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Namensnennung in einem Gerichtsbericht

Angeklagter seit Jahren im Streit mit Sektenbeauftragten

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Prozess gegen einen Psychotherapeuten, der 250.000 DM Steuern hinterzogen hat und zu einer Geldstrafe von 90.000 DM verurteilt wird. Die Zeitung nennt den vollen Namen des Mannes. Die Staatsanwaltschaft sei auf die illegalen Steuertricks des Angeklagten gekommen, weil ihn ein Sektenbeauftragter der Katholischen Kirche angeschwärzt habe, schreibt das Blatt. Gegen diesen führe der Psychotherapeut zusammen mit einem Kollegen schon seit Jahren einen „Zivilprozess-Krieg“. Der Sektenbeauftragte habe in Zeitungsartikeln, Fernsehberichten und Hörfunkinterviews in den 90-er Jahren die 200 bis 300 Anhänger umfassende Gruppe rund um den Psychotherapeuten als „eindeutige Psychosekte“ bezeichnet, die beiden Therapeuten als Ausbeuter ihrer Patienten dargestellt und damit nach Ansicht der beiden eine Kampagne gegen sie gestartet. Dadurch hätten sie Klienten und Lehraufträge verloren. Ein Freund des jetzt verurteilten Psychotherapeuten beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass in der Veröffentlichung der volle Name des Betroffenen genannt wird. Zudem enthalte der Beitrag falsche und tendenziöse Aussagen. Die Chefredaktion der Zeitung hält den Beschwerdeführer für eine Person der Zeitgeschichte. Die Auseinandersetzungen zwischen ihm und den Sektenbeauftragten der Kirchen beschäftigten die Öffentlichkeit schon seit einem Jahrzehnt. Zudem sei die Anonymisierung des Falles längst aufgehoben, da der Freundeskreis des Betroffenen im Internet seitenweise Details über den erwähnten Prozess verbreite. Bei der Darstellung der Verhandlung beziehe man sich auf einen Informanten, der an allen Verhandlungstagen anwesend gewesen sei. Die Zeitung räumt allerdings ein, dass ihre Angabe, der Beschwerdeführer besitze einen Reiterhof, falsch ist. In diesem Punkt sei der Autorin ein Irrtum unterlaufen. (2001)