Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

„Streng genommen etwas ungenau“

„Zoff um Protest gegen kriminelle Ausländer“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag geht es um Proteste gegen die Einrichtung eines Heimes für jugendliche kriminelle Asylbewerber in einem kleinen Ortsteil einer Großstadt. Die Zeitung berichtet auch über Gegenproteste. Es heißt, die Gegendemonstranten hätten gegen mehrere Ladenbesitzer gepöbelt, die sich gegen das Heim gewandt hätten. Die Ladenbesitzer hätten, so die Zeitung weiter, gesagt, dass sie nichts gegen Asylbewerber, wohl aber gegen Intensivtäter hätten. Zum Beitrag gehört ein Foto, das laut Unterzeile die Gegendemonstration in dem namentlich genannten Ortsteil zeigt. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, bemängelt eine falsche Ortsangabe. Das Foto sei an einem anderen Ort als dem genannten aufgenommen worden. „Pöbeleien“ habe es nicht gegeben. Die Kundgebung sei friedlich gewesen. Die Rechtsvertretung der Zeitung berichtet, das fragliche Foto sei der Redaktion von einem seit langem für sie tätigen zuverlässigen Mitarbeiter geliefert worden. Dieser habe den Ort des Geschehens als „in der Nähe der Flüchtlingseinrichtung“ gelegen angegeben. Insofern könne die veröffentlichte Ortsangabe streng genommen etwas ungenau sein. Es sei unstreitig, dass Ladenbesitzer Unterschriften gegen ein Heim für kriminelle junge Asylbewerber gesammelt hätten. Die Rechtsvertretung stellt aus ihrer Sicht fest, dass der vor Ort tätige Mitarbeiter korrekt berichtet habe. Selbst, wenn die Polizei von einer friedlichen Demo gesprochen haben sollte, habe der Kollege die Stimmung als aufgeheizt empfunden. Ob Wut in der Luft lag oder nicht sei ein subjektives Empfinden, was kein Grund für den Vorwurf sein könne, gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht verstoßen zu haben.

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Polizei-Blitz schlägt bei Politiker ein

„Wird hier Thüringens neuer Landes-Chef geblitzt?“ fragt eine Boulevardzeitung. Die Überschrift bezieht sich auf den damaligen Chef der Thüringer Links-Partei, Bodo Ramelow, der kurz darauf Ministerpräsident des Bundeslandes wurde. Die Zeitung berichtet, Ramelows Auto sei bei erlaubten 60 km/h mit 96 Stundenkilometern unterwegs gewesen. Das Auto trage das Kennzeichen „EF-DL 56“. DL stehe für „Die Linke“ und 56 für das Geburtsjahr Ramelows. Der Politiker habe einen Bußgeldbescheid über insgesamt 145 Euro und einen Punkt in Flensburg bekommen. Dagegen habe Ramelow über seinen Rechtsanwalt Einspruch erhoben. Sein Auto werde von mehreren Personen gefahren. An dem besagten Tag sei er in Wien gewesen. Das von der Polizei angefertigte Radar-Foto lasse nicht erkennen, wer am Steuer gesessen habe. Der Kopf des Fahrers sei vom Rückspiegel verdeckt. Die Zeitung berichtet, Ramelow sei schon einmal mit zu hoher Geschwindigkeit erwischt worden. Damals sei das Verfahren eingestellt worden. Dem Beitrag sind drei Fotos beigestellt. Eines ist das Radar-Foto. Ein weiteres zeigt den Wagen des Politikers. Das dritte ist eine Vergrößerung des Nummernschildes des Ramelow-Wagens. Als Beschwerdeführerin tritt in diesem Fall die Pressesprecherin der Fraktion „Die Linke“ im Thüringer Landtag auf. Sie ist der Ansicht, die Veröffentlichung verletze den Schutz der Privatsphäre und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen. Mit der Veröffentlichung des Kennzeichens würden Ramelow und Personen aus seinem Umfeld auch in ihrem Privatleben und ihren Alltagsbesorgungen erkennbar. Besondere Brisanz erhalte der Bericht dadurch, dass in letzter Zeit des Öfteren Autos von Abgeordneten der Linkspartei offensichtlich von Rechtsradikalen beschädigt worden seien. Somit ziehe die Veröffentlichung des Autokennzeichens eine Gefährdung von Ramelow, seiner Familie und anderer, die den Wagen nutzen, nach sich. Die Pressesprecherin verweist auf Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte), wonach der Schutz der Persönlichkeit Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit habe. Das gelte umso mehr, wenn datenrechtlich geschützte Privatdaten veröffentlicht würden. Das sei hier durch die Wiedergabe des Autokennzeichens geschehen. Nach Darstellung des Justiziariats der Zeitung verstößt die Abbildung des Kennzeichens nicht gegen presseethische Grundsätze. Die Argumentation der Beschwerdeführerin sei schlicht falsch. Es habe eine Abwägung zwischen widerstreitenden Interessen stattzufinden. Diese falle in diesem Fall zugunsten der Berichterstattungsfreiheit und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus. Die Rechtsvertretung bezieht sich auf einen Beschluss des Landgerichts Kassel. Danach gehören Auto-Kennzeichen nicht zur Privatsphäre, sondern sind Teil der nach außen gewandten Sozialsphäre, da sie für jedermann erkennbar sind. Das Kennzeichen „EF-DL 56“ liefere wichtige Anhaltspunkte dafür, dass Ramelow den Verkehrsverstoß begangen habe. An dem Vorgang habe ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse bestanden. Für die Wähler sei es im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl wichtig gewesen zu wissen, wie ein Politiker sich zu Gesetzesverstößen verhalte.

