Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Die Bebauung des Tempelhofer Feldes

Die Online-Ausgabe einer Berliner Zeitung berichtet unter der Überschrift „Wie Madonna für Tempelhof wirbt“ über den Unterstützer eines Volksbegehrens gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Der Mann, der als der „Kommunikationswirt aus der Yorckstraße“ bezeichnet wird, habe in dieser Zeitung eine ganzseitige Anzeige geschaltet, in der Madonna, Hartmut Mehdorn, Bill Gates, Eberhard Diepgen und Graciano Rocchigiani als „prominente Tempelhof-Freunde“ erwähnt würden – ohne dass sie davon wüssten. Der im Text erwähnte Unterstützer des Volksbegehrens ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Passus „der Kommunikationswirt aus der Yorckstraße“ stelle eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte dar, da es sich hierbei um einen Hinweis auf seine Privatadresse handele. Diese sei jedoch im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für das Volksbegehren nie kommuniziert worden. Er verlange deshalb die Löschung des gesamten Artikels. Per E-Mail überreicht der Beschwerdeführer später ein Schreiben der Anwaltskanzlei, die den Zeitungsverlag vertritt. Darin heißt es, dass die Redaktion die Bezeichnung „Yorckstraße“ aus dem Onlinebeitrag entfernt habe, ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen. Dazu heißt es, dass der Beschwerdeführer diese Bezeichnung selbst im geschäftlichen Verkehr als E-Mail-Signatur verwende und sie unter anderem auf seinem Profil im sozialen Netzwerk „Xing“ als sein geschäftliches Impressum angegeben sei. Der Beschwerdeführer erwidert, dass die E-Mail-Signatur nicht zur Veröffentlichung seiner Privatadresse berechtige und er sein Xing-Profil erst seit einem viel späteren Zeitpunkt betreibe. Der Chefredakteur der Zeitung schreibt in seiner Stellungnahme, die Nennung der Straße sei zulässig, weil dadurch der örtliche Zusammenhang mit dem Tempelhofer Feld deutlich werde, für das der Beschwerdeführer sich öffentlich eingesetzt habe. Vollständige Adressen veröffentliche die Redaktion selbstverständlich nicht. Die Gefahr, dass Rückschlüsse auf die Adresse des Beschwerdeführers möglich seien, sieht der Chefredakteur nicht, da die Yorck-Straße vergleichsweise lang sei.

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Zwei Betrachtungsweisen für ein Foto

Eine Regionalzeitung veröffentlicht online unter der Überschrift „Ich bin nicht ferngesteuert“ ein Porträt über einen der Initiatoren eines Volksbegehrens gegen die Bebauung des Tempelhofer Flugfeldes in Berlin. Der Beitrag enthält ein Foto des Mannes. Dieser ist Beschwerdeführer in diesem Fall. Er sieht mit dem Beitrag seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Das Foto sei lange vor dieser Veröffentlichung in einem ganz anderen Zusammenhang aufgenommen worden, nämlich nach der Premiere des Stauffenberg-Films „Walküre“. Er habe damals der Reporterin auf deren Frage hin seine Meinung zu dem Film gesagt und zugestimmt, dass von ihm ein Foto zur Veröffentlichung gemacht werde. Jetzt sei das Bild stark vergrößert in schlechter Qualität wiederum in der Zeitung abgedruckt worden, wahrscheinlich mit der Absicht, ihn schlecht aussehen zu lassen. Das habe mit seriösem Journalismus nichts zu tun. Der Beschwerdeführer bittet um Löschung des Textes und die Entfernung des Fotos. Eine von der Zeitung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei teilt Jahre später mit, dass die Redaktion das beanstandete Foto – ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen – aus dem Beitrag gelöscht habe. Nach Meinung der Chefredaktion der Zeitung ist das Foto eine neutrale Porträtaufnahme. Sie hält die Veröffentlichung für zulässig und beruft sich dabei auf das öffentliche Interesse im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Mannes. Das Bild sei inzwischen entfernt worden. Der Text jedoch werde weiterhin Nutzern der Online-Ausgabe zur Verfügung stehen. Der Beschwerdeführer habe sich mit seinem Anliegen in die Öffentlichkeit begeben und müsse daher die Berichterstattung über sich und seine Initiativen dulden.

