Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Um den Platz ganz oben betrogen“ über die Ermittlung der Gewinnerin bei einem 5-km-Lauf. So habe die eigentliche Siegerin keinen Pokal bekommen, obwohl sie die beste Läuferin gewesen sei. Der sei für eine andere Sportlerin „reserviert“ gewesen, obwohl diese geschummelt habe, indem sie ihre Startnummer mit dem die Laufzeit registrierenden Chip heimlich an einen Mann weitergegeben habe. Erst auf Intervention der Familie der leer ausgegangenen Läuferin hätten sich die Organisatoren Bilder vom Zieleinlauf angesehen. Dabei stellte sich heraus, dass unter dem Namen „Nina“ eindeutig ein Mann das Rennen „gewonnen“ habe. Der richtigen Nina wird in dem Artikel „unsportliches Verhalten“ unterstellt. Zwei Tage später berichtet die Zeitung, dass die Läufer, die „sie etwas gedankenlos um das Triumph-Gefühl gebracht haben“ sich bei der Sportlerin entschuldigt hätten. Es tue ihm „mega leid“, teilt der Mann mit, der kurzfristig die Startnummer und damit auch den Chip einer verletzten Kollegin übernommen habe. Der Veranstalter wird mit diesen Worten zitiert: „Wir glauben den Beteiligten, dass keine böse Absicht vorlag, und sind niemandem böse; das ist einfach dumm gelaufen.“ Beschwerdeführer ist der Vater der Läuferin, der die Zeitung Schummelei vorgeworfen hat. Er kritisiert, dass die Zeitung den Namen und die Schule seiner Tochter genannt habe. Die Berichterstattung lege die Vermutung nahe, seine Tochter sei eine Betrügerin. Dies verletze die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Wegen der unzureichenden Recherche verstoße der Artikel auch gegen die Ziffer 2 (Journalistische Sorgfaltsplicht). Im zweiten Artikel werde der Sachverhalt zwar aufgeklärt, aber keine Entschuldigung an seine Tochter ausgesprochen. Der Chefredakteur der Zeitung spricht in seiner Stellungnahme von „Dingen, die nicht schönzureden sind“. Es sei so geschehen. Wenn die Redaktion eine Rüge verdient habe, solle der Presserat sie rügen.
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet online über Proteste gegen die Tierhaltung in Zirkussen. Die Überschrift des Beitrages lautet: „Elefantenschinder dürfen bleiben“. Ein Unfall mit Zirkuselefanten befeuere in Osnabrück eine alte Debatte aufs Neue. Zwei Elefanten hätten einen dritten attackiert. Dieser sei in den Logenbereich gestürzt, wobei ein Zuschauer verletzt worden sei. Andere Zirkusbesucher seien geflüchtet. Die Zeitung zitiert Besucher, die Löwen auf Parkplatzasphalt gesehen hätten, bei dem kaum Einstreu zu sehen gewesen sei. Elefanten hätten regelmäßig Rumpf und Kopf bewegt. Die Redaktion lässt den Marketingchef des Zirkus zu Wort kommen. Das Hin- und Her-Bewegen des Kopfes machten die Elefanten, weil sie sich auf ihren Auftritt freuten. Drei Beschwerdeführer werfen der Redaktion vor, Tierlehrer in der Überschrift als Elefantenschinder zu bezeichnen, ohne für diese Behauptung einen Nachweis zu liefern. Den Mitarbeitern des Zirkus sei jedoch von Amtstierärzten eine auf Basis der gesetzlichen Regelungen vorbildliche Tierhaltung bescheinigt worden. Der Autor des Beitrages weist die Vorwürfe zurück, indem er eine Interpretation des Wortes „schinden“ liefert. Der Begriff sei ein meinungsstarkes, abwertendes aber nicht beleidigendes Wort und bezeichne laut Digitalem Wörterbuch der Deutschen Sprache jemanden, „der andere Leute schindet.“ Schinden wiederum bezeichne die Tätigkeit, jemandes Leistungsfähigkeit übermäßig – also ohne adäquate Gegenleistung - zu beanspruchen und so zu quälen. Der Autor weist die Deutung zurück, die Überschrift beziehe sich auf sämtliche „Tierlehrer“. Der Vorwurf, der Artikel habe Prangerwirkung, sei abwegig, denn die Öffentlichkeit sei von dem Veranstalter und seinem angestellten Elefantenbändiger ja aktiv aufgesucht und mit dem Scheitern seiner Vorführungen behelligt worden. Der Vorwurf der Vorverurteilung sei zurückzuweisen: Schinderei sei kein Straftatbestand und ein Verfahren wegen Elefantenschinderei, dem hätte vorgegriffen werden können, sei nicht anhängig.
