Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Ethnische Herkunft eines Jungen genannt

Eine Wochenzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Wien: Polizei ermittelt gegen Opfer von Asylbewerber“. Es geht um Ermittlungen gegen eine Gefängniswärterin. Diese sei von einem Asylbewerber angegriffen worden. Die erfahrene Kampfsportlerin sei von der Jugendgerichtshilfe angezeigt worden, „weil der attackierende Afghane ´blaue Flecken´ davongetragen hatte.“ Über den minderjährigen Afghanen heißt es im Bericht, dass er unter dem dringenden Tatverdacht in Untersuchungshaft genommen worden sei, zusammen mit zwei Landsleuten in Wien eine Studentin vergewaltigt zu haben. Die Zeitung berichtet auch, dass der Tatverdächtige an einer seltenen Blutkrankheit leide und eine spezielle Therapie benötige, die den Steuerzahler innerhalb von wenigen Wochen 24.000 Euro gekostet habe. Ein Leser der Zeitung hält die Nennung der Nationalität nicht für relevant für das Verständnis des geschilderten Vorgangs. Richtlinie 12.1 sei verletzt worden. Wenngleich die Tat schwerwiegend und grausam gewesen sei, so sei sie doch nicht zwingend typisch für Menschen der im Bericht genannten Ethnie. Die Erwähnung der Blutkrankheit des Minderjährigen und der Kosten für seine Behandlung falle in den Schutz seiner Persönlichkeit. Der Tatverdächtige werde offenkundig bewusst abwertend als Person zweiter Klasse dargestellt. Für die Wochenzeitung erklärt deren Chefredakteur, der Beschwerdeführer vermische „Nationalität des jugendlichen Täters“ und „ethnische Tätergruppe“ miteinander. Tatsächlich handele es sich um eine geografische Verortung. Es dürfte zur Allgemeinbildung gehören, dass Afghanistan ein Land sei, in dem seit Jahrzehnten permanent Kriege geführt würden. Es bedürfe keiner weiteren Darlegungen, dass solche Umgebungsbedingungen zu einer Verrohung insbesondere der Jugend führten, weil zivilisatorische und moralische Wertvorstellungen in Kriegsgebieten nicht beachtet würden. Dementsprechend habe die Nennung der geografischen Herkunft nichts Diskriminierendes. Es sei ferner ungewöhnlich, dass die Steuerzahler für die Behandlung des blutkranken jungen Mannes aufkommen müssten. Zuständig für die Übernahme von Krankheitskosten sei üblicherweise eine gesetzliche oder private Krankenkasse. Nur dort sei auch das fachlich qualifizierte Personal vorhanden, das entscheiden könne, ob und in welcher Höhe die spezielle Behandlung der seltenen Blutkrankheit finanziell zu unterstützen sei. Insofern habe die Redaktion die Frage stellen wollen, ob eine Prüfung des Bedarfs von kompetenter Stelle durchgeführt worden sei. Die Höhe der Kosten sei angegeben worden, damit der Leser erkennen könne, welche finanziellen Auswirkungen diese Frage habe.

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Für erweiterten Personenkreis identifizierbar

