Selbsttötung
Ein 19jähriger Junge wirft sich aus unerklärlichen Gründen vor einen Zug. In einem Abschiedsbrief an seine Familie erklärt er, er werde in Michael Jackson weiterleben. Eine Boulevardzeitung berichtet über die Selbsttötung in großer Aufmachung. Dem Text ist ein Foto des Selbstmörders beigestellt, dessen Gesicht mit einem Balken verdeckt ist. Die Mutter des Jungen beschwert sich beim Deutschen Presserat über die hartnäckigen Recherchemethoden des mit der Sache befassten Redakteurs, der sie bedrängt und sich bei ihrer 72jährigen Mutter ein Foto ihres Sohnes erschlichen habe. Der Leiter der örtlichen Redaktion habe ihr schließlich zugesagt, dass er das Bild nicht veröffentlichen werde. Der Text werde aber auf jeden Fall erscheinen. Auch wenn die „Geschichte“ ihres Sohnes sachlich stimme, diese Art von Journalismus empöre sie zutiefst, erklärt die Mutter. Die Chefredaktion des Blattes bestreitet, dass ihr Mitarbeiter die Angehörigen des Selbstmörders unter Druck gesetzt habe. (1996)