Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

„Etwas sagen, ohne es auszusprechen“

Eine überregionale Tageszeitung berichtet online unter der Überschrift „AfD: Björn Höcke will Verbot des Islam in der Türkei“ über eine Rede des AfD-Vorsitzenden von Thüringen. Anhängern der Alternative für Deutschland liege ein politisches Ziel besonders am Herzen: Sie wollen – so Höcke – die „Islamisierung“ Europas stoppen. Höcke – so die Zeitung – wolle die Religion jetzt sogar in einem muslimisch geprägten Staat verbieten. Bei einer Rede in Eisleben habe er der Zeitung zufolge ein Verbot des Islam in der Türkei angekündigt. Die Redaktion zitiert Höcke so: „Das, was wir jetzt noch nicht durchsetzen können, weil wir nicht die Macht haben – aber wir werden die Macht bekommen – und dann werden wir das durchsetzen, was notwendig ist, damit wir unser freies Leben leben können. Dann werden wir die Direktive ausgeben, dass am Bosporus mit den drei M – Mohammed, Muezzin und Minarett – Schluss ist, liebe Freunde!“ (Anmerkung der Geschäftsstelle des Presserats. Das Umfeld des Zitats ist wie folgt: „Ich sage aber, der Islam, der ist mit unseren Werten und Vorstellungen, mit unserer Art zu leben, tatsächlich unvereinbar. Der Islam, der hat eine Heimat, das ist der Orient und meinetwegen Schwarzafrika, aber seine Heimat heißt nicht Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa. Und deswegen ist auch klar, und dieses Selbstverständnis artikulieren wir als AfD auch schon. Es folgt das im Artikel wiedergegebene und oben genannte Zitat. Und weiter: „Dann wird es nicht mehr möglich sein, den Bau eines Minaretts, der von führenden islamischen Staatsmännern immer wieder als Symbol der Machterlangung selbst interpretiert worden ist, mit der Religionsfreiheit durchzudrücken, das wird dann nicht möglich sein. Ein Muslim, der friedlich hier lebt und der sich ohne Wenn und Aber im öffentlichen Raum an Recht und Gesetz hält, den muss man tolerieren. Alle anderen haben hier keine Zukunft und keine Heimat.“ Ein Leser der Zeitung beruft sich auf die Aufzeichnung der Rede Höckes und wirft der Zeitung vor, ungeprüft falsche Nachrichten verbreitet bzw. erzeugt zu haben. Der Chefredakteur der Zeitung trägt vor, rechtsnationale Kreise insinuierten seit diesem Redeauftritt, Höcke habe gemeint, dass spätestens an der Grenze der Türkei Schluss sei mit dem Islam. Nur: Er habe es halt nicht so gesagt. „Am Bosporus“ sei definitiv kein Synonym für „an den Grenzen der Türkei“, denn vor dem Bosporus liege – aus unserer deutschen Perspektive - noch das Stück europäische Türkei. Insofern gehe die Beschwerde komplett ins Leere.

Weiterlesen

Terrorunterstützer mit Namen genannt

Eine überregionale Tageszeitung beschäftigt sich unter der Überschrift „Zschäpes Freundin schwer belastet“ mit einem 1999 erfolgten Anschlag auf ein Lokal in Nürnberg. Ermittlungen deuteten – so die Zeitung – in Richtung NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“). In diesem Zusammenhang heißt es, der Besitzer des Lokals habe Susann Eminger, eine Freundin von Beate Zschäpe, auf Bildvorlagen identifiziert. Gegen Eminger ermittle die Staatsanwaltschaft seit 2012 wegen Unterstützung des NSU. Sie sei die Ehefrau des Angeklagten André Eminger, der als wichtigster Unterstützer des NSU-Kerntrios gelte. Ein Leser der Zeitung kritisiert eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Ehepaars Eminger durch die Nennung der vollen Namen. In anderen Medien seien die Namen nicht genannt worden. Die Autorin des Beitrages rechtfertigt die Namensnennung mit dem besonders hohen öffentlichen Interesse. Diese würden die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen. André Eminger, im NSU-Prozess wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt, sei Gegenstand des öffentlichen Interesses. Über sein provozierendes Verhalten im Prozess und nach der Urteilsverkündung sei ausführlich berichtet worden. Viele Medien hätten in ihrer Berichterstattung die vollen Namen der Eheleute Eminger genannt.