Unter der Überschrift „20-Jähriger nach Gewaltverbrechen in Thüringen festgenommen“ berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über einen jungen Mann, dem vorgeworfen wird, einen Freund umgebracht zu haben. Vier Tage, nachdem die Leiche gefunden worden sei, habe die Polizei den Tatverdächtigen festgenommen. Das Opfer und der mutmaßliche Täter werden jeweils mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen, Alter und Herkunftsort genannt. Im Artikel heißt es, Täter und Opfer hätten sich seit Kindheitstagen gekannt. Nach einigen gemeinsamen Schuljahren hätten sich – so die Zeitung – ihre Wege getrennt. Der mutmaßliche Täter sei der Polizei wegen Drogenkonsums und Verkehrsdelikten bekannt. Vor kurzem habe er nach Angaben eines Bekannten mit seinem Wagen einen Unfall gehabt. Sein Auto sei mit hoher Geschwindigkeit aus einer Kurve getragen worden und habe sich überschlagen. Bei dem Unfall – offenbar unter Drogeneinfluss – seien mehrere Personen verletzt worden. Die Polizei habe während der anschließenden Hausdurchsuchung Drogen sichergestellt. Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung im Hinblick auf mehrere Kodexziffern für presseethisch bedenklich. Es würden Namen genannt wie bei Massenmördern. Zudem enthalte der Artikel Unwahrheiten. Der Presserat beschränkt das Verfahren auf die Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrecht). Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass man im Fall des verhafteten Tatverdächtigen den Familiennamen mit den Anfangsbuchstaben abgekürzt habe. Dies entspreche der üblichen Praxis bei der Berichterstattung über Ermittlungen zu Straftaten. Weder der Tatverdächtige noch sein Opfer oder Angehörige, Freunde und Bekannte der beiden seien durch die Berichterstattung für eine größere Öffentlichkeit identifizierbar. Die Redaktion geht davon aus, dass Tat und mutmaßlicher Täter im engeren regionalen Umfeld bekannt sind. Diese eingeschränkte Öffentlichkeit sei durch die Berichterstattung weder hergestellt noch vergrößert worden.

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Fotos und Videos von einer Massenvergewaltigung

„Über 30 Männer vergehen sich an 16-Jähriger“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Redaktion berichtet von einer Massenvergewaltigung in einem Armenviertel (Favela) von Rio de Janeiro. Die Täter hätten Fotos und Videos von ihrem Verbrechen gemacht und diese in sozialen Netzwerken veröffentlicht und kommentiert. Ein Video gibt 40 Sekunden der Vergewaltigung wieder. Ein Foto zeigt einen Täter, der seine Zunge herausstreckt, während im Hintergrund das wehrlose Mädchen zu sehen ist. Auf den Fotos sind die Gesichter von Tätern und Opfer verfremdet. Eine Leserin der Zeitung sieht durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Darüber hinaus spricht sie von einer Straftat, weil die Zeitung jugendpornographisches Material verbreite. Wegen der in diesem Fall gegen Herausgeber und Chefredakteur angekündigten Anzeige beantragt deren Rechtsvertretung, die Behandlung der Beschwerde auszusetzen. Davon abgesehen sei die Beschwerde ohnehin unbegründet, weil völlig unklar bleibe und auch von der Beschwerdeführerin nicht begründet werde, worin bei einem der Fotos ein Verstoß gegen den Pressekodex bestehen solle. Die Rechtsvertretung spricht bei einem von der Beschwerdeführerin beanstandeten Foto von einem „Pixelhaufen“. Bei diesem Bild habe man schon Schwierigkeiten, überhaupt einen Menschen zu erkennen. Eine Erkennbarkeit sei völlig ausgeschlossen.

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Überschrift muss Sachverhalt korrekt wiedergeben

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „So viel Rente bekommen Postbeamte, Polizisten, Richter“. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Höhe von Beamtenpensionen. Im Newsletter des Magazins wird der Beitrag mit der Schlagzeile „3200 Euro fürs Briefmarken-Stempeln: So viel Rente bekommen Beamte“ angekündigt bzw. verlinkt. (Hinweis: Beamte beziehen im Alter Pensionen und nicht Renten, wie vom Nachrichtenmagazin dargestellt). Ein Leser kritisiert, dass die Schlagzeile im Newsletter durch den Inhalt des Berichts nicht gedeckt sei. Der Autor teile dort mit, dass ein Postbeamter für eine Pension von 3200 Euro während seiner Dienstzeit schon zum Leiter einer größeren Filialgruppe aufgestiegen sein müsse. Die Schlagzeile sei daher nicht korrekt. Sie sei diskriminierend und schüre Sozialneid. Der für diesen Fall zuständige Ressortleiter erklärt, dass die Schlagzeile bereits geändert gewesen sei, als die Redaktion von der Beschwerde erfahren habe. Die Redaktion habe dem Beitrag eine Anmerkung beigefügt, dass sie eventuell aufgetretene Missverständnisse bedauere. Die Überschrift habe naturgemäß den Sachverhalt verkürzt und zugespitzt dargestellt. Aus dem Text gehe jedoch hervor, unter welchen zusätzlichen Voraussetzungen ein zunächst im Schalterdienst beschäftigter Postbeamter die genannte Pension erhalten könne.

