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Bonusmeilen: BILD-Berichterstattung nicht zu kritisieren

Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat sich in seiner Sitzung am 10. September unter anderem mit sieben Beschwerden zur so genannten Bonusmeilen-Affäre beschäftigt. Der Vorwurf der häppchenweisen Veröffentlichung von Politikernamen und die nach Meinung einiger Beschwerdeführer daraus resultierende einseitige Wahlkampfunterstützung konnte vom Beschwerdeausschuss nicht festgestellt werden. Es gab keine Belege für die selektive Veröffentlichung von Namen. Auch der Vorwurf, BILD hätte eine Liste mit allen Namen sofort veröffentlichen müssen, wurde vom Ausschuss anders bewertet: Eine ungeprüfte Veröffentlichung von Listen sei nicht Aufgabe der Presse. Sie müsse vielmehr selbst recherchieren und die Ergebnisse dieser Recherche dann der Öffentlichkeit mitteilen. Dies ist nach Aussage der Zeitung so geschehen. Anders lautende Beweise gebe es, so der Ausschuss, nicht. Der Beschwerdeausschuss konnte einen Verstoß gegen Ziffer 1 daher nicht feststellen. Sie besagt:

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Mit Empörung reagierten viele Leser des EXPRESS auf die Veröffentlichungen von mehreren Berichten mit u.a. der Überschrift "Die Klau-Kids von Köln" über minderjährige Taschendiebe vom Balkan. Die Zeitung hatte in ihrer Ausgabe vom 22. August rund 50 Fotos von verdächtigen Jugendlichen abgebildet. Am 2. September äußerte sich der Verleger Alfred Neven DuMont zu diesen Veröffentlichungen und entschuldigte sich für die "ungewöhnliche und reißerische Gestaltung" sowie die "pauschale Anklage von allen Roma-Kindern". Der Beschwerdeausschuss sah eine grobe Verletzung der Persönlichkeitsrechte (Ziffer 8) und des Diskrimi-nierungsverbots (Ziffer 12) gegeben. Aufgrund der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Berichterstattung und der Entschuldigung des Verlegers des EXPRESS sah der Beschwerdeausschuss jedoch von einer Maßnahme ab.

Die Verletzung der Persönlichkeitsrechte führte in mehreren Fällen zu Rügen des Presserats. So wurden der BERLINER KURIER und die BILD-Zeitung nicht-öffentlich gerügt, da sie über den Selbstmord eines Dozenten mit voller Namensnennung und Foto nicht mit der bei Suiziden geforderten Zurückhaltung berichtet hatten. Ebenfalls eine nicht-öffentliche Rüge erhielt der HINTERLÄNDER ANZEIGER, der die Persönlichkeitsrechte zweier missbrauchter Kinder missachtet hatte und sowohl eine Ortsangabe als auch ein Foto des Tatortes veröffentlichte.

Eine öffentliche Rüge erging an die BILD-Zeitung, die den Namen und das Foto eines Unfallopfers veröffentlicht hatte. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Persönlichkeitsrecht des Opfers wurden nicht korrekt abgewogen. Zudem hatte die Zeitung in diesem Fall die Recherchegrundsätze (Ziffer 4 Pressekodex) missachtet. Ein Reporter hatte sich das Foto erschlichen, indem er sich einem Kollegen des Opfers als ehemaliger Mitschüler vorstellte. Ziffer 4 lautet:

Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Infor-mationen und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden.

Im Nachgang zu den Ereignissen in Erfurt versuchten sich zwei Publikationen an der satirischen Aufarbeitung dieses traumatischen Ereignisses und wurden hierfür gerügt. Der Beschwerdeausschuss sah in beiden Fällen eine Verletzung der Menschenwürde gegeben. So veröffentlichte die TAZ in einer Artikelserie über Lehrer den folgenden Satz: "Unsere Rache wäre schrecklich und süß gewesen, aber an die naheliegendste und einfachste Möglichkeit dachte damals niemand" und spielte hiermit auf das Massaker in Erfurt an. Vor allem im Hinblick auf die Hinterbliebenen der getöteten Lehrer sah der Ausschuss Ziffer 1 verletzt und die Grenzen zur Satire eindeutig als überschritten an. Ziffer 1 besagt:

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Der EULENSPIEGEL hatte ebenfalls in satirischer Form über den Amoklauf berichtet und dabei die Menschenwürde verletzt.

Ebenfalls anhand von Ziffer 1 des Kodex wurde die BILD-Zeitung gerügt, die eine Leibwächterin der Popdiva Kylie Minogue in einem Bericht durchgehend als "Tier" bezeichnete und einem Foto von ihr die Sprechblase "Wuff" zuordnete. Diese Art der Berichterstattung verletzt nach Meinung des Beschwerdeausschusses die Menschenwürde.

Aufgrund von Vorverurteilungen wurden die TORGAUER ZEITUNG und die BILD-Zeitung öffentlich gerügt. Die TORGAUER ZEITUNG hatte in einem Strafverfahren gegen einen Rechtsanwalt vorverurteilend über die vermeintlichen Rechtsfolgen einer möglichen Verurteilung des Betroffenen spekuliert. BILD hatte über einen mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder berichtet und hier fast durchgehend von "Killer" und "Vergewaltiger" gesprochen. Ziffer 13 des Kodex fordert:

Die Berichterstattung über schwebende Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Die Presse vermeidet deshalb vor Beginn und während der Dauer eines solchen Verfahrens in Darstellung und Überschrift jede präjudizierende Stellungnahme. Ein Verdächtiger darf vor einem gerichtlichen Urteil nicht als Schuldiger hingestellt werden. Über Entscheidungen von Gerichten soll nicht ohne schwerwiegende Rechtfertigungsgründe vor deren Bekanntgabe berichtet werden.

Weitere Rügen erhielten die STUTTGARTER ZEITUNG aufgrund eines Verstoßes gegen die Sorgfaltspflichten in Ziffer 2 des Kodex sowie die BILD-Zeitung anhand derselben Ziffer. Sie hatte ein Foto manipuliert und diese Fotomontage nicht als solche kenntlich gemacht.

Das WESTFALEN-BLATT erhielt eine öffentliche Rüge, weil es einen Leserbrief, der unwahre Beschuldigungen und Behauptungen enthielt, veröffentlicht hatte. Gleichzeitig enthielt der Brief einen Verstoß gegen den Diskriminierungsgrundsatz (Ziffer 12 Pressekodex). Grundsätzlich, so der Beschwerdeausschuss, müssen auch bei der Veröffentlichung von Leserbriefen die publizistischen Grundsätze des Pressekodex beachtet werden.

Den Trennungsgrundsatz (Ziffer 7 Pressekodex) hat die Zeitschrift ECONO missachtet. Sie hatte Firmen kostenlose redaktionelle Berichterstattungen angeboten mit dem Hinweis, dass für das dazu gehörende Bildmaterial zu bezahlen sei. Der Ausschuss erteilte eine öffentliche Rüge.

In seiner vierten Sitzung in diesem Jahr sprach der Beschwerdeausschuss außerdem neun Missbilligungen gegen verschiedene Zeitschriften und Tages-zeitungen sowie fünf Hinweise aus. 23 Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen.

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