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„Flüchtlingsboot in Libyen gekentert“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Boulevardzeitung online drei große Fotos von Helfern, die ertrunkene Babys auf dem Arm halten. Mit einem dieser Fotos wird der Artikel auf Facebook angerissen. Eine Leserin der Zeitung übt Kritik daran, dass ein nahezu inhaltsleerer Artikel mit unethischen Bildern zum Reißer gemacht werde. Das sei reines Clickbaiting (Fischen nach Clicks). Bei Facebook fänden sich Menschenverachtendes und purer Hass. (Anmerkung der Geschäftsstelle des Presserats: Einige Nutzer haben den Artikel mit einem Smilie kommentiert und den Eltern der toten Babys die Verantwortung zugeschrieben, dass diese ihre Kinder mit auf so ein Boot nähmen.) Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf des Clickbaiting mit Nachdruck zurück. Die Fotos seien berührend und schrecklich. Doch sie stünden auch als Sinnbild für eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit. Es sei Aufgabe der Presse, über die „ungeheuren Dramen“ zu berichten, die sich im Mittelmeer abspielten. Ein presseethisches Dogma, demzufolge über das Elend der Flüchtlingskrise nicht auch personalisierend anhand von individuellen Kinderschicksalen berichtet werden dürfe, gebe es nicht. Anders als von der Beschwerdeführerin behauptet, sei die Darstellung der Babys im Übrigen auch keineswegs unangemessen sensationell oder menschenverachtend. Die Fotos dokumentierten ein grausames Geschehen. Dies geschehe jedoch nicht etwa auf sensationslüsterne oder herabwürdigende Weise. Vielmehr begegne der Betrachter den Opfern mit Mitgefühl und Entsetzen angesichts ihres schrecklichen Schicksals.
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Eine überregionale Tageszeitung kommentiert online den an 40 britischen Schulen eingeführten Hosenzwang. Ein Grund dafür sei unter anderem das Bestreben nach Geschlechtergleichheit, was durch die Transgender-Debatte gesteigert worden sei. Eine Schulleitung verweise auf die Empfindsamkeiten von Transgender-Kindern, die sich marginalisiert fühlen könnten durch Kleider, die ihren körperlichen Merkmalen, aber nicht ihrer sexuellen Identität entsprächen. Das Rockverbot – so die Zeitung – stehe freilich im Widerspruch zu den Bemühungen mancher Schulen, den Transgender-Bedürfnissen entgegenzukommen, indem sie Jungen das Tragen von Röcken erlauben. Die britische Luftwaffe hingegen habe aus Rücksicht auf Trans-Soldaten ein Rockverbot ausgesprochen. Arbeitgeber stünden vor einem ähnlichen Dilemma: So habe die BBC geschlechtsneutrale Toiletten eingeführt. Dies sei zum Leidwesen vieler Frauen geschehen, die diese intime Sphäre nicht mit „Männern in Frauenkleidern teilen wollen, selbst wenn diese sich als weiblich fühlen.“ Eine Leserin kritisiert vor allem die Formulierungen „Männer in Frauenkleidern“ bzw. „Jungen, denen das Tragen von Röcken“ erlaubt sei, mit denen Transsexuelle in dem Text bezeichnet würden. Es wäre absolut möglich gewesen, die Kleiderordnungen in englischen Schulen zu kritisieren, ohne transsexuelle Menschen auf Grund ihrer körperlichen Abweichungen zu diskriminieren. Der Artikel mache durch die Bezeichnung von Frauen als „Männer in Frauenkleidern“ transsexuelle Menschen verächtlich. Er schlage entgegen aktueller Wissenschaft und Expertenmeinung vor, transsexuelle Menschen in ihrem Geschlecht nicht ernst zu nehmen, sondern diese zu verleugnen und sie gemäß ihrer Genitalien bei der Geburt einzuordnen. Die Rechtsvertretung der Zeitung wendet sich gegen den Vorwurf, die Autorin des Beitrags habe „vorgeschlagen“, transsexuelle Menschen in ihrem Geschlecht nicht ernst zu nehmen, wie die Beschwerdeführerin es vortrage. Vielmehr berichte die Autorin nur davon, dass auch zahlreiche Unternehmen aktiv geworden seien, um der Diskriminierung von Transsexuellen entgegenzutreten. Die Autorin beschreibe lediglich, wie transsexuelle Mitarbeiter von anderen Mitarbeiterinnen wahrgenommen worden seien. Sie habe nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst diese Wahrnehmung teile, geschweige denn gutheiße.
