Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Unwahres in Text und Bild verbreitet

Eine Zeitschrift, deren Aktivitäten man wohl am besten mit dem Spektrum des Regenbogens umschreibt, hat sich das Thema Mette-Marit vorgenommen. Die norwegische Prinzessin habe eine „Schock-Diagnose“ bekommen, wonach sie wegen schwerer Depressionen unheilbar krank sei. Das hätten so genannte Palast-Insider verbreitet. Die Redaktion stellt fest, dass eine Heilung ausgeschlossen sei. Zum Bericht gestellt ist ein Foto der weinenden Prinzessin. Ein Leser der Zeitschrift wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Tatsachenbehauptung, Mette-Marit sei unheilbar krank, sei falsch und unbelegt. Die Angaben über die angebliche Erkrankung der Prinzessin verletzten deren Persönlichkeitsschutz. Die Behauptung, Depressionen seien unheilbar, seien geeignet, bei Lesern unbegründete Befürchtungen zu wecken. Das Foto der weinenden Mette-Marit sei vor Jahren auf der Insel Utoya während der Trauerfeier für 77 ermordete Menschen aufgenommen worden. Die Redaktion habe auf diesen Umstand nicht hingewiesen und das Symbolfoto nicht als solches gekennzeichnet. Weder Verlag noch Redaktion nehmen zu der Beschwerde Stellung.

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„Verkaufsfördernde Sensationsmache“

Ein Behördenleiter in einer deutschen Großstadt verlässt sein Büro, besorgt sich den Schlüssel zum Konferenzzimmer, öffnet dort ein Fenster und stürzt sich – neun Stockwerke tief – in den Tod. Die örtliche Zeitung berichtet. Das Entsetzen in der Stadt über den Suizid des Mannes sei groß. Seit vielen Jahren habe er in den Diensten der Kommune gestanden, sei Leiter des Bürgerbüros und zuletzt des Ordnungsamtes gewesen. Auch habe er als Wahlleiter gewirkt. Der Artikel enthält ein Foto von der abgesperrten Unglücksstelle sowie ein Porträtfoto des Verstorbenen. Im Text wird sein Werdegang nachgezeichnet. Dabei wird auch erwähnt, dass er Vorstandsmitglied im Ortsverband einer Partei gewesen sei. Der Beschwerdeführer sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.7, des Pressekodex. Die Nennung des Namens sei auch nicht unter dem Aspekt gerechtfertigt, dass der Verstorbene am Ort vielleicht als eine Person der Zeitgeschichte bezeichnet werden könnte. Die Schilderung des Suizid-Ablaufs diene nur der Befriedigung voyeuristischer Neigungen. Der Beschwerdeführer spricht von verkaufsfördernder Sensationsmache. Er legt das Foto eines Verkaufsaufstellers der Zeitung bei. Darauf ist unter der Überschrift „Tragödie“ zu lesen: „Amtsleiter stürzt sich aus Bürgerbüro in den Tod“. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Verstorbene sei für die Stadt und ihre Umgebung eine relative Person der Zeitgeschichte gewesen. Er genieße daher einen geringeren Persönlichkeitsschutz als jemand, der in der Öffentlichkeit keine Rolle spiele. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das Zurückhaltungsgebot. Der Unglücksort befinde sich in einer belebten Straße der Stadt. Durch die Absperrungen und den Einsatz der Rettungskräfte habe der Vorgang große öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Ein Führungsmitglied des örtlichen Vereins „Angehörigengruppe um Suizid in …“ habe sich beim Autor des Artikels schriftlich für seine sensible und sachliche Berichterstattung bedankt. Lobend erwähnt werde dabei auch, dass der Autor auf den Begriff „Selbstmord“ gänzlich verzichtet habe.

