Presserat stellt neue Online-Richtlinien vor
Der Deutsche Presserat hat die publizistischen Grundsätze im Hinblick auf onlinespezifische Anforderungen an die Presseethik ergänzt. In seiner Sitzung am 11.03.2015 in Berlin verabschiedete das Selbstkontrollgremium neue Richtlinien und aktualisierte bereits bestehende Regelungen. „Die Überarbeitung des Pressekodex war notwendig, da durch spezifische Erscheinungs- und Veröffentlichungsformen in Online-Medien neue presseethische Fragestellungen aufgeworfen werden“, erläuterte Presseratssprecher Tilmann Kruse die Kodexergänzung. „Mit den neuen Richtlinien trägt der Presserat den Entwicklungen im Online-Bereich Rechnung.“
Einer der Schwerpunkte der Überarbeitung des Pressekodex ist der Bereich Nutzerbeiträge (User-Generated Content). Die neue Richtlinie 2.7 betont hier, dass die Presse die Verantwortung für Online-Beiträge trägt, die von Nutzern zugeliefert werden, und dass solche Inhalte klar erkennbar sein müssen. Die Redaktion muss Verstöße gegen die Presseethik beseitigen, wenn sie von diesen Kenntnis erhält.
Eine weitere Änderung gibt es in der Richtlinie 2.6. In Absatz 3 wird dort klargestellt, dass unter Pseudonym veröffentlichte Online-Nutzerbeiträge auch als Leserbrief in einer Printausgabe veröffentlicht werden können, wenn auf die Quelle hingewiesen wird. Richtlinie 3.1 schließlich hält jetzt fest, dass bei Online-Veröffentlichungen eine Richtigstellung mit dem ursprünglichen Beitrag verbunden wird bzw. dass sie, wenn sie in dem Beitrag selbst erfolgt, kenntlich gemacht wird.
Die folgenden Ziffern des Pressekodex wurden erweitert oder geändert.
Die Ziffer 2 (Sorgfaltspflicht) wird im Hinblick auf Nutzerbeiträge ergänzt mit der neuen Richtlinie 2.7:
Richtlinie 2.7 – Nutzerbeiträge (User-Generated Content)
Die Presse trägt Verantwortung für ihre Angebote, auch für die von Nutzern beigesteuerten Inhalte (User-Generated Content). Von Nutzern zugelieferte Beiträge müssen als solche klar erkennbar sein.
Die Redaktion stellt die Einhaltung der publizistischen Grundsätze sicher, wenn sie Verstöße durch Nutzerbeiträge selbst erkennt oder darauf hingewiesen wird. Sofern die Redaktion einzelne Nutzerbeiträge auswählt oder sie bearbeitet, ist die Einhaltung der publizistischen Grundsätze von vornherein sicherzustellen.
Da Leserkommentare in Online-Portalen häufig auch für Print-Ausgaben genutzt werden, wurde die Richtlinie 2.6 (Leserbriefe) ergänzt, und zwar in Absatz 3:
Richtlinie 2.6 – Leserbriefe
[…]
(3) Es entspricht einer allgemeinen Übung, dass der Abdruck mit dem Namen des Verfassers erfolgt. Nur in Ausnahmefällen kann auf Wunsch des Verfassers eine andere Zeichnung erfolgen. Die Presse verzichtet beim Abdruck auf die Veröffentlichung von Adressangaben, es sei denn, die Veröffentlichung der Adresse dient der Wahrung berechtigter Interessen. Bestehen Zweifel an der Identität des Absenders, soll auf den Abdruck verzichtet werden. Bei der Übernahme von Nutzerbeiträgen (RL 2.7) als Leserbriefe können Pseudonyme beibehalten werden. Es muss jedoch auf die Quelle hingewiesen werden. Die Veröffentlichung fingierter Leserbriefe ist mit der Aufgabe der Presse unvereinbar.
In der Ziffer 3 (Richtigstellung) wird mit einer Änderung die Nachverfolgbarkeit von Änderungen an Online-Texten durch eine Anpassung der Richtlinie 3.1 sichergestellt. Dies geschieht durch einen neuen Absatz 2.
Richtlinie 3.1 – Anforderungen
(1) Für den Leser muss erkennbar sein, dass die vorangegangene Meldung ganz oder zum Teil unrichtig war. Deshalb nimmt eine Richtigstellung bei der Wiedergabe des korrekten Sachverhalts auf die vorangegangene Falschmeldung Bezug. Der wahre Sachverhalt wird geschildert, auch dann, wenn der Irrtum bereits in anderer Weise in der Öffentlichkeit eingestanden worden ist.
(2) Bei Online-Veröffentlichungen wird eine Richtigstellung mit dem ursprünglichen Beitrag verbunden. Erfolgt sie in dem Beitrag selbst, so wird dies kenntlich gemacht.