Pressemitteilungen und Aktuelles

Presserat spricht fünf Rügen aus

Die Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats haben auf ihren Sitzungen am 5. und 6. Juni 2007 in Bonn fünf Rügen ausgesprochen.

Öffentlich gerügt wurde die NEUE WESTFÄLISCHE, die in zwei Artikeln auf der Titelseite und der ersten Lokalseite über eine neue Bio-Pizza eines regionalen Produzenten ausführlich berichtete. Der Presserat verkannte nicht, dass über ein neues Produkt eines Unternehmens von regionaler Bedeutung berichtet werden kann. Allerdings wurde im konkreten Fall mit der ausführlichen und positiven Produktdarstellung einschließlich zwei großformatiger Farbfotos, auf der die Pizzapackung plakativ zu sehen war, eindeutig die Grenze zur Schleichwerbung überschritten.

Ebenfalls gerügt wurde RadParadiese 2007, ein Spezialheft von AKTIV RADFAHREN, wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 7 in Verbindung mit Richtlinie 7.2. Die Zeitschrift hatte in zwei Beiträgen über den Nachtreisezug der Bahn beziehungsweise ein Angebot für Radurlaub auf Mallorca berichtet. Der Vorspann des ersten Artikels bestand aus dem Text einer Anzeige der Bahn, die im gleichen Heft erschienen war. Zudem wurde ein Fotomotiv derselben Anzeige in dem Beitrag veröffentlicht. In dem zweiten Artikel wurde ausschließlich das Angebot eines einzigen großen Reiseanbieters vorgestellt und in reklamehafter Sprache das Reiseziel Mallorca beschrieben. Die Richtlinie 7.2 zur Schleichwerbung lautet:

Richtlinie 7.2 - Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird. Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.


Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt BILD (Bremen) aufgrund der Berichterstattung über einen 19-jährigen mutmaßlichen Täter. In dem Beitrag wurde er als „Verbrecher“ bezeichnet, wobei sich die Zeitung auf Informationen über ein vermeintliches Geständnis stützte. Ein solches Geständnis lag zum Berichtszeitpunkt jedoch nicht vor, weshalb es unzulässig war, ihn so zu bezeichnen. Hierin sah der Presserat einen Verstoß gegen die Ziffern 2 und 13 des Pressekodex.

Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt BILD (Hamburg) für die Berichterstattung über den Suizid einer Jugendlichen. Die Umstände und Hintergründe des Suizids wurden dabei ausführlich geschildert. Dies ist nach Richtlinie 8.5 des Pressekodex unzulässig.

Richtlinie 8.5 - Selbsttötung
Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen und die Schilderung näherer Begleitumstände. Eine Ausnahme ist beispielsweise dann zu rechtfertigen, wenn es sich um einen Vorfall der Zeitgeschichte von öffentlichem Interesse handelt.


Nicht-öffentliche Rügen müssen aufgrund des Opferschutzes nicht vom entsprechenden Presseorgan veröffentlicht werden.

Eine öffentliche Rüge erhielt RUNDBLICK NORD-REPORT aufgrund einer diskriminierenden Berichterstattung über Russlanddeutsche, die u.a. als „Landplage“ bezeichnet wurden. Dies ist ein Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex:

Ziffer 12 – Diskriminierungen
Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.


Eine Missbilligung erhielt eine überregionale Zeitung, die im Rahmen eines Projektes mit Schülern diese die Texte für eine Anzeigenbeilage schreiben ließ. Dabei wurde die Arbeit der Schüler in einem Editorial vom Verlagsgeschäftsführer als eigenständiges redaktionelles Produkt bezeichnet. Dies vermittelt ein irreführendes Bild der Arbeit von Redaktionen, die ausschließlich dem öffentlichen Interesse verpflichtet sind.

Insgesamt wurden an den beiden Tagen 67 Beschwerden behandelt. Neben den fünf Rügen gab es elf Missbilligungen und zwölf Hinweise. 31 Beschwerden wurden als unbegründet angesehen. Eine Beschwerde wurde als begründet gewertet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da die Zeitung den Fehler berichtigt hatte. Eine Beschwerde konnte nicht aufgeklärt werden, hier wurde das Verfahren eingestellt. In drei Fällen hatten sich mehrere Beschwerdeführer gegen die gleiche Veröffentlichung gewandt, die ausgesprochene Maßnahme zählt jedoch nur einmal.

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