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Voreilig über Suizid informiert

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über den Suizid eines Behördenleiters. Dieser habe sein Büro verlassen, sich den Schlüssel für das Konferenzzimmer besorgt, dort ein Fenster geöffnet und sei neun Stockwerke tief in den Tod gestürzt. Der Mann habe sich in vielfältiger Weise im öffentlichen Raum engagiert und sei weithin bekannt gewesen. Umso größer sei das Entsetzen in der Stadt und ihrer Umgebung über den Tod des Leiters des örtlichen Ordnungsamtes. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt, das den abgesperrten Unglücksort zeigt. Der Name des Verstorbenen wird ebenso genannt wie sein Alter. Den Beschwerdeführer stört vor allem, dass die Online-Ausgabe der Zeitung über den Suizid schon berichtet habe, als noch nicht alle unmittelbaren Familienangehörigen informiert gewesen seien. In der Presseerklärung der Stadt zum Tod ihres Mitarbeiters (sie liegt der Beschwerde bei) werde bewusst auf nähere Angaben verzichtet. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Sie verweist auf die vielfältigen Aktivitäten des Verstorbenen, die ihn in der Stadt und in ihrer Umgebung zu einer relativen Person der Zeitgeschichte gemacht hätten. Er genieße daher einen geringeren Persönlichkeitsschutz als jemand, der in der Öffentlichkeit keine oder eine wesentlich geringere Rolle gespielt habe als der Verstorbene. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege in diesem Fall das Zurückhaltungsgebot. Zudem habe sich der Suizid an einer belebten Straße der Stadt abgespielt. Absperrungen und der Einsatz der Rettungskräfte hätten für einen großen Aufmerksamkeitsgrad gesorgt. Zum Vorwurf der zu schnellen Berichterstattung teilt die Rechtsabteilung mit, eine freie Fotografin, die in der Nähe des Unglücksortes wohne, sei durch den Einsatz der Rettungskräfte auf den Vorgang aufmerksam geworden. Einen Hinweis der Redaktion habe es nicht gegeben. Es sei ein Widerspruch in sich, wenn der Beschwerdeführer die schnelle Berichterstattung der Zeitung kritisiere, die Berichterstattung der Stadt, die nur eine Stunde nach dem Ereignis erfolgt sei, jedoch lobe. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass der Verein „Angehörigengruppe um Suizid in …“ sich beim Autor des Beitrages schriftlich für die sensible und sachliche Berichterstattung bedankt habe. Der Verein bedankt sich auch dafür, dass in dem Bericht das stigmatisierend empfundene Wort „Selbstmord“ nicht vorkomme.

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Edathy als „Schwein-Heiligen“ bezeichnet

Eine Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Der Schwein-Heilige“ auf der Titelseite über die Aussage des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages und die Behandlung des Falles durch das Bundeskriminalamt. Im Beitrag heißt es: „Er hat Filme von nackten Kindern gekauft, muss deshalb vor Gericht. Doch bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit seinem Rückzug im Februar zeigt der Ex-SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy (45) weder schlechtes Gewissen noch Mitgefühl für die missbrauchten Kinder, sondern nur Mitleid mit sich selbst. Und schwärzt alte Parteifreunde an.“ Edathy selbst – er lässt sich von einem Anwalt vertreten – ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Er sieht die Ziffern 1, 9 und 13 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde, Schutz der Ehre und Unschuldsvermutung) verletzt. Nach Edathys Auffassung hat die Zeitung auch gegen Richtlinie 11.1 (Unangemessene Darstellung) verstoßen. Die Bezeichnung als „Schwein“ und „Schwein-Heiliger“ widerspreche den Grundsätzen des Pressekodex, da sie ausschließlich seine Herabwürdigung zum Ziel habe. Die Rechtsvertretung der Zeitung widerspricht Edathys Anwalt. Die Bezeichnung „Schwein“ sei nach der Spruchpraxis des Presserats eine zulässige Formulierung, wenn relevante Umstände vorlägen. Hier korrigiert die Geschäftsstelle des Presserats. Das Zitat „Die Bezeichnung ´Schwein´ bringe zum Ausdruck, was der weitaus größte Teil der Bevölkerung über den Mann und die ihm zur Last gelegte Tat denke“ stammt nicht aus den Entscheidungsgründen des Beschwerdeausschusses im Verfahren 0432/11/1-BA, das die Rechtsvertretung der Zeitung anführt. Vielmehr stammt das Zitat aus der im Text der Entscheidung enthaltenen Stellungnahme der damaligen Beschwerdegegnerin.

