Betroffene nicht gehört
»Politik beginnt vor der Haustür« lautet ein Slogan, den eine Partei derzeit im Kommunalwahlkampf prägt. Diese Partei versteht sich als bürgernah, friedliebend und hat ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden: Eine Gemeinderatskandidatin dieser Partei scheint den Slogan und die Grundhaltung ihrer Gruppierung jedoch miss zu verstehen. Vor ihrer eigenen Haustür in der ... (Name der Straße) betreibt sie eine Grundstückspolitik, die ganz und gar nicht vorbildlich ist. Sie hat mit Beton und Holz einen Zaun gezogen und dabei ungefragt 30 Zentimeter des Nachbargrundstücks »erobert«. Diese Politik ließ sich der Nachbar nicht bieten. Jetzt darf sich die Gemeinderatskandidatin in Friedenspolitik üben und den Zaun wieder abreißen. Diese Glosse in einer Lokalzeitung veranlasst den Ehemann der Betroffenen zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Nicht seine Frau, sondern er habe den Zaun gesetzt. Drei Jahre sei das her. Es handele sich um einen trivialen Nachbarschaftskonflikt, der sicherlich keine öffentliche Aufmerksamkeit verdiene. Der Autor habe weder ihn noch seine Frau dazu gehört. Die Redaktion besteht auf der Korrektheit des dargestellten Sachverhalts. Die Veröffentlichung wenige Tage vor der Gemeinderatswahl sei rein zufällig erfolgt. Der Betroffene hätte noch vor der Wahl eine Gegendarstellung, eine Richtigstellung oder einen Widerruf verlangen können. (1994)