Pressemitteilungen und Aktuelles

Eigentor geschossen

Die beiden Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats sowie der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz tagten am 16., 17. und 18. September 2008 in Bonn.

Das Fußballmagazin KICKER wurde gerügt wegen der Veröffentlichung so genannter Flexformat-Anzeigen: In Veröffentlichungen über die deutsche Fußball-Nationalmannschaft waren sechs Anzeigen „eingebaut“, die in den Fließtext der Artikel eingepasst waren. Diese Gestaltung erweckt den Eindruck, die Werbung sei Bestandteil der redaktionellen Veröffentlichung. Damit wurde der Grundsatz der klaren Trennung nach Richtlinie 7.1 des Pressekodex verletzt.

Richtlinie 7.1 – Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.

Schleichwerbung erkannte der Presserat in einem Beitrag der MITTELBAYERISCHE ZEITUNG über eine Immobilie in München. Die Zeitung hatte auf Basis eines PR-Beitrages und unter Verwendung eines PR-Fotos des Bauträgers über Luxuswohnungen berichtet. Die von der Zeitung vorgenommene Bearbeitung des Werbematerials war nach Ansicht des Ausschusses unzureichend. Die Veröffentlichung enthielt stark anpreisende Formulierungen, mit denen die Grenze zur Schleichwerbung deutlich überschritten wurde.

Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.
Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.

Die Zeitschrift DAS EINFAMILIENHAUS wurde für einen Beitrag zum Thema Bauhaus-Architektur gerügt. In der Veröffentlichung wurden ausschließlich Häuser eines bestimmten Herstellers vorgestellt. Zudem erfolgte ein Hinweis auf die Homepage dieses Unternehmens. In dieser Heraushebung eines bestimmten Herstellers aus einer Palette mehrerer Anbieter sah das Gremium Schleichwerbung.

Ebenfalls wegen Schleichwerbung wurde die BUNTE gerügt. Sie hatte unter der Überschrift „Lustobjekt“ über ein neues Automodell berichtet und in diesem Zusammenhang eine bekannte Schauspielerin, mit der der Hersteller wirbt, zitiert. Die Schauspielerin äußert sich überschwänglich über die Qualität des neuen Wagens. Diese Aussagen waren einer Pressemitteilung des Autoherstellers entnommen. Auch der Designer des Fahrzeuges schwärmt von seiner Kreation: „Es ist das schönste Auto, das ich je entworfen habe.“ Illustriert wurde der Beitrag mit entsprechenden Werbefotos, auf denen der Wagen plakativ in Szene gesetzt wurde. Mit diesem Beitrag wurde die Grenze zwischen zulässiger Berichterstattung über ein neues Produkt und Schleichwerbung deutlich überschritten.

Eine nicht-öffentliche Rüge wurde gegen die BORKUMER ZEITUNG ausgesprochen. Sie hatte über die Verurteilung eines Borkumers zu einer zehnmonatigen Haftstrafe berichtet und dabei dessen vollen Namen genannt. Der Prozess lag mehr als einen Monat zurück. Die namentliche Nennung verletzt den Beschwerdeführer in seinen Persönlichkeitsrechten und ist ein Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Danach veröffentlicht die Presse bei Berichten über Straftaten in der Regel keine Informationen, die Täter oder Opfer identifizierbar machen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse, das eine Ausnahme von dieser Regel rechtfertigen würde, gab es nicht. Schon das eher geringe Strafmaß zeigt, dass es sich nicht um ein außergewöhnlich schwerwiegendes Verbrechen gehandelt hatte. Zum anderen spricht auch die sehr späte Berichterstattung gegen ein allzu hohes Interesse der Öffentlichkeit.

Richtlinie 8.1 – Nennung von Namen/Abbildungen
(1) Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (s. auch Ziffer 13 des Pressekodex) veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. Mit Rücksicht auf ihre Zukunft genießen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz. Immer ist zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. Sensationsbedürfnisse allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen.

Der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz sprach in einem Fall eine Missbilligung aus. Ein Anzeigenblatt veröffentlicht in einer regelmäßigen Rubrik „Glückskreis“ Fotos von willkürlich auf der Straße aufgenommenen Personen ohne deren Wissen. Jeweils eine Person wird durch einen gelben Kreis hervorgehoben. Der Ort der Aufnahme wird genannt. Wenn die Person sich wiedererkennt und sich bei der der Redaktion meldet, erhält sie einen Einkaufsgutschein in Höhe von 25,- €. Der Ausschuss sieht darin eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Ziffer 8 des Pressekodex. Die Fotos der betroffenen Personen dürfen nicht ohne deren Einverständnis veröffentlicht werden.  Durch die Einkreisung des Gesichts einer einzelnen Person wird diese derart individuell hervorgehoben, dass die Fotos nicht mehr den Charakter einer Übersichtsszene haben, sondern ein Personenporträt darstellen.

Ziffer 8 – Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.

Insgesamt wurden in den drei Beschwerdeausschüssen 80 Beschwerden behandelt. Dabei wurden neben den Rügen noch 15 Missbilligungen und 15 Hinweise ausgesprochen. In 37 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet. In drei Fällen hatten sich mehrere Beschwerdeführer gegen dieselbe Veröffentlichung beschwert, hier wird das Ergebnis jedoch nur einmal gezählt.

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