Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Wochenzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Ein außer sich geratener Richter“. Der Beitrag informiert über die Urteilsverkündung im Prozess gegen eine Frau, die wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Sie soll ihr Baby zu Tode geschüttelt haben. Die Autorinnen des Beitrages beschreiben vor allem das Verhalten des Richters während der Urteilsbegründung und kritisieren diesen scharf. Sie schreiben, der Richter habe die mündliche Urteilsverkündung missbraucht, um mit allen abzurechnen, die in diesem Verfahren für Freispruch plädiert haben. Der Richter habe alle beschimpft, die das Urteil für falsch hielten. Der Verteidiger der Angeklagten habe den Wutausbruch des Richters für grenzwertig gehalten. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Autorinnen des Artikels den Eindruck erweckt hätten, als hätten sie der Urteilsverkündung beigewohnt. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Das Verhalten des Richters werde falsch beschrieben. Dieser habe die Urteilsbegründung ruhig und sachlich vorgetragen. Von Wutausbrüchen und Beschimpfungen könne nicht die Rede sein. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Artikel disqualifiziere den Richter und beschädige das Ansehen der Justiz. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass die Autorinnen sich auf Berichte in der Lokalpresse bezogen hätten. An keiner Stelle werde behauptet, sie seien bei der Urteilsbegründung anwesend gewesen. Die ausfallenden Bemerkungen des Richters gegen andere, die auch Respekt verdient hätten, könnten das Ansehen der Justiz in gleicher Weise beschädigen, wie der Beschwerdeführer dies von dem beanstandeten Artikel behaupte.
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Eine Wochenzeitung berichtet online unter der Überschrift „Ermittler wollen Nowitschok-Täter identifiziert haben“ über die angebliche Identifizierung der mutmaßlichen Täter des Nowitschok-Angriffs auf den russischen Ex-Spions Sergej Skripal und seine Tochter. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Meldung sich später als falsch herausgestellt habe, was andere Medien umgehend berichtet hätten. In der Wochenzeitung stehe jedoch online nur die unkorrigierte Falschbehauptung ohne Hinweis auf die britischen Dementis. Die Rechtsvertretung der Zeitung stellt fest, die Meldung beruhe im Wesentlichen auf einer Agenturmeldung. In der Meldung werde über die mutmaßlichen Täter nur berichtet, dass nach einer britischen Agenturmeldung von der dortigen Polizei angeblich mehrere Russen identifiziert worden seien. Zur Herkunft der Angaben nennt die Agentur „eine Quelle aus dem Umfeld der Ermittlungen“. Durch ein Wortlaut-Zitat der britischen Agentur wird angeführt, worauf sich die Ermittler stützen: „Die Ermittler glauben, dass sie die Tatverdächtigen des Nowitschok-Angriffs mithilfe von Überwachungskameras identifiziert haben. Sie (die Ermittler) sind sicher, dass sie (die Verdächtigten) Russen sind.“ Sämtliche Zitate – so die Rechtsvertretung – würden von der Redaktion als Angaben der britischen Presseagentur bezeichnet. Aus der Berichterstattung werde deutlich, dass die britischen Ermittlungsbehörden lediglich Indizien dafür hätten, dass mehrere Russen für den Giftangriff verantwortlich sein sollen. Diese Ausführungen seien zum damaligen Zeitpunkt richtig, vollständig und glaubhaft gewesen. Am gleichen Tag habe die Redaktion das Dementi Russlands veröffentlicht.
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„Das Portal kath.net nennt biblischen Tanz ´Homo-Peinlichkeit´“ - unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Regionalzeitung online einen Beitrag, der sich mit dem Auftritt eines Tänzers in einer Kirche befasst. Im Beitrag geht es unter anderem um die Bewertung der Darbietung durch das Internetportal kath.net. Der Beschwerdeführer, der das Internetportal vertritt, bemängelt, dass der Autor in seinem Beitrag nicht mitgeteilt habe, dass das Bistum mit Sitz am Verlagsort eine deutlich ablehnende Stellungnahme veröffentlicht habe. Danach habe kath.net die kirchliche Veranstaltung als „eindeutig homophil usw.“ eingestuft. Dies sei falsch. Es sei die Einschätzung von einzelnen Besuchern gewesen. Die entsprechende Passage sei später korrigiert worden, dies aber stillschweigend und nicht transparent für den Leser. Der Beschwerdeführer kritisiert auch dass der Autor des Artikels Ministrant in der Pfarrei und daher befangen sei. (Die Beschwerde wurde im Rahmen der Vorprüfung auf eine mögliche Verletzung der Ziffer 3 des Pressekodex beschränkt.) Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Der Beschwerdeführer habe vorgetragen, dass die Redaktion behauptet habe, kath.net habe die Veranstaltung als „eindeutig homophil usw.“ eingestuft. Diese Aussage finde sich an keiner Stelle des Artikels. Im Gegenteil werde von der Redaktion klargestellt, dass sich kath.net bei ihrer Behauptung auf empörte Gottesdienstbesucher berufe. Eine andere Version als die verbreitete habe es zu keiner Zeit gegeben.
