Leserbrief befürwortet Gewalt
Leserin erkennt darin einen Aufruf zum Mord
“Ich bin sehr bestürzt über einen Leserbrief”, schreibt eine Zeitungsleserin an den Deutschen Presserat. “Meiner Meinung nach stellt dieser einen Aufruf zum Mord dar.” Der Leserbrief in der Lokalzeitung trägt die Überschrift “Schnelle Abhilfe” und befasst sich mit einer Aktion von Castor-Gegnern, die sich in einem Tunnel unter der Transportstrecke eingraben ließen. Die Autorin des Leserbriefes schreibt: “Bei mir hätte es schnelle Abhilfe gegeben, indem ich die beiden Lochbewohner bewässert oder ausgeräuchert hätte.” Die Geschäftsleitung der Zeitung erklärt, die Leserbriefspalte sei als solche deutlich gekennzeichnet und spiegele nicht die Meinung der Redaktion wider, sondern diene der freien Meinungsäußerung der Leserschaft. Der Vorwurf des Mordaufrufes sei falsch. An keiner Stelle des Leserbriefes werde zu irgend etwas aufgerufen. Ausdrücklich beziehe die Briefschreiberin ihre Ansicht auf ihre eigene Person (“Bei mir...”). Der Inhalt des Schreibens sei demzufolge durch das Recht auf freie Meinungsäußerung voll gedeckt. (1998)