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Der Tarifstreit einer Firma mit der IG Metall ist Thema in der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Die Zeitung berichtet, dass sich das Management jetzt direkt an die Mitarbeiter wende, um im Tarifstreit zu einem Ergebnis zu kommen. Ein runder Tisch mit dem Unternehmen, der Gewerkschaft und wichtigen Kunden sei nicht zustande gekommen. Die Gewerkschaft habe darauf hingewiesen, dass sie nicht mit Kunden, sondern mit dem Unternehmen verhandele, und dass Produktionsprobleme bei Kunden im Umfeld von Streiks durchaus normal seien. Jetzt – so die Zeitung – habe sich die Geschäftsführung mit einem Brief direkt an die Mitarbeiter gewandt. Der Brief wird im Wortlaut wiedergegeben. Darin wird die Gewerkschaft massiv kritisiert. Sie unternehme über die sozialen Netzwerke und andere Kanäle alles, um die Belegschaft aufzuhetzen, so dass es auch zu Personen- und Sachschäden komme. Zitat aus der Auseinandersetzung: „…dann fließt dein Blut, hast du schon mal mit Nasenbeinbruch im Auto gesessen, dann kannst Du Angst um dein Leben haben, wir wissen wo du wohnst“. Der Beschwerdeführer, Erster Bevollmächtigter der örtlichen IG Metall, sieht in dem Wortlautabdruck eines Mitarbeiterbriefes des Managements einen Verstoß gegen das Prinzip der objektiven Berichterstattung. Der Brief enthalte falsche Darstellungen und Anschuldigungen gegen die IG Metall. Dies werde von dem Management bewusst getan, um die Mitarbeiter einzuschüchtern und sie zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Der Abdruck dieses Schreibens im Wortlaut sei nach Meinung der IG Metall ein einseitiger Eingriff der Zeitung zum Nachteil der Gewerkschaft und zum Vorteil der Firma. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf, mit dem Abdruck des Briefes gegen das Prinzip der objektiven Berichterstattung verstoßen zu haben, zurück. Der Brief-Abdruck sei einer von mehreren Beiträgen, die die Zeitung über die Auseinandersetzung zwischen der Firmenleitung und der Gewerkschaft veröffentlicht habe. Im Rahmen ihrer Berichterstattung seien die Beteiligten gleichberechtigt zu Wort gekommen.