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Ein 19jähriger junger Mann hat eine Beziehung zu einer verheirateten Frau aus einer syrischen Großfamilie. Zwölf Mitglieder der Familie schlagen ihn zusammen und stechen ihn nieder. Er überlebt schwer verletzt. Eine Regionalzeitung kommentiert online die Tat, die sich am Verlagsort ereignet hat. Der Autor vertritt die Meinung, dass der Vorgang zeige, dass zu viele Menschen im Land seien, die hier nicht hingehörten. Es sei verstörend, mit welch kulturell bedingter Selbstverständlichkeit ein syrischer Familienclan meine, sein durch und durch krankes „Ehrgefühl“ in Bezug auf Geschlechterbeziehungen mit einem brutalen Mordkomplott unterstreichen zu lassen. Dieses Verhalten sei auch eine bodenlose Unverschämtheit gegenüber dem Gastland, das diese sogenannten Flüchtlinge aufgenommen habe und sie in der Regel auf Kosten der Allgemeinheit versorge. Die Kulturen der Gewalt, vor denen diese Menschen angeblich hätten fliehen müssen, seien mitgebracht worden und würden hier weiter ausgelebt. Sieben Beschwerdeführer halten den Kommentar für menschenverachtend und diskriminierend. Auf der Basis eines Einzelfalls schüre er Vorurteile und stelle Gruppen von Menschen unter Generalverdacht. Das Justiziariat der Zeitung weist darauf hin, dass es sich bei der Veröffentlichung um einen Kommentar handele, in dem der Autor anhand des konkreten Beispiels eines versuchten Ehrenmordes die aus seiner Sicht gravierenden Fehler der aktuellen Asylpolitik kritisiere. Er rege zum Umdenken bei diesem Thema an. Die im Kommentar geäußerten Aussagen stellten – so die Rechtsvertretung – die Meinung des Autors dar. Dieser gebe seine Ansicht in der für einen Kommentar üblichen, provokanten, teils polemischen Art und Weise wieder. Es gehöre zu den Aufgaben der Presse in einer funktionierenden Demokratie, durch Kritik meinungsbildende Diskussionen anzustoßen. Nichts anderes sei im vorliegenden Fall geschehen. Der versuchte Ehrenmord habe im Verbreitungsgebiet der Zeitung und darüber hinaus für viele Diskussionen gesorgt. Basis für den öffentlichen Disput sei die ohnehin vielfach kontrovers diskutierte Einwanderungspolitik gewesen. Diese Diskussion aufzugreifen und selbst daran mitzuwirken, entspreche dem Selbstverständnis der Redaktion innerhalb einer freien Presse.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über einen Arbeitsunfall mit tödlichem Ausgang. In einem Rinderzuchtbetrieb sei ein 21jähriger Helfer bei Arbeiten im Futtermittellager ums Leben gekommen. Ein Wiederbelebungsversuch durch Rettungskräfte sei erfolglos gewesen. Notfallseelsorger kümmerten sich um Ersthelfer, Mitarbeiter und Familienangehörige. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto, das offenbar von einem benachbarten Feld aus aufgenommen wurde. Es zeigt mehrere Rettungsfahrzeuge und im Vordergrund drei Personen, die von der Hüfte aufwärts zu sehen sind. Eine Leserin der Zeitung sieht in dem zum Beitrag gestellten Foto einen Verstoß gegen ethische Grundsätze. Es sei aufgenommen worden, als die Helfer noch um das Leben des Verunglückten gekämpft hätten. Der Reporter der Zeitung habe Hausfriedensbruch begangen, als er sich der Aufforderung der Polizei widersetzt habe, das Grundstück nicht zu betreten. Auch sei die nahezu zeitgleiche Veröffentlichung im Internet ethisch mehr als fragwürdig. Die Mutter des Verunglückten sei zu diesem Zeitpunkt von den Behörden noch nicht informiert gewesen. Das Verhalten des Reporters sei äußerst respekt- und pietätlos. Der Chefredakteur der Zeitung lässt den Reporter auf die Beschwerde antworten. Dieser erklärt, er habe das Gelände des Rinderzuchtbetriebes zu keinem Zeitpunkt betreten. Die Fotos seien alle an Standorten auf einer benachbarten Kreisstraße entstanden. Ein Polizeikommissar habe ihn darauf hingewiesen, dass er das Betriebsgelände nicht betreten dürfe. Das habe er auch gar nicht vorgehabt. Die Fotos habe er gemacht, als er sicher gewesen sei, dass die Reanimationsversuche beendet worden seien. Der Chefredakteur ergänzt, dass damit klargestellt sei, dass der Reporter sich einwandfrei verhalten habe. Das beanstandete Foto sei in der Online-Version, nicht aber gedruckt erschienen.