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Eine ganze Seite Schleichwerbung

Eine Fernsehzeitschrift veröffentlicht einen ganzseitigen Beitrag unter der Überschrift „Mit der Knappschaft fit und gesund durch die kalte Jahreszeit“. Dabei geht es den Schutz vor Infekten im Winter. Eine Vertreterin der Knappschaftskrankenkasse äußert sich zu Fragen der Schutzimpfungen. In einem beigestellten Kasten gibt sie weitere Tipps zur Abwehr von Erkältungen. Ein zweiter Kasten verweist auf ein Gewinnspiel auf der Homepage der Knappschaft. Der Beitrag enthält auch den Hinweis auf weitere Gesundheitstipps, die man über die Homepage der Krankenkasse erreicht. Auch die genaue Internetadresse wird im Artikel genannt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert die Schleichwerbung für die Knappschaftskrankenkasse, mit der gegen Ziffer 7 des Pressekodex verstoßen worden sei. Der Chefredakteur der Fernsehzeitschrift verweist auf ein früheres Beschwerdeverfahren zum gleichen Thema, das mit einer Missbilligung durch den Presserat abgeschlossen worden sei. Er spricht von einer „Wiedergutmachungsseite“ für die Krankenkasse.

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Subjektives Empfinden eines Journalisten

In einem Ortsteil einer Großstadt soll ein Heim für kriminelle jugendliche Asylbewerber eingerichtet werden. Nach Darstellung der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung gibt es Proteste gegen die Einrichtung. Sie berichtet auch von Gegenprotesten. Danach hätten Gegendemonstranten Ladenbesitzer angepöbelt, die sich gegen die Flüchtlingseinrichtung gewandt hätten. Die Ladenbesitzer werden mit den Worten zitiert, sie hätten nichts gegen Asylbewerber, wohl aber gegen Intensivtäter. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt, das laut Unterschrift die Demonstration an einem namentlich genannten Ort zeigt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung den Ort der Demonstration falsch angegeben habe. Schon deshalb sei es falsch zu behaupten, dass rund 200 Demonstranten an diesem Ort die Ladenbesitzer angepöbelt hätten. Die Polizei sei bei der Demonstration gewesen und habe hinterher gesagt, dass sie friedlich abgelaufen sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, der Artikel und das Bild seien der Redaktion von einem langjährigen und bewährten Mitarbeiter geliefert worden. Dieser habe den Ort des Geschehens als „in der Nähe der Flüchtlingseinrichtung“ liegend beschrieben. Insofern könne die im Beitrag gemachte Ortsangabe strenggenommen etwas ungenau sein. Feststehe, dass Ladenbesitzer im Umfeld des geplanten Asylbewerberheims Unterschriften gesammelt hätten. Dies sei unstrittig und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet. Die vom Autor des Beitrages beschriebenen Vorgänge auf der Demonstration haben sich aus dessen Sicht so zugetragen, auch wenn die Polizei von einem friedlichen Verlauf spreche. Das sei kein Widerspruch zu der Aussage des Journalisten, dass die Stimmung aufgeheizt gewesen sei. Ob Wut in der Luft lag oder nicht, sei ein subjektives Empfinden des beobachtenden Journalisten. Ein Verstoß gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht könne davon nicht abgeleitet werden.

