Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
In einer Regionalzeitung erscheint gedruckt und online ein Leserbrief unter der Überschrift „Manipulative Propaganda“. Darin zählt der Einsender Beispiele dafür auf, dass Diffamierung und Ausgrenzung salonfähig geworden seien. Ein Beispiel für seine Feststellung sei, dass „die demokratisch gewählte Kanzlerin symbolisch am Galgen hängend durch die Straßen getragen“ worden sei. Er schreibt, dies seien „ja alles Untaten der Partei“. Dem Zusammenhang ist zu entnehmen, dass die AfD gemeint ist. Ebenfalls gedruckt und online veröffentlicht die Zeitung drei Wochen später einen Leserbrief unter der Überschrift „Einst war es die Gleichschaltung“. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass im Leserbrief „Manipulative Propaganda“ behauptet werde, dass die umgangssprachliche als „Merkel-Galgen“ bezeichnete Vorrichtung eine „Untat der Partei“ (gemeint sei die AfD) gewesen sei. Tatsächlich sei dieser von einer Einzelperson konstruiert und auf einer Pegida-Demonstration mitgeführt worden. Der Beschwerdeführer weiter: Im Leserbrief „Manipulative Propaganda“ werde verkündet, die AfD wäre als „einzige Partei im letzten Bundestagswahlkampf“ nicht bereit gewesen, auf Bots, also computersimulierte Pseudopersonen, zu verzichten“. Das sei eine falsche Tatsachenbehauptung. Es sei ferner anzunehmen, dass es sich bei dem Verfasser des Leserbriefs „Einst war es die Gleichschaltung“ um einen Kommunalpolitiker handele, der vor wenigen Jahren noch als Schriftführer eines Bürgerblocks aktiv war. Darüber sei die Leserschaft nicht informiert worden. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, er stehe in Kontakt mit dem Beschwerdeführer, werde aber zu dessen Kritik keine Stellungnahme abgeben.
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Der Prozessbeginn wegen versuchten Totschlags gegen den Geschäftsführer eines der größten deutschen Handelsunternehmen einer Automarke und seinen Sohn ist online Thema in einer Boulevardzeitung. Der Geschäftsführer sitzt auch im Verwaltungsrat eines Fußball-Bundesligisten. Der Sohn soll vor einer Bar zunächst einem 46-jährigen Mann einen Faustschlag versetzt haben. Später soll der Vater den Mann niedergeschlagen haben. Vater und Sohn – die Zeitung nennt beide mit Klarnamen und Altersangabe - hätten auf den am Boden Liegenden eingetreten und ihn dabei schwer verletzt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Namen. Vater und Sohn würden von der Zeitung eindeutig identifizierbar dargestellt. Der Chefredakteur teilt mit, die Redaktion halte an ihrer grundsätzlichen presseethischen Position fest: Insbesondere bei spektakulären Geschehnissen und – wie in diesem Fall - schwersten Kapitaldelikten habe die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse daran, von den Medien umfassend und gegebenenfalls auch personalisierend über die Aufarbeitung des Unrechts durch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden informiert zu werden. Im vorliegenden Fall überwiege das große Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen der mutmaßlichen Täter. Der Chefredakteur betont abschließend, dass die Redaktion lediglich dem grundgesetzlichen Informationsauftrag der Presse nachgekommen sei und damit angemessen und presseethisch verantwortungsbewusst die Details des Tatgeschehens dargestellt habe.
