Anleitung zur Körperverletzung
„Erste-Hilfe-1x1“ einer Zeitschrift enthält falschen und gefährlichen Rat
Eine Zeitschrift bietet ihren Leserinnen und Lesern einen „Brieftaschenführer für alle Situationen“. Im „Erste-Hilfe-1x1“ wird beschrieben, wie man Gliedmaßen amputiert. Zuerst müsse man das Opfer ruhig stellen, dann die Verletzung analysieren. Zum Thema „Abbinden“ schreibt das Blatt: „Dazu nehmen Sie idealerweise einen Gürtel (es gehen z.B. auch die Nylons der Freundin oder ein abgerissener Hemdsärmel). Binden Sie oberhalb des nächsten Gelenks der Wunde ab. Machen Sie einen Knoten, nehmen Sie einen harten Gegenstand (z.B. eine Stange oder einen kräftigen Ast) als Hebel. Damit drehen Sie so fest zu, bis die Blutung vollständig aufhört!“. Der nächste Abschnitt des „Erste-Hilfe-1x1“ trägt die Überschrift „Abtrennen & Knochen brechen“: „Wenn wirklich kein Arzt erreichbar ist (z.B. bei Bergsteigerunfällen in einsamen Gegenden), müssen Sie das Körperteil abtrennen, um einen Blutschock zu vermeiden. Achtung! Oft muss man dazu den Knochen brutal brechen! Augen zu und durch! Wenn irgendwie möglich, das Opfer mit Alkohol betäuben!“. Ein Leser der Zeitschrift, offenbar Experte, sieht in der Anleitung Ratschläge, welche die Gesundheit gefährden oder gar tödlich sein können. Er richtet deshalb eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Die Amputation durch jedermann werde fälschlicherweise als lebensrettende Notwendigkeit dargestellt und dem Leser werde suggeriert, er könne durch die Einhaltung der hier veröffentlichten Tipps im Ernstfall Leben erhalten. Auf die Gefahren oder das Verbot solchen Handelns werde nicht hingewiesen. So sei zum Beispiel Abbinden als Erste-Hilfe-Maßnahme sehr bedenklich, da der ausgeübte Druck zu weiteren, schweren Schäden führen könne. Redaktion und Verlag der Zeitschrift äußern sich zu der Beschwerde nicht. Auf Anfrage teilt der Leiter der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn dem Presserat mit, dass der Beitrag aus seiner Sicht absoluten Unsinn darstelle. Die Beschreibung des Abbindens sei falsch und gefährlich. Das „Erste-Hilfe-1x1“ sei eine Anleitung zu schwerster Körperverletzung. (2001)