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1.573 Euro Pension nach fünf Jahren

Die Online-Ausgabe einer Wochenzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Fünf Jahre Arbeit, 1.573 Euro Pension“. In dem Artikel geht es um Struktur und Höhe von Beamtenpensionen und mögliche Zukunftsszenarien. Ein Beschwerdeführer stellt fest, dass der in der Überschrift dargestellte Sachverhalt falsch sei. Er werde im Text auch nicht belegt. Ein anderer Leser der Zeitung setzt sich ebenfalls mit der Überschrift kritisch auseinander. Durch sie entstehe der Eindruck, Beamten stünden nach fünf Jahren Diensttätigkeit Pensionen in Höhe von 1.573 Euro zu. Der Pensionsanspruch ergebe sich nach fünf Jahren in dieser Höhe jedoch nur, wenn der Beamte dienstunfähig und deshalb von seiner Behörde aus dem Dienstverhältnis entlassen werde. Vor Ablauf dieser Zeit ergebe sich überhaupt kein Anspruch. Ohne Dienstunfähigkeit ergebe sich kein Anspruch auf eine „altersbedingte Pension“ nach fünf Jahren. Der Beamte müsse für seinen Pensionsanspruch bis zum Mindestalter von 62 Jahren arbeiten. Die Beschwerde wurde im Rahmen der Vorprüfung auf die Frage beschränkt, ob die Überschrift mit Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) vereinbar ist. Die Rechtsvertretung der Zeitung beruft sich auf die Aussage eines Wirtschaftsprüfers, die als Überschrift verwendet worden sei. Die angegebene Pensionszahlung sei objektiv anhand der aktuellen Versorgungstabellen und nach den Vorschriften des Paragrafen 4 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes nachzuvollziehen. Die Autorin des Beitrages habe anhand der Besoldungstabelle für das Land Niedersachsen und der Tabelle des Bundesinnenministeriums recherchiert und sei zu dem Ergebnis gekommen, das der Wirtschaftsprüfer ebenfalls genannt habe. Natürlich – so die Rechtsvertretung weiter – gälten für Beamte und Angestellte unterschiedliche Dienstvoraussetzungen. Der Beamte werde auf Lebenszeit ernannt und könne nicht gekündigt werden. Die hohen Versorgungsbezüge, die nach fünf Jahren bereits garantiert seien, würden für den Fall zugesagt, dass der Beamte unverschuldet aus seinem Dienst ausscheiden müsse. Ein Arbeitnehmer in der Wirtschaft, darauf weise sogar der Beschwerdeführer hin, müsse eine Berufsunfähigkeitsversicherung auf eigene Kosten abschließen, um zu so hohen Beträgen zu kommen. Deshalb seien Beamte, die nicht freiwillig auf ihren Beamtenstatus verzichteten, sozial bessergestellt. Sie könnten nicht entlassen werden und erhielten bereits nach fünf Jahren mindestens 1.573 Euro Pension, wenn sie ohne ihr Zutun aus dem Dienst ausscheiden.