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Eine Zeitschrift für landwirtschaftliche Themen veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Mehr Ärzte aus dem Ausland“. Es geht im Beitrag um die gestiegene Zahl ausländischer Ärzte im Bereich der regionalen Ärztekammer. Zum Beitrag gestellt ist das Foto eines dunkelhäutigen Arztes, der ein Kind untersucht. Ein Leser des Blattes vertritt in seiner Beschwerde an den Presserat die Auffassung, dass die Gleichsetzung von dunkler Haut und ausländischer Herkunft diskriminierend sei. Der Chefredakteur der Zeitschrift teilt mit, dass es sich bei der beanstandeten Meldung im Kern um eine Pressemitteilung der regionalen Ärztekammer handele. Die zuständige Redakteurin habe als Illustration der Meldung über die gestiegene Zahl ausländischer Ärzte eine Fotografie aus einer Bilddatenbank ausgesucht. Im Bildtext sei die Rede davon, dass ausländische Ärzte für die regionale ärztliche Versorgung unentbehrlich seien. Es sei nicht die Absicht der Redaktion gewesen – so der Chefredakteur weiter - , mit der Veröffentlichung Dunkelhäutige zu diskriminieren. Im Gegenteil betone der Autor der Meldung, welchen wertvollen Beitrag zum Gemeinwesen unserer Gesellschaft diese Menschen leisteten. Der Chefredakteur teilt mit, dass es der Redaktion durchaus bewusst sei, dass nicht alle dunkelhäutigen Menschen „Ausländer“ seien. Insofern möge die Auswahl des Fotos mit dem dunkelhäutigen Arzt und die Kombination mit dem Begriff „Ausländer“ als unglücklich empfunden werden. Dennoch gehe er davon aus, dass die Bild-Text-Kombination nicht diskriminierend sei. Er kündigt an, dass die Redaktion künftig in vergleichbaren Fällen noch sensibler sein werde.
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Eine Auto-Fachzeitschrift veröffentlicht einen Artikel, in dem ein Audi und ein Mini vorgestellt werden. In der Schilderung des Audi findet sich der Satz: „Der Allrad vollstreckt wie ein Mafia-Killer“. Ein Leser kritisiert diese Aussage. Dies sei angesichts der Schreckensherrschaft der Mafia überhaupt nicht lustig. Der Vergleich gehöre nicht in einen Auto-Test. Der Chefredakteur der Zeitschrift betont, dass es sich bei dem Vergleich um ein satirisch gemeintes literarisches Stilmittel handele. Die Formulierung möge nicht jedem gefallen, sei aber nicht zu beanstanden. Weder verharmlose noch verherrliche der Vergleich die Gewalttätigkeit der Mafia.
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Der sogenannte „Axtmord von Limburg“ ist Thema der Berichterstattung in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift des Beitrages lautet: „Killer brüllte: ´Du hast nicht gehört, was ich gesagt habe“. Der Nutzer sieht das an eine Hauswand gerammte Auto des Täters, vor dem das Opfer voll verpixelt auf dem Boden liegt. Auf weiteren Bildern sieht man Blumen und Kerzen am Tatort sowie die Axtspuren auf dem Straßenpflaster. Die Redaktion lässt eine Augenzeugin zu Wort kommen, die mit dem Vornamen und dem ersten Buchstaben des Nachnamens genannt wird. Die Frau wird auch im Bild gezeigt. Im nachrichtlichen Video sieht man ebenfalls das verpixelte Opfer vor dem Auto liegen. Der mutmaßliche Täter wird als „Deutscher mit tunesischen Wurzeln“ bezeichnet. Ein Nutzer der Zeitung kritisiert, die Berichterstattung würdige nicht nur das unmittelbare Opfer der Gewalttat vor allem für Angehörige und minderjährige Leser in unerträglichem Maße herab, sondern mache auch das mittelbare Opfer der Tat - die Augenzeugin - zum Gegenstand unnötiger sensationsheischender Berichterstattung. Das Foto der Augenzeugin vom Tatort sei „unsäglich“. Die Nennung der ethnischen Wurzeln des Täters sei im Übrigen irrelevant. Der Chefredakteur vermag nicht ansatzweise zu erkennen, dass die Redaktion das Opfer der Gewalttat herabgewürdigt hätte. Auch der Vorwurf, die Augenzeugin sei zum Instrument einer „sensationsheischenden Berichterstattung“ gemacht worden, weist der Chefredakteur entschieden zurück. Es erfolge zudem keinerlei Diskriminierung des Täters durch die Erwähnung seiner ethnischen Herkunft.