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Vater schlägt Baby fast den Schädel ein

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung titelt „Kleine Isabel, was hat dein Vater dir angetan?“ Es geht um ein drei Monate altes Baby, das mit massiven Schädel-Hirn-Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und dort in Lebensgefahr schwebe. Dem Vater werde vorgeworfen, das Kind misshandelt zu haben. Drei Fotos sind dem Bericht beigestellt. Eines zeigt den Eingang zu dem Wohnhaus, in dem die Tat geschehen ist, ein weiteres die Eltern und Geschwister des misshandelten Babys und das dritte das verletzte Kind während der intensivmedizinischen Behandlung. Auf dem Familienfoto ist das Gesicht des mutmaßlichen Täters mit einem schwarzen Balken versehen. Die Gesichter der übrigen Personen sind verpixelt. Lediglich das Bild des Tatortes trägt eine Urheberkennung. Eine Leserin der Zeitung sieht in dem Beitrag mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Es sei unzulässig, das Baby während der intensivmedizinischen Behandlung zu zeigen. Dadurch würden die Persönlichkeitsrechte des Säuglings verletzt. Zur journalistischen Sorgfalt gehöre es, Fotos mit Urhebernachweisen zu kennzeichnen. Dass dies unterblieben sei, lässt darauf schließen, dass das Bild der Redaktion aus der Klinik zugespielt worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung bezeichnet die Kritik an der Berichterstattung als nachvollziehbar. Jedoch könne in diesem Fall das besondere öffentliche Interesse nach der Misshandlung eines Babys nicht außer Acht bleiben. Die Redaktion habe sich nach sorgfältiger Abwägung dazu entschlossen, in dieser Form auf die immer wieder zu beklagenden Fälle von Kindesmisshandlung hinzuweisen. Das Bild vom Baby im Krankenhaus habe die Redaktion von einem Informanten erhalten, der auf die schreckliche Tat mit einem Foto habe hinweisen wollen. Das Bild sei also nicht mit unlauteren Mitteln beschafft worden. Es sei zu respektieren, dass der Informant unerkannt bleiben wolle. Deshalb habe die Redaktion auf die sonst übliche Urheberkennung verzichtet. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Säuglings liege auch nicht vor. Es bestehe zum einen ein besonderes öffentliches Interesse an dem aufsehenerregenden Fall. Andererseits sei das Kind nicht zu identifizieren, weil in diesem Alter von wiedererkennbaren Merkmalen noch nicht die Rede sein könne. Schließlich weist die Zeitung den Vorwurf der unangemessen sensationellen Berichterstattung zurück. Das beanstandete Foto möge zwar schockieren und nur schwer zu ertragen sein, doch dringe der Fall so viel tiefer in das Bewusstsein der Menschen ein als die reine Wortberichterstattung.

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Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt

Die Regionalausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über einen Mordfall. Täter (16) und Opfer – eine junge Frau – hätten sich bei der Freiwilligen Feuerwehr kennengelernt. Der junge Mann habe das Opfer in seinem Kinderzimmer erwürgt und die Leiche etwa 50 Meter vom Elternhaus entfernt an einem Maisfeld abgelegt. Er sei wenige Tage nach der Tat festgenommen worden und habe das Verbrechen gestanden. Das Urteil des Landgerichts habe auf neun Jahre Freiheitsstrafe gelautet. Die Gerichtssprecherin wird von der Zeitung so zitiert: „Der Angeklagte nutzte die Wehrlosigkeit des Opfers aus. Sein Mordmotiv war die Befriedigung seines Geschlechtstriebes.“ Das Gericht sei mit seinem Urteil nur ein Jahr unter der Höchststrafe geblieben. Weil weitere Straftaten zu befürchten seien, sei die Unterbringung des Täters in einer geschlossenen Einrichtung angeordnet worden. Die Redaktion erwähnt jeweils die Vornamen und abgekürzten Nachnamen sowie das Alter von Täter und Opfer. Sie nennt auch den Namen des Ortes, in dem der Mann die Tat begangen hatte sowie den Namen des Kreises, aus dem das Opfer stammt. Täter und Opfer werden im Bild gezeigt. Unter dem Foto des jungen Mannes steht: „Dieser Milchbubi ist ein Mörder“. Beschwerdeführer sind die anwaltlich vertretenen Eltern des Täters. Sie sind der Ansicht, dass die Berichterstattung gegen Ziffer 8 des Pressekodex verstößt. Für die identifizierbare Darstellung des 16-Jährigen gebe es kein öffentliches Interesse, das dessen Persönlichkeitsrecht überwiegen könnte. Zwar sei der Gerichtsprozess wie auch das Urteil von öffentlichem Interesse gewesen, doch rechtfertige das nicht die identifizierbare Darstellung des Täters. Dies gelte umso mehr, als es sich bei ihm um einen 16-Jährigen handele, dessen Interessen aufgrund seines Alters besonders schutzwürdig seien. Die gewählte Art der Berichterstattung habe auch nicht etwa der Fahndung oder einem Aufruf an die Bevölkerung gedient, sondern einen reißerischen Charakter gehabt. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Berichterstattung in der Regel nicht identifizierbar sein sollen, doch sei die Berichterstattung über minderjährige Straftäter keinesfalls grundsätzlich unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Redaktion nach reiflicher Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass es sich hier nicht um einen Regelfall handele. Auch die gegnerische Anwältin räume ein, dass es sich „um einen durchaus Aufsehen erregenden und für die Öffentlichkeit interessanten Prozess“ gehandelt habe. Auf dem veröffentlichten Foto, das der Täter selbst auf Facebook gepostet habe, sei ein freundlich und vertrauenswürdig wirkender Jugendlicher zu sehen. In diesem Glauben müsse ihn das Opfer zu Hause besucht haben.

