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Rügen für Berichterstattung über Kasia Lenhardt

 

Der Deutsche Presserat hat auf seinen Sitzungen vom 8. bis 10. Juni insgesamt 17 Rügen ausgesprochen.

Behauptung über Kasia Lenhardt verletzte Persönlichkeitsschutz
BILD.DE wurde gerügt für eine Äußerung in einem Interview mit dem Fußballer Jérôme Boateng über dessen Trennung von seiner Partnerin Kasia Lenhardt. Unter der Schlagzeile „Boateng rechnet mit seiner Ex ab” behauptete Boateng, Lenhardt habe Alkoholprobleme. Körperliche und psychische Erkrankungen gehören nach Ziffer 8, Richtlinie 8.6 jedoch zur Privatsphäre, über die nicht ohne Zustimmung der Betroffenen berichtet werden soll. Die Redaktion hatte nach eigenen Angaben Lenhardt zwar mit dem Interview konfrontiert, jedoch keine Äußerung dazu von ihr erhalten. Die Redaktion hätte daher ihrer Eigenverantwortung nachkommen müssen und auf die Veröffentlichung des unbelegten Alkoholismus-Vorwurfs verzichten sollen, zumal dieser dazu geeignet war, die persönliche Ehre der Betroffenen nach Ziffer 9 des Pressekodex zu verletzen.

Privater Chat war nicht von öffentlichem Interesse gedeckt
Eine weitere Rüge erhielt BILD.DE für die Veröffentlichung eines Chats zwischen Kasia Lenhardt und einer anderen ehemaligen Partnerin von Jérôme Boateng. Unter der Überschrift „Die privaten Nachrichten von Kasia an Boatengs Ex“ zeigte die Redaktion offenbar private Sprachnachrichten Lenhardts, welche die ehemalige Partnerin Boatengs auf ihrem Instagram-Account veröffentlicht hatte. Weder bestand an den Chats ein überwiegendes öffentliches Interesse noch lag eine ausdrückliche Einwilligung Lenhardts in die Veröffentlichung durch BILD.DE vor. Damit verletzte die Redaktion die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen nach Ziffer 8 des Pressekodex.

Experte falsch zitiert
BILD wurde für einen Verstoß gegen das Gebot zur Wahrhaftigkeit nach Ziffer 1 des Pressekodex gerügt. Die Redaktion hatte unter der Überschrift „‚BILD Live ist die Stimme des Volkes‘“ über einen Aufsatz eines Politikexperten berichtet, der sich mit dem Format „Bild Live“ befasste. Der Experte habe darin den Erfolg des TV-Formats auf BILD.DE gewürdigt, heißt es im Artikel. Die Überschrift ist als wörtliches Zitat markiert. Tatsächlich hatte der Zitierte jedoch geschrieben: „Hier artikuliert sich die zugrundeliegende aggressive, fast schon inquisitorische Geisteshaltung – ‚Bild live‘ als die Stimme des Volkes gegen die Politikerkaste.“ Darin sah der Beschwerdeausschuss einen gravierenden Verstoß gegen das Gebot zur wahrhaftigen Wiedergabe wörtlicher Zitate. Zudem suggeriert der Artikel, der Zitierte habe sich anerkennend über das TV-Format geäußert. Tatsächlich hatte er jedoch eine erkennbar kritische Haltung zu „Bild Live“ eingenommen.

Verlag veröffentlicht Text einmal als Anzeige und einmal als Artikel
Der GRIESHEIMER ANZEIGER wurde wegen eines schweren Verstoßes gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex aufgeführte Pflicht zur klaren Trennung von Werbung und Redaktion gerügt. Die Redaktion hatte einen Text unter der Überschrift „‚Pono Bowl’s‘ – Die gesunde Schüssel“, der zeitgleich in einem lokalen Anzeigenblatt des Verlages als Anzeige erschienen war, als redaktionellen Artikel veröffentlicht. Darin sah der Ausschuss einen Verstoß gegen Richtlinie 7.2, die eine besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material fordert. In einem weiteren Artikel unter der Überschrift „Sonnenlicht macht Lust auf Liebe“ wurde ein pflanzliches Präparat namentlich als Aphrodisiakum genannt, ohne dass ein ausreichendes öffentliches Interesse an der Erwähnung dieses Präparats erkennbar wurde. Diese Überschritt verletzte ebenfalls die Grenze zur Schleichwerbung. Zudem stellte der Beschwerdeausschuss Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 und das Gebot zur Trennung von Tätigkeiten nach Ziffer 6 fest.

