Buchrezension
Autor eines Lexikons sieht sich in seiner Ehre verletzt
Auf ihrer Seite „die wahrheit“ rezensiert eine Tageszeitung ein „Lexikon der Städtebeschimpfungen“, das in der Unterzeile seines Titels boshafte Berichte und Schmähungen von Aachen bis Zürich verspricht. Der Autor geht mit dem Werk eines Statistikprofessors und dessen Tochter hart ins Gericht, wirft den Verfassern des Lexikons zusammenklabauterte Zitate aus einem nicht erwähnten Originalwerk, eine belanglose Recherche im Internet und eine mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Daten und Namen vor. Hier werde ein astreines Plagiat vorgelegt, das an das 1998 in Leipzig erschienene Buch „Öde Orte“ mit dem Untertitel „Ausgesuchte Stadtkritiken von Aachen bis Zwickau“ erinnere. Selten habe man ein liebloser zusammengepfuschtes Buch gesehen. Herausgeber und Verlag wird der Rat erteilt, das Lexikon stillschweigend zurückzuziehen, bevor es in die Statistik der schamlosesten Bücher aller Zeiten eine Spitzenposition erobere. Der so gescholtene Autor des Lexikons wendet sich an den Deutschen Presserat und reicht Beschwerde ein. In dem Vorwurf, ein Plagiat produziert zu haben, sieht er eine schlimme Ehrverletzung. Die Idee zu diesem Lexikon habe seinem Verlag nachweislich schon vor dem Erscheinen des Konkurrenzproduktes „Öde Orte“ vorgelegen. Art der Texte, Gliederung und Aufmachung ähnelten den „Öden Orten“ – von dem vom Verlag angefügten Untertitel abgesehen – in keiner Weise. Der Rezensent sei ein guter Bekannter der Herausgeber des ähnlichen Buches, deren materielle Interessen er mit seiner Rezension vertrete. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, nach ihrer Einschätzung bestehe der Vorwurf des geistigen Diebstahls zu Recht. Der Verlag habe an diverse Quellen, die für das Lexikon benutzt worden seien, Honorare bezahlt. Er habe sich bei allen Betroffenen entschuldigt und erklärt, dass eine weitere Auflage des Buches nicht erscheinen werde. Die Chefredaktion betont, dass sie keine Rufmordkampagne gegen den Beschwerdeführer gestartet habe. Auch wirtschaftliche Interessen des Autors seien kein Beweggrund für die Rezension gewesen. Man habe mit der Buchkritik vielmehr freie Autoren vor dem Diebstahl ihres geistigen Eigentums schützen wollen. (2002)