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Das Haus des „Rambo-Gewerkschafters“

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet unter der Überschrift „Weselskys Altbau-Fassade: So versteckt sich Deutschlands oberster Streikführer“ über den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und dessen Wohnsituation. Er lebe in einem Haus im Leipziger Stadtteil Neustadt- Neuschönefeld, „nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt.“ Weiter heißt es in dem Artikel: „In der Straße haben sich Rechtsanwälte und Psychologen niedergelassen – und mittendrin lebt Weselsky in einem schmucken Altbauhaus. Die Klingelschilder zeigen zehn Wohnparteien. ´Fam. Weselsky` steht auf dem untersten. Doch eigentlich müsste der Name ganz oben stehen, denn der Wohnbereich des 55-Jährigen unterscheidet sich grundlegend von anderen Wohnungen auf dem Grundstück, wie sich nach dem Eintreten in das Gebäude zeigt. Hinter dem Eingang mit den zwei großen Säulen, führen kurz darauf ein paar Treppenstufen hinab zu einer zweiten großen Tür. Der Briefkasten mit der Aufschrift ´Fa. Weselsky´ verrät die Identität des berühmten Bewohners. Hinter der Tür öffnet sich ein Innenhof mit einem kleinen, rotverklinkerten Häuschen. Der geheime Rückzugsort des GDL-Chefs. Er lebt abgeschieden.“ (Die Fehler wurden aus dem Original übernommen). Dem Artikel sind mehrere Fotos beigestellt. Eines zeigt die Fassade des Weselsky-Wohnhauses, ein anderes das mit „Fa. Weselsky“ beschriftete Klingelschild. 34 Leser der Zeitschrift wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie sehen gleich eine ganze Reihe von Ziffern des Pressekodex verletzt. Vor allem geht es um das Persönlichkeitsrecht des Gewerkschaftsvorsitzenden und den Schutz des privaten Wohnsitzes nach Richtlinie 8.8 des Pressekodex. Die Privatwohnung Weselskys habe mit dem Lokomotivführerstreik nichts zu tun. Unterschwellig ermuntere der Beitrag die Leser, Weselsky zu Hause aufzusuchen und ihm die Meinung zu sagen. Andere Beschwerdeführer kritisieren, dass Reporter den Wohnsitz des Gewerkschaftsführers aufgesucht und fotografiert hätten, sowie mit Nachbarn gesprochen hätten. . Damit hätten sie Stalking bzw. Nachstellung im Sinne von Paragraf 238 StGB betrieben. Die Bezeichnungen des Betroffenen als „aktuell der wohl meistgehasste Deutsche“ und „Rambo-Gewerkschafter“ seien ehrverletzend und kämen dem Aufruf zu einer Hetzjagd gleich. Der Chefredakteur des Magazins spricht vom seinerzeit alles beherrschenden Thema Bahnstreik. Da habe es nahegelegen, sich mit der Person des Gewerkschaftsbosses Weselsky zu befassen. Dabei habe man auch dessen Wohnumstände geschildert. Wer sich entscheide, im öffentlichen Leben eine wichtige Rolle zu spielen, könne nicht deren Geheimhaltung beanspruchen. Im Übrigen habe die Wohnung selbst im Bericht überhaupt keine Rolle gespielt. Der Text beschränke sich auf eine allgemeine Beschreibung des Gebäudes und eine ungefähre Angabe seiner Lage. Negative Folgen des Artikels seien nicht bekannt geworden. Weselsky selbst habe keinen Anlass gesehen, die Redaktion auch nur informell zur Entfernung des Wohnhaus-Bildes aufzufordern.