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„In 80 Metern Höhe: Mann hängt kopfüber an Schornstein und stirbt“, titelt eine Regionalzeitung online. Sie dokumentiert die in der Überschrift geschilderte Szene mit einem Foto. Ein Leser der Zeitung sieht den Persönlichkeitsschutz des Opfers nach Ziffer 8 des Pressekodex verletzt. Ein Vertreter des Verlages teilt mit, dass der Mann auf dem Schornstein wegen der Verpixelung nicht zu erkennen gewesen sei. Später habe die Redaktion ein weiteres Foto der Agentur in den Internet-Auftritt der Zeitung gestellt, das noch stärker als das erste Bild verpixelt gewesen sei. Tags darauf habe der diensthabende Online-CvD das Bild ganz entfernt. Seiner Einschätzung nach seien beide Fotos – ob mit geringer oder stärkerer Verpixelung – für die Illustration des Artikels nicht angemessen gewesen. Der Verlagsvertreter teilt mit, dass das Opfer auf keinem der von der Agentur gelieferten Bilder zu erkennen gewesen sei. Der Hauptvorwurf des Beschwerdeführers, eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Opfers, treffe daher nicht zu. Allerdings sei die Verwendung des Bildes des am Schornstein hängenden Leichnams nach Richtlinie 11.3 des Kodex unangemessen sensationell gewesen und deshalb vom CvD zu Recht entfernt worden.
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Eine Großstadtzeitung berichtet online unter der Überschrift „Wenn die Mitbewohnerin plötzlich verschwindet“ über die Suche der Verfasser des Artikels nach ihrer plötzlich verschwundenen Mitbewohnerin. Die Autoren stellen ausführlich dar, wie die „Karina Zapfer“ genannte Person in der WG eingezogen und dann schließlich weggeblieben sei, ohne ihren Anteil an der Miete zu bezahlen. Erwähnt wird im Beitrag, dass dort, wo „Karina“ gewohnt und gearbeitet habe, Wertsachen fehlten. Unter den in der WG hinterlassenen Sachen hätten sich Gegenstände befunden, die anderen Personen gehörten. Detailliert werden die Rechercheschiritte dargestellt, die die Autoren des Artikels schließlich zum neuen Wohnort der Frau geführt hätten. Unter anderem wird aus dem Instagram-Account von „Karina Zapfer“ zitiert. Eine Leserin der Zeitung kritisiert den Artikel, in dem berichtet werde, dass eine Frau eine chronische Lügnerin sei, die Wertsachen stehle oder zumindest veruntreue. Details aus ihrem Privatleben würden ausführlich dargestellt. Der Name sei im Artikel durch Pseudonym ersetzt, doch werde aus ihrem Instagram-Account zitiert, der sich durch eine einfache Suchmaschinen-Recherche auffinden lasse und in dem sich nicht nur Fotos der Frau, sondern auch Informationen über ihren Wohnort fänden. Zusammen mit den ausführlichen Beschreibungen im Artikel könne die Frau leicht identifiziert werden. Die Anonymisierung sei unzureichend. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Eine Regionalzeitung berichtet über eine Land- und Gartenmesse, die als besonders und neuartig dargestellt wird. Kernstück sei ein privater Tauschtag für Pflanzen und Samen. Der Autor wird mit „red“ angegeben. Monate später veröffentlicht die Zeitung ein Interview mit einem Mitveranstalter der Messe auf dem „Hof alla Cava“. Das Interview führt eine Redakteurin, die namentlich genannt wird. Wiederum später schreibt die gleiche Redakteurin über eine neue lokale Umweltschutz-Initiative („Projekte für morgen“). Als Kontaktadresse wird wiederum der „Hof alla Cava“ angegeben. Ein anonymer Beschwerdeführer wirft der Redakteurin vor, sie unterschlage, dass sie zumindest Gründungsmitglied, wenn nicht Initiatorin der Gruppe „Projekte für morgen“ sei. Sie habe die Initiative selbst öffentlich vorgestellt und an einem Info-Tisch vertreten. Sie sei den Betreibern des „Hof alla Cava“ eng verbunden. Sie beschreibe die Gartenmesse in dem Hof schwärmerisch, um Aussteller zu