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Harte Positionen im Fall Georgien

Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Zu kriminell – Union lehnt Visa-Freiheit für Georgier ab!“ über die Diskussion in der EU, Georgiern die Visa-Freiheit zu gewähren. Vor allem die CDU sei dagegen, schreibt die Redaktion. Sie zitiert deren Innen-Experten mit der Aussage: „Georgische Asylbewerber sind so kriminell wie keine andere Ausländergruppe.“ Die Zeitung schreibt, dass georgische Banden in Deutschland auf Einbruchstour gehen. Hinter den meisten Einbruchsserien stecke die georgische Mafia. Der Bund der Kriminalbeamten habe laut der Zeitung zuletzt gewarnt, dass die georgische Mafia für große Teile der 167.000 Einbrüche in Deutschland im Jahr 2015 verantwortlich sei. Das Deutsch-Georgische Zentrum für Internationale Beziehungen ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Die Überschrift suggeriere, dass alle Georgier kriminell seien. Sie schüre Vorurteile. Das Zentrum sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der Ziffer 12, Richtlinie 12.1 des Pressekodex (Diskriminierungen bzw. Berichterstattung über Straftaten). Auch die Ziffer 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) sei verletzt worden. Die von der Zeitung aufgestellten Behauptungen seien diskriminierend und entsprächen nicht den Tatsachen bzw. der offiziellen Kriminalitätsstatistik. Der Beschwerdeführer legt die polizeiliche Statistik des Bundesinnenministeriums aus dem Jahr 2015 vor. Die Rechtsabteilung der Zeitung beruft sich auf Zitate von Innen- und Außenexperten, des Bundeskriminalamtes und des Vorsitzenden des Bundes deutscher Kriminalbeamter, die auf mögliche Gefahren der Visa-Freiheit und des NATO-Beitritts Georgiens hinwiesen. In dem Beitrag werde auf die mit einer Visafreiheit einhergehende weitere Ausweitung der Kriminalität aufmerksam gemacht. Den Lesern werde sofort deutlich, dass nicht alle Georgier pauschal als kriminell bezeichnet würden. Es werde lediglich aufgezeigt, dass unter zugewanderten Georgiern eine hohe Kriminalitätsrate herrsche und diese durch die Visa-Freiheit noch weiter zunehmen könnte. Die Kernaussagen des Beitrages entsprächen der Wahrheit. Es werde darin klargestellt, dass nicht alle Einbrüche von georgischen Kriminellen begangen würden, aber eine Vielzahl davon diesen zuzurechnen sei. 66 Prozent der georgischen Tatverdächtigen seien Zuwanderer. Dies unterstütze die These des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Schulz, dass Asylbewerber aus Georgien im Auftrag der georgischen Mafia Einbrüche begehen würden.

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Diskussion über Nennung der ethnischen Herkunft

Eine Regionalzeitung berichtet über einen sexuellen Übergriff auf eine 17-Jährige. Grundlage für den Bericht ist eine Polizeimeldung. Über den festgenommenen Täter heißt es: „Der 26-jährige Tatverdächtige sitzt wegen versuchter Vergewaltigung in Untersuchungshaft. Er ist laut Polizei arabischer Herkunft und wohnt in (…).“ Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der arabischen Herkunft des Tatverdächtigen und sieht darin einen Verstoß gegen die Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, in der Gesamtausgabe sei zu dem Fall nur eine knappe Meldung erschienen. Einen großen Bericht habe die Lokalredaktion gebracht, in deren Bereich sich der Vorfall ereignet habe. Die arabische Herkunft des Mannes sei in einem Zeugen-Aufruf der Polizei enthalten gewesen. In der Kurzmeldung werde die Polizei ebenfalls als Quelle der Information genannt, so dass zumindest ein mittelbarer Sachbezug zum berichteten Geschehen entstanden sei. Die Meldung sei zu einer Zeit entstanden, als in der Redaktion – auch ausgelöst durch die Ankündigung des Presserats, die Richtlinie 12.1 zu überdenken – eine lebhafte Diskussion über eine Nennung der ethnischen Herkunft bei Verdächtigen entbrannt sei. Sollte der Eindruck entstanden sein, dass die Nennung der Herkunft des Verdächtigen keinen hinreichenden Sachbezug zum berichteten Vorgang aufweise, so bedauere dies die Redaktion. Ihr Ziel sei weiterhin eine diskriminierungsfreie Berichterstattung. Gleichzeitig sollte jedoch der Anspruch einer umfassenden Information gewahrt werden.