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Ex-Ehefrau: „Er ist ein Diktator!“

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht ein Interview mit der Ex-Frau des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. Überschrift: „Er ist ein Diktator!“ Die Frau wird wie folgt zitiert: „Claus Weselsky streikt schon lange nicht mehr für seine Lokführer. Er streikt nur noch für sich selbst, missbraucht das Streikrecht für sich selbst und aus purem Egoismus.“ Als Grund dafür gibt sie an: „Er ist machtversessen, wird nicht aufhören, bis er auch die Schwestergewerkschaft EVG beherrscht.“ Über die gemeinsame Beziehung sagt sie: „Er entwickelte sich zum Diktator, betrachtete alles von oben herab. Plötzlich durfte ich auch keinen Wein mehr unter 25 Euro kaufen. Das gehöre sich nicht in seinen Kreisen, sagte er arrogant.“ Geschockt habe sie feststellen müssen: „Er zahlte Miete und Strom für eine Wohnung in Leipzig, ging dort ständig essen, belog mich, knapste dafür unser gemeinsames Geld ab. Wie ich heute weiß, für eine Geliebte.“ Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für einen Verstoß gegen den Pressekodex. Es sei sachfremd und ehrenrührig, aus dem internen Persönlichkeitsbereich des Betroffenen zu berichten, ohne dass dafür ein öffentliches Interesse bestünde. Der Rechtsanwalt der Zeitung ist da anderer Meinung. Von einem Eingriff in die Intimsphäre des Betroffenen sei nicht auszugehen. Lediglich seine Privatsphäre sei betroffen. In der Beschwerde werde nicht mitgeteilt, was konkret beanstandet werde. Deshalb sei er gezwungen, es bei allgemeinen Ausführungen zu belassen, schreibt der Anwalt. Die Äußerungen der Ex-Frau seien wahrheitsgemäß wiedergegeben worden. Die Auseinandersetzung mit der Privatsphäre des Gewerkschafters sei zulässig, da es sich bei ihm um eine Person der Zeitgeschichte handele. Der Rechtsanwalt überreicht ein Anlagenkonvolut von 44 Online-Artikeln, in denen zu einem Großteil über die Person Weselskys berichtet wird. In den Berichten der unterschiedlichsten Medien sei auch die Frage nach den persönlichen Motiven und Charaktereigenschaften aufgeworfen worden. So habe der Amtsvorgänger Weselskys diesem Selbstherrlichkeit und Egoismus vorgeworfen. Selbst aus dem Gewerkschaftslager habe er harsche Kritik an seiner Person einstecken müssen. Als prominente Person – so schließt der Anwalt – müsse Weselsky auch die identifizierende Berichterstattung über sich als „Privatmann“ hinnehmen.

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„Weselsky streikt nicht mehr für die Lokführer“

