Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Wir präsentieren Ihnen Deutschland zum Sammeln“ und der Dachzeile „Wir verlosen 10 Startersets ´Schwarz Rot Gold´“ über ein neues Panini-Album mit 333 Sammelbildern zum Thema 70 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Im Artikel wird das Album sehr positiv beschrieben. Der Autor fordert zum Sammeln auf. Unter dem Artikel und im Gefolge des Zwischentitels „Und so können Sie mitmachen“ werden die Bezugsmöglichkeiten, Sonderangebote und Preise der Aktion mitgeteilt. Am Tag darauf erscheint auch im Print ein Artikel zum Thema unter der Überschrift „Deutschland zum Sammeln“. Ein Infokasten erläutert die Sammel-Aktion, nennt Preise und Bezugsquellen. Eine Leserin der Zeitung vermisst eine Kennzeichnung über das Eigeninteresse des Verlages an der Aktion. Sie bezeichnet die Beiträge als in Werbung gehüllte Berichterstattung und hält die Veröffentlichung für unredlich. Diese diene der Durchsetzung der eigenen, geschäftlichen Interessen. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Das von einem zum Verlag gehörenden Unternehmen herausgegebene Album wolle bedeutende Momente und Personen seit der Schaffung des Grundgesetzes aufzeigen und so über mehrere Generationen hinweg historisches Wissen vermitteln, auf die „Politikverdrossenheit“ reagieren und einen Beitrag zur Demokratieförderung leisten. Die Rechtsvertretung betont das öffentliche Interesse an dem Thema des Albums im Vorfeld des 70. Jahrestages des Grundgesetzes.
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„Diese Liebe endete im Blutbad“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im Beitrag informiert die Redaktion über eine Beziehungstat. Ein Mann soll zuerst seine Freundin und dann sich selbst umgebracht haben. Dem Artikel beigestellt sind Fotos der beiden. Sie werden „Pascal F. (41)“ und „Lioba G. (23)“ genannt. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen, da sie identifizierbar würden. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung sieht der Beschwerdeführer nicht. Die Zeitung äußert nicht sich zu der Beschwerde.
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„Vater erstickte Kinder mit Bauschaum“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über einen anstehenden Prozess. Einem Mann wird vorgeworfen, seine beiden Kinder getötet zu haben. Er soll sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ihnen dann Bauschaum in den Mund gespritzt haben. Im Beitrag enthalten sind unverfremdete Fotos des Jungen (5), des Mädchens (2) und des mutmaßlichen Täters. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht den Opferschutz der Kinder durch die Veröffentlichung ungepixelter Bilder verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Redaktion bemühe sich zurzeit um die Einwilligung der Mutter der Kinder zur Veröffentlichung der Bilder. Der Vater habe die Fotos etwa zwei Stunden vor seiner Tat gemacht und per WhatsApp an mehr als 30 Personen in aller Welt geschickt. Die Fotos seien später auch im Prozess als Beweismittel für den geplanten Mord ungepixelt verwendet worden. Es sei die Absicht des Vaters gewesen, viele Leute die Bilder seiner Kinder sehen zu lassen. Die Mutter der Kinder habe mit dem Autor des Beitrages regelmäßig in Kontakt gestanden und der Veröffentlichung nie widersprochen.
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„Laila (1) erfror auf der Flucht vor dem Krieg“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über den Krieg in Syrien und ein auf der Flucht erfrorenes 18 Monate altes Mädchen. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Kindes und nennt dessen Vornamen. Zwei Leser der Zeitung sehen in dem Foto eine Verletzung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsschutzes des Kindes sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung. Die Rechtsabteilung der Zeitung nennt das Foto berührend und schrecklich. Es stehe als Sinnbild für eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit. Es sei Aufgabe der Presse, die Leser darüber zu informieren, was für ungeheure Dramen sich in den Flüchtlingslagern im Norden Syriens abspielten. Es gehöre zur Chronistenpflicht der Presse, die Realität abzubilden, möge sie auch noch so traurig sein. Medien dürften der Öffentlichkeit zeitgeschichtlich bedeutsame Geschehnisse der hier berichteten Art nicht verschweigen. Ein presseethisches Dogma, demzufolge über das Elend der Flüchtlingskrise nicht auch personalisierend und anhand von individuellen Kinder-Schicksalen berichtet werden könnte, gebe es nicht. Das veröffentlichte Foto dokumentiere ein grausames Ereignis. Das geschehe jedoch nicht auf sensationslüsterne oder herabwürdigende Weise. Vielmehr begegne der Betrachter dem Opfer mit Mitleid und Trauer angesichts seines schrecklichen Schicksals.