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Identität einer toten Frau offengelegt

Ein mutmaßliches Beziehungsdelikt ist unter der Überschrift „Kellnerin (30) lag tot und gefesselt in Badewanne“ Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Beine der Frau seien gefesselt und über ihren Kopf sei eine Plastiktüte gestülpt gewesen. Auch eine Kopfverletzung sei festgestellt worden. Am gleichen Tag habe sich der Ex-Freund der Frau das Leben genommen, indem er von einem Hochhaus gesprungen sei. Die Zeitung nennt den Vornamen und den abgekürzten Familiennamen sowie das Alter der Frau und ihre Herkunft aus einem namentlich genannten Dorf. Dort habe sie in einem ebenfalls namentlich genannten Eiscafé gekellnert. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto, das die Frau bei der Arbeit zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Durch die Veröffentlichung des Fotos werde die Ehre der toten Frau verletzt. Ihre Identität werde durch das unverfremdete Foto offengelegt. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege nicht die Persönlichkeitsrechte des Opfers. Der Beschwerdeführer wirft der Zeitung vor, die Gefühle der Hinterbliebenen nicht zu respektieren. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist den Vorwurf des Beschwerdeführers zurück, die Redaktion habe die Identität der toten Frau offengelegt. Ihr Tod sei in ihrem Umfeld zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon bekannt gewesen. Aufgrund ihrer Tätigkeit in einem Ausflugslokal sei sie in ihrem Wohnort und in der näheren Umgebung bekannt gewesen. Der Betreiber des Lokals habe wegen des Ablebens seiner Mitarbeiterin eine geplante Silvesterfeier abgesagt. Wenige Tage später habe er der örtlichen Zeitung auf Nachfrage mitgeteilt, dass er seinen Silvester-Gästen die Absage selbst mitgeteilt habe. Auch sei an der Eingangstür des Lokals ein Zettel angebracht worden, auf dem mitgeteilt wurde, dass das Lokal wegen eines Todesfalles einige Tage lang geschlossen sei. Es stimme also nicht, dass die Identität der Getöteten durch den Artikel offengelegt worden sei.

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Blutenden Skispringer im Bild gezeigt

Eine Regionalzeitung berichtet im Rahmen der alljährlichen Vierschanzentournee über das Skispringen in Bischofshofen. Dabei war der Schweizer Springer Simon Amman schwer gestürzt. Die Zeitung stellt zu ihrem Bericht ein Foto, auf dem zu sehen ist, wie Rettungskräfte den Verletzten auf einer Trage fixieren. Das Gesicht Ammans ist erkennbar. Zu sehen ist, dass Blut aus seinem Mundwinkel fließt. Ein Leser der Zeitung sieht gleich mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Das veröffentlichte Bild verletze in höchstem Maße die Persönlichkeitsrechte des Sportlers und lasse jegliches Mitgefühl für ihn und seine Familie vermissen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung merkt an, Verletzungen seien normaler und alltäglicher Bestandteil einer risikoreichen Sportart wie dem Skispringen. Insofern sei das beanstandete Foto ein Dokument der Zeitgeschichte. Es dürfte von Ammann angesichts seiner langjährigen Karriere wohl nicht rechteeinschränkend interpretiert werden. Er sei nach kurzer Bewusstlosigkeit ansprechbar gewesen und lediglich zur Kontrolle in ein Krankenhaus gebracht worden. Der Zeitungsbericht war nach Ansicht des stellvertretenden Chefredakteurs in jeder Hinsicht zurückhaltend und auf die Tatsachen konzentriert. Dies gelte auch für das von einer Agentur gelieferte Foto.