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet online über die Festnahme eines Mannes, der seine beiden Kinder getötet haben soll. Sie erwähnt dabei, dass die Familie aus Mosambik stamme. Eine Leserin der Zeitung ist der Auffassung, dass der Hinweis auf die Herkunft nicht von öffentlichem Interesse sei und Vorurteile schüren könnte. Die Geschäftsführung und die Rechtsvertretung der Zeitung weisen darauf hin, dass die Nationalität im vorliegenden Fall genannt worden sei, da es sich bei der Tötung von zwei Mädchen im Alter von drei und sechs Jahren um eine besonders schwere und in ihrer Dimension außergewöhnliche Straftat gehandelt habe. Es bestehe kein Risiko einer Diskriminierung durch die Nennung der Herkunft. Weder werde in dem Beitrag eine abwertende Formulierung verwandt noch die Herkunft des Tatverdächtigen unangemessen hervorgehoben. Es werde lediglich in einem Halbsatz darauf hingewiesen, dass „die Familie“ aus Mosambik stamme.
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„Darf man sich freuen, dass Syriens mörderische Mutter Krebs hat?“ – titelt eine Boulevardzeitung online. Ein Foto zeigt die Frau des syrischen Diktators, Asma Al-Assad, in einer Klinik mit einem Infusionsschlauch im Arm. Neben ihr sitzt ihr Ehemann. In dem Artikel geht es darum, dass die „Frau des Chemiewaffen-Schlächters Baschar Al-Assad“ an Brustkrebs erkrankt ist. Passage aus dem Artikel: „Und – in aller Ehrlichkeit – liegt ein Gedanke nicht fern, so schäbig er auch ist. Nämlich: ´Es trifft die Richtige´?“. Die Print-Ausgabe titelt tags darauf etwas abgeschwächter: „Brustkrebs! Bestie Assad bangt um seine Frau“. Im Anreißer zum Artikel heißt es dann: „Wie geht man als Christ mit dieser Nachricht um: Darf man sich freuen oder muss man Mitleid mit der mörderischen Mutter Syriens haben?“ Im Innern des Blattes sieht man dasselbe Foto wie im Netz, verbunden mit der Frage: „Ist das Gottes Strafe für Syriens mörderische Mutter?“ Mehrere Beschwerdeführer kritisieren, dass die Schlagzeile die Würde von Frau Assad verletzt. Sie unterstelle, dass jede Frau, die Brustkrebs bekommt, für eine Tat bestraft werde. Die Schlagzeile sei geschmacklos. Der Artikel sei „abartig“. Einige der Beschwerdeführer sehen eine Ehrverletzung von Frau Assad in den Bezeichnungen „mörderische Mutter“ und „heuchlerisches Propaganda-Gesicht“. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Die Beschwerdeführer echauffierten sich darüber, dass die Zeitung der Frau Assad eine „tödliche Krankheit wünsche“, „sich darüber freue, dass eine Person an Krebs erkranke“ oder Frau Assad eine „tödliche Zivilisationskrankheit an den Hals wünsche“. Der Chefredakteur fragt sich, wie die Beschwerdeführer darauf kämen. Mit der Berichterstattung reagiere die Zeitung darauf, dass viele Twitter-Nutzer nach Bekanntwerden der Krankheit über den Schicksalsschlag von Frau Assad jubiliert und ihr einen schmerzvollen Tod gewünscht hätten. Es sei Aufgabe der Presse, nach solchen Reaktionen im Netz zu fragen, ob es richtig sei, auf die Erkrankung einer Person so zu reagieren: Diese Frage werfe die Zeitung in der Überschrift des Artikels auf und beantworte sie unter Berufung auf christliche Werte ausdrücklich mit „Nein“.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über das Auffinden einer Babyleiche in einer Mülltonne im Hinterhof eines Wohnhauses. Noch sei unklar, ob es sich um ein Verbrechen handele. Der Artikel endet mit diesem Absatz: „Am Nachmittag hat die Polizei eine Wohnungstür im Dachgeschoss des fünfgeschossigen Gebäudes durch ein amtliches Polizeisiegel gesichert. Nach …-Informationen lebe dort erst seit wenigen Monaten ein junges Pärchen. Zu seinem Aufenthaltsort machten die Ermittler keine Angaben. ´Die Ermittlungen zur Aufklärung der Umstände und Hintergründe werden mit Hochdruck und in alle Richtungen geführt´, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Erklärung mit.