Pressemitteilungen und Aktuelles

Gewalttat detailreich protokolliert

Der Deutsche Presserat hat im September 2014 wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex sechs weitere öffentliche Rügen ausgesprochen. Eine öffentliche Rüge sprach der Beschwerdeausschuss 2 gegen BILD (Print und Online) in seiner Sitzung am 9. September 2014 aus. In der Berichterstattung über eine Gewalttat vor dem Hamburger Hauptbahnhof mit dem Titel „Das Protokoll eines Messer-Mordes“ zeigte sie eine Reihe von Bildern, in denen unter anderem das blutüberströmte, sterbende Opfer gezeigt wird. Der Täter wird nicht unkenntlich gemacht. Aus Sicht des Beschwerdeausschusses liegt darin ein Verstoß sowohl gegen Ziffer 8 als auch gegen Ziffer 11 des Pressekodex. Der Vorgang des Sterbens wird in einem protokollarischen Detailreichtum geschildert, der nicht in öffentlichem Interesse liegt und somit unangemessen sensationell ist. Opfer hätte nicht gezeigt werden dürfen.

BILD Online wurde vom Beschwerdeausschuss 1 gerügt für eine Berichterstattung über eine Beziehungstat, bei der ein Mann seine Ehefrau erschossen hatte. In dem Artikel wurden Porträtfotos des Opfers veröffentlicht und sein voller Name genannt. Die getötete Frau wurde durch diese Angaben eindeutig identifizierbar, wodurch ihr Persönlichkeitsschutz verletzt wurde. Richtlinie 8.2 Pressekodex hält im Hinblick auf den Opferschutz eindeutig fest:

Richtlinie 8.2 – Opferschutz
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich.


Der Artikel enthielt zudem ein Foto, das von einer Augenzeugin der Tat mit der Handykamera aufgenommen wurden. Es zeigt Täter und Opfer kurz vor der Tat auf einer Wiese sitzend. Der Täter hält ein Gewehr in der Hand. In der Kombination dieses Bildes mit dem direkt daneben platzierten Porträtfoto des Opfers sah der Beschwerdeausschuss eine unangemessen sensationelle Darstellung im Sinne der Ziffer 11 Pressekodex.

Zwei öffentliche Rügen sprach der Beschwerdeausschuss 2 gegen die Zeitschrift L.A. MULTIMEDIA wegen Verstoßes gegen Ziffer 7 des Pressekodex aus. Die Zeitschrift informiert über den Einsatz moderner Medien in Unterricht und Schule. In zwei redaktionell aufgemachten Artikeln wurde in werblicher Sprache über den Messeauftritt eines bestimmten Anbieters von Schulmedien sowie über Produkte berichtet, die dieser vertreibt. Einer der Artikel war teilweise in Wir-Form aus Sicht des Unternehmens abgefasst. Zudem wurden jeweils dessen Kontaktdaten genannt. Der Verlag hatte zu den Vorwürfen trotz mehrfacher Aufforderung nicht Stellung genommen. Der Ausschuss stellte fest, dass die Veröffentlichungen die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Ein begründetes Leserinteresse an einer werblichen Berichterstattung über das Angebot allein des erwähnten Anbieters bestand nicht, da die Produkte auch von einer Vielzahl von anderen Unternehmen vertrieben werden. Der Ausschuss sah es als erwiesen an, dass die redaktionellen Veröffentlichungen durch geschäftliche Interessen des Unternehmens beeinflusst wurden. Damit ist die Redaktion ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit gemäß Ziffer 7 nicht nachgekommen.

Die Zeitschrift DIABETES JOURNAL wurde für die Veröffentlichung einer Beilage im Beschwerdeausschuss 2  gerügt. Das Heft mit dem Titel 'Diabetes Journal EXTRA' enthielt im Impressum den Hinweis "Mit freundlicher Unterstützung von“ und Nennung eines Unternehmens. Das Heft beschäftigte sich u.a. mit so genannten Bolusrechnern für Diabetiker. Konkret genannt wurde in diesem Zusammenhang ausschließlich ein Gerät des im Impressum genannten Herstellers, das auch mit Anzeigen beworben wurde. Der Beschwerdeausschuss sah hier eine Verletzung des in Ziffer 7 Pressekodex festgehaltenen Grundsatzes der klaren Trennung von Redaktion und Werbung. Der Hinweis im Impressum reicht nicht aus, um den Lesern die Beteiligung eines Unternehmens an dem Heft zu verdeutlichen. Hier wäre eine klarere Kennzeichnung notwendig gewesen. Da diese nicht vorgenommen wurde, wird die Grenze zur Schleichwerbung überschritten.

Der Beschwerdeausschuss 3 sprach gegen TAGESSPIEGEL Online eine öffentliche Rüge wegen Verstoßes gegen die Ziffern 2 und 8 des Pressekodex aus. Das Medium hatte ein Papier im Original veröffentlicht, das angeblich aus dem Büro der Vorsitzenden der Partei DIE LINKE stammen sollte. Es listet auf, wer nach der Bundestagswahl eine Funktion in der neuen Fraktion haben und wer ausscheiden soll. Dagegen hatte sich ein einfacher Mitarbeiter eines Regionalbüros der Partei beschwert, der in dem Papier als "zu schützende Person" namentlich genannt wird. Der Ausschuss war der Ansicht, dass die Veröffentlichung des Namens des Betroffenen seine informationelle Selbstbestimmung verletzt. Weil er kein politisches Mandat ausübt und nicht öffentlich in Erscheinung getreten ist, durfte er nicht genannt werden. Ziffer 2 wurde verletzt, weil die Informationen vor der Veröffentlichung nicht mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft wurden.

Eine regionale Tageszeitung erhielt eine Missbilligung für den Abdruck mehrerer Pressemitteilungen unter dem Kürzel eines Redakteurs. Der Beschwerdeausschuss 2 kritisierte insbesondere den Abdruck einer kaum veränderten Jahresbilanz-Pressemitteilung der örtlichen Sparkasse. Hier war die werbliche Sprache ungefiltert veröffentlicht worden. Die Zeitung verstieß damit gegen Richtlinie 1.3 des Pressekodex, nach der Pressemitteilungen als solche gekennzeichnet werden müssen, wenn sie ohne Bearbeitung durch die Redaktion veröffentlicht werden.

Die Ergebnisse: 7 öffentliche Rügen, 24 Missbilligungen, 25 Hinweise. 48 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet.  In dieser Statistik enthalten sind bereits eine Rüge gegen BILD am Sonntag und die Entscheidungen zur Berichterstattung zum MH17-Fall (siehe Pressemitteilungen vom 9. September 2014).

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