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Zeitung bezeichnet Mann als „Sex-Schwein“

Eine Regionalzeitung berichtet online über einen Überfall auf Kinder. Überschrift: „Sex-Überfall in Jugendherberge“. Ein Mann sei in eine Jugendherberge eingedrungen und habe dort zunächst sexuelle Handlungen an sich selbst vorgenommen. Dann habe er versucht, sich einem Mädchen zu nähern. Ein anderes habe er unsittlich berührt. Die Zeitung bezeichnet den Mann im Text als „Sex-Schwein“. Ein Leser kritisiert diese Bezeichnung. Damit verstoße die Redaktion gegen presseethische Grundsätze. Der Chefredakteur der Zeitung teilt die Ansicht des Beschwerdeführers, dass die Formulierung unangemessen ist. Noch am gleichen Tag, an dem der fragliche Beitrag erschienen ist, habe die Redaktion über den Fall diskutiert. Ergebnis: Das sonst übliche Vier-Augen-Prinzip (Gegenlesen von Beiträgen) sei an jenem Produktionstag nicht angewandt worden. Der Fehler sei sehr schnell entdeckt und sofort korrigiert worden. Freundlicherweise habe der Beschwerdeführer seiner Beschwerde auch den korrigierten Online-Text beigefügt. Er – der Chefredakteur – habe das Schreiben des Presserats zum Anlass genommen, die betroffenen Redakteure erneut auf ihre journalistische Sorgfaltspflicht und eine angemessene Wortwahl hinzuweisen.

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Homöopathie für Kinder unkritisch dargestellt

Ein Internetportal, dessen Themenschwerpunkt im Bereich Mutter und Kind angesiedelt ist, berichtet über die homöopathische Behandlung von Kindern. Die Seite mit dem Artikel ist oben rechts mit dem Hinweis „Präsentiert von DHU“ gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um einen Hersteller von homöopathischen Arzneimitteln. In den Text eingeklinkt ist ein Kasten unter der Überschrift „Weitere Informationen“. Darin wird auf ein Buch mit dem Titel „Homöopathie für Kinder“ und einen Link zum Verlag hingewiesen, bei dem man das Buch bestellen kann. Ein Nutzer des Internetportals kritisiert, dass in dem Artikel völlig unkritisch über eine umstrittene Behandlungsmethode berichtet werde. lm Beitrag werde ein Produzent von homöopathischen Arzneimitteln genannt. Weder der Beitrag selbst noch der Info-Kasten mit dem Buch-Link werde als Anzeige gekennzeichnet. Die unkritische Berichterstattung lasse aber vermuten, dass es sich um Werbung handele. Der Beschwerdeführer sieht Ziffer 7 des Pressekodex (Trennungsgebot von werblichen und redaktionellen Inhalten) verletzt. Bei der Angabe einer Dosierungsanleitung für eine Medikamentengruppe könne es sich zudem um eine Verletzung der Ziffer 14 des Pressekodex (Medizin-Berichterstattung) handeln. Die Leitung des Internetportals verweist auf eine vorangegangene Beschwerde des gleichen Beschwerdeführers in vergleichbarer Sache. Eine Rüge sei im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens in eine Missbilligung umgewandelt worden. An dem Tag, an dem der Beschwerdeführer erneut den Presserat eingeschaltet habe, sei das Portal mit der Presseratsentscheidung über die erste Beschwerde konfrontiert worden. Man habe also gar keine Chance zu der Überlegung gehabt, eventuell etwas an der kritisierten Präsentation der Inhalte zu ändern. Die Portal-Leitung hält die Kennzeichnung „Präsentiert von DHU“ nach wie vor für korrekt und kodexkonform. Die Beschwerdegegnerin berichtet, sie habe sich entschlossen, den Buchtipp als Anzeige zu kennzeichnen, obwohl er keine Anzeige sei. In der jetzigen Form könne der Tipp wohl keinen Anlass mehr für Kritik bieten.