“ Ein Leser der Zeitung empfindet die Berichterstattung als vorverurteilend. Im letzten Absatz berichteten die Autoren von eigenen Informationen, wonach im Dachgeschoss des Wohnhauses ein junges Pärchen lebe. Die Polizei habe die Wohnung versiegelt. Die Angaben über das junge Paar seien spekulativ. Es sei überhaupt nicht bewiesen, dass das Paar etwas mit dem Tod des Babys zu tun habe. Trotzdem würden sowohl die Straße als auch die Lage der Wohnung im Dachgeschoss genannt. Die Zeitung habe das Ganze bildlich dokumentiert. Der Chefredakteur hält die Erkennbarkeit des jungen Paares und seiner Wohnung für ausgeschlossen. Die im Bericht genannte Straße sei etwa 300 Meter lang. An ihr lägen etwa 20 fünfgeschossige Häuser. Die Autorin habe mit Anwohnern gesprochen, die ihr von dem Paar berichtet hätten. Die Redaktion habe ihre Informationen bei der Polizei gegengeprüft. Die Autorin habe weder geschrieben, dass das Paar unter Tatverdacht stehe, noch dass sie die mutmaßlichen Täter seien. Die Frau aus der Wohnung sei zunächst unter Mordverdacht festgenommen, dann jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Gegen den Mann sei ein Tatverdacht geprüft worden, der sich aber nicht bestätigt habe. Dies alles sei völlig anonym von der Redaktion berichtet worden.
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„Kinderwagen-Dieb muss Wohnung räumen“ titelt eine Boulevardzeitung. Im Artikel geht es um einen 37-jährigen, als „René M.“ bezeichneten, Mann, der seine Wohnung mit gestohlenen Kinderwagen zugemüllt habe und sie jetzt räumen müsse. Er habe bereits einmal vor Gericht gestanden. Das hatte ihn für schuldfähig erklärt und zu zehn Monaten Haft mit Bewährung verurteilt. Zum Artikel gestellt ist ein Foto, das den Mann mit einem Reporter der Zeitung in seiner Wohnung zeigt. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass im Bericht ein offenkundig psychisch kranker Mensch auf entwürdigende Art dargestellt werde. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass der Betroffene in zwei Strafverfahren als voll schuldfähig eingestuft worden sei. Es handele sich somit bei ihm nicht um einen körperlich oder psychisch Kranken, sondern lediglich um jemanden, der einen „Sammeltick“ habe. Das Persönlichkeitsrecht des Mannes sei also nicht verletzt worden. Auch ein Verstoß gegen andere pressethische Grundsätze liege nicht vor. Der Betroffene René M. habe selbst seine Kinderwagensammlung einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren wollen. Er habe sich zu diesem Zweck zweimal freiwillig mit einem Reporter der Zeitung getroffen. Er sei auch ohne weiteres bereit gewesen, sich mit seiner Sammlung und beim Verlassen der Wohnung fotografieren zu lassen. Er sei somit nicht zum „Objekt herabgewürdigt worden“, wie vom Beschwerdeführer angeführt. Der Mann sei „als Subjekt“ eigenständig-verantwortlich aufgetreten und habe auch so gehandelt.
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Verurteilung eines Mannes wegen mehrfacher Vergewaltigung seiner Ehefrau. Insgesamt siebenmal erwähnt der Autor des Artikels, dass der Mann Syrer ist. Er schildert auch die Fluchtgeschichte der Familie. Ein Leser ist der Auffassung, dass der Hinweis auf die Nationalität des Mannes nicht erforderlich gewesen sei. Vergewaltigung in der Ehe sei ein allgemeines Problem. Die Staatsangehörigkeit des Verurteilten werde durch die mehrfache Nennung unangemessen herausgestellt. Der Chefredakteur der Zeitung sieht keine Verletzung der Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Diskriminierungen/Berichterstattung über Straftaten). Er weist darauf hin, dass im Mittelpunkt des Prozesses immer wieder die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Syrien gestanden hätten. Exemplarisch werde in diesem Punkt die Staatsanwältin zitiert: „Für ihn stellten die Taten kein Unrecht dar. Aber in unserem Rechtsstaat sind solche Taten zu bestrafen.“ Der Chefredakteur weiter: Es hätte einerseits das Bild in der Darstellung des Prozesses verfälscht, das Zitat nicht zu bringen. Andererseits hätten sich die beiden Sätze für den Leser nicht richtig erschlossen, ohne die Nationalität des Angeklagten zu nennen. Abschließend betont der Chefredakteur, dass aus seiner Sicht in der Berichterstattung deutlich werde, dass es sich bei der Tat um ein individuelles Fehlverhalten handele. Eine Verallgemeinerung auf alle Syrer oder gar alle Ausländer könne er nicht erkennen.
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