Satire
Autor kritisiert die Form der Berichterstattung über den Tod zweier Kollegen
Eine Tageszeitung kritisiert die Art und Weise, wie eine Zeitschrift über den Tod zweier Mitarbeiter im Kosovo berichtet. Der Chefredakteur, heißt es, könne schlecht zugeben, dass die beiden Toten ihrem Blatt kaum besser hätten dienen können als mit ihrem Tod. Also lege der Chefredakteur Trauerflor an, schwärze sich die Zunge und schreibe auf Halbmast. “Wie hoch kann der Preis sein für einen Journalismus, der sich nicht mit der Ungerechtigkeit, mit dem Leid der Welt abfindet?”, frage er seine Leser, anstatt sich beim Anzeigenleiter zu erkundigen. Schließlich gesteht der Autor, dass man den toten Fotografen in Schutz nehmen möchte gegen den Kitsch, der ihm hinterhergeschrieben werde. Eine Kollegin der Zeitschriftenredaktion findet den Text widerlich und geschmacklos. Sie legt ihn dem Deutschen Presserat zur Prüfung vor. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Beitrag auf einer Satireseite erschienen sei, auf der das Alltagsgeschehen in Frage gestellt werde, in diesem Fall durch eine rigoros moralische Auseinandersetzung mit den Funktionsweisen der journalistischen Branche. Gleichzeitig verweist sie auf einen Kommentar unter der Überschrift “Geschmacklos”, der verdeutliche, wie die Zeitung über die Ermordung der Kollegen im Nachrichtenteil und auf ihrer Seite 1 berichtet habe, bevor die Titelgeschichte der Zeitschrift erschienen sei. Die Chefredaktion äußert schließlich die Befürchtung, dass in einer Zeit, in der alles verkauft werden müsse, auch der Tod von Journalisten zum Produkt werden könnte. In diesem Sinne habe der kritisierte Beitrag sogar Anteilnahme für und Respekt vor den toten Kollegen eingeklagt. (1999)