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Jahrespressekonferenz

Der Deutsche Presserat hat begonnen, die Publizistischen Grundsätze mit Blick auf online-spezifische Darstellungsformen und Begrifflichkeiten zu überarbeiten. Bislang wurde der Pressekodex, der ursprünglich für die Print-Berichterstattung entwickelt wurde, eins zu eins auf Veröffentlichungenangewandt, die online erscheinen. „Bei der grundsätzlichen Bewertung machen wir keinen Unterschied, ob ein journalistischer Beitrag print oder online veröffentlicht wird. Aber die Zunahme von Beschwerden, unter anderem zu Leserkommentaren und Online-Archiven, zeigt, dass wir die Publizistischen Grundsätze an einigen Stellen ergänzen sollten, um den digitalen Veröffentlichungsformen besser gerecht zu werden“, sagte Ursula Ernst, Sprecherin des Deutschen Presserats, auf der Jahrespressekonferenz am heutigen Mittwoch in Berlin. Eine Arbeitsgruppe mit Online-Experten des Presserats ist dabei, den Pressekodex sukzessive zu überarbeiten.

Der Presserat hat seit dem vergangenen Jahr verschiedene Online-Medien für die Freiwillige Selbstkontrolle gewonnen. Mehrere reine Internetzeitungen haben sich dem Presserat angeschlossen und die Selbstverpflichtungserklärung für die publizistischen Grundsätze unterschrieben. Sie bekennen sich damit zur Einhaltung der im Pressekodex definierten Qualitätsstandards. Bislang hat sich der Presserat nur mit Beschwerden über solche Online-Medien befasst, zu denen es ein Print-Äquivalent gab.

Die Zahl der Beschwerden pendelt sich auf hohem Niveau ein. 1.347 Leser wandten sich im vergangenen Jahr an den Presserat, um redaktionelle Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften und deren Online-Seiten anhand des Kodex prüfen zu lassen. Zum Vergleich: 2012 waren es 1.500, 2011 waren es 1.323 Beschwerden. Auffallend ist, dass es im Jahr 2013 mit 129 Beschwerden weniger Sammelbeschwerden gab als in den Vorjahren (Loveparade-Berichterstattung mit 240 Beschwerden, Papst-Cover der Titanic mit 180 Beschwerden). Die größte und bekannteste Sammelbeschwerde 2013 war die gerügte Print-Kolumne in der TAZ zur Wahl des Papstes. Insgesamt gingen 49 Beschwerden zur Print- und Online-Veröffentlichung der Kolumne ein. Darüber hinaus polarisierte eine satirische Postkarte der TITANIC zur Diskussion in der katholischen Kirche um die „Pille danach“ (17 Beschwerden) sowie die Berichterstattung „Die Tricks der Optiker“ im STERN (23 Beschwerden) und eine Berichterstattung der BILD über die E-Zigarette (9 Beschwerden).

Den Presserat erreichten mehr Beschwerden gegen Online-
(59 Prozent) als gegen Printberichterstattungen (36 Prozent). In nur 5 Prozent der Fälle ging die Beschwerde gegen die zumeist gleichlautende Print- und Online-Berichterstattung ein. Damit verschiebt sich das Verhältnis seit 2010 (Online: 43 Prozent gegen Print, 49 Prozent gegen Online und 8 Prozent gegen beides) kontinuierlich in Richtung Online.

Viel Arbeit für die Beschwerdeausschüsse: Von den 1.347 Beschwerden wurden 465 in den Beschwerdeausschüssen behandelt. Im Vorverfahren zuvor abgelehnt wurden die Fälle, bei denen es keine Anhaltspunkte auf eine Verletzung des Kodex seitens der Redaktion gab sowie die Fälle, in denen es um Nichtberichterstattung (z.B. bei Leserbriefen) ging oder der Presserat nicht zuständig war (Werbung, Rundfunk).

Der Presserat hat im vergangenen Jahr 31 Rügen ausgesprochen, im Jahr 2012 waren es lediglich 22 Rügen, 2011 nur 20. Ähnlich viele scharfe Sanktionen gab es zuletzt im Beschwerderekordjahr 2010 mit 41 Rügen.

Die Sanktionen im Einzelnen:

  • 28 öffentliche Rügen
  • 3 nicht-öffentliche Rügen
  • 51 Missbilligungen
  • 77 Hinweise
  • 32 Beschwerden begründet, auf eine Maßnahme wurde verzichtet


Insgesamt sprachen die Ausschüsse 191 Sanktionen aus (bei 226 Beschwerden insgesamt). Wenn sich mehrere Leser gegen eine Veröffentlichung beschwerten, wurde nur eine Sanktion ausgesprochen. 239 Fälle wurden als unbegründet bewertet.

Der Presserat unterhält drei Beschwerdeausschüsse, in denen ehrenamtliche Vertreter der vier Trägerorganisationen (BDZV, VDZ, DJV und DJU in Ver.di) sitzen, die über die Fälle entscheiden. Sie tagen viermal im Jahr.

Die Sprecherin des Presserats, Ursula Ernst, und Geschäftsführer Lutz Tillmanns informierten auf der Jahrespressekonferenz darüber hinaus über folgende Themen:

  • Berichterstattung über Transsexualität
  • Berichterstattung über NSU-Prozess
  • Diskussion zu Ziffer 12 des Pressekodex
  • EU-Datenschutzverordnung

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