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Ein onkologisches Zentrum wird in den Krankenhausplan als eines von vier Zentren mit besonderer gesundheitspolitischer Bedeutung für ein Bundesland aufgenommen. Die örtliche Zeitung berichtet online über das Thema. Ein anonymisierter Beschwerdeführer merkt an, die Autorin des Beitrages sei Pressesprecherin des onkologischen Zentrums. Damit verstoße die Zeitung gegen den Pressekodex. Eine Unabhängigkeit in der Berichterstattung sei in diesem Fall nicht gegeben bzw. stark anzuzweifeln. Die Autorin arbeite als freie Journalistin auch für die Regionalzeitung. Als Pressesprecherin des Klinikums dürfe sie seiner Meinung nach nicht über das Klinikum berichten. Auch habe es die Redaktion versäumt, die Doppelfunktion der Autorin transparent zu machen. Der Chefredakteur der Zeitung antwortet auf die Beschwerde. Es sei ein Versehen gewesen, dass man die Pressesprecherin als Autorin genannt habe. Dies hätte nicht passieren dürfen. Es sei richtig, dass die Pressesprecherin bis vor kurzem freie Mitarbeiterin der Redaktion gewesen sei. Sie habe aber nie über das Krankenhaus berichtet, sondern nur über kulturelle Themen.
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Auf einer mit „Exklusiv“ überschriebenen Seite veröffentlicht eine Regionalzeitung drei Anzeigen für ein Restaurant, ein Betten-Fachgeschäft und einen Hörgeräte-Akustiker. Den Anzeigen ist jeweils ein redaktionell gestalteter Text beigefügt. Ein Leser der Zeitung sieht in den redaktionell gestalteten Beiträgen eine Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet ist. Er weist auf mehrere Beschwerden hin, die er in letzter Zeit wegen ähnlich gelagerter Veröffentlichungen in dieser Zeitung an den Presserat gerichtet habe. Der Chefredakteur gibt in seiner Stellungnahme dem Beschwerdeführer recht. Die in der Beschwerde genannte Seite sei entgegen der sonstigen Übung nicht ausdrücklich als Werbung gekennzeichnet gewesen. Es handele sich um ein Versehen, das ausschließlich technische Gründe habe. Üblicherweise werde dieses Seitenformat nach einem Presserat-Hinweis vom Vorjahr eindeutig durch Anzeigen-Hinweise kenntlich gemacht.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über die sechs Jahre zurückliegende Ministerpräsidentenwahl im thüringischen Landtag. Ihren Recherchen zufolge sei Bodo Ramelow nur dank einer AfD-Stimme ins Amt gehoben worden, und zwar mit 46 von 90 Stimmen. Im Artikel kommt ein damaliger AfD-Abgeordneter zu Wort, der angibt, nach Anfrage durch SPD-Politiker seine Stimme für Ramelow abgegeben zu haben. Ein Leser der Zeitung bemängelt, es werde im Beitrag als wahr dargestellt, dass Ramelow mit einer AfD-Stimme zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Tatsächlich habe der Erfurter Landtag 2014 – anders als im Artikel dargestellt – aus 91 Abgeordneten bestanden. Rot-Rot-Grün habe mit 46 Abgeordneten die absolute Mehrheit gehabt. Ramelow sei im zweiten Wahlgang mit 46 Stimmen gewählt worden. Eine Stimme sei ungültig gewesen. Es habe eine Enthaltung gegeben. Es sei also sehr wahrscheinlich, dass die erforderlichen 46 Stimmen alle aus der rot-rot-grünen Fraktion gekommen seien. Zumindest sollte diese Möglichkeit in dem Beitrag genannt werden. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, der Beitrag mache für jeden Leser erkennbar, dass es der Abgeordnete selbst gewesen sei, der die Zeitung darüber informiert habe, dass im Jahr 2014 namhafte SPD-Politiker auf ihn mit der Frage zugekommen seien, ob er Bodo Ramelow seine Stimme geben könne. Der Abgeordnete gegenüber der Redaktion: „Das habe ich dann auch getan“. Dass es eventuell aber auch ganz anders gewesen sein kann, habe die Redaktion gegen Ende des Beitrages ebenfalls deutlich gemacht, in dem man Bodo Ramelow wie folgt zitiert habe: „Das kann ich mir nicht vorstellen!“ Die Rechtsabteilung: Wieso es auf einmal presseunethisch sein solle, dass Medien Darstellungen von selbst und unmittelbar an einem zeitgeschichtlich bedeutsamen Geschehen Beteiligten zitieren, sei für sie nicht ersichtlich.