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Eine lokale Internet-Zeitung berichtet über eine Schlägerei zwischen acht Männern am Hauptbahnhof einer süddeutschen Großstadt. Drei von ihnen stammten aus Eritrea. Fünf der Beteiligten hätten eine dunkle Hautfarbe. Am Ende des Beitrages werden Zeugen gebeten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass Nationalität und Hautfarbe der Beteiligten nicht von öffentlichem Interesse seien. Die entsprechenden Hinweise darauf hätten deshalb unterbleiben müssen. Der für die Inhalte der Online-Zeitung Verantwortliche teilt mit, dass man die Nationalität nur dann nenne, wenn es für das Verständnis des konkreten Falles substantiell von Bedeutung sei. Die Kritik des Beschwerdeführers an der Nennung dieser Details sei berechtigt. Man hätte diese Informationen nicht veröffentlichen sollen. Sie seien leider „durchgerutscht“. Die Redaktion habe den Archiv-Artikel mittlerweile geändert und die kritisierten Angaben entfernt.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über eine „Mohrenkopfschleudermaschine“ in der Fußgängerzone einer Kleinstadt im Verbreitungsgebiet der Zeitung. Das „lustige Wurfgeschoss“ habe für eine „Mordsgaudi“ gesorgt. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex. Schon die Überschrift – sie besteht aus dem Wort Mohrenkopfschleudermaschine – sei rassistisch und diskriminierend. Viermal sei das Wort im Bericht zu lesen. Die Redaktion habe es versäumt, das Wort „Mohrenkopf“ durch die gängigen Bezeichnungen „Schokokuss“ oder „Schaumkuss“ zu ersetzen, wie es jeder Bäcker tue und wie es auch im Handel üblich sei. Der Chefredakteur der Zeitung bedauert die Verwendung des Begriffs. Die Bezeichnung Mohrenkopfschleudermaschine stamme vom Veranstalter. Die Redaktion hätte dennoch den Begriff in An- und Abführungszeichen setzen müssen. Der gesamte Beitrag sei kein Ruhmesblatt für die Redaktion. Die mehrfache Nennung des unstrittig diskriminierenden Begriffs „Mohrenkopf“ sei überflüssig. Der gesamte Beitrag sei journalistisch eher schwach. Selbstverständlich liege es der Redaktion fern, rassistische oder fremdenfeindliche Begriffe zu verbreiten. Eine klare Einordnung zum Thema könne man der beigefügen Wochenendkolumne entnehmen. Deren Autorin habe die Position der Zeitung zum sensiblen Umgang mit Sprache auf den Punkt gebracht. Alle Redakteure der Zeitung seien mündlich und schriftlich zu mehr sprachlicher Sensibilität ermahnt worden. Der Chefredakteur schreibt weiter, die Autorin des Beitrages sei durch die zuständige Lokalchefin auf die unzureichende Qualität ihres Artikels hingewiesen und aufgefordert worden, künftig an der eigenen sprachlichen Sensibilität zu arbeiten. Mittlerweile habe auch ein klärendes Gespräch mit dem Beschwerdeführer stattgefunden.
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Eine regionale Nachrichten– und Party-Online-Zeitung berichtet unter der Überschrift „Junggesellenabschied auf Mallorca“ über einen Unfall auf der Mittelmeerinsel. Ein 41-jähriger Engländer sei in einen Pool gesprungen. Dabei habe er sich so schwer verletzt, dass er ins Koma gefallen sei. Die Redaktion zeigt Fotos, auf denen der Schwerverletzte in seinem Krankenbett zu sehen ist. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung der Fotos eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Unfallopfers. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass die veröffentlichten Fotos vom Facebook-Account eines Freundes des Abgebildeten stammten. Dieser habe mit den Bildern eine Spendenaktion für seinen Freund ins Leben gerufen. Der Autor des kritisierten Artikels sei deshalb davon ausgegangen, dass der Abgebildete mit der Veröffentlichung der Fotos wohl einverstanden gewesen sei. Auch seine Ehefrau, die auf einem der Fotos zu sehen ist, habe wohl eingewilligt. Eine mutmaßliche Einwilligung des Unfallopfers habe man darin gesehen, dass es laut Facebook-Eintrag offensichtlich in der Vergangenheit selbst an ähnlichen Spendenaktionen für andere beteiligt gewesen sei. Man sehe daher keine Verletzung presseethischer Grundsätze.