Fortgesetzter Interessenskonflikt eines Autors
PALSTEK wurde für einen schweren Verstoß gegen die in Ziffer 6 des Pressekodex festgeschriebene Pflicht zur strikten Trennung von Tätigkeiten sowie einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 gerügt. Das Fachmagazin war in der Vergangenheit bereits gerügt worden, weil dort ein Autor über Tests von Produkten berichtete, die er als Inhaber eines Fachhandels zum Teil selbst vertreibt. Da die Redaktion an dieser Praxis weiterhin festhielt, wurde sie nun erneut gerügt. Zudem hatte das Magazin in einem Produkttest angegeben, ein angefragter Hersteller habe sein Produkt nicht zur Verfügung stellen können. Tatsächlich hatte der Hersteller gegenüber der Redaktion deutlich gemacht, dass er aufgrund der anzunehmenden Interessenkonflikte des Autors auf eine Teilnahme am Test verzichtet. Die im Artikel gemachte Angabe bewertete das Gremium daher als grobe Irreführung der Leser.

Daniel Küblböck für lebendig erklärt
INTOUCH.WUNDERWEIB.de erhielt eine Rüge für die Berichterstattung unter der Überschrift „Daniel Küblböck lebt: Jetzt kommt alles raus“. Der Beschwerdeausschuss kritisierte die Titelzeile als Clickbaiting. Die Schlagzeile erweckt den Eindruck, dass der bekannte Sänger, der vor mehr als zwei Jahren auf einer Kreuzfahrtreise auf hoher See verschollen war, noch lebt, wovon im zugehörigen Artikel nicht mehr die Rede ist. Im Text selbst geht es vielmehr um die juristische Frage, ob Daniel Küblböck gerichtlich für tot erklärt wird. Die Überschrift ist nicht vom Artikel gedeckt und verletzt die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. Dieses Clickbaiting schadet zudem dem Ansehen der Presse nach Ziffer 1, da mit der Erwartungshaltung der Leserinnen und Leser gespielt wird und diese bewusst in die Irre geführt werden.

Betroffene eines erweiterten Suizids gezeigt
BILD.DE und BILD AM SONNTAG wurden gerügt für Berichte über einen erweiterten Suizid, bei dem ein Mann seine Frau, Kinder und Schwiegermutter umgebracht hatte. Unter der Überschrift „Der Soldat, der seine Familie in Radevormwald auslöschte: Daniel K. ließ nur die Hunde leben“ zeigte die Redaktion unverpixelte Bilder des Täters und der getöteten Familienmitglieder, ohne sich vorher die Einwilligung von Angehörigen eingeholt zu haben. Nur weil Fotos in den sozialen Netzwerken frei zugänglich sind, sind sie nicht automatisch Material für die Berichterstattung, betonte der Beschwerdeausschuss. Die Veröffentlichung verstieß damit gegen den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2. und 8.3 des Pressekodex. Das Gesicht des Täters hätte ebenfalls nicht gezeigt werden dürfen, da an dessen Identität nach Richtlinie 8.1 kein überwiegendes öffentliches Interesse bestand.

Gesicht eines minderjährigen Opfers von Polizeigewalt gezeigt
BILD.DE erhielt eine Rüge für die Abbildung einer 15-Jährigen, die in den USA von der Polizei erschossen worden war. Das Porträtfoto hatte die Redaktion offensichtlich ohne Einwilligung der Angehörigen veröffentlicht und damit den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex verletzt. Kinder und Jugendliche dürfen zudem nach Richtlinie 8.3 in der Berichterstattung über Straftaten in der Regel nicht identifizierbar sein. In dem Artikel unter der Überschrift „US-Cop erschießt 15-Jährige vor laufender Kamera” und dem dazugehörigen Video ging es um eine Auseinandersetzung mehrerer Personen mit der Polizei. Die gezeigten Szenen an sich waren vom öffentlichen Interesse gedeckt, da sie einen Fall von Polizeigewalt in den USA dokumentieren.