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Eine in Bayern erscheinende Regionalzeitung veröffentlicht eine Beilage mit dem Titel „Die Region wählt“. Auf der Titelseite steht der Hinweis „Verlags-/Anzeigenbeilage der … -Zeitung“. Im Inneren der Beilage stellen sich Landrats-, Bürgermeister-, Kreistags- und Stadtratskandidaten vor. Diese Vorstellungen sind jeweils mit der Kennzeichnung „Anzeige“ versehen. Im Impressum auf Seite 3 der Beilage ist der gleiche Hinweis zu lesen. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Beilage nicht als Werbung erkennbar sei. Sie erwecke zudem den falschen Eindruck, als würden darin alle Kandidaten von der Redaktion vorgestellt. Die in der Publikation enthaltenen Anzeigen stammen allerdings ausschließlich von der CSU und den Freien Wählern. Die Geschäftsführung der Zeitung teilt mit, dass es sich bei der Beilage um ein bezahltes Anzeigen-Angebot an alle Kandidaten und Kandidatinnen für die Kommunalwahlen handele, sich vorzustellen und ihre programmatischen Gedanken als Anzeige und in Interviewform zu präsentieren. Dass die veröffentlichten Anzeigenbeiträge kostenpflichtig seien, werde nicht verschwiegen, sondern ergebe sich aus dem Titel der Beilage als „Verlags-/Anzeigenbeilage“. Jeder Partei bzw. Wählervereinigung sei es selbstverständlich freigestellt gewesen, sich für dieses Angebot zu entscheiden oder davon keinen Gebrauch zu machen. Daher schreibe die Zeitung auch in der Einleitung: „Daher erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für den Inhalt der einzelnen Anzeigen sind die Kandidaten verantwortlich“. Die Redaktion habe weder konzeptionell noch inhaltlich auf die Beilage Einfluss gehabt. Die Kennzeichnung der Beilage als „Verlags-/Anzeigenbeilage….“ entspreche den Vorgaben des bayerischen Landespressegesetzes.
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Eine Programm-Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Homöopathie für unterwegs“ über homöopathische Mittel für die Reiseapotheke. Sie teilt mit, dass die Präparate als Globuli, Tabletten und Salben angeboten würden, und benennt eine Firma als Bezugsquelle. Für weitere Informationen wird auf eine Internet-Seite verwiesen. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass die Redaktion für einen einzelnen Homöopathie-Hersteller werbe. Die Nennung des Unternehmens verstoße gegen die Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten). Es gebe keinen erkennbaren redaktionellen Grund, einen einzelnen Hersteller herauszustellen. Der Autor werbe insgesamt völlig unkritisch für homöopathische Mittel. Der Leser bezeichnet die Nennung des Herstellers als Schleichwerbung. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Nennung des Herstellers diene dem Informationsinteresse der Leser. Eine Gegenleistung für die Erwähnung habe es nicht gegeben. Eine Beeinflussung der Redaktion durch ökonomische Interessen habe nicht stattgefunden. Die Nennung eines bestimmten Herstellers sei darin begründet gewesen, dass es sich dabei mit Abstand um den größten Hersteller von homöopathischen Mitteln in Deutschland handele. Die Produkte dieses Herstellers seien erfahrungsgemäß in den meisten Apotheken vorrätig. Die gute Verfügbarkeit sei vor allem im Blick auf die aktuell durch die Corona-Pandemie bedingten Engpässe bei einigen Arzneiprodukten ein relevanter Grund für die Nennung.
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„Nackter Mann in Münchner U-Bahn“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung einen Beitrag. Darin wird berichtet, dass ein Mann nur mit einem Hemd bekleidet durch einen Münchner U-Bahnhof gelaufen ist. Auf einem beigestellten Foto ist der Mann – versehen mit einem Augenbalken - zu sehen. Ein Leser der Zeitung teilt dem Presserat mit, dass er den Mann kennt. Er sieht dessen Persönlichkeitsschutz verletzt und kritisiert eine herabwürdigende Darstellung. Die Rechtsabteilung des Blattes sieht keine Verletzung presseethischer Grundsätze. Der Betroffene werde nicht identifizierbar dargestellt. Sein Name werde nicht einmal in abgekürzter Form genannt. Es sei durchgängig nur von „einem Mann“ die Rede. Zudem werde sein Gesicht durch einen breiten Gesichtsbalken anonymisiert. Unabhängig davon wäre auch selbst dann kein Verstoß gegen den Pressekodex gegeben, wenn die Redaktion über den Mann identifizierend berichtet hätte. Es gehe hier um eine Straftat, die sich in der Öffentlichkeit abgespielt habe. Ziffer 8, Richtlinie 8.1, Absatz 2, Satz 3, führe als Regelbeispiel für das Überwiegen des berechtigten Interesses der Öffentlichkeit gegenüber den schutzwürdigen Interessen von Betroffenen das Begehen der Tat in der Öffentlichkeit an.
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