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Redaktion hat es nur gut gemeint

„Mikkas (9) Eltern bitten um Spenden für UNICEF“ titelt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Es geht um einen Jungen, der bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Abgebildet wird in diesem Zusammenhang die Todesanzeige für das Kind. Die Redaktion greift die in der Anzeige enthaltene Bitte der Eltern um eine Spende für die Kinderorganisation der Vereinten Nationen auf und berichtet darüber. Die Zeitung berichtet außerdem, dass man auf einem bestimmten Portal eine virtuelle Gedenkkerze für das Kind anzünden und eine persönliche Widmung hinterlassen könne. Am Ende des Artikels wird das Unfallgeschehen, das dem kleinen Jungen zum Verhängnis wurde, ausführlich geschildert. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des getöteten Kindes und der Hinterbliebenen. Der Artikel sei unangemessen sensationell. Die Eltern des Kindes dürften eine solche Berichterstattung über den Tod ihres Sohnes bzw. über die Todesanzeige kaum gewollt haben. Aus einem Spendenaufruf in einer Todesanzeige einen Artikel zu machen, sei als journalistische Praxis äußerst grenzwertig. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet von einer gründlichen Überprüfung des Vorgangs innerhalb der Redaktion. Dabei habe man festgestellt, dass die Veröffentlichung der Traueranzeige mit dem Bild des verstorbenen Kindes nicht gerechtfertigt gewesen sei. Die Anzeige sei sofort aus dem Artikel entfernt worden. Der Chefredakteur bittet den Presserat, zu berücksichtigen, dass man es mit dem Artikel eigentlich nur gut gemeint habe. Man habe im Sinne der Eltern auf den Spendenaufruf hinweisen wollen. Er weist darauf hin, dass es in diesem Fall weder von den Eltern des Kindes noch von anderen Lesern negative Reaktionen auf die Veröffentlichung gegeben habe. Abschließend versichert der Chefredakteur, dass er den Vorfall sehr bedauere. Dies vor allem deshalb, weil sich die Redaktion seit jeher besonders konsequent an die ethischen Maßstäbe der journalistischen Berichterstattung halte.

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Vater und Sohn mit Namen genannt

Aus Versehen ein Gesicht nicht verpixelt?

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über zwei tödliche Verkehrsunfälle, bei denen drei Menschen ums Leben gekommen und mehrere verletzt worden seien. Dem Bericht beigestellt sind zwei Fotos. Davon ist eines in den Artikel eingebunden. Das andere gehört zu einer Bildergalerie. Beide zeigen die Autowracks. Auf einem Foto in der Bildergalerie ist das unverpixelte Gesicht eines Fahrzeuginsassen zu sehen. Das gleiche Bild ist in den Artikel eingebunden. In diesem Fall ist das Gesicht jedoch verpixelt. Ein Leser der Zeitung kritisiert das Foto, das einen Fahrzeuginsassen erkennbar zeigt. Auch seien zwei Leichen zu sehen. Der Beschwerdeführer hält den Bericht für unangemessen sensationell. Er verstoße gegen mehrere presseethische Grundsätze. Der Chefredakteur Online der Zeitung stellt fest, das beanstandete Foto zeige ein schwer beschädigtes Unfallfahrzeug und Rettungskräfte. Im Fahrzeug sei vorne das verpixelte Bild einer Person zu erkennen. Im hinteren Bereich des Fotos seien Hinterkopf und Schulter einer nicht erkennbaren Person zu sehen. Der Chefredakteur wendet sich gegen die Behauptung des Beschwerdeführers, das Foto zeige „deutlich sichtbar und erkennbar den Fahrer des PKW sowie zwei Leichen in dem Fahrzeug.“ Die Begründung der Beschwerde beruhe offensichtlich auf falscher Grundlage. Eine Person auf dem Foto sei verpixelt, die zweite nicht erkennbar und ohne erkennbare Verletzung. Keine der vom Beschwerdeführer vermuteten Verstöße gegen den Pressekodex träfen zu.