Foto von 14-jährigem Opfer wiederholt gezeigt
BILD.DE wurde gerügt für einen Bericht unter der Überschrift „Wenn Kinder Kinder töten”, der sich mit Gewaltverbrechen unter Minderjährigen befasste. Die Redaktion zeigte u.a. das Foto eines 14-Jährigen, der im vergangenen Jahr Opfer einer Messerattacke geworden war. Die Redaktion verwies darauf, dass dessen Mutter der Veröffentlichung dieses Fotos damals zugestimmt hatte. Diese Zustimmung gilt jedoch nur für die konkrete Berichterstattung; für den aktuellen Bericht hätte die Redaktion die Mutter erneut um Erlaubnis fragen müssen, kritisierte der Beschwerdeausschuss - zumal nach Ziffer 8, Richtlinie 8.3 für Kinder und Jugendliche besonders strenge Regeln beim Opferschutz gelten und diese in der Regel bei Berichten über Straftaten überhaupt nicht identifizierbar werden dürfen.

Opfer-Foto von Facebook übernommen
BILD.DE wurde gerügt für die Übernahme eines Porträtfotos einer getöteten Frau von deren Facebook-Account. Unter der Überschrift „Marvin K. (24) in Holland festgenommen!” berichtete die Redaktion über den gewaltsamen Tod einer Frau. Eine Einwilligung der Angehörigen zur Veröffentlichung des Fotos lag nicht vor. Damit verstieß die Redaktion gegen den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex.

Anzeige gestaltet wie das Titelblatt der Zeitung
Die FULDAER ZEITUNG hatte ihre Ausgabe vom 20. Februar 2021 komplett in eine vierseitige Anzeige eines Unternehmens eingebunden, deren erste Seite wie die Titelseite der Zeitung gestaltet war. Auch inhaltlich war sie in Teilen identisch mit der redaktionellen Titelseite der Zeitung. Trotz des zweimaligen Hinweises „Advertorial“ rügte der Presserat hier eine nicht ausreichende Kennzeichnung von Werbung nach Ziffer 7, Richtlinie 7.1 des Pressekodex, da der Begriff „Advertorial“ kein presseethisch anerkanntes Synonym für „Anzeige“ darstellt. Da zudem redaktionelle Beiträge in die Anzeige eingebunden waren, bestand die Gefahr, dass zumindest ein Teil der Leser die Werbung nicht als solche wahrnimmt.

Werbe-Wirkung durch Kombination aus Artikeln und Anzeigen
Einen schweren Verstoß gegen die Pflicht zur klaren Trennung von Werbung und Redaktion nach Ziffer 7 des Pressekodex stellte der Beschwerdeausschuss bei der HÖRZU fest. Unter den Überschriften „Was den Gelenken guttut“ und „Endlich wieder beweglich!“ empfahl das Magazin jeweils Kollagen-Peptide in Kombination mit Hagebuttenextrakt und Vitamin C. In gekennzeichneten Anzeigeplätzen ober- und unterhalb der Artikel wurde für Kollagen-Peptide mit genau dieser Inhaltskombination geworben. Zudem verwies die Redaktion auf eine Hotline, die nicht als Hotline des Herstellers gekennzeichnet war, der die Anzeigenplätze gebucht hatte. Diese räumliche und inhaltliche Verquickung von redaktionellen Inhalten und Anzeigen ist geeignet, den Eindruck einer aufeinander abgestimmten Kombination zu erwecken und überschreitet deutlich die Grenze zur Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2.

Anzeigensonderveröffentlichung nicht als solche gekennzeichnet
GOOD HEALTH veröffentlichte ein fünfseitiges „Dossier Gelenke“ mit dem Titel „Trotz Arthrose aktiv in den Frühling“ und empfahl darin ein namentlich genanntes Kollagen-Peptid. Der Verlag hatte gegenüber dem Presserat erklärt, es handele sich um eine Anzeigensonderveröffentlichung. Der Ausschuss erkannte einen schweren Verstoß gegen die in Ziffer 7 des Pressekodex festgeschriebene Pflicht zur klaren Trennung von Werbung und Redaktion. Gemäß Richtlinie 7.3 müssen Sonderveröffentlichungen wie andere bezahlte Veröffentlichungen so gestaltet sein, dass sie als solche erkennbar sind.