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Ein Fall von Namensgleichheit

Eine Sonntagszeitung berichtet unter der Überschrift „Am Ende wollen sie alle zurück“ über deutschstämmige Dschihadisten. Wie viele Deutsche in Syrien und im Irak für den „Islamischen Staat“ unterwegs seien, wisse man nicht. Sicher sei jedoch, dass viele deutsche Dschihadisten Namen wie Konrad Schmitz, Nils Donath oder Robert Baum trügen. Ein Mann namens Nils Donath sieht durch die Nennung seines Namens eine schwerwiegende Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Die Bezeichnung als Dschihadist stelle ihn an den Rand der Gesellschaft. Er sei bereits mehrfach auf die Behauptungen der Zeitung angesprochen worden und befürchte nun Auswirkungen auf seine derzeitigen Bemühungen, einen Job zu finden. Die Zeitung hätte durch eine einfache Recherche herausfinden können, dass er mit dem Dschihad nichts zu tun habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass die Redaktion bei der Nennung von „Gotteskriegern“ deutscher Herkunft drei Namen genannt habe. Der darin erwähnte Nils Donath habe den gleichen Namen wie der Beschwerdeführer, doch habe dieser mit dem Dschihad nichts zu tun. Aus dem Kontext gehe hervor, dass nicht der Beschwerdeführer gemeint sei, sondern ein gleichnamiger 24-Jähriger, der der so genannten „Dinslakener Gruppe“ angehöre. Dieser sei vor einiger Zeit von einem Spezialkommando der Polizei festgenommen worden und befinde sich in Haft. Vor diesem Hintergrund sei ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer, der sich auf freiem Fuß befinde, mit dem Häftling Nils Donath verwechselt werden könnte. Die im Beitrag getroffene Behauptung, dass es einen Terroristen mit dem Namen Nils Donath gebe, sei unverrückbar wahr.

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Auch Blasphemie muss erlaubt sein

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Anschlag auf offene Gesellschaft“. Autor ist der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der den islamistischen Anschlag auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ kommentiert. In einer Passage des Beitrages heißt es, dass unsere Gesellschaft Satire, Tabubruch und Blasphemie aushalten müsse. Das gehöre zum Dialog über strittige Themen, auch wenn das manchem nicht gefalle. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Aussage, dass Blasphemie (Gotteslästerung, Verhöhnung von Heiligem) zum Dialog über strittige Themen gehöre. Diese Behauptung stehe im Widerspruch zu Ziffer 10 des Pressekodex. Dort ist festgehalten, dass die Presse darauf verzichtet, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen. Zu der Beschwerde nimmt der Chefredakteur der Zeitung Stellung. In dem kritisierten Meinungsbeitrag trete der BDZV-Präsident für die Meinungs- und Pressefreiheit ein. Vor diesem Hintergrund und durch den Textzusammenhang sei unzweifelhaft, dass es in dem Kommentar um die Grundrechte gehe. Mit dem Satz „Satire, Tabubruch, auch Blasphemie muss unsere Gesellschaft aushalten“ sei nicht eine Schmähung im Sinne von Ziffer 10 des Pressekodex gemeint.