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Vater eines Opfers sucht nach der Wahrheit

„Ein Mann kämpft um die Wahrheit im Fall Lubitz“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung über den Vater eines Opfers der Germanwings-Katastrophe, bei der der Co-Pilot 149 Menschen und sich selbst tötete, indem er seine Maschine in den französischen Alpen mit voller Absicht abstürzen ließ. Die Autoren des Textes schildern die Recherchen des Vaters. Eine Passage lautet: „Wie nach der Katastrophe bekannt wurde, hatte der Massenmörder schwere psychische Probleme und war 2008 – noch vor seiner Zeit als angestellter Pilot – wegen einer Depression monatelang krankgeschrieben gewesen. Der Vater eines der Opfer habe Strafanzeige gegen die Fliegerärzte der Lufthansa gestellt. Bei der Begutachtung von Andreas Lubitz seien gravierende Fehler festgestellt worden. Dies hätten er und sein Anwalt herausgefunden. Auch die Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde sei mangelhaft gewesen. Dreh- und Angelpunkt der Anzeige sei die Sondergenehmigung der Lufthansa. Der zufolge habe Lubitz sein Fliegertauglichkeitszeugnis und die mit der Lizenz verbundene Sondergenehmigung erhalten. Diese hätte nach Ansicht des Vaters und seines Rechtsbeistandes nur das Luftfahrtbundesamt erlassen dürfen. Die Redaktion bezieht sich darüber hinaus auf Aussagen von Medizinern. Nach deren Meinung hätte gerade im Fall Lubitz unter Einbeziehung des Luftfahrtbundesamts engmaschiger kontrolliert werden müssen. Der Vater des Opfers gehe deshalb davon aus, dass Lubitz ohne gültige Fluglizenz geflogen sei. Er schreibt, bei Einhaltung der Gesetze und Verordnungen hätte der Massenmord vermieden werden können. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, das Geschehen werde von der Redaktion so dargestellt, als seien Vorsatz und Verschulden feststehende Tatsachen. Dies sei aufgrund des aktuellen Verfahrensstandes irreführend, da bislang keine entsprechenden Daten von Fachleuten veröffentlicht worden seien. Andreas Lubitz werde durch die Veröffentlichung von Details seiner Krankengeschichte in seiner Ehre verletzt und als Person herabgewürdigt. Für die Bewertung der medizinischen Unterlagen sei weder der Vater noch sein Rechtsbeistand qualifiziert. Dies komme in dem Artikel nicht ausreichend zum Ausdruck. Die Beschwerdeführerin hält auch den Begriff „Massenmord“ bzw. „Massenmörder“ für presseethisch nicht vertretbar. Darauf konzentriert sich der Presserat, der den Fall im Hinblick auf die Ziffer 13 des Pressekodex (Unschuldsvermutung) behandelt. Der Justiziar der Zeitung räumt ein, dass der Begriff „Massenmörder“ plakativ, aber auf der Basis pressethischer Grundsätze nicht zu beanstanden sei. Ein Verstoß gegen die in Ziffer 13 definierte Unschuldsvermutung liege nicht vor. Die Berichterstattung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem man nicht mehr von der Unschuld des Co-Piloten Lubitz habe ausgehen können. Vielmehr habe Lubitz seit der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Marseille zwei Tage nach der Katastrophe als Täter gegolten. Zusammenfassend hält der Justiziar fest, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der Person des Co-Piloten aufgrund der vielen noch unbeantworteten Fragen immer noch so hoch sei, dass sein Würdeschutz weiter zurückstehen müsse. Durch die Berichterstattung würden weder medizinische Unterlagen bewertet, noch könne von einer unangemessen sensationellen Darstellung die Rede sein.

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