Weiterlesen

Falsche Bezeichnung für eine Allgemeinärztin

Die Meinung der seinerzeitigen saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zum Thema Werbeverbot für Abtreibungen ist Gegenstand in der Online-Berichterstattung einer Boulevardzeitung. Im Zusammenhang damit wird in einer Bildunterschrift die Allgemeinärztin Dr. Kristina Hänel als „Gynäkologin“ bezeichnet. Das kritisiert ein Leser der Zeitung. Er sieht die Nennung als Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Chefredaktion stellt fest, Frau Hänel sei Fachärztin für Allgemeinmedizin. In ihrer Praxis könnten Patientinnen aber nun einmal auch gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen, also auch Abteibungen vornehmen lassen. Und das völlig legal, denn Abtreibungen müssten laut Gesetz „von einem Arzt“ vorgenommen werden. Der marginale und in diesem Zusammenhang lediglich formale Unterschied zwischen einer zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen berechtigten (Frauen-)“Ärztin und einer „Gynäkologin bzw. Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe könne unmöglich in einer kurzen Bildunterschrift zum Ausdruck gebracht werden.

Weiterlesen

Es gilt das Agenturprivileg

Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Agentur-Bericht, wonach im syrischen Duma Spuren von Chlorgas gefunden worden seien. Dies gehe auf einen Zwischenbericht der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hervor. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass der Bericht die Inhalte des OPCW-Berichts falsch wiedergebe. In Duma sei kein Chlorgas gefunden worden. Er unterfüttert seine Kritik mit der Angabe des Links zu dem betreffenden Bericht. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf die Agentur als privilegierte Quelle. Die Redaktion habe sich bei den Agenturkollegen erkundigt, wie man dort zu dem Vorwurf stehe. Die Kollegen hätten anhand der Zusammenfassung des Berichts nachgewiesen, dass sehr wohl Spuren von Chlorgas in Verbindung mit Explosivstoffen nachgewiesen worden seien. Der Chefredakteur zitiert Punkt 2.5 der Zusammenfassung, der die Aussagen der Agenturkollegen untermauert.

Weiterlesen

Ein polemisch zugespitzter Leserbrief

AfD-Abgeordnete fahren auf die von Russland annektierte Krim. Dazu veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief. Darin enthalten ist diese Passage: „Bei den Lebensgeschichten dieser Herrschaften darf man sich nicht wundern. Markus Frohnmaier in Rumänien geboren, Robby Schlund mit einer Russlanddeutschen verheiratet, Ulrich Böhme 1994-1997 Versicherungsmakler in der Ukraine, Weißrussland, Russland. Stefan Keuter scheint keine Ostverbindungen zu haben. Waldemar Herdt in Kasachstan geboren und Mitglied des Koordinationszentrums der Russlanddeutschen in der AfD. Vier haben Einwanderungshintergründe. Hetzen gegen Flüchtlinge gehört zum Tagesgeschäft, und jetzt geht es ins Putin-Land. Hervorragende Volksvertreter.“ Ein Leser der Zeitung hält den Leserbrief für volksverhetzend. Er sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex und teilt mit, dass er der Redaktion einen Gegen-Leserbrief geschickt habe, der auch nach mehrmaligen Bemühungen nicht veröffentlicht worden sei. Der Chefredakteur und der Geschäftsführer des Verlages hätten mitgeteilt, sie hätten die Veröffentlichung des Gegen-Leserbriefes abgelehnt, weil es dazu keine Rubrik gebe. Der Chefredakteur hält die Beschwerde für unbegründet. Der Leserbrief, über den sich der Lehrer beschwere, möge polemisch zugespitzt sein, stachele aber nicht zum Rassenhass an. Er beziehe Stellung zur Reise einer Gruppe von AfD-Abgeordneten auf die Krim und erkläre die Sympathie, die diese Gruppe zu Russland und Putin habe, mit der Lebensgeschichte der Reiseteilnehmer. Das sei nicht rassistisch. Es werde im Leserbrief kritisch angemerkt, dass die Reisegruppe trotz ihrer Einwanderungsgeschichte zu der Fraktion gehöre, die im Bundestag nun gegen Flüchtlinge arbeite. Das ironische „Hervorragende Volksvertreter“ sei eine absolut zulässige Kritik. Dass die Redaktion die Reaktion des Beschwerdeführers nicht veröffentlicht habe, liege an dem begrenzten Platz, den sie für Leserbriefe zur Verfügung habe. „Leserbriefe zu Leserbriefen“ würden deshalb nur sehr selten veröffentlicht.

