Identifizierbarkeit während eines Ermittlungsverfahrens
Rentner mit Überschrift „…größter Kinderhasser“ an den Pranger gestellt
Vier Kinder haben sich zu Halloween herausgeputzt. Sie tragen Kostüme mit den dazugehörigen Zauberhüten. Überall werden sie mit Süßigkeiten bedacht – nur bei einem 69-jährigen Rentner nicht. Der hat angeblich auf das Klingeln reagiert, indem er die Kinder wüst beschimpfte, verprügelte und in einem Fall sogar verletzte. Der Zwischenfall zieht ein Ermittlungsverfahren nach sich. Die örtliche Zeitung berichtet. „Statt Bonbons gab´s Prügel“ schreibt sie auf der Titelseite. Im Innern des Blattes heißt es, „…er pöbelte, schlug und würgte die Kleinen – Klinik“. Der Rechtsanwalt des Rentners wendet sich an den Deutschen Presserat. Er kritisiert, dass die Zeitung seinen Mandanten als „Kinderhasser“ bezeichne, noch dazu als den größten Kinderhasser der Stadt. Nur recht unscheinbar stehe im Text, der Rentner “soll die Kleinen bepöbelt, geschlagen und gewürgt haben“. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf des Anwalts zurück. Im Gegensatz zu dessen Meinung habe die Zeitung über den Vorfall in zulässiger Weise berichtet. Eine Vorverurteilung liege nicht vor, da der Autor häufig den Konjunktiv verwendet habe. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung habe ein dringender Tatverdacht auf Körperverletzung vorgelegen, der bis heute nicht beseitigt worden sei. Die Zeitung weist auf Zeugenaussagen eines Kindes und die eines Vaters hin, der die Kinder auf ihrer Halloween-Tour begleitet habe. Außerdem gebe es ein Gutachten des Krankenhauses, worin die Verletzung eines der Kinder bestätigt werde. (2002)