Arzt wirbt für Vitamin-D-Präparate als Schutz vor Corona
Die Online-Ausgabe der WESTFALENPOST ließ unter der Überschrift „Arzt aus Lennestadt: ‚Vitamin D schützt vor Corona‘“ einen Hausarzt umfänglich zu Wort kommen, der behauptete, ein hoher Vitamin-D-Spiegel könne vor schweren Covid-Verläufen schützen. Der Artikel wies darauf hin, dass der Arzt seine Patienten mit eigenen Vitamin-D-Präparaten behandelt. Zwar hatte die Redaktion dem Artikel eine Info-Box beigestellt, in der zwei Mediziner eine vom Hausarzt angeführte Studie zu Vitamin D bei Covid-19 kritisch kommentierten. Die Redaktion hätte jedoch darüber hinaus auch die These des Hausarztes zur Wirkung von Vitamin D auf Covid-19 hinterfragen müssen. Im Ergebnis ist der Artikel geeignet, gemäß Ziffer 14 des Pressekodex unbegründete Hoffnungen zu erwecken. Die unhinterfragte positive Darstellung der Wirkung der Vitamin-D-Präparate verstößt gegen das Gebot zur klaren Trennung von Werbung und Redaktion nach Ziffer 7.

Artikel zu Gesundheitsthemen überschreiten die Grenze zur Schleichwerbung
Die Zeitschrift TV MOVIE wurde für mehrere Artikel zu Gesundheitsthemen gerügt, in denen jeweils ein rezeptfreies Präparat zur Linderung unterschiedlicher Beschwerden beispielhaft empfohlen wurde. Der Beschwerdeausschuss sah darin einen schweren Verstoß gegen die Pflicht zur Trennung von Werbung und Redaktion gemäß Ziffer 7, Richtlinie 7.2 des Pressekodex, wonach die Nennung von Erzeugnissen nicht über ein begründetes öffentliches Interesse hinausgehen darf. Einem Artikel unter der Überschrift „Was hilft gegen meine Allergie“, der darauf hinwies, dass es den „Bauernhof-Effekt“ nun „auch zum Lutschen” gebe, war eine Anzeige mit derselben Formulierung beigestellt. In dieser räumlichen und inhaltlichen Kombination von redaktionellem Inhalt und Anzeige sah der Ausschuss einen werblichen Effekt, der die Grenze zur Schleichwerbung deutlich überschreitet.

Redaktion empfiehlt Webseite eines Pharmaunternehmens
Wegen eines schweren Verstoßes gegen das in Ziffer 7 des Pressekodex aufgeführte Gebot zur klaren Trennung von Werbung und Redaktion wurde BRIGITTE MOM gerügt. Die Redaktion hatte unter der Überschrift „‚Wir hatten enormes Glück‘“ ein Interview mit einer Mutter veröffentlicht, deren Baby an Meningitis erkrankt war. Der Artikel weist auf Impfungen gegen Meningokokken und die Internetseite eines Pharmaunternehmens hin. Der Beschwerdeausschuss sah in der Verlinkung einen Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot nach Richtlinie 7.2. Wenn die Redaktion eine zu einem Unternehmen gehörenden Webseite als Informationsgrundlage empfiehlt, hätte sie ihre Leserschaft darüber aufklären müssen.

Affiliate-Links zu Amazon
Wegen einer Verletzung des Trennungsgrundsatzes nach Ziffer 7 Pressekodex gerügt wurde COMPUTERBILD.DE. Die Redaktion hatte über einen Test von FFP2-Masken durch die Stiftung Warentest berichtet. In der Überschrift hieß es: „Sieger von 3M im Angebot“. In den Beitrag eingebunden waren zwei – für die Leser nicht unmittelbar als solche erkennbare – Affiliate-Links zu Amazon, über die die Masken bestellt werden konnten. Der Presserat sah in dieser Konstellation eine Verletzung der in Ziffer 7 geforderten klaren Trennung von Redaktion und Werbung, da die Veröffentlichung sowohl werbliche als auch redaktionelle Elemente enthielt, die nicht voneinander abgegrenzt waren.

Statistik
Insgesamt behandelt wurden 127 Beschwerdeakten, wovon 76 als begründet und 45 als unbegründet erachtet wurden. Zu den Maßnahmen zählen 17 öffentliche Rügen, 23 Missbilligungen und 25 Hinweise. 11 Beschwerden waren begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet. Bei 6 Fällen handelte es sich um Wiederaufnahmeanträge, Einsprüche bzw. Vertagungen.

Den aktuellen Stand der Rügen-Veröffentlichungen aus den vergangenen Sitzungen können Sie hier einsehen:
https://www.presserat.de/ruegen-presse-uebersicht.html#2021

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