Schutz vor Spannern ja, aber nicht auf Kosten der Presse- und Rundfunkfreiheit
Auch zukünftig muss sichergestellt sein, dass Bildjournalismus mit versteckter Kamera ausnahmsweise möglich und zulässig bleibt, um Missstände aufzudecken. Sämtliche Medienverbände und –unternehmen – Deutscher Presserat, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, Deutscher Journalisten-Verband, Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union, ARD, ZDF und Verband Privater Rundfunk- und Telekommunikation – äußern deshalb Kritik an den aktuellen Gesetzesplänen zur Einführung einer Strafbarkeit für die Herstellung und den Gebrauch von unzulässigen Bildaufnahmen.
Die Rechtspolitiker der Bundestagsfraktionen haben sich vor einigen Tagen darauf verständigt, eine Verletzung der Intimsphäre gesondert unter Strafe zu stellen. Grundlage für diese interfraktionelle Einigung ist ein von Baden-Württemberg und Bayern initiierter Gesetzentwurf des Bundesrats von September 2003. Nach dem künftigen § 201a des Strafgesetzbuches soll sich strafbar machen, wer von einer Person, die sich „in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum“ aufhält, „unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchst persönlichen Lebensbereich verletzt“.
Hintergrund der Regelung sind die unstreitig zu verurteilenden sog. „Spannerpraktiken“, also Fälle, in denen Personen Kameraaugen an versteckter Stelle etwa in Hotelzimmern, Toiletten oder Umkleidekabinen installieren, um in die Intimsphäre Dritter einzudringen.
Die Medienverbände und -unternehmen sehen in der bislang vorgeschlagenen Fassung der Strafnorm allerdings eine Gefahr für die Presse- und Rundfunkfreiheit sowie den freien Zugang zu Informationen. Der Entwurf berücksichtigt weder die bereits geltenden straf- und zivilrechtlichen Normen zum Schutz der Intimsphäre, noch verwendet er hinreichend klare Begriffe. Zudem lässt er jegliche Einschränkungen der Strafbarkeit für Zwecke der Berichterstattung vermissen.
Die Medienverbände und –unternehmen regen daher an, ihre Kritik an dem Gesetzesvorhaben insoweit zu berücksichtigen. Sie fordern den Gesetzgeber gleichzeitig auf, jedenfalls einen klarstellenden Passus in den Entwurf aufzunehmen. Dieser soll vorsehen, dass Taten nicht rechtswidrig sind, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter öffentlicher Interessen begangen werden. Ein solcher Rechtfertigungsgrund würde ein differenziertes Abwägungs-gebot zwischen den Medienfreiheiten des Grundgesetzes und dem Persönlichkeitsschutz statuieren. In ihrer ausführlichen Stellungnahme weisen die Medienverbände dabei auch hin auf die anerkannten journalistischen Grundsätze, wie sie im Pressekodex und verschiedenen Rundfunkrichtlinien festgehalten sind.
Für die anstehende Beratung des Vorhabens in den nächsten Wochen bekunden die unterzeichnenden Verbände und Unternehmen gleichzeitig ihre weitere Gesprächsbereitschaft.
Die gemeinsame Stellungnahme kann auf der jeweiligen Homepage der Verbände und Unternehmen eingesehen werden.