Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Ein Magazin veröffentlicht online und gedruckt einen Artikel über die Hintergründe der tragischen Umstände des Falles Gerwald Claus-Brunner. Der hatte mutmaßlich einen Mord begangen und sich dann selbst umgebracht. Ausführlich schildert die Redaktion das Verhältnis von Täter und Opfer, sowie das in diesem Fall eine wesentliche Rolle spielende Stalking. Sowohl Brunner als auch sein späteres Opfer – Jan Mirko L. - werden ausführlich beschrieben. Eine Passage: „Feuerwehr und Polizei finden ihn nackt, in eine weiße Decke gehüllt, auf einer Matratze im Wohnzimmer von Gerwald Claus. Er wurde erwürgt. Der Piraten-Politiker liegt nebenan nackt in seinem Schlafzimmer auf dem Bett. Um das rechte Handgelenk ein nicht isoliertes Stromkabel. Er hat nach der Tat Selbstmord begangen.“ Der Autor des Beitrages nennt das Mordopfer mit dem abgekürzten Namen und zeigt ein gepixeltes Foto des Mannes. Dessen Wohnung – voll gestapelt mit gesammelten Brettspielen – wird ebenfalls im Bild gezeigt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert den Abdruck des Fotos des Ermordeten, das nur geringfügig verfremdet worden sei. Er sieht zudem in der Wiedergabe des Fotos der Wohnung einen Verstoß gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex (Schutz des Aufenthaltsortes). Der Beschwerdeführer hält auch die detaillierte Schilderung des Suizids von Claus-Brunner für presseethisch unzulässig. Ebenso kritisiert er die detailreiche Schilderung der Lebensumstände des Mordopfers. Die Rechtsabteilung des Verlages verwahrt sich gegen den Vorwurf, presseethische Grundsätze verletzt zu haben. Im Gegenteil diene der Artikel der Aufklärung über die nach Einschätzung der Autorin mangelhafte Ermittlungstätigkeit der Berliner Polizei in diesem Fall. Es sei Aufgabe der Presse, darüber zu berichten. Im Artikel werde die zentrale Frage gestellt, ob es sich bei dem Mord an Jan Mirko L. um eine „angekündigte Katastrophe“ gehandelt habe, bei der die Berliner Ermittlungsbehörden versagt hätten. Der Mordfall selbst werde nicht besonders detailreich und in keiner Weise sensationell dargestellt. Eine Ehrverletzung des Opfers sei an keiner Stelle ersichtlich. Das Opferfoto sei gepixelt worden.
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Eine Zeitschrift, die sich den Themen des Regenbogens verschrieben hat, berichtet unter der Überschrift „JOACHIM GAUCK - Jetzt reicht´s ihm - Skandal um seine Daniela“ über den zu diesem Zeitpunkt scheidenden Bundespräsidenten. Im Innenteil ,heißt es unter den Überschriften „Jetzt reißt ihm der Geduldsfaden“ und „Schon wieder Ärger mit Daniela“: „Erst findet Daniela Schadt ihren Platz an seiner Seite nicht, dann schaut sie gelangweilt und dann – kichert sie da etwa? Ihr Abgang: Ein seltsames Geschleiche. Kein Wunder, dass Gauck bei ihrem Benehmen am Ende der gemeinsamen Zeit nun der Geduldsfaden reißt.“ Zwar habe er – so die Zeitschrift – gelächelt, aber dann doch gesagt: „Ich freue mich auf den Ruhestand. Auf eine Zeit, wo ich mich erholen kann!“ Die Zeitschrift kündigt einige Wochen später auf dem Titel unter der Überschrift „Königin Letizia – Heimliche Tochter aufgetaucht“ eine Berichterstattung über das spanische Königshaus an. In dem angerissenen Beitrag ist davon die Rede, dass die als solche bezeichnete „Tochter“ vom Königshaus vor öffentlichem Rummel abgeschottet worden sei. Die Beschwerdeführerin in diesem Fall teilt mit, dass sie sich in beiden Fällen die Zeitschrift gekauft habe, um zu erfahren, was auf dem Titel jeweils angekündigt und im Innenteil berichtet wurde. In beiden Fällen sei der Inhalt des jeweiligen Berichts nicht von dem Titel-Anreißer gedeckt gewesen. Der Justiziar der Zeitschrift nimmt zu der Beschwerde ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Stellung. Er ist der Ansicht, dass in beiden Beiträgen der Grundsatz der Wahrheit und der Sorgfalt beachtet worden sei. In Überschriften und Artikeln werde nichts Unwahres behauptet. Die Überschriften auf den Titelseiten hätten den Zweck, das Interesse der Leser zu wecken. In den Artikeln selbst werde genau beschrieben, was geschehen sei.