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MdB-E-Mail landet beim falschen Empfänger

Der Redaktion einer Regionalzeitung wird eine Kolumne zugeschickt. Autorin ist die örtliche Bundestagsabgeordnete. Weil sie sich nicht an die vereinbarten Spielregeln hält, verzichtet die Zeitung auf den Abdruck. Das verdrießt die Parlamentarierin. Sie schickt eine Mail an einen ihrer Mitarbeiter und macht ihrem Ärger über die Zeitung Luft. Sie schreibt: „Wahrscheinlich finden die sich jetzt richtig toll… Das ist schon frech, was die sich so leisten. Wir müssen wirklich eine Strategie ausarbeiten, wie wir denen einen Strich durch die Rechnung machen können.“ Weiter teilt sie mit, dass sie sich am kommenden Tag mit dem Vertreter eines anderen Mediums treffen werde. „Dann schauen wir mal, ob wir Ideen haben.“ Die Mail erreicht nicht – wie eigentlich beabsichtigt – den Mitarbeiter, sondern landet versehentlich bei der Zeitung. Diese veröffentlicht die nicht für sie bestimmte Mitteilung, um so das Medien- und Demokratieverständnis der Abgeordneten öffentlich zu machen. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Einer von ihnen sieht durch die Veröffentlichung der fehlgeleiteten Mitteilung die informationelle Selbstbestimmung der Abgeordneten verletzt. Ein anderer kritisiert, dass die Zeitung die umgehende Bitte der Abgeordneten missachtet habe, die Mail nicht zu veröffentlichen. Ein weiterer Beschwerdeführer hält es für unlauter, ein privates Schreiben zu veröffentlichen und die Parlamentarierin somit vorzuführen. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält dagegen, dass die Abgeordnete die E-Mail als Bundestagsabgeordnete geschrieben und mit ihrem Namen und dem Zusatz „MdB“ versehen habe. Ihr Verhalten und ihre schriftliche Äußerung seien deshalb von öffentlichem Interesse. In der fraglichen E-Mail gehe es darum, wie man der Zeitung und damit etwa 500 Beschäftigten Schaden zufügen könne.

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Glaubwürdigkeit der Presse in Frage gestellt

Eine Finanz-Fachzeitschrift berichtet online unter der Überschrift „ProSiebenSat1 mit starker Dividende: Mit diesem Fonds verdienen Sie mit!“ über die Dividendenausschüttung der ProSiebenSat1-Aktie. Im Artikel wird auf einen Fonds hingewiesen, der sich auch auf Grund der Aktie positiv entwickelt habe. Anleger, die jetzt noch einstiegen, erhielten die volle Ausschüttung für das zweite Quartal. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitschrift – sieht die in Ziffer 7 des Pressekodex geforderte Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten nicht gegeben. Der Bericht sei nicht als Werbung gekennzeichnet. Er verweise zweimal auf die Homepage des Fondsanbieters. Der Leser sieht mehrere Kodex-Ziffern verletzt. Recherchen der Geschäftsstelle des Presserats haben ergeben, dass es signifikante Verbindungen zwischen der Zeitschrift und dem im Artikel genannten und empfohlenen Fonds gibt. Ein und derselbe Mann stehe an der Spitze der Zeitschrift und der im Text genannten Firmen. Der Chefredakteur des Blattes sieht den Fall anders. Zu dem Geschäftsmodell von Anlegerzeitschriften gehöre es, konkrete Anlageempfehlungen für Aktien, Anleihen, Fonds, Zertifikate etc. auszusprechen. Er spricht im konkreten Fall von einer unabhängigen redaktionellen Empfehlung, so dass von einem Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht die Rede sein könne. Zum Vorwurf des Hinweises im Text auf Links zum beschriebenen Fonds teilt der Chefredakteur mit, es sei unerlässlich, sich über den Artikel hinaus intensiv mit den jeweiligen Produkten auseinanderzusetzen. Dazu gehöre das Studieren zusätzlicher Unterlagen, die durch den Link zugänglich gemacht würden. Ein Interessenkonflikt durch die gemeinsame Leitung von Zeitschrift und Fondsgesellschaft bestehe nicht, da von dort aus keinerlei Einfluss auf die Redaktion ausgeübt werde. Die Verbindungen seien nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Presse in Frage zu stellen.

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