Vorverurteilung
Eine Regionalzeitung berichtet über einen Gerichtsvollzieher, der unter dem Verdacht steht, Mandantengelder veruntreut zu haben. Die Überschrift lautet »Gerichtsvollzieher veruntreut 200.000 Mark.« Ein Journalist sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht und schaltet den Deutschen Presserat ein. Durch die Überschrift' werde der Verdacht gegen den Betroffenen als Tatsache dargestellt, obwohl weder eine Verurteilung erfolgt sei, noch der Stand der Ermittlungen eine solche Feststellung rechtfertige. Die Chefredaktion räumt ein, dass die Beschwerde über die Überschrift begründet sei. Im Text seien die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen durch entsprechende Formulierungen sowie den ausdrücklichen Verzicht auf die Nennung des Namens berücksichtigt worden. Die Autorin des Textes sei angehalten worden, bei einem neuerlichen Bericht ausdrücklich hervorzuheben, dass es sich in der Sache um Vorwürfe handele. (1995)