorverurteilung könne keine Rede sein, da der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag den Schlag auf das Auge des Opfers zugegeben habe. Bei unstrittig zwei Prozent Sehvermögen könne ohne weiteres von „blind“ gesprochen werden. Die Zeitung habe ein Zitat des Opfers wiedergegeben, mit dem der berichtende Redakteur am Rande der Gerichtsverhandlung gesprochen habe. Insofern komme es auch nicht darauf an, ob das Opfer bereits vor dem Schlag erblindet gewesen sei. Das habe jedenfalls bei der Urteilsbegründung keine Rolle gespielt. Der Wirt sei wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von 20 Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei.

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Ein Mordopfer als „Verlierer des Tages“

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Die Lage“. Er enthält einen Abschnitt mit dem Titel „Verlierer des Tages“. Diese Bezeichnung gilt dem vermutlich ermordeten Kim Jong Nam, dem Bruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un. Ein Leser des Blattes hält es für menschenverachtend und unangemessen, ein Mordopfer als „Verlierer des Tages“ zu bezeichnen. Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins erläutert, dass es sich bei der Überschrift „Verlierer des Tages“ nicht um eine speziell auf den Verstorbenen gemünzte Bezeichnung, sondern vielmehr um die tägliche Rubrik eines Newsletters handele. Die Kategorie des „Verlierers“ bezeichne dabei einfach Personen, denen etwas Negatives oder – so in diesem Fall – Tragisches widerfahren sei. Die unter der Überschrift veröffentlichte Meldung über das tragische Schicksal Kim Jong Nams sei ihrerseits völlig nüchtern und informiere schlicht über den Mordanschlag und die Person des Ermordeten, ohne diesen der Lächerlichkeit preiszugeben. Nichts habe dem Autor ferner gelegen, als sich über das Mordopfer lustig zu machen. Allenfalls werde man es als Geschmacksfrage ansehen können, ob man eine solche Meldung unter Rubrik „Verlierer des Tages“ veröffentlicht.

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