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Schleichwerbung für eine Pille

Interview eines Professors mit eindeutig werblichen Aussagen

Unter der Überschrift „Schlank ohne Diät“ interviewt eine TV-Programmzeitschrift einen renommierten Medizinexperten. Dieser äußert sich über die Wirksamkeit einer neuen Schlank-Pille, die mit hochaktiven Substanzen aus der Schale von Meerestieren und Bernsteinsäure Fettdepots an Bauch, Hüfte und Po gezielt angreife und in acht Wochen bis zu acht Pfund Fett verheize. Im folgenden Heft der Zeitschrift wird eine einseitige Anzeige mit Werbung für das zuvor gepriesene Präparat veröffentlicht. Ein Leser legt Textbeitrag und Werbeanzeige dem Deutschen Presserat mit der Feststellung vor, dass hier im Mantel eines redaktionellen Beitrags massiv Werbung mit unhaltbaren Aussagen gemacht und der Verbraucher getäuscht werde. So sei z.B. der Satz „Das Beste: Sie müssen weder hungern noch Ihre Ernährung umstellen – einfach nur genießen...“ absoluter Unsinn. Genau wie bei anderen Diäten werde auch hier der schon im Text beschriebene Jojo-Effekt auftreten. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bestätigt, dass die genannte Schlank-Pille seit kurzem auch in der eigenen Publikation stark beworben werde. Dies sei nicht zu beanstanden, da Zeitschriften Anzeigenerlöse erzielen müssten. Der Verlag habe für seine Berichterstattung weder ein Entgelt noch sonstige Vergünstigungen erhalten. Somit liege keine Werbung vor. Auch der Vorwurf der Schleichwerbung greife nicht, da der Leser ein berechtigtes Interesse an Informationen über dieses neue und offenkundig Erfolg versprechende Medizinprodukt habe. Die Redaktion habe einen anerkannten Experten, der weder mit dem Hersteller des Produkts Kontakte habe noch von seiner Stellungnahme profitiere, zu der Wirksamkeit des Präparats befragt. Die Berichterstattung sei auch nicht unangemessen sensationell, da sie sich auf sachliche Art und Weise mit dem Produkt beschäftige. (2002)