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Interview mit zwei Psychologinnen zum Thema Einsamkeit. Die Überschrift lautet „Wie kann es sein, dass mich niemand vermisst?“, die Dachzeile „Identität des Berliner Joggers geklärt“. Rund vier Monate nach seinem Sturz in einem Berliner Park, berichtet der Autor, sei nun die Identität des Joggers geklärt worden. Ein Anwohner habe den entscheidenden Hinweis gegeben, nachdem er einen Bericht gesehen habe. Danach habe den Mann offensichtlich monatelang niemand vermisst, obwohl er mitten in Berlin gelebt habe und sein Briefkasten übergequollen sei. Die Nachbarschaft habe die Abwesenheit des Joggers einfach ignoriert oder ausgeblendet. Die Zeitung stellt die Frage, wie ein Mensch monatelang von der Bildfläche verschwinden könne. Die Redaktion hat zwei Psychologinnen zu dem Phänomen im Interview befragt. Zum Bericht gestellt ist ein Foto, das in Nahaufnahme das verpixelte Gesicht des im Koma liegenden Joggers zeigt. Bildtext: „Er brach beim Joggen zusammen und schlug mit dem Kopf auf.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert die Berichterstattung, die nach seiner Auffassung sensibler hätte ausfallen müssen. Dies umso mehr, als die Identität des Mannes für die Polizei nunmehr geklärt sei. Die Zeitung hätte die Identität des verunglückten Joggers schützen müssen. Die Chefredaktion der Zeitung bedauert die Darstellung des Verunglückten mit einem Foto. Das Bild hätte zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung aus presseethischen Gründen nicht mehr veröffentlicht werden dürfen. Leider passierten derartige Missgeschicke im bisweilen unübersichtlichen und hektischen Arbeitsalltag einer Online-Redaktion. Vermutlich würden sie sich nie ganz vermeiden lassen. Die Redaktion bemühe sich jedoch nach Kräften, derartiges möglichst zu verhindern. Das fragliche Foto sei aus dem Angebot der Zeitung genommen worden. Es könne auch über Suchmaschinen nicht mehr angesehen werden.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Familiendrama in Nordrhein-Westfalen. Eine Großmutter habe die Leichen ihrer Tochter und ihrer beiden Enkelinnen gefunden. Die 36-jährige Ina B. habe ihre Kinder und dann sich selbst umgebracht, heißt es in dem Artikel. Fotos von Mutter und Kindern illustrieren den Bericht. Als Quelle für die Fotos wird „Privat“ vermerkt. Ein anonymer Beschwerdeführer kritisiert, dass die Zeitung gedruckt und online Fotos des nicht-öffentlichen Facebook-Profils der Verstorbenen veröffentlicht habe. Nach Rücksprache mit dem Ehemann von Ina B. habe der Beschwerdeführer bei der Redaktion erwirkt, dass die Bilder der Kinder aus dem Internet genommen wurden. Dies sei jedoch nicht vollständig gemacht worden, da im späteren Verlauf des Tages weiterhin Bilder im Internet zu finden gewesen seien. Nach einem weiteren Anruf bei der Redaktion seien dann auch diese gelöscht worden. Es sei pietätlos und für die Angehörigen schwer erträglich, diese Bilder zu sehen. Der Beschwerdeführer sieht einen Verstoß gegen den Opferschutz. Die Online-Ausgabe der Zeitung habe kurz nach der Tragödie zunächst auch die richtigen Vornamen plus Initial des Nachnamens der betroffenen Personen veröffentlicht und diese später ausgetauscht. Die Chefredaktion hält in ihrer Stellungnahme an der in derartigen Fällen regelmäßig vertretenen Auffassung fest, dass die Öffentlichkeit bei Kapitalverbrechen ein besonderes Interesse daran habe, von den Medien umfassend – also durchaus unter Einbeziehung von Einzelschicksalen und dann auch personalisierend – informiert zu werden. Dies gelte in diesem Fall umso mehr, als die Tötung der eigenen beiden Kinder mit anschließendem Selbstmord in ihrer Art und Dimension außergewöhnlich sei. Im Übrigen habe die Redaktion bereits am Tag der Erstveröffentlichung trotz Bestehens eines überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des Pressekodex freiwillig das Foto der Täterin entfernt und die abgekürzten Namen aller Beteiligten noch weiter anonymisiert.
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