werben. Als Kontakt für Interessierte werde die Handynummer der Redakteurin angegeben. An keiner Stelle mache diese ihre persönlichen Interessen deutlich. Der Chefredakteur der Zeitung trägt unter anderem vor, so gut wie alle seriösen Medien in Deutschland seien in irgendeiner Form eingebunden in Aufrufe, Initiativen und Kampagnen zur Förderung des Ehrenamtes. Es sei vorbildlich, wie stark eingebundene Redakteure noch Zeit für Ehrenämter investierten. Es bleibe nicht aus, dass diese dank ihrer Qualifikation im Verein bisweilen kommunikative Aufgaben wahrnehmen. Es könne wohl nicht sein, dass Journalisten ehrenamtliche Tätigkeiten untersagt würden. Die Redakteurin stellt klar, dass ihr Engagement für alle Initiativen rein ehrenamtlich und nicht mit Vorteilen (schon gar nicht finanziellen) für sie verbunden sei.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über die Suche nach einer Frau, die wegen Betruges zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und daraufhin mit ihrem achtjährigen Sohn geflohen ist. Die Polizei habe zunächst einen erweiterten Suizid in Erwägung gezogen. Mittlerweile werde aber vermutet, dass die Frau sich mit dem Kind nach Spanien abgesetzt habe. Ein Foto mit den beiden ist zum Artikel gestellt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die unverpixelte Abbildung des Jungen. Das verstoße gegen den Persönlichkeitsschutz des Kindes. Daran ändere auch das von der Redaktion erwähnte Fahndungsersuchen der Polizei nichts. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Art der Berichterstattung wegen des großen öffentlichen Interesses für gerechtfertigt. Die Mutter habe einen Suizid vorgetäuscht. Dann sei sie auf der Flucht gewesen, Der Fall habe erhebliche Brisanz erreicht. Auch andere Medien hätten über den Vorgang berichtet. In diesem Fall überwiege das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen.
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Eine Boulevardzeitung berichtet anlässlich des zehnten Todestages über den Suizid des einstigen Fußball-Nationaltorwarts. In der Überschrift verkündet die Zeitung, sie habe die letzten 50 Stunden des Sportlers nachgezeichnet. Die Redaktion schildert minutiös den Tagesablauf von Robert Enke in den letzten Stunden seines Lebens, so auch sein letztes Bundesligaspiel. Die Redaktion schreibt: „Hatte er zu diesem Zeitpunkt schon seinen Selbstmord geplant? Die Vermutung liegt nahe. In seinem Abschiedsbrief habe sich Enke entschuldigt, wie sein Psychiater Dr. Valentin Markser später erklärt, ´für die bewusste Täuschung über seinen seelischen Zustand der letzten Tage, die notwendig war, um seinen Selbstmordplan verwirklichen zu können´“. Vier Leserinnen und Leser wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie kritisieren, dass über den Suizid in allen Einzelheiten berichtet werde. Das traurige Ende von Robert Enke werde ausgeschlachtet. Die Beschwerdeführer sprechen teilweise von einem Leitfaden, den die Zeitung Suizid-Gefährdeten an die Hand gebe. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. An dem Geschehen selbst sowie an den Tagen vor dem Suizid bestehe ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit. Robert Enke sei ein weltweit bekannter Fußballtorwart und damit eine Person des öffentlichen Lebens gewesen. Vor allem weist die Zeitung den Vorwurf zurück, einen Leitfaden für Suizid-Gefährdete veröffentlicht zu haben. Der eigentliche Vorgang des Suizids werde in der sehr ausführlichen Hintergrundgeschichte nur in zwei kurzen Absätzen angedeutet, ohne dabei ins Detail zu gehen. Es sei auch von presseethischer Bedeutung, dass die Witwe Robert Enkes Kenntnis von der umfangreichen Berichterstattung gehabt und daran auch selbst in der Vorphase mitgewirkt habe.
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