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Der „Fall Tuğçe“ und der „Koma-Schläger“

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „So lebt der Koma-Schläger im Jugendknast“. Es geht darin um einen jungen Mann, der mutmaßlich für den tödlichen Angriff auf die deutsch-türkische Lehramtsstudentin Tuçğe Albayrak verantwortlich ist. Die Zeitung nennt seinen Vornamen, seinen abgekürzten Nachnamen, sein Alter und seinen Wohnort. Zum Artikel gestellt ist ein Foto, das laut Bildtext von Facebook stammt. Das Gesicht des Inhaftierten ist erkennbar. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen mehrere presseethische Grundsätze. Entgegen der Vorschrift in Richtlinie 8.1 wird das Gesicht des jugendlichen Täters nicht verfremdet. Bei der besonders hohen Emotionalität in diesem Fall wäre dies erforderlich gewesen. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet in einem ersten Schreiben, sie bemühe sich derzeit um eine einvernehmliche Lösung der Angelegenheit. Sie werde sich erneut mit dem Presserat in Verbindung setzen, wenn die Beschwerdeführerin Stellung bezogen haben werde. Die Antwort kommt. Darin bleibt die Beschwerdeführerin dabei, den Vorgang vom Presserat klären zu lassen. Sie rechne der „Redaktion sehr positiv an“, dass diese sich entschlossen habe, das Bild des mutmaßlichen Täters nachträglich zu anonymisieren. Die Rechtsabteilung weist den Vorwurf zurück, die Zeitung habe den Schutz der Identität des durch Videoaufnahmen vom Tatort überführten Täters vernachlässigt. Gerade zum Schutz seiner Persönlichkeit habe sie von vorneherein nur den Vornamen und den abgekürzten Nachnamen genannt. Für Personen, die den Täter nicht kannten, sei er damit auch anhand des Fotos nicht identifizierbar gewesen. Dennoch habe sich die Zeitung entschlossen, das Foto des jungen Mannes zu anonymisieren, und zwar in allen bereits erfolgten und allen künftigen Veröffentlichungen über die Tat.

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Zurückhaltung in Fällen von Suizid

Ein junger Mann ertrinkt in einem Kanal. Die Polizei schließt nicht aus, dass er sich das Leben genommen hat. Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet. Sie veröffentlicht eine Fotostrecke. Auf einem der Bilder sind die am Ufer zurückgelassenen Habseligkeiten des Mannes, darunter ein Handy, zu sehen. Ein Leser der Zeitung stößt sich an zwei der Fotos. Auf dem einen sehe man den aus dem Kanal geborgenen Toten, wenn auch in ein Tuch gehüllt. Man erkenne, dass dort eine Leiche liege. Auf einem weiteren Foto seien die Bekleidung und das Mobiltelefon des Mannes zu sehen. Nach Meinung des Beschwerdeführers verstößt der Artikel gegen die Richtlinie 8.7 des Pressekodex. Dort ist festgeschrieben, dass die Presse in Fällen von Suizid Zurückhaltung übt. Die Rechtsvertretung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der auf der Rettungstrage fotografierte Mann nicht erkennbar ist. Auch durch das Foto mit den Habseligkeiten ist der Tote nicht identifizierbar. Die Beschwerde entbehre somit einer Grundlage.

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Wenn einer beim Salsa-Tanzen zu weit geht

„Aufdringlicher Salsatänzer bekommt verdiente Abreibung“ – so überschreibt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins ihren Bericht über einen Tanzflächen-Vorfall. Ein Mann, der eine junge Salsa-Tänzerin „angetanzt“ hatte, gerät mit einem anderen tatkräftig aneinander. Ein zum Bericht gestelltes Video zeigt die Szene. Die Redaktion spricht von einer verdienten Abreibung und bezeichnet den Angriff des Mannes als „brutal“. Ein Leser des Magazins kritisiert die Redaktion. Mit der Formulierung „verdiente Abreibung“ billige sie den tätlichen Angriff auf den aufdringlichen Salsatänzer. Das mehr oder weniger harmlose „Antanzen“ hätte auch anders beendet werden können. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift meint, was auf dem Video zu sehen sei, sei nicht gravierend. Der Tänzer werde zwar körperlich angegangen, aber nicht – wie vom Beschwerdeführer festgestellt – „brutal niedergeschlagen“. Der Niedergeschlagene habe sich sofort wieder aufgerappelt. Die Rechtsvertretung betont, dass Gewalt natürlich nicht zu befürworten sei. Die Redaktion habe auch nicht zu Gewalt aufgerufen. Im privaten Bereich sei Gewalt jedoch nicht absolut tabu. Im vorliegenden Fall könnte es sich durchaus um gerechtfertigte Nothilfe gehandelt haben. Hätte die Frau dem aufdringlichen Tanzpartner eine Ohrfeige verpasst, hätten die meisten Anwesenden dies als angemessen angesehen. Dass ein Dritter helfend eingreife, ändere an der Beurteilung erst einmal nichts. Insofern sei die Bewertung „verdiente Abreibung“ sicherlich von der Pressefreiheit gedeckt. Zu dieser Bewertung kommt die Rechtsvertretung der Zeitung abschließend.

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