Weiterlesen

Auch für Links anderer Medien verantwortlich

„Vierjährige stellt sich schlafend und überlebt Familienmord“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im Beitrag geht es um einen Mann in den USA, der seine Verlobte, deren 15-jährigen Sohn und dann sich selbst erschossen hat. Die Zeitung nennt die Vornamen der Beteiligten sowie ihre abgekürzten Nachnamen. Sie veröffentlicht Fotos der Opfer und des Täters. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass Opfer und Täter durch die Berichterstattung zu identifizieren sind. Dies geschehe durch den Fotoverweis auf die Facebook-Seite eines der Opfer sowie auch durch den Link zu einem Artikel der „Washington Post“. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Ansicht, dass in einer globalisierten Medienwelt die Berichterstattung in Wort und Bild über derartige, die Öffentlichkeit bewegende Geschehnisse auch in Deutschland zulässig sein müsse. In den USA, wo sich das Familiendrama abgespielt habe, seien Veröffentlichungen, die die Realität abbilden, durchaus üblich. Es könne nicht sein, dass der deutsche Pressekodex die Berichterstattung der deutschen Medien einschränke, während ein und dieselbe Berichterstattung weltweit uneingeschränkt abrufbar sei.

Weiterlesen

Opfer des Unglücks von Genua im Bild gezeigt

Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Sie fuhren in die Ferien und stürzten in den Tod“ identifizierend über einige Opfer des Brückeneinsturzes in Genua. Sie nennt Namen und Alter. Sie veröffentlicht Fotos der Verunglückten, darunter das eines minderjährigen Jungen. Ein Leser der Zeitung wendet sich im Namen des Christlichen Medienverbundes KEP mit einer Beschwerde an den Presserat. Die identifizierende Berichterstattung verstößt nach seiner Auffassung gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Danach ist in der Berichterstattung der Opferschutz zu gewährleisten. Es tue für das Verständnis des Geschehens nichts zur Sache, wer genau die Opfer dieses Unglücks in Italien waren und wie sie aussahen. Die Identität der Opfer zu nennen, sei nicht im öffentlichen Interesse. Die Opfer seien keine Personen des öffentlichen Lebens gewesen. Das Unglück habe sich in Italien ereignet. Unter den Verstorbenen seien keine Deutschen gewesen. Diese Umstände rechtfertigen nicht die identifizierende Darstellung der Opfer in einem deutschen Medium. Der Chefredakteur der Zeitung hält den Vorwurf eines Kodex-Verstoßes für nicht gerechtfertigt. Er hält an seiner mehrfach geäußerten Überzeugung fest, dass die Öffentlichkeit bei zeitgeschichtlich bedeutsamen Ereignissen und Katastrophen ein besonderes Interesse habe. Es gehöre zur Chronistenpflicht der Presse, umfassend über derartige Ereignisse zu berichten. Innerhalb der Grenzen des presserechtlich und presseethisch Zulässigen müsse sie darin frei sein zu entscheiden, welche Fotos sie verwendet und bis zu welcher ethischen Grenze dabei personalisiert werde. Dem Chefredakteur zufolge wirft die internationale Berichterstattung die Frage auf, ob nach deutschem Verständnis etwas unethisch sein könne, was der Rest der Welt für selbstverständlich halte.

Weiterlesen

Sachsen in ein schlechtes Licht gestellt

Eine Großstadtzeitung berichtet online über die Ausschreitungen in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes. Die Überschrift lautet: „Chemnitz von rechtem Mob überrumpelt – Landesregierung schickt mehr Polizei“. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung der Sorgfaltspflicht. Er stört sich vor allem an dieser Passage: „Chemnitz wurde zwei Abende in Folge von Gewalt erschüttert. Tausende rechte Demonstranten machten am Montagabend Jagd auf Migranten, Journalisten und Gegendemonstranten“. Auch wenn es rechtsextremistische Ausschreitungen gegeben habe, so sei nach neuen Erkenntnissen davon auszugehen, dass man seriös nicht von „Tausenden“ berichten sollte. Es fehle auch die Trennschärfe zwischen rechts und rechtsextrem. Wider besseres Wissen werde Sachsen ohne Beleg in ein schlechtes Licht gestellt, was zu einer Eskalation der Situation beigetragen habe. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf des Beschwerdeführers zurück. Die Redaktion habe sich bei ihren Zahlenangaben auf Meldungen von mehreren Agenturen gestützt. Man hätte bei der Nennung der Zahl „Tausende“ vielleicht schreiben müssen „Laut Agenturangaben“. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei die Zahl derjenigen, die gegen Ausländer, Journalisten und Gegendemonstranten vorgegangen seien, nicht wirklich klar.

