Podiumsdiskussion zu Pressereisen
„Wenn Journalisten über Pressereisen berichten, zu denen sie eingeladen wurden, machen sie diese Finanzierung kenntlich.“ Der letzte Absatz der Ziffer 15, Richtlinie 15.1 des Pressekodex macht unmissverständlich deutlich, was von Journalisten in punkto Pressereisen gefordert ist. Dennoch: „Das Maß bei Pressereisen wird nicht selten überzogen. Üppige Essen, luxuriöse Hotels und ein teures Begleitprogramm haben mit journalistischer Recherche meist nichts mehr zu tun und schränken unabhängige Berichterstattung ein. Und der Leser merkt den versteckten Einfluss am Ende bei der Berichterstattung nicht. Deshalb ist die Transparenz, die Offenlegung der Finanzierung einer Reise, dringend erforderlich“, sagt Katrin Saft, Beschwerdeausschuss-Vorsitzende beim Deutschen Presserat. Sie diskutierte gestern in Berlin gemeinsam mit Vertretern aus Redaktionen, aus der PR-Branche und von Transparency International über Für und Wider von Pressereisen sowie die Formen von Einladungen für solch finanzierte Recherchen.
Anlass für die gemeinsam vom Deutschen Rat für Public Relations (DRPR) und dem Deutschen Presserat organisierte Veranstaltung, die erste dieser Art, war die Kritik der WELT bezüglich der Ausgestaltung einiger Pressereisen von ThyssenKrupp im Jahr 2012. Katrin Saft: „Dieser Fall ist bestens geeignet für eine längst überfällige Diskussion in der Branche.“ Jörg Eigendorf, Leiter des Investigativ-Teams der WELT, der mit seiner Berichterstattung über die „Luxusreisen“ des Stahlkonzerns damals den Stein ins Rollen brachte, vertrat eine klare Position: „Es steht klar im Pressekodex drin. Der Kodex muss nur eingehalten werden.“ Eigendorf sieht nicht nur die Journalisten in der Pflicht, vielmehr auch die Verlage. Hier bräuchte es seiner Meinung nach verbindliche Regeln für die redaktionelle Praxis. Prof. Dr. Jürgen Marten, stellvertretender Vorsitzender von Transparency International Deutschland, sieht im Kern bei der Praxis von Pressereisen ebenfalls ein strukturelles Problem. Marten: „Redaktionen müssen ein Selbstverständnis entwickeln und Compliance Regeln einführen.“
Alexander Wilke, Leiter der Unternehmenskommunikation von ThyssenKrupp, stellte fest, dass sein Unternehmen auch in der Zukunft nicht auf Pressereisen verzichten werde. „Sie sind ein wichtiges Instrument, um wirtschaftliche Zusammenhänge dem Leser näher zu bringen.“ Aber: Es gebe seit den Ereignissen des vergangenen Jahres neue Richtlinien für solche Reisen, ein 4-Augen-Prinzip mit der Compliance Abteilung im Unternehmen sowie eine Dokumentationspflicht. Berufsethische Regelungen gibt es hierfür hingegen schon länger. In der Richtlinie des DRPR zum Verhältnis von PR-Praktikern und Journalisten ist festgeschrieben, dass Einladungen zu Pressereisen in einem nachvollziehbaren Verhältnis zum Informationsanlass stehen müssen. „Sie dürfen nicht an eine ausdrückliche Erwartung eines positiven Berichts geknüpft sein und erst recht nicht mit Zuwendungen irgendeiner Art verbunden sein.“ Matthias Rosenthal, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Rats für Public Relations, erläuterte hierzu: „Diese Regeln sind seit 1997 verbindlich, sie sind im Oktober 2013 noch einmal vom DRPR aktualisiert worden.“
Die Podiumsdiskussion, die von Steffen Grimberg (ZAPP/NDR Fernsehen) moderiert wurde, war durch eine Präsentation von Prof. Günter Bentele eingeleitet worden, in der er auf historische Aspekte der Pressearbeit, das aktuelle Verhältnis von PR-Leuten und Journalisten und ethische Aspekte von Pressereisen eingegangen war.