Fotos
Ein Brandunglück im Ort ist das Aufmacherthema einer Lokalzeitung. Ein Foto im Großformat zeigt Feuerwehrmänner und Betroffene ohne Hinweise darauf, um wen es sich im einzelnen handelt. In der Unterzeile wird das Entsetzen darüber beschrieben, dass die Feuerwehrleute im Holzschuppen eine verkohlte Leiche gefunden haben. Die Schlagzeile des Berichts fragt, ob das 39-jährige Opfer des Brandes Selbstmord verübt hat. Die Veröffentlichung veranlasst einen Redakteur der Konkurrenzzeitung zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Tote ist der Ehemann seiner Redaktionssekretärin. Das Foto stelle die Opfer des Unglücks öffentlich bloß. Es zeige die Mutter des Getöteten, dessen Schwager sowie die neunjährige Tochter. Die Chefredaktion des Blattes verweist darauf, dass der Bildreporter die Löscharbeiten und die Szenerie im Umfeld dokumentiert habe. Brandursache und Identität der abgebildeten Personen seien zum Zeitpunkt der Fotoauswahl nicht bekannt gewesen. Die Bildunterzeile sei deshalb neutral gehalten. Wäre es der Redaktion um ein “Outing” gegangen, hätte sich diese Absicht in der Bildunterzeile erkennen lassen müssen. (1995)