Weiterlesen

Kanzlerin-Telegramm falsch interpretiert

Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen gekennzeichneten Gastbeitrag des Deutschland-Direktors von Human Rights Watch (HRW), Wenzel Michalski, unter der Überschrift „Angela Merkel darf Hun Sen nicht loben“. Der Autor kritisiert die Kanzlerin dafür, dass sie dem kambodschanischen Staatschef zum Wahlsieg gratuliert und damit ein falsches Signal gesendet habe. Im zweiten Absatz heißt es: „Die Glückwünsche waren und sind unfassbar. Die im Juli abgehaltenen Wahlen bezeichnet die internationale Gemeinschaft als ´nicht frei und fair´ - es waren keine Wahlen, wie wir sie kennen. (…)“ Michalski schreibt, Hun Sen habe in den vergangenen Jahren de facto eine Ein-Parteien-Herrschaft aufgebaut. Er habe die Partei CNRP, die zu einem gefährlichen Rivalen aufgestiegen sei, durch Verhaftungen und Drohung mit Haft unter Kontrolle gebracht. Die Gefängnisse seien voll mit politischen Gefangenen. Merkel habe mit ihrem Telegramm ein falsches Signal an die kambodschanische Regierung gesendet. Ein Leser der Zeitung kritisiert den Beitrag. Schon in der Überschrift und im Untertitel würden falsche Fakten genannt. Selbst wer die nuancierte Sprache der Diplomatie nicht kenne, könne aus dem Telegramm deutliche Kritik herauslesen. Die Hauptaussage des Gastbeitrages sei falsch. Es werde eine neue erfunden und der Kontext ganz bewusst ignoriert. Der Bundeskanzlerin werde etwas vorgeworfen, was sie nicht nur nicht getan habe, sondern offensichtlich ganz bewusst habe vermeiden wollen. Der Beschwerdeführer wirft der Redaktion vor, die Faktenlage nicht geprüft zu haben. Einen weiteren Verstoß sieht er darin, dass der Artikel wider besseres Wissen nicht widerrufen werde und falsche Behauptungen weiterhin verbreitet würden. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde insofern zum Teil für berechtigt, als die Redaktion nicht die Faktenlage überprüft habe. Human Rights Watch sei eine renommierte Menschenrechtsorganisation. Die meisten Medien hätten nicht die personellen Mittel, jeden Meinungsbeitrag auf die Faktenlage hin zu überprüfen. Im Übrigen seien die in dem Beitrag getroffenen Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Weiterlesen

Kranker Asylbewerber greift Passanten an

Der Oberbürgermeister von Ravensburg stoppt gemeinsam mit einem Busfahrer einen offensichtlich psychisch Erkrankten, der in der Innenstadt mit einem Messer auf mehrere Personen eingestochen hat. Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Vorfall. In ein großes Foto des OB ist ein kleineres, stark gepixeltes Bild eingefügt, das den Tatverdächtigen – einen Asylbewerber aus Afghanistan - mit dem Messer zeigt. Einen Tag später berichtet die Zeitung auf der Titelseite ihrer gedruckten Ausgabe über das Ereignis, diesmal mit einem großen, stark gepixelten Täterfoto unter der Überschrift „Busfahrer und Bürgermeister stoppen Messerstecher – die Helden von Ravensburg“. Im Artikel auf der nächsten Seite wird der Tathergang geschildert. Der Bürgermeister kommt zu Wort. Zum Artikel gestellt sind zwei kleinere Bilder. Auf dem einen ist zu sehen, wie ein Polizist den mutmaßlichen Täter fixiert. Das andere zeigt, wie Helfer eines der verletzten Opfer versorgen. Die beiden Fotos sind ziemlich grobkörnig. Der Beschwerdeführer – er betreibt ein Redaktionsbüro – sieht in der Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Er hält die Beteiligten aufgrund ungenügender Verfremdung der Fotos für identifizierbar. Die Erwähnung, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen psychisch kranken Asylbewerber handele und er wegen seiner seelischen Probleme schon mehrfach in stationärer Therapie gewesen sei, verstoße gegen Richtlinie 8.6 des Kodex. Die Nennung der Nationalität sei ohne begründetes öffentliches Interesse nicht zulässig. Der Beschwerdeführer kritisiert weiterhin, dass der Tatverdächtige von der Zeitung als Täter bezeichnet werde. Den Vorwürfen widerspricht der Chefredakteur der Zeitung. Nach seiner Auffassung ist die Berichterstattung in keinem der genannten Punkte zu beanstanden. Bei spektakulären Straftaten, die sich wie in diesem Fall im öffentlichen Raum ereigneten, habe die Öffentlichkeit sehr wohl ein besonderes Interesse daran, von den Medien umfassend informiert zu werden. Der Mann sei mit einem Fleischermesser quer durch die Innenstadt gelaufen und habe wahllos Menschen angegriffen. Das könne man sogar als „Amoklauf“ bezeichnen.

Weiterlesen