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„Meine Freundin (31) wollte, dass ich sie töte!“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um die Gerichtsverhandlung gegen einen 22-jährigen Mann, der unter dem Verdacht steht, seine Freundin getötet zu haben. Die Vornamen und abgekürzten Nachnamen des Verdächtigen und des Opfers werden genannt und unverfremdete Fotos von ihnen abgedruckt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die identifizierbare Darstellung der Beteiligten. Er sieht darin kein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Chefredakteur verweist auf Stellungnahmen in anderen Beschwerdeverfahren. Er hält an dem Standpunkt fest, dass die Öffentlichkeit bei Kapitalverbrechen ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend informiert zu werden. Dazu gehöre auch eine personalisierende Berichterstattung. Im konkreten Fall sprächen nach Richtlinie 8.2 des Pressekodex sowohl die außergewöhnlich schwere Straftat, die Intensität des Tatverdachts, die Schwere des Vorwurfs sowie der Verfahrensstand dafür, dass das öffentliche Interesse die schutzwürdigen Belange des Betroffenen überwiege. Zur Veröffentlichung des Opfer-Fotos betont der Chefredakteur, dass die Frau im Rahmen einer öffentlichen Fahndung gesucht worden sei. Die Polizei habe den Medien deshalb das Foto zur Verfügung gestellt. Die Leser hätten das Opfer aus diesem Grund noch immer vor Augen. Deshalb habe eine nachträgliche Verfremdung des Fotos wenig Sinn gehabt.
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Eine Sportzeitschrift für junge Leute titelt „Pogbooms neue Waffe“. Im Bericht geht es um den französischen Fußballer Paul Pogba und einen genau bezeichneten Fußball-Schuh eines bestimmten Herstellers. Der Schuh steht im Mittelpunkt der Berichterstattung und wird sehr positiv dargestellt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass die Veröffentlichung eine nicht als solche gekennzeichnete Anzeige sei. Der Schuh werde mit mehreren Marketingbegriffen vorgestellt und angepriesen. Die zum Beitrag gestellten Fotos stammten – wie von der Zeitschrift selbst angegeben – von dem Schuh-Produzenten. Der Beschwerdeführer moniert auch die Autorenangabe, die nur aus einem Vornamen bestehe. Damit werde bei den jugendlichen Lesern der Eindruck erweckt, „einer von ihnen“ habe den Schuh getestet und für gut befunden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift beschränkt sich in ihrer Stellungnahme auf die Feststellung, dass die Fußballschuhe redaktionell getestet worden seien.
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Die kürzlich veröffentlichte Kriminalstatistik des österreichischen Innenministeriums ist Thema eines Berichts, den eine Wochenzeitung online unter der Überschrift „Österreich: Starker Anstieg von Sexualdelikten“ veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Er moniert mehrere falsche Angaben. So sei offenbar die Zahl der Gewaltdelikte in Österreich mit der Zahl der Gewaltdelikte im Bundesland Wien (205.219) verwechselt worden. Ebenso dürfte die Steigerung von 55,5 Prozent bei den sexuellen Übergriffen falsch zugeordnet sein. Auch hier handele es sich um die Zahlen für das Bundesland Wien, nicht aber für Österreich im Ganzen. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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„Mann metzelt Mutter vor den Augen der Kinder nieder“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht im Bericht um ein Gewaltverbrechen. Ein Mann hat versucht, seine Frau zu erstechen. Im Beitrag heißt es: „Die beiden Kinder des syrischen Paares sollen die Bluttat mit angesehen haben.“ Eine Leserin der Zeitung sieht die Ziffer 12 (Diskriminierungen) des Pressekodex verletzt. Die Chefredaktion beruft sich wegen der Nennung der Herkunft des Ehepaares auf eine Mitteilung der Polizei. Die Information sei auch nicht in der Überschrift hervorgehoben, sondern eher versteckt in einer Bildunterschrift mitgeteilt worden. Die Redaktion erachtet die zurückhaltende Erwähnung der Nationalität des Paares insofern für relevant, als die Familie höchstwahrscheinlich durch den Krieg in ihrem Heimatland stark traumatisiert und nach der Flucht psychisch beeinträchtigt gewesen sei. Der Chefredakteur sieht durch die Erwähnung keine Gefahr der Diskriminierung aller Syrer. Es sei klar, dass hier über ein individuelles Fehlverhalten berichtet worden sei.
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Die Polizei warnt vor aggressiven Bettlern. Darüber berichtet die örtliche Zeitung. Geschildert wird ein Vorfall. „Sechs Rumänen eines Familienclans…“ heißt es im Beitrag. „Die Polizei kontrollierte die Bettler und stellte fest, dass alle Personen aus der gleichen Ortschaft in Rumänien stammten. Sie sind alle bereits polizeibekannt, teilweise auch wegen Betrugs oder Diebstahls.“ Zwei Beschwerdeführer sehen kein begründetes öffentliches Interesse, die Herkunft der Bettler zu nennen. Die Zeitung erwecke den Eindruck, dass bettelende Rumänen Diebe und Betrüger seien. Es handele sich jedoch um Einzelfälle. Der Artikel verbreite einseitig Hetze gegen Bettler. Nur weil bedürftige Menschen organisiert umherreisen und betteln, werde eine Notlage nicht vorgetäuscht. Bettelnde Familien pauschal als Familienclans herabzuwürdigen, sei rassistisch. Außerdem erwecke die Zeitung unterschwellig den Eindruck, dass es sich bei den Bettlern um Roma-Angehörige handele.