„Jetzt spricht Weselskys Ex-Frau: Zu Hause war er ein Diktator“ – so berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über ein Interview, das eine Regionalzeitung mit der Ex-Frau des Vorsitzenden der Gewerkschaft GDL geführt hat. Einige Zitate: „Claus Weselsky streikt schon lange nicht mehr für seine Lokführer. Er streikt nur noch für sich selbst, missbraucht das Streikrecht für sich selbst aus purem Egoismus.“ Als Grund dafür gibt die Frau an: „Er ist machtversessen, wird nicht aufhören, bis er auch die Schwestergewerkschaft EVG beherrscht.“ Über die gemeinsame Beziehungen sagt sie: „Er entwickelte sich zum Diktator, betrachtete alles von oben herab. Plötzlich durfte ich auch keinen Wein mehr unter 25 Euro kaufen. Das gehöre sich nicht in seinen Kreisen, sagte er arrogant.“ Mehrere Leser sehen in der Berichterstattung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Es sei sachfremd und ehrenrührig, aus dem intimen Bereich des Gewerkschaftsvorsitzenden zu berichten, ohne dass dafür ein öffentliches Interesse bestünde. Die persönlichen Lebensverhältnisse von Claus Weselsky seien für die Tarifverhandlungen und den Lokführer-Streik unerheblich und nicht von öffentlichem Interesse. Die Beschwerdeführer halten es für unzulässig, beides zu verknüpfen. Im Gegensatz zu den Beschwerdeführern stellt der Chefredakteur ein öffentliches Interesse für den kritisierten Beitrag fest. Er könne hunderte von Artikeln vorlegen, in denen die Frage gestellt werde, wieviel „Weselsky“ in den Streiks stecke. Der Chefredakteur zitiert Weselskys Vorgänger Schell, der festgestellt habe, dass Weselsky seinen Egoismus über alles stelle. Der kritisierte Beitrag gebe aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeitsstruktur des Vorsitzenden, ohne dessen Beziehungs- oder gar Intimleben zu berühren. Der Chefredakteur hält es für ausgeschlossen, dass die Presseethik tangiert sein könnte, wenn durch Befragung des Umfelds eines Politikers, Wirtschaft- oder Gewerkschaftsführers versucht werde, dessen Persönlichkeit besser zu verstehen. Das zu recherchieren sei nicht anrüchig, sondern grundlegendes journalistisches Handwerk.

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„Abknallen aus reiner Lust am Töten“

In Eifersuchtsanfall Bardame umgebracht

„Mord wegen enttäuschter Hoffnung“ titelt die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung. Es geht um eine Gerichtsverhandlung. Ein Mann muss lebenslang hinter Gitter, weil er aus Enttäuschung auf die 35jährige Bardame Natalija G. eingestochen und sie getötet hat. Der russische Ex-Soldat Jurij G. sei erst – so schreibt die Redaktion – zwei Tage zuvor aus einer Entziehungsanstalt entlassen worden. Er habe die Frau während seiner Ausgänge vom Entzug kennengelernt und ihr Avancen gemacht. Diese sei jedoch nicht mehr als an einer Freundschaft interessiert gewesen. In der Bar, in der die Frau gearbeitet habe, habe ihn ein Eifersuchtsanfall überkommen. Dabei sei die Bluttat geschehen. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Staatsangehörigkeit des Täters. Sie trage nichts zum Verständnis des Geschehenen bei und schüre Ressentiments gegen Menschen russischer Staatsbürgerschaft (Ziffer 12 des Pressekodex – Diskriminierungen). Der Autor des Beitrages nimmt Stellung. Der Verurteilte sei als Soldat in der damaligen DDR gewesen und habe sich überhaupt nur deshalb in Deutschland aufgehalten. Er habe vor Jahren einen Landsmann niedergestochen. Auch in diesem Zusammenhang sei die Staatsangehörigkeit von Bedeutung gewesen. Schließlich sei er damals in Richtung Osteuropa geflohen mit dem Ziel, in Russland unterzutauchen. Der Autor hält die Nennung der Staatsangehörigkeit für das Verständnis des Beschriebenen für erforderlich und zulässig.

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Unfassbar grausame Taten

Die Redaktion der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung beschreibt den Inhalt eines Videos, auf dem der Zeitung zufolge die Enthauptung von IS-Gefangenen – darunter der Amerikaner Peter Kassig – durch IS-Leute zu sehen ist. Nach Ansicht eines Lesers des Blattes ist der Artikel unangemessen sensationell. Die Redaktion berichtete nicht nur, dass die Gefangenen getötet worden seien, sondern schildere grausige Details. Das sei unangemessen sensationell und pietätlos. Die Rechtsabteilung der Zeitung betont, dass die Redaktion das fragliche Video gerade nicht zeige. Die bloße inhaltliche Beschreibung sei weder unangemessen sensationell noch pietätlos. Pietätlos sei vielmehr das, was auf dem Video zu sehen sei. Dies stelle der Autor auch klar, wenn er schreibe, das Gezeigte sei „pervers“ und kaum zu ertragen. Die Beschreibung des Videos sei in keiner Weise unangemessen sensationell. Der Beitrag beschreibe und analysiere lediglich, welche unfassbar grausame Taten der so genannte „Islamische Staat“ (IS) verübe. Die Redaktion sei mit diesem Artikel ihrer Pflicht zur umfassenden Information über die Vorgänge im Irak und in Syrien nachgekommen.

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