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Ein Mann hat mutmaßlich beim Joggen an einem See Frauen begrapscht. Eine Regionalzeitung berichtet über den darauf folgenden Prozess. Eine Passage aus dem Beitrag: „Der gebürtige Rumäne schaut verschämt drein und stammelt in schlechtem Deutsch Worte der Entschuldigung – keine der Frauen antwortet ihm, einige wirken, als könnten sie es nicht fassen, dass dieses Häuflein Elend so demütigen konnte. Er habe damals viel getrunken, sagt der Angeklagte, mittlerweile trinke er nicht mehr. Seine Eltern seien aus Rumänien zu ihm gezogen und hätten ihn nun im Blick.“ Der Prozess gegen den Mann endet wegen tätlicher Beleidigung mit einer achtmonatigen Bewährungsstrafe. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass diese den Angeklagten als gebürtigen Rumänen bezeichne. An der Nennung der Herkunft gebe es kein begründetes öffentliches Interesse. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu den Vorwürfen Stellung. Regelmäßig habe die Redaktion über Tätlichkeiten gegenüber Frauen berichtet. Die Personenbeschreibungen seien oft stark voneinander abgewichen. Dies unter anderem deshalb, weil hinsichtlich der mutmaßlichen Nationalität des Täters höchst unterschiedliche Angaben gemacht worden seien. Mehrmals seien Asylbewerber und Muslime unter Generalverdacht geraten. Vor diesem Hintergrund habe es die Autorin für richtig gehalten, klarzustellen, dass der mutmaßliche Täter nicht nordafrikanischer Herkunft oder/und Asylbewerber sei, sondern aus einem EU-Land stamme. Der Bericht habe auf eine gute Sozialprognose hindeuten sollen. Keinesfalls habe die Autorin auf eine diskriminierende Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens abgezielt. Aus Sicht des Chefredakteurs hätte es rückblickend wohl nicht der konkreten Nennung der Nationalität des Täters sowie des Herkunftslandes seiner Eltern bedurft. Es wäre ausreichend gewesen, allgemein auf eine Herkunft aus Osteuropa zu verweisen. Sollte ein diskriminierender Eindruck entstanden sein, bedauere die Chefredaktion dies außerordentlich und nehme es zum Anlass, in vergleichbaren Fällen eine höhere Sensibilität walten zu lassen.
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Eine Auseinandersetzung in einem städtischen Bus ist Gegenstand der Berichterstattung in der Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Überschrift: „Streit um laute Musik im Bus – Fahrgast sticht plötzlich zu“. Ein Mann sei lebensgefährlich verletzt worden, nachdem ihn ein anderer Fahrgast niedergestochen hatte. Der Grund sei zu laute Musik gewesen Die Zeitung schreibt: „Nun hat die Polizei einen 16-jährigen Deutsch-Afghanen festgenommen.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Herkunft des mutmaßlichen Angreifers. Er sieht Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierungen bzw. Berichterstattung über Straftaten) verletzt. Ein begründetes öffentliches Interesse dafür, die Herkunft zu nennen, bestehe nicht. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe verweist auf die Lügenpresse-Debatte nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht. Wegen der Tragweite des Messerangriffs – für das Opfer habe Lebensgefahr bestanden – habe sich die Redaktion dazu entschlossen, die Information der Polizei über die Herkunft des Täters zu übernehmen. Aus beiden Gründen habe dazu ein öffentliches Interesse bestanden.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht gedruckt und online Beiträge über einen neuen Kalender, dessen Hauptthema die Ansichten einer Stadt im Verbreitungsgebiet sind. Die Beschreibung der Neuerscheinung durch die Redaktion ist äußerst positiv. Der Kalender sei im Handel der Stadt und im „City-Center-Treff“ der Zeitung zu kaufen. Der Preis steht auch dabei. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – sieht durch die Veröffentlichung den Grundsatz der klaren Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten nach Ziffer 7 des Pressekodex verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung weist auf die nach seiner Meinung bestehende Besonderheit des Kalenders hin. Es gehe hier um einen Stadt-Kalender mit einer langen Tradition und vielen Fans, die auf das erneute Erscheinen warteten. Insofern sei die Neuerscheinung auch ein Thema für die Lokalredaktion. Der Chefredakteur räumt jedoch ein, dass der Autor bei seiner Beschreibung des neuen Kalenders die Wortwahl überzogen habe. Auch seien die Kaufhinweise zu ausführlich geraten. Sie überschritten zum Teil presseethische Grenzen. Der Chefredakteur bedauert dies. Er habe den Fall zum Anlass genommen, mit der Lokalredaktion ausführlich über die Grenzen zwischen Redaktion und Schleichwerbung zu sprechen.
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